Nummer 8: Johnson siegt erneut in Martinsville

Jimmie Johnson dominiert nach Belieben - Clint Bowyer verhindert einen Hendrick-Durchmarsch - Sensationelles Martinsville-Debüt von Danica Patrick

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Auftritt im NASCAR-Kolosseum von Bristol war der Sprint-Cup-Zirkus am Sonntag zum zweiten Mal in dieser Saison auf einem Short-Track zu Gast. Ein Mann drückte dem Geschehen auf dem Halbmeilen-Oval in Martinsville klar seinen Stempel auf: Jimmie Johnson. Der fünffache NASCAR-Champion lag im STP Gas Booster 500 nicht weniger als 346 der 500 Runden auf Platz eins und feierte im souveränen Stil seinen zweiten Saisonsieg nach dem Daytona 500 im Februar.

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) ist der erste Zweifachsieger der Saison 2013 Zoom

"Es war ein langer Tag, der einfach nur Spaß gemacht hat. Martinsville hat sich über all die Jahre nicht verändert. Du musst hier einfach deinen Rhythmus finden. Ich habe das Gefühl, dass das schnellste Auto heute gewonnen hat", sagte Johnson nach dem ersten Martinsville-Rennen mit dem neuen Gen6 in der Victory Lane und zeigte sich erfreut darüber, dass es "in der Schlussphase keine verrückten Strategiespielchen gab".

Für den Hendrick-Piloten war es bereits der achte Martinsville-Triumph. Gemäß der auf dem Short-Track im US-Bundesstaat Virginia vorherrschenden Tradition holte sich Johnson damit seine achte Grandfather-Clock - jene überdimensionale Trophäe für einen Martinsville-Sieg - ab. Mit seinem zweiten Saisonsieg übernahm Johnson auch wieder die Tabellenführung.


Fotos: NASCAR in Martinsville


Der amtierende Vize-Champion Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) kam trotz Verwicklung in eine der zahlreichen Kollisionen als Zweiter ins Ziel und verhinderte damit auch mit angeschlagenem Auto einen kompletten Durchmarsch des Hendrick-Teams. Johnsons Teamkollegen Jeff Gordon und Kasey Kahne liefen nach 500 Runden auf den Plätzen drei und vier ein. Kyle Busch im bestplatzierten Gibbs-Toyota wurde um Haaresbreite Fünfter, nachdem er eine Schlussattacke des frisch bereiften Brad Keselowski um ganze 0,007 Sekunden parieren konnte.

Der amtierende NASCAR-Champion in Diensten des Penske-Teams tanzte strategiemäßig diesmal eher unfreiwillig aus der Reihe. Beim letzten Routinestopp wurde er von den NASCAR-Offiziellen angewiesen, zurückzusetzen, weil sich die Front seines Ford Fusion um wenige Zentimeter außerhalb des markierten Boxenplatzes befand. Mit dickem Hals und frischen Reifen kämpfte sich Keselowski nach einem finalen Reifenwechsel noch bis auf Rang sechs nach vorn.

Zehn verbeulte Sprint-Cup-Autos in einer Runde

Das Renngeschehen auf dem flachen Halbmeilen-Oval bot im Grunde zwei konträre Seiten. Nachdem knapp die Hälfte des Rennens im Zeichen von nur drei Gelbphasen, dafür aber langen Green-Flag-Runs stand, ging es in Runde 180 zum ersten Mal rund, und wie: Im Anschluss an den Restart nach Caution drei (Debris) kam es unmittelbar hintereinander zu zwei Kettenreaktionen im Feld, im Zuge derer nicht weniger als zehn Fahrzeuge Beschädigungen davontrugen.

Auf der Außenspur kam der als Tabellenführer angereistete Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet; 24.) ausgangs Turn 2 überhaupt nicht in Schwung und brachte hinter sich Brian Vickers (Waltrip-Toyota; 11.), Jeff Burton (Childress-Chevrolet; 18.), Marcos Ambrose (Petty-Ford; 8.) und den für den verletzten Denny Hamlin eingesprungenen Mark Martin (Gibbs-Toyota) in arge Bedrängnis.

