• 07.06.2008 03:58

  • von Klaus Graf

Die Le-Mans-Kolumne von Klaus Graf

Klaus Graf wird die Leser von 'Motorsport-Total.com' am Le-Mans-Rennen 2008 in seiner Kolumne ganz nah am Geschehen teilhaben lassen - hier der erste Teil

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Klaus Graf Charouz Lola-Judd Cytosport Le Mans

Klaus Graf in seinem Lola-Judd bei den Vortests in Le Mans

ich freue mich sehr, dass ich euch bei meiner dritten Le-Mans-Teilnahme nach 1999 und 2001, sowie meinem ersten Europa-Auftritt seit 2004 ganz intensiv am Geschehen teilnehmen lassen kann. Normalerweise treten wir mit unserem Cytosport-Team ja nur in der American-Le-Mans-Serie in den USA an, aber dieser Juni bildet nun eine ganz große Ausnahme.

Die Priorität Nummer eins lag am Vortest-Wochenende für uns als "Le-Mans-Exoten" natürlich darauf, unsere Fahrer zu qualifizieren, was mich selbst, und vor allem Greg Pickett betraf. Das geschieht in Le Mans über eine Fahrt von zehn Runden am Stück, bei der man innerhalb von 115 Prozent der Klassenbestzeit bleiben muss, was bei den schnellen LMP1-Werksautos von Peugeot und Audi natürlich nicht ganz so einfach ist.#w1#

Auch meine letzte Le-Mans-Teilnahme liegt ja schon ein Weilchen zurück, weswegen ich in der Fahrerqualifikation gleich einmal den Anfang gemacht habe, und das Auto parallel auch ein wenig für die nicht ganz einfachen Bedingungen abgestimmt habe.

Mit einem reinem "Herumschnarchen" war es also nichts, und speziell für Greg, für den es ja sein lang erwartetes Le-Mans-Debüt ist, waren die Wetterverhältnisse natürlich alles andere als optimal, zu dem er auch über keine Streckenkenntnisse verfügt hat. Aber Greg war ganz einfach toll vorbereitet.

Teambesitzer Greg Pickett begeistert

Greg Pickett

Greg Pickett ist ein ehemaliger TransAm-Champion Zoom

Er verbrachte einige Wochen in einem Hi-Tech-Simulator in Kalifornien und hat sich dort wirklich warm gefahren. Er wusste also genau, wo es lang geht und das hat ihm enorm weitergeholfen. Und natürlich merkte man auch ganz deutlich, dass er trotz seiner über 60 Jahre einfach ein Klasse-Rennfahrer ist.

Alle die Greg nicht kennen, unterschätzen ihn gerne, aber er ist für mich eigentlich der "Elderly-Statesman-Profi" schlecht hin. Greg war zwar nie ein kompletter Rennprofi, aber wer seine Geschichte kennt, der weiß, dass sich damalige TransAm-Teambesitzer wie etwa Jack Roush alle fünf Finger abgeschleckt hätten, wenn sie Greg Pickett in den 1980er Jahren verpflichten hätten können.

Jack Roush wollte Greg damals unbedingt zu einer Profikarriere überreden, auch Gary Pratt und Jim Miller, die in der ALMS heute das Corvette-Programm anführen, sind ganz alte Spezis von Greg. Dort genießt er ein sehr hohes Ansehen, weil die Leute natürlich wissen, wie gut er früher fuhr. Für mich war Greg einer der besten TransAm-Piloten, die es je gegeben hat.

Heute ist Greg zwar schon über 60, aber er ist nach wie vor extrem fit. Seine Firma bewegt sich ja im Bereich Nahrungsergänzungsmittel und er weiß daher sehr viel über Fitness und Ernährung. Für ihn geht mit der Le-Mans-Teilnahme ein kleiner Lebenstraum in Erfüllung. Als er nach seiner ersten Ausfahrt aus dem Auto stieg, war er schon etwas überwältigt, und hat immer wieder betont, wie viel Spaß ihm das Fahren in Le Mans bereiten würde.

