• 16.02.2025 10:46

  • von Roland Hildebrandt

Sitzprobe im Mercedes C 111-II von 1970: Ist der keil!

Auf der Retromobile 2025 in Paris zeigte Mercedes unter anderem den C 111-II mit Wankelmotor - Wir durften in dem Kultauto Platz nehmen

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Er war das Highlight auf dem Stand von Mercedes-Benz Classic auf der Retromobile 2025 neben dem 600 von Maria Callas: Ein C 111-II aus dem Jahr 1970, der wieder seinen originalen Wankelmotor besitzt. Und sogar fahrfähig ist, was natürlich in der Messehalle nicht erlebbar war. Zumindest war aber eine Sitzprobe möglich, die der Autor dieser Zeilen durchführte.

Titel-Bild zur News:

Mercedes C 111-II (1970) in der Sitzprobe Zoom

Mit größtem Vergnügen sogar. Denn der C 111 imponiert vermutlich nicht nur mir bis zum heutigen Tage. Die Flügeltür-Flunder im markanten Farbton "Weißherbst" ist der feuchte Traum einer ganzen Generation und schmückt als Modell bis heute viele Regale. Schon in den frühen 1970ern soll manch solventer Interessent spontan einen Blankoscheck ausgestellt haben. Doch der spirituelle Nachfolger des berühmten 300 SL Flügeltürer schaffte es nicht in Serie.

So dünn wie ein Scheck sollte man auch tunlichst sein. Motto: Der Runde muss ins Eckige. Unvermeidbar ist ein gymnastischer Ein- und Ausstieg über den breiten Schweller (Legendär ist ein Foto von Rudolf Uhlenhaut, damals Leiter der Mercedes-Benz Personenwagen-Entwicklung mit Kaffee und Kuchen auf dem Schweller), dabei nicht an der Flügeltür festhalten! Bedeutet: Erst ein Bein, dann Hintern und Körper, dann das andere Bein.

Einmal drin, überrascht das seriennahe Cockpit, fast wähnt man sich in einem gewöhnlichen Strich-Acht. Man möchte sofort den Zündschlüssel umdrehen und losfahren, wäre man nicht in einer belebten Messehalle. Und vermutlich wäre der Pariser Stadtverkehr auch keine unbedingte Freude im C 111.

Im Heck fällt auf, wie wenig Platz der als Mittelmotor montierte Wankel benötigt. Genauer gesagt: Seine zweite Entwicklungsstufe C 111-II mit der 257 kW (350 PS) starken Vierscheiben-Ausführung des Kreiskolbenmotors M 950 F (viermal 602 Kubikzentimeter Kammervolumen).


Fotostrecke: Mercedes C 111-II (1970) in der Sitzprobe

Vorgestellt wird der C 111-II auf dem 40. Genfer Automobilsalon vom 12. bis 22. März 1970. Der 1.120 Millimeter flache neue Flügeltürer mit 2.620 Millimeter Radstand hat eine Karosserie aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), die mit der Rahmenbodenanlage aus Stahlblech verschraubt ist. Seine Höchstgeschwindigkeit beträgt bis zu 300 km/h.

Der C 111-II entsteht auf Basis des im Herbst 1969 präsentierten C 111. Technisch zeichnet er sich insbesondere durch den Vierscheiben-Wankelmotor aus, einen echten Sportmotor. Die Designentwicklung unter der Leitung von Bruno Sacco und Josef Gallitzendörfer beginnt im Sommer 1969. Unter anderem verbessert sich gegenüber dem Vorgänger die Sicht des Fahrers durch Veränderungen an Kotflügeln, Dach und Heckdeckel.

Auch die Aerodynamik ist optimiert: Windkanalmessungen ergeben einen gegenüber dem C 111 um acht Prozent verminderten Luftwiderstand. Das Interieur des C 111-II überzeugt durch seine moderne Ästhetik. Seine Alltagstauglichkeit unterstreicht der Traumwagen zum Beispiel dadurch, dass er Platz für einen großen und zwei kleine Koffer des Mercedes-Benz Koffersatzes bietet.

Der C 111-II zeigt gegenüber seinem Vorgänger einige komfortable Details. Zusätzlich zum regulären Kofferraum werden beispielsweise die Unterbringung eines Gepäckstücks auf dem Heckdeckel mit Spanngurten sowie der Skitransport vorgesehen. Uhlenhaut lässt den C 111-II auch einer praxisnahen "Butterprobe" unterziehen: Dabei wird während einer sportlichen Fahrt getestet, ob ein Päckchen Butter im Kofferraum - trotz dessen Isolierung gegen die Wärme des Verbrennungsantriebs - schmilzt.


C 111 & the new Mercedes-Maybach SL

Noch bis zum 28. März 2025 muss man sich gedulden, dann erscheint das von Mercedes-Benz Classic herausgegebene Standardwerk zur Entwicklungsgeschichte des C 111 endlich auch in englischer Sprache. Die erweiterte englischsprachige Ausführung "C 111 - The Definitive History of the Mysterious Supercar that never was" kann bereits bei Schiffer Publishing vorbestellt werden.

Die deutsche Ausgabe des Motorbuch Verlags, Stuttgart, ist bereits in zweiter Auflage erschienen. Ein kundiges Autoren-Trio beleuchtet auf mehr als 400 Seiten die Geschichte des C 111, aber auch des Wankelmotors bei Daimler-Benz. Schon allein die Wankel-Vergangenheit von Mercedes war bislang nur intimen Kennern der Materie ein Begriff.

15 Jahre und zirka 100 Millionen DM Investitionen: Zwischen 1961 und 1976 befasste man sich bei Daimler-Benz mit dem Kreiskolbenmotor. In dem über 400 Seiten starken Buch erfährt man endlich, dass auch der Weltkonzern mit Stern mit den Tücken des Kreiskolbenmotors wie etwa der Zuverlässigkeit zu kämpfen hatte. Die Serienfertigung des C 111 wird nach langen und kontrovers geführten, unternehmensinternen Diskussionen am Ende nie aufgenommen, obwohl man sogar noch eine ganz neue Variante mit Kunststoffbodengruppe entwickelt.

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