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  • 30.10.2011 23:02

  • von Pete Fink

Tony Stewart siegt im Crashfest - Edwards bleibt vorne!

Tony Stewart gewinnt das Crashfestival von Martinsville vor Jimmie Johnson und Jeff Gordon - Carl Edwards büsst Boden ein, bleibt aber Tabellenführer

(Motorsport-Total.com) - Hochspannung in Martinsville und Hochspannung in der Gesamtwertung. Dies ist das simple Fazit des Tums Fast Relief 500. Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) gewann am Sonntagabend ein extrem turbulentes Short-Track-Rennen mit einem beinharten Manöver in der vorletzten Runde gegen Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet). Damit setzte sich "Smoke" in der Gesamttabelle auf Rang zwei und ist mit nur noch acht Punkten Rückstand ab sofort härtester Verfolger von Spitzenreiter Carl Edwards (Roush-Ford; 9.).

Titel-Bild zur News: Tony Stewart, Jimmie Johnson, Jeff Gordon

Die Entscheidung: Tony Stewart kassiert Jimmie Johnson auf der Außenbahn

"Er sollte sich besser in Acht nehmen, denn die nächsten drei Wochen werden nicht einfach für ihn", grinste ein rundum zufriedener Stewart in der Victory Lane in Richtung Edwards. Für den Roush-Piloten entpuppte sich Martinsville als das erwartet schwierige Rennen: Sein neunter Rang war das Optimum an Schadensbegrenzung. Während Tabellenführer Edwards im Chase 2011 nach wie vor sieglos bleibt, feierte Stewart bereits seinen dritten Sieg im siebten Playoff-Rennen.

Dabei erlebte der rote Stewart/Haas-Chevy mit der Startnummer 14 in einem über weite Strceken chaotischen Rennverlauf eine wahre Achterbahnfahrt. Ohne vernünftige Balance und mit starkem Untersteuern fiel Stewart in der ersten Rennhälfte aus den Top 10 heraus. Nach 350 von 500 Runden drohte ihm sogar ein Überrundungsmanöver durch den zu diesem Zeitpunkt führenden Martinsville-Spezialisten Denny Hamlin (Gibbs-Toyota; 5.).


Fotos: NASCAR in Martinsville


Dann kam die klassische Reifenstrategie ins Spiel: Durch einen schnellen Zwei-Reifenstopp bugsierte sich Stewart unmittelbar im Anschluss mit einem Schlag in die Spitzengruppe nach vorne, bevor er sich kurze Zeit später in einem Zweikampf gegen Kevin Harvick (Childress-Chevrolet; 4.) einen Reifenschaden einfing. Nach einem Extrastopp während Gelbphase 13 und Runde 415 lag der zweifache NASCAR-Champion scheinbar abgeschlagen auf Position 23.

Gelbphase Nummer 18 kippt alles

Doch sein Team hatte noch einen Pfeil im Strategieköcher. In Gelbphase 15 wiederholte Crewchief Darian Grubb den Zwei-Reifenstopp, was Stewart hinter Johnson und Jeff Burton (Childress-Chevrolet; 6.) auf Position drei nach vorne brachte. Neun Runden vor Schluss hatte Stewart seinen Konkurrenten Burton niedergerungen und war neuer Zweiter. Leader Johnson war zu diesem Zeitpunkt bereits um über eine Sekunde enteilt.

Jeff Gordon, Jimmie Johnson

Jeff Gordon und Jimmie Johnson lagen lange Zeit in Front Zoom

Aber das ausgiebige Crashfestival von Martinsville sollte nicht ohne eine finale Gelbphase über die Bühne gehen. Auslöser war Brian Vickers (30.), dessen bereits rundum ondulierter Red-Bull-Toyota gefühlt in jede zweite der insgesamt 18 Gelbphasen verwickelt war. Dies gab Stewart tatsächlich noch einmal eine Chance, Johnson beim Restart anzugreifen. Und genau so sollte es auch kommen.

Bei noch drei zu fahrenden Runden setzte sich Stewart eingangs Turn 1 außen neben Johnson. Er hielt diese Position in der Folge bei und eineinhalb Umläufe später kassierte er den NASCAR-Dauerchampion eingangs der kurzen Start-/Zielgerade auf der Außenbahn. Diese Attacke saß, Johnson musste sich geschlagen geben.

"Wir hatten heute ganz sicher nicht das beste Auto, aber unser gesamtes Team hat dafür mit äußerster Entschlossenheit agiert", lautete das große Lob und der Dank des Siegers, der anfügte. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand Jimmie Johnson schon einmal außen herum überholt hat. Es war der pure Wille."

Johnson und Gordon als faire Verlierer

Johnson wiederum zeigte sich als fairer Verlierer: "Ich konnte ihn beim Restart nicht abschütteln", schilderte der Hendrick-Pilot. "Ich habe versucht, innen die Kurbs zu vermeiden, damit ich ihn nicht aus dem Rennen nehme. Natürlich habe ich kurz überlegt, mich an ihn zu lehnen, aber das wäre nicht richtig gewesen. Tony hat beim Restart einen tollen Job gemacht und ich habe es nicht auf die Reihe bekommen."