Chaos in Martinsville

Chaos in Runde 180: Clint Bowyer (15) fuhr noch auf Platz zwei nach vorn Zoom

Als infolgedessen die Gelbe Flagge herauskam, wurde es nur eine halbe Runde später erneut brenzlig: Der Führende Jimmie Johnson erkannte das Gelblicht und nahm auf der Außenbahn im Gegensatz zu Kyle Busch auf der Innenbahn Tempo heraus. Hinter Johnson fuhren die Fahrzeuge - genau wie wenige Sekunden zuvor hinter Earnhardt - ineinander. Diesmal erwischte es Clint Bowyer, der nach Kontakt von Waltrip-Teamkollege Martin Truex Jr. (40.) quer auf der Start/Ziel-Geraden stand. Jamie McMurray (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet; 7.), Joey Logano (Penske-Ford; 23.), Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford; 25.) und Travis Kvapil (BK-Toyota; 39.) waren ebenfalls verwickelt.

Bowyer, McMurray, Ambrose und Martin ließen sich von den teilweise gravierenden Karosserieverformungen an ihren Autos nicht bremsen und brachten jeweils eine Top-10-Platzierung ins Ziel. Bowyer war letztlich sogar der schärfste Verfolger von Sieger Jimmie Johnson. NASCAR-Oldie Martin überstand zudem einen völlig verkorksten Boxenstopp, als er ein Signal der für ihn ungewohnten Gibbs-Crew von Denny Hamlin falsch interpretierte und losfuhr, bevor das linke Vorderrad festgezogen war. Der aufgrund des Fontana-Crashs verletzte Stammfahrer Hamlin beobachtete das Martin-Malheur vom Kommandostand aus, konnte sich nach 500 Runden aber über Platz zehn für seinen prominenten Ersatzmann freuen.

Dramatisch aussehender Abflug von Kurt Busch

Kurt Busch

Dieser Dreher von Kurt Busch nach Reifenschaden war nur der Anfang... Zoom

Die zweite Rennhälfte sah dann nicht weniger als acht weitere Gelbphasen - die meisten davon verursacht durch Reifenschäden. So erwischte es nacheinander David Reutimann (BK-Toyota; 38.), Carl Edwards (Roush-Ford; 15.), Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 31.) und Brian Vickers mit platten oder aufgeschlitzten Goodyear-Pneus. Dale Earnhardt Jr. wurde in Runde 464 im Infight mit Danica Patrick umgedreht, nachdem die Stewart/Haas-Pilotin ihrerseits von Vickers erwischt wurde.

Den dramatischsten Abflug zeigte aber Kurt Busch (37.). Der NASCAR-Champion von 2004 stopfte seinen Furniture-Row-Chevrolet 15 Runden vor Schluss mit Karacho in die Mauer von Turn 1. Ursache war im Falle von Busch aber kein Reifenschaden und auch keine der zahlreichen Feindberührungen im gesamten Feld, sondern ein Bremsdefekt am Chevrolet SS des kleinen Furniture-Row-Teams aus Denver.

Die defekte, aber glühend heiße rechte vorderere Bremsscheibe sorgte unter der Haube für ein Feuer und hochdramatische Bilder. Per Onboard-Feuerlöscher konnte Kurt Busch dem heißen Ritt schließlich selbst ein Ende bereiten und mit angesengtem Helmvisier aussteigen. "Irgendetwas stimmte mit den Bremsen nicht. Vor Turn 3 fiel wurde das Pedal weich. Mit Pumpen konnte ich noch etwas Bremswirkung erzeugen. Vor Turn 1 fiel das Pedal dann komplett durch. Solche Dinge passieren, aber ich gebe ganz sicher nicht auf", zeigte sich Kurt Busch, der in diesem Jahr bereits zweimal in die Top 5 fuhr, unerschrocken.

Bowyer und Gordon im Schlussspurt ohne Chance

Um die Strecke nach dem Abflug von Kurt Busch für die Schlussphase wieder zu reinigen, kam für wenige Minuten die Rote Flagge heraus. Beim anschließenden Restart ließ sich Leader Jimmie Johnson die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und fuhr ungefährdet zu seinem achten Triumph im 23. Start auf dem "Paper Clip" von Martinsville.

"Meine Schuhe waren einfach zu ausgelatscht." Clint Bowyer

Bowyer konnte auf der Außenbahn letztlich nichts mehr ausrichten und musste sich mit Platz zwei begnügen. "Meine Schuhe waren einfach zu ausgelatscht", grinste der Waltrip-Fahrer bezüglich seiner abgefahrenen Reifen, nachdem er die letzte Gelbphase genau wie die übrigen Top-5-Piloten nicht mehr zum Reifenwechsel herangezogen hatte und stattdessen im Sinne der Track-Position draußen geblieben war.

