• 25.09.2008 17:40

  • von Pete Fink

Vorschau: NASCAR im Herzen Amerikas

Einmal im Jahr fährt der Sprint-Cup in Kansas - Heimrennen für Carl Edwards und Clint Bowyer, Greg Biffle gewann 2007, letzte Chance für Kyle Busch

(Motorsport-Total.com) - Das NASCAR-Chase 2008 steht bislang ganz im Zeichen von Greg Biffle, der in Loudon und Dover die ersten beiden Playoff-Rennen für sich entscheiden konnte. Das hat bislang seit Einführung des Chase im Jahr 2004 noch kein Pilot geschafft. Nun geht es zum ersten Mal im Chase 2008 auf ein klassisches 1,5 Meilenoval - den Kansas Speedway.

Titel-Bild zur News: Kansas

Matt Kenseth führte die NASCAR-Meute 2005 in das Kansas-Rennen

Das Pikante: Biffle gewann just dort vor Jahresfrist sein einziges Saisonrennen. Sollte es der Roush-Pilot tatsächlich schaffen, drei Playoff-Rennen in Folge zu gewinnen, dann würde der vermeintliche Außenseiter dem Titel natürlich ein großes Stück näher kommen.#w1#

Im Erfolgsfall wäre der Mann aus Vancouver sogar der erste NASCAR-Pilot, der sowohl bei den Trucks (2002), in der Nationwide-Serie (2003) und im Sprint-Cup, also in allen drei bedeutenden NASCAR-Ligen, die Meisterschaft für sich entschieden hätte. Aber soweit ist es natürlich noch lange nicht.

Das sonntägliche NASCAR-Event wird den insgesamt erst achten Auftritt der obersten StockCar-Liga im - wie die Einheimischen bescheiden formulieren - Herzen Amerikas sein, denn in Kansas wird erst seit dem Jahr 2001 gefahren. Genau wie das Schwesteroval in Chicagoland ist Kansas also noch ein relativ junger Standort, den die NASCAR Mitte der 1990er Jahre zu ihrem Vorzeigestandort im Mittleren Westen auserkoren hatte.

Zweimal Kansas City

Tony Stewart Kansas 2006

Tony Stewart gewann in Kansas das Cup-Rennen des Jahres 2006 Zoom

Kansas City selbst ist getrennt durch den Missouri River, eigentlich gibt es also zwei Kansas City. Eines davon, die östliche Ausgabe, ist die Hauptstadt des Bundesstaates Missouri und im Westen liegt das Kansas City im Bundesstaat Kansas, in dem sich auch der Kansas Speedway befindet. Die Hauptstadt des Bundesstaates Kansas heißt übrigens nicht Kansas City, sondern Topeka. Denn Kansas City ist ja bereits die Hauptstadt des Bundesstaates Missouri - ist soweit alles klar?

Neben dem berühmten, 3.767 Kilometer langen Fluss, der wenig später bei St. Louis in den noch berühmteren Mississippi River mündet, hat der motorsportliche Besucher von Kansas City noch zwei besondere Schmankerl zu erwarten: Zum einen das legendäre Kansas City Barbecue und zum anderen winkt noch eine Führung durch das nagelneue Harley-Davidson-Werk, das 1998 dort gebaut wurde.

15 Grad hat das Banking in Kansas und wer anders als der vierfache Cup-Champion Jeff Gordon könnte es gewesen sein, der das erste Cup-Rennen auf dem Kansas Speedway gewinnen sollte. Der Hendrick-Superstar setzte 2002 noch einen drauf und ist damit der einzige Cup-Pilot, der hier bereits zwei Erfolge vorweisen kann.

Die weiteren Gewinner auf dem Kansas Speedway lauten Ryan Newman (2003), Joe Nemechek (2004), Mark Martin (2005 - dies war übrigens der bislang letzte Cup-Erfolg des NASCAR-Veterans), Tony Stewart (2006) und im Vorjahr eben Greg Biffle.

Heimrennen für Bowyer und Edwards

Clint Bowyer

"Country-Boy" Clint Bowyer feiert in Kansas City sein Heimrennen Zoom

Für zwei Chase-Kandidaten ist das Kansas-Rennen eine ganz besondere Veranstaltung: Clint Bowyer (Childress-Chevrolet) stammt aus Emporia, Kansas, was in etwa genau so weit vom Kansas Speedway entfernt ist, wie der Geburtsort von Carl Edwards (Roush-Ford), der aus Columbia, Missouri, stammt. Der eine also im Westen, der andere im Osten - die genaue Problembeschreibung siehe weiter oben.

Wie in Chicago, so gibt es natürlich auch in Kansas wahrscheinlich wieder mehrere Fahrspuren, die vor allem gegen Rennende auch viele verschiedene Benzinstrategien zulassen werden. Während die zwölf Chase-Kandidaten möglicherweise etwas defensiver vorgehen werden, könnten andere Top-Piloten, die nur noch um Rennsiege fahren, eine wesentlich risikoreichere Strategie verfolgen.

