Wenn ich das NASCAR-Playoff-Format ändern könnte, dann ...

Shane van Gisbergen hat mit zwei Siegen den Einzug in die Playoffs geschafft - Doch sollte der 27. in der Gesamtwertung wirklich Teil des Titelkampfes sein?

(Motorsport-Total.com) - Liebe NASCAR-Fans,

Titel-Bild zur News: Shane van Gisbergen beim NASCAR-Rennen in Chicago

Shane van Gisbergen beim NASCAR-Rennen in Chicago Zoom

Shane van Gisbergen ist zweifellos einer der besten Tourenwagenfahrer der Welt. Seine beiden Siege in Mexiko-Stadt und Chicago haben den Neuseeländer in die Playoffs der NASCAR-Cup-Saison 2025 katapultiert, obwohl er nur auf Platz 27 der Gesamtwertung liegt. Bei allem Respekt vor den Leistungen des Neuseeländers zeigt diese Situation, aber auch schon die Qualifikation von Harrison Burton im Jahr 2024 dank seines Daytona-Sieges damals, wie anfällig das aktuelle Playoff-Format ist. Doch was würde ich ändern, hätte ich die Macht?

Zunächst einmal vorweg: Ich bin kein Gegner der Playoffs oder des Chase. NASCAR geht einen anderen Weg und war schon immer anders als viele konkurrierende Motorsportserien auf der Welt. Mich unterhält eine solche Endrunde um den Titel sehr. Dennoch könnte an der einen oder anderen Stellschraube gedreht werden. Dazu werde ich auch die Meinung von zwei NASCAR-Urgesteinen mit einbringen: Denny Hamlin und Kyle Busch haben im Podcast Actions Detrimental with Denny Hamlin lange vor den Siegen von van Gisbergen über das Format philosophiert.

Mit einem Sieg bist du dabei

Zunächst die Grundlagen: Ein Sieg bringt dich sicher in die Playoffs, sofern es nicht mehr als 16 unterschiedliche Rennsieger in einer Saison gibt. Ganze 16 Piloten erhalten dann in zehn Rennen die Chance, um den Titel zu fahren.

Daran stören mich zwei Dinge: Erstens würde ich die Teilnehmerzahl auf zwölf reduzieren, denn nur die NASCAR-Elite sollte eine Chance bekommen, die Meisterschaft zu fahren. Zweitens würde ich die Qualifikation über einen einzigen Sieg abschaffen und durch ein anderes System ersetzen.

Warum? Ein kleinerer Kreis bedeutet, dass am Ende jemand den Titel holt, der das dank seiner Leistungen in der ganzen Saison auch verdient hat. Außerdem sollte nicht allein ein Sieg die Teilnahmebedingung sein, sondern die Konstanz! Wer interessiert sich schon akutell dafür, wer in einem Rennen Achter oder gar Zweiter geworden ist? Kaum jemand, da diese Platzierung kaum etwas einbringt - nur Platz eins hat Gewicht!

NASCAR will Siege belohnen, das könnte jedoch anders umgesetzt werden: Die Top 12 der Punkte schaffen es in die Playoffs. Für die Eliminationsphasen können weiterhin Playoff-Punkte für Rennsiege und Stage-Siege gesammelt werden - sowohl in der regulären Saison als auch in den Playoffs selbst. Um die Siege höher zu bewerten, könnte ein erster Platz beispielsweise mit 50 statt 40 Punkten belohnt werden. Platz zwei würde weiterhin 35 Punkte erhalten, Platz drei 34 und so weiter.

Ein Sieg hätte damit eine noch höhere Gewichtung, würde aber eben nicht automatisch zur Qualifikation führen. Die Konstanz in der regulären Saison würde damit eine wichtige Rolle spielen. Anschließend würde ich zudem die Playoffs ein wenig verändern, auch wenn die eigentliche Idee bestehen bleibt.