Tony Stewart

"Smoke" in Martinsville: Tony Stewart lässt es kräftig rauchen Zoom

Stewart führte nur 14 der 500 Runden, Johnson deren 61. Noch länger in Front lag Jeff Gordon (114), der am Ende jedoch "nichts gegen die beiden Jungs da vorne" ausrichten konnte und schließlich Dritter wurde. Der vierfache NASCAR-Champion zeigte sich jedoch zufrieden, denn er hatte sich bereits in Runde acht (!) bei der ersten von 18 Gelbphasen seinen Hendrick-Chevy unschuldig kaltverformt.

Weil es in den ersten 100 Runden nicht weniger als sechsmal krachte, hatte die Gordon-Crew jedoch ausreichend Gelegenheit, die weinrote 24 immer wieder wieder zurecht zu dengeln. Gordon steuerte in dieser Zeit nicht weniger als elfmal seine Box an. In Runde 150 hatte er sich wieder in die Top 10 zurückgekämpft und hielt im Anschluss immer den direkten Blickkontakt zur Spitze.

Vierter wurde Kevin Harvick, der zu Rennmitte die gleiche Reifenstrategie wie Sieger Stewart nutzte. Einmal in der Spitzengruppe liegend, biss sich der Frühjahressieger von Martinsville in seiner typischen Manier vorne fest. Der Lohn der harten Arbeit: Harvick ist in der Gesamtwertung hinter Edwards und Stewart nun wieder Dritter. Sein Rückstand beträgt gerade einmal 21 Punkte.

Pech für Kyle Busch und Kenseth

Die beiden großen Opfer des Martinsville-Sonntags hießen Kyle Busch und Matt Kenseth. Der jüngere Busch-Bruder drückte dem Rennen in der Anfangsphase seinen Stempel auf und lag insgesamt 125 Runden in Front. Als sich das Hendrick-Duo Johnson und Gordon, sowie sein Gibbs-Teamkollege Hamlin ebenfalls an die Spitze kämpften, sah es lange Zeit nach einem Vierkampf aus.

Doch der Gibbs-Toyota mit der Startnummer 18 konnte im Finale nicht mehr zulegen. Im Gegenteil: Kyle Busch kam zunehmend unter Druck seiner Verfolger. Einer dieser Verfolger hieß Matt Kenseth, der sich in seiner klassischen Manier den Vierkampf an der Spitze aus einer Verfolgerposition heraus angesehen hatte. Kenseth hatte mit Platz fünf auf diese Art und Weise viele Runden lang die virtuelle Gesamtführung inne.

Bis Runde 464 oder Gelbphase 16. Nach einem der vielen Restarts übertrieb es Kenseth und räumte mit rauchenden Reifen unter anderem Kyle Busch ab. Beim Einschlag wurde die Hinterachse seines Roush-Ford entscheidend beschädigt. Kenseth musste aufgeben und verlor als 31. in der Gesamtwertung massiv an Boden: Statt neuer Leader zu sein, ist er nun Gesamtfünfter mit 36 Punkten Rückstand auf Teamkollege Edwards.

Kyle Busch versuchte indes zu retten, was zu retten war und schleppte seinen waidwunden Toyota Camry an die Box. Dort versuchte die Crew verzweifelt, das Auto unter Gelb in der Führungsrunde zu halten und schickte den 26-Jährigen zu früh wieder auf die Strecke. Die Folge: Das linke Vorderrad löste sich und kullerte seelenruhig über die Gegengerade. Kyle Busch (27.) verlor sieben Runden und viele Punkte (-57) in der Gesamtwertung.

Edwards und seine Konstanz

Ebenfalls Pech hatte Brad Keselowski. Der Penske-Youngster zeigte in Martinsville erneut ein tadelloses Rennen und arbeitete sich nach einem kleinen Anfangstief (P28) bis auf Rang sechs nach vorne. Beim allerletzten Restart übertrieb er es aber und landete in einem Dreher. Keselowski wurde nur 17., auch er büsste in der Tabelle (-27) einige Punkte ein.

Kyle Busch

Das Aus für Kyle Busch: War's das mit dem NASCAR-Titel 2011? Zoom

Der vielleicht größte Glückspilz von Martinsville hieß jedoch einmal mehr Carl Edwards. Erst schenkte ihm der Regen eine Pole-Position, die er zu Beginn prompt für einen Bonuspunkt nutzen konnte. Zwei suboptimale Boxenstopps ließen ihn jedoch rasch aus den Top 20 heraus fallen, auch das Handling seines Roush-Ford bekam er nicht in den Griff.

Zweimal (Runde 255 und 312) flog Edwards sogar aus der Führungsrunde, zweimal (258 und 408) rettete ihn der Lucky-Dog. In der so turbulenten Schlussphase hielt er sich aus allen Scharmützeln heraus und fuhr im so ungeliebten Martinsville tatsächlich noch auf Platz neun nach vorne. "Das ist ein Geschenk", urteilte Edwards. "Wir haben Rang neun ganz sicher nicht verdient."

Fakt ist allerdings auch: Wer in sieben Chase-Rennen zwar nie gewinnt, aber auch nie schlechter als Position elf (Talladega) ins Ziel kommt, der liegt aufgrund seiner Konstanz nicht unverdient an der Spitze der Gesamtwertung. Auch wenn sein härtester Konkurrent (Stewart) drei von sieben Chase-Rennen gewinnen konnte. Nächstes Wochenende geht es nun auf das superschnelle 1,5 Meilenoval von Texas, das drittletzte Rennen dieser dramatischen NASCAR-Saison, in der nach wie vor alles möglich ist...