• 11.08.2023 13:34

  • von Roland Hildebrandt

Austin und MG Maestro (1983-1994): Kennen Sie den noch?

Lange suchte die britische Autoindustrie nach einer Antwort auf den VW Golf: Erst vor 40 Jahren fand British Leyland seine Antwort

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das könnte in gewisser Weise auch für die britische Autoindustrie gelten. British Leyland und seine Vorgänger waren in den 1970er-Jahren so sehr mit der eigenen Krise beschäftigt, dass man sich schwertat, eine Antwort auf den VW Golf zu finden.

Titel-Bild zur News: Austin Maestro

Austin und MG Maestro (1983-1994) Zoom

Respektive ein modernes Auto im kompakten Format zu entwerfen: Während der Ford Escort und der Vauxhall Viva/Astra beim britischen Publikum gut ankamen, hatte Austin den krude gezeichneten Allegro im Programm. Und der Morris Marina wurde dank Verwendung von Technik aus dem uralten Minor zum Treppenwitz.

British Leyland wurde 1975 gegründet, als die bankrotte British Leyland Motor Corporation (BLMC) verstaatlicht wurde. 1977 wurde der in Südafrika geborene Michael Edwardes als Vorstandsvorsitzender eingestellt, um das in Schwierigkeiten geratene Unternehmen auf Kurs zu bringen.

Neue Modelle sollen British Leyland retten

Ein Teil von Edwardes? Plan bestand darin, eine völlig neue Reihe von modernen Modellen für den Massenmarkt einzuführen, um die veralteten Angebote zu ersetzen. Die schließlich beschlossene neue Produktpalette bestand aus einem neuen Fahrzeug für jedes der kleinen, unteren und mittleren Marktsegmente. Das erste dieser Autos, das 1980 auf den Markt kam, war der Austin Metro. 1983 folgte schließlich in der Klasse darüber der Maestro.

Die neuen Modelle für das untere und obere Mittelklassesegment sollten eine gemeinsame Plattform haben, aber genügend Unterscheidungsmerkmale. Die beiden Autos sollten praktisch vier bestehende Fahrzeuge der British Leyland-Reihe sein - der Maestro würde gleichzeitig sowohl den Austin Allegro als auch den Maxi ersetzen, während der Montego den Austin Ambassador und den Morris Ital kombinierte, wobei es sich bei den beiden letzteren um Facelifts des Princess und Morris Marina handelte.

Diese gemeinsame Plattform erhielt den Projektnamen LC10. Die Vorentwurfsarbeiten für den LC10 begannen im Jahr 1977, der Produktionsbeginn war für etwa 1980 geplant - was dazu geführt hätte, dass er etwa zur gleichen Zeit wie der Ford Escort MK3 und der erste Vauxhall Astra (alias Opel Kadett D) auf den Markt gekommen wäre.

Maestro war größer und schwerer als der erste VW Golf

LC10 wurde von Ian Beech unter der Leitung des BL-Designers David Bache gestaltet. Es wurden zwei Hauptkarosserievarianten angeboten: ein fünftüriges Fließheck und ein viertüriges Stufenheck. Es war eine Abkehr von früheren Fahrzeugen des Unternehmens mit Frontantrieb, da auf den berühmten Issigonis-Antriebsstrang mit Getriebe im Ölsumpf verzichtet wurde, der im Mini eingeführt worden war. Das bei früheren BL-Modellen verwendete hochentwickelte Hydragas-Federungssystem wurde aus Kostengründen geopfert.


Fotostrecke: Austin und MG Maestro (1983-1994): Kennen Sie den noch?

Apropos "britischer Golf": Prototypen wurden sogar mit echten Golf-Fahrwerkskomponenten getestet. Der Maestro war jedoch größer und schwerer als der erste VW Golf.

Es wurde beschlossen, zuerst die fünftürige Schrägheckversion zu entwickeln. Sie erhielt eine eigene Projektbezeichnung, LM10, wobei diese Version als Austin Maestro auf den Markt kam. Der Name "Maestro" war einer der Finalisten, wobei die dritte Wahl ("Match") nie berücksichtigt wurde. Es folgte die Stufenheckversion alias LM11 respektive bei seiner Markteinführung im April 1984 der Austin Montego.