Finalrunde statt ein großes Rennen

"Ich habe den Zehn-Rennen-Chase immer gehasst. Wenn du ein oder zwei schlechte Rennen hattest, warst du am Ende Fünfter und hattest keine Chance auf den Meisterschaftssieg. Gerade Jimmie Johnson hat das perfektioniert und selbst in Talladega immer einen Weg ins Ziel gefunden", sagt Busch im Podcast.

"Die Drei-Rennen-Serien, in denen du über Punkte weiterkommen kannst oder, wenn du gut genug bist, mit einem Sieg, sind in meinen Augen die fairsten. Die Punkte werden nach jeder Serie zurückgesetzt, aber mit den Playoff-Punkten, die du über das Jahr hinweg gesammelt hast, weil du gut warst, hast du einen Vorteil. Ich weiß aber nicht, was ich über das Finale, in dem der Sieger alles abräumt, sagen soll."

Da stimme ich Busch zu: In den Playoffs kannst du gerne mit einem Sieg in die nächste Runde kommen - das ergibt in meinen Augen Sinn! In meinem System gäbe es neun Playoff-Rennen: Nach drei Rennen würden vier Fahrer rausfliegen, die keinen Sieg geholt und die wenigsten Punkte gesammelt haben. Wie Busch es beschreibt, ist es fair, wenn jeder Fahrer seine Playoff-Punkte wie bisher in jede Runde mitnehmen kann.

Nach weiteren drei Rennen sind es nur noch vier Fahrer, die um den Titel kämpfen. Diese vier Finalisten nehmen auch in die entscheidende Runde ihre Playoff-Punkte mit. Wer am Ende der letzten Serie die meisten Punkte holt, ist NASCAR-Champion.

Die Playoffs bleiben bestehen, Rennsiege haben ein größeres Gewicht, doch Konstanz spielt eine größere Rolle als das Glück. Wenn der Kreis der Playoffs verkleinert wird, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, einen würdigen Champion zu haben. Die Finalstrecken? Da würde ich die Kernstrecken der NASCAR nehmen: Short-Tracks und Intermediate-Ovale!

NASCAR-Start in Atlanta

NASCAR-Start in Atlanta Zoom

Hamlin würde noch weitergehen und die Playoff-Punkte anpassen: "Kyle Larson gewinnt ein Rennen und bekommt fünf Playoff-Punkte. Das sind nur fünf Positionen in einer Stage eines Rennens. Wenn wir die Bonuspunkte erhöhen würden, also wenn wir sie zum Beispiel verdoppeln, dann gäbe es zwei Playoff-Punkte statt einen für einen Stage-Sieg und zehn statt fünf für einen Rennsieg."

"Das wäre wirklich eine Belohnung für gute Leistungen und würde uns antreiben, in der regulären Saison zu performen. Es würde auch eher verhindern, dass unsere Favoriten früh in den Playoffs ausscheiden - gerade auf den Strecken, auf denen die Playoffs ausgetragen werden. Ich würde zwölf statt 16 Teilnehmer zulassen. Das würde verhindern, dass jemand mit einem Sieg auf Platz 33 dabei ist. Wenn du aus den Playoffs fliegst, solltest du auch auf den Platz zurückfallen, auf dem du mit deinen Punkten stehen würdest."

Aktuell kann ein Playoff-Teilnehmer maximal auf Platz 16 zurückfallen, was natürlich deutlich mehr Preisgeld und Prestige am Ende des Jahres bedeutet. "Ein Rennen sollte nicht mehr Gewicht haben als die anderen 35, an denen du teilgenommen hast", so Hamlin weiter.

"Wir sollten also die Playoff-Punkte verdoppeln und zwölf Fahrer zulassen, was ungefähr der Zahl der unterschiedlichen Sieger entspricht. Ein Sieg sollte dich nicht zwangsläufig in die Playoffs bringen. Du solltest nicht automatisch in den Top 12 der Gesamtwertung stehen. Das Polster sollte immer mitgenommen werden, während die vier schlechtesten Fahrer - bei zwölf Teilnehmern vielleicht nur drei - rausfliegen. Außerdem sollte es eine Finalrunde und kein Finalrennen geben. Bei mir würde ein Sieg auch nicht die Qualifikation für die nächste Runde bedeuten."

