• 08.10.2024 11:09

  • von Roland Hildebrandt

30 Jahre Audi A8 (D2): Unterwegs in der Langversion mit W12

Nach dem missglückten V8 setzte Audi in der Luxusklasse anno 1994 auf eine Revolution aus Aluminium - Wir sind den A8 D2 mit W12 gefahren

(Motorsport-Total.com/Motor1) - Vorsprung durch Technik: Dieser Slogan hat sich gefühlt bei Audi ein wenig abgenutzt. Ganz anders siehht das vor 30 Jahren aus. Der Audi A8 macht bei seiner Vorstellung auf dem Genfer Automobilsalon 1994 eine klare Ansage an den Wettbewerb.

Titel-Bild zur News: Audi A8 6.0 L (2002)

Audi A8 6.0 L (2002) Zoom

Mit ihm gelingt Audi 1994 der Aufstieg in die Oberklasse. Die in Neckarsulm gebaute Limousine wird im März auf dem Genfer Automobilsalon vorgestellt und bringt als technisches Highlight den "Audi Space Frame" mit, eine vollständig aus Aluminium bestehende Karosserie.

Blicken wir einige Jahre zurück: 1988 erscheint bei Audi als neues Topmodell der V8. Obgleich technisch eigenständig, wirkt die Limousine auf viele wie ein aufgeblasener Audi 200. Für Vorstandschef Ferdinand Piëch ist klar: Der Nachfolger muss auch äußerlich neue Maßstäbe setzen. Bereits 1982 hat Piëch mit der Aluminium Company of America (Alcoa) einen Vertrag abgeschlossen, um die Grundlagen für ein neues High-End-Auto in Leichtbauweise zu schaffen.

Mit Aluminium in die Zukunft

Den Beginn einer neuen Ära läutet Audi mit der Vorstellung der Aluminium-Studie ASF (Audi Space Frame) im Herbst 1993 auf der Tokio Motor Show ein. Nicht nur die Karosserie ist besonders. Unter der Haube steckt ein 3,4-Liter-V8-TDI. Ein Diesel ist damals für Luxuslimousinen noch eher ungewöhnlich.

Vielleicht ist "Studie" nicht das richtige Wort, denn der ASF ist eher ein seriennaher Prototyp der ersten Generation des A8. Er wird mit einer unlackierten Karosserie aus poliertem Aluminium gezeigt, um die Leichtigkeit des Fahrzeugs zu unterstreichen.


Fotostrecke: 30 Jahre Audi A8 6.0 L

Und leicht ist der spätere A8 dann auch. Die Aluminium-Karosserie des 1994 eingeführten Serienfahrzeugs bringt gerade einmal 249 Kilogramm auf die Waage. Mit dem 2,8-Liter-Basisbenziner wiegt der Fünf-Meter-Wagen gerade einmal 1.460 Kilogramm. Ohne Extras natürlich. Wer später die dicksten Motoren im A8 bis hin zum W12 ordert, kommt der Zwei-Tonnen-Marke durchaus gefährlich nahe.

Seit 1995 setzen die vier Ringe dabei Maßstäbe in der Personalisierung von Premiumfahrzeugen. Die Office-Pakete für die erste Generation des Audi A8 mit Kühlbox, Barfach, VHS-Player mit Monitor, Klapptisch und elektrisch betätigten Gardinen zeugen davon.

Gescheiterte Träume

1997 spielt Audi mit der Idee, eine Coupéversion von damals drei Jahre alten A8 abzuleiten. Realisiert wird das Vorhaben mit der Münchner Firma IVM Automotive. Dort baut man eine seriennahe Studie im Farbton "Ming Blue Pearl", die auf dem Genfer Salon präsentiert wird. Natürlich fehlte eine B-Säule, weshalb es Sitze mit integrierten Sitzgurtaufnahmen aus dem damaligen Audi Cabrio gibt.

Audi A8 6.0 L (2002)

Audi A8 6.0 L (2002) Zoom

Ausgebremst wird das A8 Coupé aber vom Vertrieb und Marketing. Dort hat man Bedenken hinsichtlich der Verkaufszahlen eines zweitürigen A8. Man fürchtet das gleiche Schicksal wie die 8er-Reihe von BMW zu erleiden: Bildschön, aber beim Absatz eher mau. Also wird der Audi-Luxusgleiter zu den Akten gelegt, der seit 2002 nicht mehr öffentlich gezeigte Prototyp soll im Besitz von IVM sein.

Karosse für den Kanzler

Palastrevolution in der Politik: Bei seinem Amtsantritt 1998 wählt der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder den A8 zu seinem offiziellen Dienstwagen und brach damit mit der Tradition, da seine Vorgänger Modelle der Mercedes S-Klasse bevorzugt hatten.

Fußballfan Schröder kann sich theoretisch sogar Spiele anschauen: Ab 1998 ist es im Audi A8 sogar möglich, im Fahrzeug fernzusehen - zumindest, wenn der Wagen parkt. Technische Voraussetzung dafür ist das "Navigationssystem plus", womit sich sogar Teletext empfangen lässt.