Verkäufe blieben hinter den Erwartungen zurück

Die Produktion des Austin Maestro begann im November 1982, die offizielle Markteinführung des Wagens erfolgte am 1. März 1983. Der Radstand betrug 2.510 mm und die Länge 4.050 mm. Damit lag der Maestro minimal über dem VW Golf II, der im August 1983 debütierte. Kurios: In Verbindung mit dem zunächst im Maestro verwendeten Motor der A-Plus-Serie kamen Getriebe von Volkswagen zu Einsatz.

Innen war der Maestro geräumig. Die Versionen MG und Vanden Plas verfügten über Instrumente mit digitalem Tachometer und vakuumfluoreszierenden Analoganzeigen für Drehzahlmesser, Kraftstoff- und Temperaturanzeigen, Bordcomputer und einem Sprachsynthese-Warn- und Informationssystem. Die analoge Instrumentenkonsole der unteren Modelle wurde später ab 1985 im Range Rover verwendet.

Innenraum des Maestro

Innenraum des Maestro Zoom

Der Austin Maestro war einigermaßen erfolgreich, aber nicht so sehr, wie das kriselnde Unternehmen gehofft hatte. In den Jahren 1983 und 1984 war er das sechstbestverkaufte Auto Großbritanniens, mit mehr als 80.000 Verkäufen im zweiten Jahr. Nach den Boom-Jahren 1986 und 1987 gingen die Maestro-Verkäufe aber zurück. Probleme gab es schon früher: Verarbeitung und unzuverlässige Motoren. Besonders deutlich wurde dies beim MG Maestro 1600, der 1983 in die ursprüngliche Modellpalette aufgenommen, im darauffolgenden Jahr aber eingestellt wurde. Später kehrte er mit Einspritzung und 115 PS zurück.

MG Maestro Turbo schafft mehr als 200 km/h

Der MG Maestro Turbo, ausgestattet mit einer turbogeladenen Version des 2,0-Liter-Einspritzmotors des MG Maestro EFi, wurde im Oktober 1988 vorgestellt und kam am 17. März 1989 in den Handel. Es war eines der schnellsten Serien-Fließheckmodelle der Welt Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 129 mph (208 km/h) war er schneller als der Ford Escort XR3i und RS Turbo sowie der VW Golf GTI.

Im September 1995 wurde die Produktion des Maestro als kompletter Knock-Down-Bausatz (CKD) nach Varna, Bulgarien, verlagert. Etwa 2.000 Fahrzeuge wurden noch produziert, bevor das Unternehmen (Rodacar AD) im April 1996 die Produktion aufgrund hoher Importkosten für die Komponenten und geringer Nachfrage nach den Autos einstellte. Der Großteil der produzierten Maestros wurde in andere Länder exportiert, darunter auch nach Großbritannien.

1998 wurde der Maestro in Großbritannien von Wheeler International Ltd. neu auf den Markt gebracht. Fahrzeuge wurden aus Bulgarien importiert und in Großbritannien, Frankreich und Spanien verkauft. Dies waren die letzten zum Verkauf stehenden Fabrikexemplare. Preis: nur 4.299 britische Pfund.

Aktuelles aus Großbritannien:

Ineos Grenadier Quartermaster (2023) feiert sein Pick-up-Debüt
Mini Cooper SE (2024): Neuer Elektro-Mini auf offiziellen Bildern

Doch der Meastro war immer noch nicht tot: Die Produktionslinie wurde an First Automobile Works (FAW) in China verkauft, wo der Maestro sowohl als Fließheck- als auch als Van-Modell für den chinesischen Automobilmarkt erhältlich war. Neu im Sortiment war der FAW Lubao CA6410 - ein Maestro-Kombi mit Montego-Frontpartie. Eine Handvoll in China hergestellter Teile wurden während der Produktion dieser Autos nach Großbritannien importiert. 2005 war schließlich endgültig Schicht im Schacht.

Vom Maestro wurden über 605.000 Einheiten verkauft, aber er konnte in England nie an den Erfolg des Ford Escort und des Vauxhall Astra heranreichen. Eine im August 2006 von der Zeitschrift Auto Express durchgeführte Umfrage ergab, dass der Maestro das am neunthäufigsten verschrottete Auto Großbritanniens in den letzten 30 Jahren war, wobei damals im Vereinigten Königreich nur noch 11.574 Exemplare im Umlauf und funktionstüchtig waren.

Neueste Kommentare