Meine Idee zusammengefasst
Mit Hamlin bin ich nicht hundertprozentig einer Meinung, aber er zeigt, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, das Playoff-System zu verbessern, ohne die Essenz der Endrunde zu eliminieren. Ich fasse meine Idee noch einmal kurz zusammen: Es nehmen zwölf Fahrer in neun Rennen teil, es gibt kein "Win-and-you're-in" in der regulären Saison, nach der Regular-Season zählt die Gesamtwertung. Es gibt mehr Punkte für den Rennsieger und mehr Playoff-Punkte für das Polster. In den Playoffs kommst du mit einem Sieg oder durch die Punkte weiter, vier Fahrer fliegen pro Runde raus. Außerdem gibt es eine Finalrunde mit vier Fahrern über drei Rennen auf Ovalen mit maximal zwei Meilen Länge.

Reguläre Saison
- 27 Rennen in der regulären Saison
- Kein "Win and you're in" - nur die Gesamtwertung zählt
- Mehr Punkte für Rennsiege, zum Beispiel durch Aufwertung des Siegers im Punktesystem
- Mehr Playoff-Punkte als Polster für gute Leistungen in der Regular-Season (auch in den Playoffs)

Playoff-Struktur
- Zwölf Fahrer qualifizieren sich für die Playoffs
- Neun Rennen in den Playoffs, aufgeteilt in drei Runden
- Drei Runden a drei Rennen
- In jeder Runde scheiden vier Fahrer aus
- Einzug in die nächste Runde durch Sieg oder Punkte
- Punktepolster wird in jede Runde mitgenommen, auch ins Finale

Finalrunde
- Vier Finalisten
- Drei Rennen in der letzten Runde
- Austragung nur auf Ovalen mit maximal 2 Meilen Länge
- Der beste der vier Fahrer nach diesen drei Rennen wird Champion

Ich glaube, dass NASCAR zu einem traditionellen Meisterschaftsformat zurückkehrt, ist sehr unwahrscheinlich. Die Playoffs werden bleiben. Um auf das Eingangsthema zurückzukommen: Van Gisbergen steht 2025 verdient in den Playoffs, da er dem NASCAR-Establishment auf den Rundkursen um die Ohren fährt, was das aktuelle System belohnt - das steht außer Frage! Doch in meinen Augen könnte das Playoff-Format eine Politur vertragen - unabhängig vom Supercars-Ass.


Highlights: NASCAR in Chicago 2025

Natürlich ist mir bewusst, dass es sich hierbei um eine rein sportliche Betrachtung handelt. NASCAR muss auch die Wirtschaftlichkeit im Auge behalten. 16 Teilnehmer bedeuten mehr zufriedene Fahrer, Teams und Sponsoren, mehr Geschichten und eine höhere Chance, dass ein beliebter Fahrer eine Titelchance hat und die Fans einschalten - denn darum geht es schließlich. Die Playoffs animieren die Fans, NASCAR bis zum letzten Rennen zu schauen - auch das finde ich völlig in Ordnung.

NASCAR-Geschäftsführer Steve O'Donnell hat im Hauler Talk Podcast bereits angekündigt, dass auch NASCAR sich das Format vornehmen könnte: "Ich denke, es wird ein paar Anpassungen geben, die wir uns ansehen und bei denen wir uns verbessern können. Es gibt viele verschiedene Faktoren, die wir berücksichtigen müssen, um sicherzustellen, dass wir Fahrer krönen, die Rennen gewinnen, am Limit fahren und bei denen wir die Geschichte erzählen können, dass sie es verdienen, NASCAR-Champion zu sein.”

Andre Wiegold

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