Auch für Jeff Gordon reichte es im Zuge des finalen Shortruns nicht mehr zu einer Attacke auf Teamkollege Johnson. "In der Boxengasse habe ich mir einmal einen Fehler geleistet, der uns weit zurückwarf", so Gordon im Hinblick auf einen missratenen Stopp, bei dem er über die Markierung hinausrutschte und anschließend zurückgeschoben werden musste. "Auf den Longruns war mein Auto klar das schnellste. Am Schluss gingen mir einfach die Runden aus", konstatierte der vierfache NASCAR-Champion, der mit Platz drei aber wichtige Meisterschaftspunkte einfuhr und in der Gesamtwertung von Rang 18 auf Rang zwölf nach oben kletterte.

Sensationelles Martinsville-Debüt von Danica Patrick

Mindestens genauso überzeugend war die Vorstellung von Danica Patrick. Die 31-jährige Stewart/Haas-Pilotin ließ sich bei ihrem Martinsville-Debüt weder von einem frühen Dreher (misslungener Angriff auf Ken Schrader in Runde 15) noch von zwischenzeitlichem Rundenrückstand oder der Szene mit Vickers und Earnhardt Jr. in Runde 464 aus dem Konzept bringen. Mit Platz zwölf zog die ehemalige IndyCar-Pilotin ein mehr als respektables Ergebnis an Land, das umso bemerkenswerter ist, da sie das Rennen nach einem am Samstag vorgenommenen Motorwechsel vom 43. und letzten Startplatz in Angriff nehmen musste.

Danica Patrick, Dale Earnhardt Jun.

Danica Patricks turbulentes Rennen beinhaltete eine Kollision mit "Junior" Zoom

So schaffte Danica Patrick tatsächlich das Kunststück, bei ersten Auftritt auf dem schwierigen Short-Track bestplatzierter Vertreter des Stewart/Haas-Trios zu sein. Ryan Newman brachte sich mit einer mutwillig heraufbeschworenen Gelbphase nach Reifenproblemen (Runde 360) selbst um alle Chancen, da ihm für das Vergehen drei Strafrunden aufgebrummt wurden. Der dreifache Martinsville-Sieger und Ex-Champion Tony Stewart (17.) musste sich in den Schlussrunden im direkten Duell seiner Rookie-Teamkollegin beugen.

"Ich war ja vorher noch nie in Martinsville, hatte aber gehört, dass es hier ziemlich verrückt zugeht. Mir kam es heute so vor, als hätte ich ständig überholt. Platz zwölf ist ein tolles Ergebnis, speziell angesichts der Tatsache, dass wir nach Daytona ein paar schlechte eingefahren haben", so die Stellungnahme der hochzufriedenen Danica Patrick.

Auf den letzten Metern musste sich Patrick im Kampf um Platz elf denkbar knapp Brian Vickers geschlagen geben. Das Duell trug sich direkt vor den Nasen der frisch bereiften Kevin Harvick (Childress-Chevrolet; 13.) und Matt Kenseth (Gibbs-Toyota; 14.) zu. Diese konnten von ihren besseren Gummis aber nicht profitieren, da sich Vickers und Patrick auf den letzten Metern extrem breit machten.

Jimmie Johnson reist als Tabellenführer nach Texas

Speziell für Kenseth ging das Pokerspiel des späten Reifenwechsels nach hinten los, nachdem er im Zuge seines besten Martinsville-Auftritts seit mehr als zehn Jahren über weite Strecke der Distanz auf dem Level seines Teamkollegen Kyle Busch unterwegs war und mit seinem Tempo zwischenzeitlich sogar dem späteren Sieger Jimmie Johnson Sorgen bereitete. Harvick verlor durch den späten Boxenstopp ebenfalls die Chance auf eine Top-5-Platzierung. Unmittelbar nach der Ziellinie schickte Harvick den Waltrip-Toyota von Vickers in einen Dreher. Dieser revanchierte sich bei der Einfahrt in die Boxengasse mit einem netten Gruß inklusive Lackaustausch.

Am kommenden Wochenende steht das erste Nachtrennen der Saison 2013 ins Haus. Auf dem Texas Motor Speedway in Fort Worth geht es am Samstagabend unter Flutlicht um Punkte. Jimmie Johnson reist nach seinem zweiten Saisonsieg als Tabellenführer an das 1,5-Meilen-Oval im US-Bundesstaat Texas.