Große Modellpflege im Jahr 1999

1999, für das Modelljahr 2000, wird die Frontpartie des A8 leicht überarbeitet, mit neuen, größeren, klaren Scheinwerfern, einem überarbeiteten Kühlergrill und einer niedrigeren Frontschürze mit serienmäßigen Nebelscheinwerfern. Im Innenraum erhalten die Sitze ein neues, horizontales Nahtmuster.

Audi A8 6.0 L (2002)

Audi A8 6.0 L (2002) Zoom

Außerdem streicht man das 3,7-Liter-V8-Modell mit Frontantrieb, sodass der 2,8-Liter-V6 und der 4.2 quattro mit langem und kurzem Radstand übrig bleiben. Diese neu gestalteten Fahrzeuge haben auch überarbeitete Türgriffe und eine integrierte Radioantenne. Für das Jahr 2000 wird das nordamerikanische A8-Angebot um den A8 L erweitert.

2001 stellt Audi seinen neuen W12-Motor vor, ein kompaktes 6,0-Liter-Aggregat, das durch die Zusammenführung von zwei VR6-Motoren an der Kurbelwelle entwickelt worden ist. Der Motor ist alsbald im A8 verfügbar, allerdings nur für europäische und asiatische Kunden.

Im Jahr 2002 erhält der A8 L serienmäßig Xenon-Scheinwerfer und ein beheizbares Lenkrad. Hinzu kommen ein Reifendruckkontrollsystem (TPMS), eine aktualisierte Symphony II-Stereoanlage und neue Außenfarben. Im Jahr 2002 erhalten alle A8-Varianten einen Entriegelungshebel für den Kofferraum, um die Flucht zu erleichtern, falls eine Person darin eingeklemmt ist.

Ober-A8 mit sechs Liter Hubraum

Von seiner Einführung bis zu seiner Ausmusterung im Jahr 2003 werden nur 750 Exemplare des D2 W12 produziert, laut anderen Quellen 650. Solch ein rares Exemplar sind wir gefahren. 5,16 Meter misst die Langversion, man sieht es ihr aber nicht unbedingt an.

Trotzdem ist ein Audi-Mitarbeiter begeistert, als wir die Fotos machen. Solch ein schönes Auto! So etwas mal zu sehen. Toll! Er könne sich noch erinnern, wie der W12 das Nonplus-Ultra gewesen ist. Kein Wunder, möchte man ergänzen, schließlich kostete er einst rund 212.000 DM.

Audi A8 6.0 L (2002)

Audi A8 6.0 L (2002) Zoom

Zum Glück merkt man das im Innenraum. Alles ist aus dem Vollen gefräst und fühlt sich hochwertig an. Allerdings hilft dabei auch die Tatsache, dass "unser" A8 W12 mit nur 3.000 Kilometer Laufleistung praktisch im Neuzustand ist. So prunkvoll das Cockpit ist (Alcantara, Leder und Holz, ein Hochamt der Knöpfe, nur die pixeligen Displays verraten das Alter), so üppig geht es im Fond zu. Elektrisch verstellbare Sitze, viel Beinfreiheit, Fußbänkchen, Kissen, Spiegel und Lampen. So muss das sein. Ein echtes Prunkstück aus der Ära Piëch-Winterkorn.

Aus der Tiefe des Raumes

Nun aber Auftritt des W12. Schlüssel umdrehen und ... ja, wo isser denn? Erst der Blick auf den Drehzahlmesser verrät: Er läuft. Leerlaufdrehzahl 700 U/min. Beim Gasgeben grollt der Zwölfzylinder leise aus der Tiefe des Maschinenraums. Turbo? Nix da. Laut Datenblatt steht das maximale Drehmoment von 550 Nm erst zwischen 3.500 und 4.750 U/min an. Doch ihre Kraft holt die mächtige Maschine über den dicken Hubraum.

Und so ist die Beschleunigung von 5,6 Sekunden für den Fahrer kaum wahrnehmbar, wären da nicht die deutlichen Schaltrucke der 5-Gang-Automatik. Man muss sich fast schon dazu zwingen, die Maschine über 2.000 Touren zu drehen.

Auf dem Display des Bordcomputers glimmt bei der Reichweite die Zahl 700. Ich bin verleitet, den A8 W12 einfach auf die große Tour gen Südtirol mitzunehmen. Vermutlich würde aber an der Tankstelle das böse Erwachen kommen, gut 15 Liter nennt Audi beim kombinierten Verbrauch. Aber bei der Ankunft steigt man aus und fragt sich: War was?

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Wie schreibt Audi schon 1995 in einem A8-Prospekt? "Unter den Automobilen, die Geschichte geschrieben haben, wird eines Tages der Audi A8 stehen." Da ist etwas dran. Die Produktion dieser Generation endet am 4. August 2002 mit der Nummer 105.092. Man sollte sich jetzt langsam seinen Teil der Geschichte sichern.

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