Kansas ist übrigens eines der wenigen 1,5 Meilenovale, welches die NASCAR nur einmal pro Saison besucht und Mark Martin ist mit Sicherheit in genau diese Kategorie einzuordnen. Der ewig 49-Jährige hat vor seinem Wechsel zu Hendrick-Motorsports in den verbleibenden acht Saisonrennen nur ein Ziel: Ein Abschiedssieg für Dale Earnhardt Inc.

Doch es gibt noch einen Piloten, der in Kansas volles Risiko gehen wird und der heißt Kyle Busch. Nach zwei Chase-Rennen und zwei kräftigen Ohrfeigen mit den Plätzen 34 und 43 wird der achtfache Saisonsieger am Wochenende nur ein Ziel haben: Revanche.

Letzte Chance für Kyle Busch

Kyle Busch Joe Gibbs

Für Kyle Busch ist Kansas die allerletzte Chance auf den Titel 2008 Zoom

Und auch wenn der Joe-Gibbs-Pilot selbst den Titel bereits abgeschrieben hat, so steht er mit dieser Meinung im Fahrerfeld ziemlich alleine da. Der Grund ist das Beispiel Jimmie Johnson. Der hatte 2006 nach drei Chase-Rennen einen schier aussichtslosen Rückstand von 165 Punkten - und holte sich trotzdem noch den Titel.

Im Fall Kyle Busch beträgt der Abstand auf Tabellenführer Carl Edwards satte 210 Punkte. Eines ist klar: Noch einmal so ein Desaster wie in Loudon oder Dover und der Mann aus Las Vegas ist weg vom Fenster. Ein Sieg aber, und das ist ihm in jedem Fall zuzutrauen, und Kyle Busch wäre wieder im Titelgeschäft.

Ein perfektes Beispiel dazu bietet die reguläre Saison: Nach dem April-Rennen in Talladega hatte Kyle Busch in der Gesamtwertung 80 Punkte Rückstand auf Jeff Burton. Fünf Rennen später betrug der Vorsprung von Kyle Busch auf Burton 142 Punkte. Macht in Summe einen Umschwung von 222 Punkten in fünf Rennen. Wer Kyle Busch zu früh abschreibt, macht also tatsächlich einen Fehler.

Das einzige Problem aus Sicht der Statistiker, das Kyle Busch am Sonntagabend hat, ist übrigens lustigerweise die Tatsache, dass er im Chase steht. Denn seit 2004 hat in Kansas nur ein einziges Mal ein Pilot gewonnen, der auch in den Playoff stand und das war Mark Martin 2005. Weder Joe Nemechek (2004), noch Tony Stewart (2006) und Greg Biffle (2007) waren für den Chase qualifiziert. Kansas ist also eine waschechte Außenseiterstrecke.

Sechs-Stunden-Marathon 2007

Greg Biffle

Kontrovers: Greg Biffle feierte in Kansas 2007 seinen einzigen Saisonsieg Zoom

Was unmittelbar zum dritten Lokalmatadoren führt. Dessen Name ist Jamie McMurray, der aus Joplin, Missouri, stammt, und der in Kansas eine mächtige Waffe in seinem Besitz weiß. Teamchef Jack Roush bezeichnete McMurrays Ford Fusion in Dover nicht von ungefähr als das schnellste Auto der Roush-Flotte. Lediglich ein Unfall verhinderte, dass das Dover-Trio im Finale ein Roush-Quartett war.

Neben dem Sprint-Cup fährt am Wochenende in Kansas auch die Nationwide-Serie mit durchaus prominenter Besetzung. Der Nationwide-Start erfolgt am Samstagabend gegen 21:30 Uhr, die Startflagge zum dritten von insgesamt zehn Playoff-Rennen des diesjährigen Sprint-Cup-Chase fällt am Sonntagabend gegen 20:20 Uhr.

Der Zuschauer sollte sich im Übrigen viel Zeit nehmen, denn die Kansas-Ausgabe des Jahres 2007 war ein Sechs-Stunden-Marathon mit jeder Menge Brisanz. Zwei Regenunterbrechungen waren nur das Vorspiel zu einem Benzinkrimi, in dem bei einbrechender Dunkelheit Clint Bowyer und Jimmie Johnson als Erste die Ziellinie überquerten.

Das Problem: Sie hatten Greg Biffle unter Gelber Flagge überholt, weil der - im sicheren Gefühl des Sieges - hinter dem PaceCar herbummelte. Biffle war der Meinung, das Rennen sei beendet, Bowyer und Johnson interpretierten dies dahingehend, dass Biffle der Sprit ausgegangen sei. Also überholten sie ihn vorsichtshalber - es nutzte aber nichts: NASCAR erklärte Biffle zum Sieger.