• 16.01.2024 11:14

  • von Roland Hildebrandt

Ford Escort I (1968-1975): Der Uropa des Focus

Voraussichtlich 2025 verabschiedet sich der Focus aus der Modellpalette bei Ford - Wir blicken zurück auf seine Wurzeln, den ersten Escort

(Motorsport-Total.com/Motor1) - August 1968: Während in den USA mit Hightech am ersten bemannten Mondflug gearbeitet wird, preist Ford in Deutschland eher Lowtech an: "Die funktionale Schönheit der gelungenen Karosserie hat den Escort in England und auf den Exportmärkten zum Verkaufsschlager gemacht", heißt es vor Journalisten. Auf der Bühne des West-Berliner Hilton-Hotels steht eine etwas seltsam proportionierte Limousine: der neue Ford Escort.

Titel-Bild zur News:

Ford Escort I (1967-1974) Zoom

Reine Effekthascherei? Mitnichten. Bereits im November 1967 lief die Produktion des Ford Escort in Großbritannien an, im Januar 1968 debütierte der Wagen. Dahinter steht die Idee aus der amerikanischen Konzernzentrale, in Europa mehr Synergien zu schaffen. Bis dahin hatten England und Deutschland völlig eigenständige Modellpaletten. Mehr Zusammenarbeit - das sollte sich später mit dem Capri auch bewähren.

Doch der Escort als erstes europäisches Baby ist seiner britischen Mutter sehr ähnlich. Dort ist der Escort als Nachfolger des kauzigen Anglia vorgesehen. Erst kurz vor Serienstart wird der Name übrigens auf deutschen Wunsch in Escort geändert. Ansonsten ist Ford in Köln nur wenig an der Entwicklung beteiligt.

Immerhin verpassen die Deutschen dem etwas knubbeligen Design mit leichtem Hüftschwung eine zusätzliche Variante mit hinteren Türen. Zum Knackpunkt wird das rustikale Fahrwerk: Vorn sind die Räder einzeln an Federbeinen mit integrierten Schraubenfedern aufgehängt. Hinten dagegen gibt es nur eine Starrachse mit Blattfedern. Ford Deutschland baut vorne immer einen Querstabilisator ein. 1969 wird das Fahrwerk nochmals überarbeitet, 1970 ergänzt Ford Deutschland die Hinterachse mit zwei Längslenkern.

Basismotor hierzulande ist ein 1100er mit 40 PS Leistung, für gewisse Märkte wie etwa Italien gibt es sogar einen asthmatischen 950-Kubik-Vierzylinder. Damals in der Käfer-Klasse noch eher selten: Den 1,3-Liter-Escort mit 57 PS gibt es optional mit Dreigang-Automatik.

In Großbritannien scheint die einfache Technik niemanden zu stören, schließlich sorgt sie auch für günstige Preise. Hier geht der Escort durch die Decke: Bereits fünf Monate nach der Markteinführung läuft in Halewood bei Liverpool das 100.000ste Exemplar vom Band. Ford Deutschland produziert den Escort im belgischen Genk, später in Saarlouis.

Mitte 1974 baut Ford den zweimillionsten Escort. Zur gleichen Zeit kommt der neue VW Golf mit Frontantrieb und praktischer Steilheckkarosserie auf den Markt. Der 1975 vorgestellte Escort der zweiten Generation hat es daher schwer, zumal er technisch noch auf dem Vorgängermodell basiert.

Im Juni 1974, sechs Jahre nach der Einführung des Fahrzeugs in Großbritannien, verkündet Ford die Fertigstellung des zweimillionsten Ford Escort, ein Meilenstein, der bis dahin von keinem Ford-Modell außerhalb der USA erreicht worden war. 60 Prozent der zwei Millionen Escorts in Großbritannien gebaut worden waren. In Westdeutschland entstehen etwa 150.000 Autos pro Jahr, eine Zahl, die 1974 auf 78.604 sinkt, was das letzte volle Jahr für den Escort Mk1 ist.


Fotostrecke: Ford Escort I (1968-1975)

Im Motorsport räumt der erste Escort mächtig ab: Das Ford-Werksteam ist Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre praktisch unschlagbar, zum wohl größten Sieg des Escort wird der Sieg der finnischen Legende Hannu Mikkola und des schwedischen Beifahrers Gunnar Palm bei der World-Cup-Rallye von London nach Mexiko anlässlich der Fussball-WM 1970.

Zu Ehren des Rallyeautos legt Ford daraufhin die Sonderedition des Escort Mexico (1.598 ccm "Crossflow"-Motor) für den Straßenverkehr auf. Von dem im November 1970 vorgestellten Mexico baut man insgesamt 10.352 Exemplare, deren Karosserie an besonders beanspruchten Stellen mit zusätzlichen Verstärkungsblechen versehen ist, um sie für den Wettbewerb besser geeignet zu machen.

Zusätzlich zum Mexico entsteht der RS1600 mit einem Cosworth-BDA-Motor, der einen Crossflow-Block mit einem 16-Ventil-Cosworth-Zylinderkopf verwendet. Sowohl der Mexico als auch der RS1600 baut man in der Ford Advanced Vehicle Operations (AVO)-Anlage im Werk Aveley in South Essex (UK). Neben leistungsstärkeren Motoren und einem Sportfahrwerk verfügen diese Modelle wie der Mexico über eine verstärkte Karosserie.

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Ford produziert auch ein heute sehr seltenes RS2000-Modell als Alternative zum RS1600, das mit einem 2,0-Liter-Pinto-Motor (OHC) ausgestattet war. Auch dieses Modell erringt einige Rallye- und Rennsiege und nimmt den Markt für Hot Hatches vorweg, quasi Fords Golf GTI. Wie der Mexico und der RS1600 wird auch dieser Wagen im Werk Aveley unter Verwendung der verstärkten Karosserie hergestellt.

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