Cytosport, Charouz und JOTA

Cytosport Klaus Graf

Normalerweise sieht man das Cytosport-Team nur in der ALMS Zoom

Ich persönlich bin mit unserem Abschneiden bei den Vortests sehr zufrieden. Am Ende setzte Jan Lammers, in Le Mans der dritte Mann im Bunde, unsere Bestzeit, weil er zwei gezeitete Runden auf einigermaßen trockener Strecke erwischt hatte. Aber wir waren eigentlich bei allen Bedingungen um Platz zwölf herum klassiert.

Als die Verhältnisse am Morgen so richtig "Wischi-Waschi" waren, lag ich sogar einmal zeitweise auf Platz zehn und hatte dabei nur fünf oder sechs Sekunden Rückstand auf die Peugeots - obwohl ich es zu diesem Zeitpunkt noch recht locker angehen habe lassen.

Im Nachhinein muss ich sogar sagen, dass es für unser verhältnismäßig kleines Privatteam sogar gar nicht einmal schlecht war, dass es weder mit der LMS-Teilnahme in Spa, noch in Monza geklappt hat. Vielleicht einmal abgesehen von der mangelnden Wettkampfpraxis unserer Boxencrew in Sachen Stopps.

Denn so konnten wir uns in der Vorbereitung voll auf Le Mans konzentrieren und dementsprechend gut steht unser Auto auch da - wir hatten bei den Vortests keinerlei Probleme. Unsere Cytosport-Kerntruppe kommt aus den USA und wir arbeiten in Le Mans in doppelter Kooperation. Einmal mit dem Team von Tony Charouz, was die Meldung und das eigentliche Fahrzeug angeht, und natürlich auch mit dem englischen Team JOTA, die dieses Fahrzeug 2007 für Charouz eingesetzt haben.

JOTA verstärkt unser Team mit dem Teammanager und zwei festen Mechanikern, und momentan befindet sich unser Lola-Judd auch in England. Das Auto wird dort nun für die Qualifikation und das Rennen vorbereitet. Denn wir wissen durchaus, dass wir noch um einiges besser und auch schneller werden können. Wir gingen den Vortest sehr konservativ an, aber das Auto hatte von Anfang an eine sehr gute Balance.

Viel Arbeit bis zum Rennen

Klaus Graf

Für Klaus Graf ist es 2008 seine bislang dritte Le-Mans-Teilnahme Zoom

Im Prinzip besitzen wir - bis auf das eigentliche Chassis - zwei Rennwägen, die jetzt gerade für die Qualifikation vorbereitet werden: Andere Aufhängungen, wir haben noch ein zweites Getriebe und natürlich den eigentlichen Rennmotor. Auch das komplette Bodywork wird derzeit vorbereitet, was nichts anderes bedeutet, als das alle Ersatzteile, die man in den 24 Stunden vielleicht einmal brauchen wird, auch zu 100 Prozent ans Auto passen, denn im Rennen selbst ist für solche Probleme natürlich keine Zeit.

Für ein kleines Privatteam, wie wir es sind, gibt es also jede Menge Arbeit hinter den Kulissen, da wir natürlich nicht über die Manpower der großen Werke verfügen. Bei uns arbeiten zwölf Leute am Auto, das ist - grob geschätzt - ein Drittel des Aufwands von Audi oder Peugeot.

In der Qualifikation selbst wird es wohl meine Aufgabe werden, das Auto auf einen möglichst guten Platz in der Startaufstellung zu bringen, denn ich werde nach Le Mans zusammen mit Greg Pickett ja wieder in der ALMS starten, und bin in unserem Team sicherlich so etwas wie die Nummer eins.

Auf alle Fälle freue ich mich genauso wie unsere gesamte Mannschaft auf das große Abenteuer Le Mans. Und ich freue mich auch, die Leser von 'Motorsport-Total.com' während der kommenden Wochen auf dem Laufenden zu halten. Den nächsten Detailbericht werde ich nach der Qualifikation abliefern. Bis dahin,

Herzliche Grüße

Klaus Graf