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Klingmann: "Die Erfahrung macht dich schneller"
'Motorsport-Total.com'-Kolumnist Jens Klingmann erinnert sich an seine ersten Gehversuche mit dem Formel BMW in Hockenheim 2005
(Motorsport-Total.com) - In der Formel BMW kommen junge Nachwuchspiloten zum ersten Mal in den Kontakt mit einem Formelauto. Bei einem Leergewicht von 450 Kilogramm beschleunigt der 140 PS starke BMW Vierzylinder-Motorradmotor auf bis zu 230 km/h. Für die jungen Fahrer, die fast alle direkt aus dem Kartsport kommen, ist dies eine gewaltige Herausforderung.

© Klingmann
Jens Klingmann über seinen Sprung vom Kart in den Formel BMW
Frage: "Jens, dein erster Formel BMW Test war im Herbst 2005 in Hockenheim unter nicht ganz günstigen Bedingungen..."
Jens Klingmann: "Ja, genau. Damals hat es geregnet. Ich habe auch gleich einmal mein Auto verbogen, weil ich in der zweiten Kurve auf eine Bodenwelle kam. (lacht; Anm. d. Red.) Dann ging mir das Heck weg und ich bin links eingeschlagen. Aber mein Teamchef, Albert Hamper, hat zu mir gesagt: 'Macht nix, kann passieren.' Also hab ich weitergemacht, zwar etwas vorsichtiger, aber es wurde dann langsam besser."#w1#
Erfahrung ist alles
Frage: "Aber im ersten Rennen lief es dann schon recht gut, oder?"
Klingmann: "Würde ich auch so sehen. Ich kam von Startplatz 14 und wurde am Ende Neunter. Es war mein erstes Rennen und ich hatte daher auch noch nicht so viel Erfahrung. Ich dachte immer, das Auto ist am Limit, es geht nicht mehr schneller, aber das stimmte nicht."
Frage: "Das bedeutet: Die Erfahrung macht dich schneller?"
Klingmann: "Auf jeden Fall. Man lernt halt, wie man mit dem Auto umgeht, man gewinnt an Sicherheit. Man merkt einfach, das Auto ist noch nicht am Limit, obwohl man das denkt."
Frage: "Quasi so eine Art Monaco-Effekt?"
Klingmann: "So ähnlich. Auf einmal ist das Gefühl für das Fahrzeug da, auf einmal hast du mehr Vertrauen und das macht dich automatisch schneller."
Formel BMW als perfekte Vorbereitung für später
Frage: "Hat das auch etwas mit der Abstimmung zu tun? Als Rookie direkt aus dem Kartsport dürfte das sehr schwierig sein?"
Klingmann: "Okay, die Abstimmung beim Kart ist schon sehr diffizil. Das unterschätzen viele Leute. Aber bei einem Formel Auto ist das noch viel komplexer. Die Erfahrungen vom Kart kann man fast alle vergessen, vielleicht kann man in der Grundeinstellung ein paar erlernte Dinge mit hinübernehmen, in Detailfragen niemals."
Frage: "BMW Motorsport Direktor Mario Theissen legt ja großen Wert auf die Tatsache, dass die jungen Fahrer in der Formel BMW lernen sollen, ihr Auto abzustimmen. Ist das in der Praxis so?"
Klingmann: "Auf jeden Fall. Wir fahren zum Beispiel das gleiche Getriebe wie in der Formel 3. Man lernt mit der Flügelabstimmung zu experimentieren, man versucht das notwendige Abtriebslevel richtig einzuschätzen - es ist schon eine perfekte Vorbereitung auf das, was später kommt."
Frage: "Konntest du 2006 schon bei der Abstimmung mitreden? Oder passiert das erst 2007?"
Klingmann: "Sagen wir mal so: Man kann verstehen, was passiert, wenn du etwas änderst. Mitreden konnte ich zumindest anfangs noch nicht. Aber das Team hat ja die Erfahrung, es hat seine Tricks bei der Feinabstimmung. Da konnte ich noch nicht mitreden."
Basissetup als Start
Frage: "Also gibt dir das Team ein Basissetup vor?"
Klingmann: "Genau. Wir beginnen mit einem Grundsetup und verfeinern es."
Frage: "Wie ist das dann auf einer Rennstrecke, die neu im Kalender ist? Zum Beispiel Valencia?"
Klingmann: "Gut, die Grundcharakteristik einer Strecke ist ja bekannt. In Valencia beispielsweise ist der Turn 1 ähnlich wie in Hockenheim. Also eine Fünfter-Gang-Kurve. Das Infield hat viele Kurven im dritten Gang, ähnlich wie Oschersleben. So bauen wir auf und verbessern dann Stück für Stück."
Frage: "Nach dem berühmten Trial-and-Error-Prinzip?"
Klingmann: "So ungefähr. Nach der ersten Session wissen wir ja, was passt und was nicht passt. Dann müssen wir halt etwas ändern."
Frage: "Und was passiert, wenn ihr mit eurem Basissetup komplett daneben liegt?"
Klingmann: "Du spielst auf Oschersleben an(lacht; Anm. d. Red.)? Ja, das ging ziemlich in die Hose. Eigentlich waren wir überzeugt, dass wir gut dastehen. Aber dann haben wir ganz schnell festgestellt, dass uns eine Sekunde fehlt. Das Setup hat überhaupt nicht funktioniert, weder bei mir, noch bei meinen Teamkollegen. Da mussten wir ein bisschen Vabanque spielen. Wir mussten in eine ganz andere Richtung gehen, und es hat funktioniert. Auf einmal waren wir gigantisch schnell."

