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  • 11.01.2022 11:40

  • von Roland Hildebrandt

Vergessene Studien: Chrysler Turbine Car (1963)

Zu den Trends im Automobilbau der 1950er- und 60er-Jahre zählte neben dem Wankelmotor auch die Turbine: Doch sie schaffte es nicht in Serie

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Zwischen 1950 und etwa 1975 herrschte eine Technikgläubigkeit, die heutzutage fast surreal wirkt. Alles schien möglich, im Jahr 2000 würden wir alle mit Überschall fliegen und auf dem Mond Urlaub machen. Auch im Automobilbau forschte man an der Zukunft: Während der Ford Nucleon mit Atomantrieb völlig gaga war, ließen sich zwei andere Motorenkonzepte von der Luftfahrt inspirieren.

Titel-Bild zur News: Chrysler Turbinenwagen

Chrysler Turbinenwagen Zoom

Die Rede ist vom Wankelmotor und der Pkw-Turbine. Beide nahmen sich Strahltriebwerke zum Vorbild. Warum muss ein Motor stampfen, wenn er die Drehbewegung direkt und elegant erzeugen kann? Gar nicht so wenige Hersteller, darunter GM, Rover, Renault oder Fiat, arbeiteten an einer Art Boeing 707 für die Straße. Am berühmtesten wurde das "Turbine Car" von Chrysler.

Chrysler begann in den späten 1930er-Jahren mit der Erforschung von Turbinenmotoren für die Luftfahrt, vor allem unter der Leitung von George Huebner. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Huebner zu einer Gruppe von Ingenieuren, die sich mit der Idee beschäftigten, ein Auto mit einer Turbine anzutreiben.

Das Konzept faszinierte sie vor allem deshalb, weil Turbinenmotoren weniger bewegliche Teile haben als ihre kolbengetriebenen Gegenstücke (eine Parallele zum Wankelmotor) und mit einer Vielzahl von Kraftstoffen betrieben werden können. Laut dem Historiker Charles K. Hyde war Chrysler Mitte der 1950er Jahre "führend in der Gasturbinenforschung".

Nach der Verbesserung der Turbinenkonstruktion erreichten die Bemühungen des Chrysler-Teams eine frühe Reife, als sie eine Turbine in einen ansonsten serienmäßigen Plymouth Belvedere von 1954 einbauten. Heizung und Kühlung sowie Emissionen und Abgase gehörten zu den wichtigsten technischen Herausforderungen, denen sich der Turbinenmotor stellen musste. Wer alte Filme einer startenden Boeing betrachtet, bemerkt die Probleme: Viel Abgas, viel Lärm und zudem heiße Betriebstemperaturen.


Fotostrecke: Vergessene Studien: Chrysler Turbine Car (1963)

Chrysler testete den Belvedere und behauptete, dass sein Turbinenmotor 20 Prozent weniger Teile enthielt und 91 Kilogramm weniger wog als vergleichbare herkömmliche Kolbenmotoren. Chrysler stellte sein nächstes Turbinenauto, einen Plymouth von 1956, am 23. März 1956 vor; Huebner fuhr ihn 3.020 Meilen (4.860 km) auf einer viertägigen Reise von New York City nach Los Angeles.

Nur neun Chrysler Turbine Cars haben überlebt. Chrysler hat eines seiner Fahrzeuge im Walter P. Chrysler Museum in Auburn Hills, Michigan, ausgestellt. Fünf der sechs derzeit in Museen ausgestellten Fahrzeuge wurden dem Detroit Historical Museum, dem Henry Ford Museum in Dearborn, Michigan, dem Museum of Transportation in Kirkwood, Missouri, dem Petersen Automotive Museum in Los Angeles und der Smithsonian Institution in Washington, D.C., gestiftet.

Der sechste Chrysler-Turbinenwagen, der im Museum ausgestellt ist, befindet sich im Besitz von Stahl's Automotive Collection in Chesterfield, Michigan, und wurde im März 2021 bei einer Auktion erworben. Dieser Wagen wurde ursprünglich der ehemaligen Harrah Collection in Reno, Nevada, gespendet, später von Tom Monaghan, dem Gründer von Domino's Pizza, erworben und dann an Frank Kleptz aus Fort Wayne, Indiana, verkauft.

Weitere vergessene Studien:

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Das einzige andere Turbinenauto in Privatbesitz befindet sich derzeit in der Sammlung von Jay Leno, der 2009 eines der drei ursprünglich bei Chrysler verbliebenen Autos erwarb. Sowohl sein Auto als auch das Auto, das sich jetzt im Besitz von Stahl's Automotive Collection befindet, sind betriebsbereit. Wie solch ein Turbine Car fährt und klingt, sehen Sie im Video oben.

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