NASCAR-Finale 2020: Titel für Elliott - würdiger Abschied für Johnson
Ans Ende der Startaufstellung strafversetzt, aber die drei Titelkonkurrenten hinter sich gehalten: Chase Elliott erringt Titel und Jimmie Johnson mit würdigem Abschied
(Motorsport-Total.com) - Chase Elliott ist der Champion der NASCAR Cup Series im Coronajahr 2020.

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NASCAR Cup-Titel 2020 für Chase Elliot beim Abschied für Jimmie Johnson Zoom
Im Finale in Phoenix setzte sich Elliott mit Rennsieg am Steuer seines Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 9 gegen seine drei Titelkonkurrenten Brad Keselowski (Penske-Ford), Joey Logano (Penske-Ford) und Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) durch (Fotos: NASCAR-Finale 2020 in Phoenix).
Für den 24-jährigen Elliott ist es der erste Titel in der höchsten NASCAR-Liga. Dieser ist ihm direkt bei seinem ersten Finaleinzug gelungen. Für die Familie Elliott ist es der zweite Titel, denn Vater Bill Elliott ist der NASCAR-Champion von 1988. Für Hendrick Motorsports ist es sogar schon Titel Nummer 13 und der erste seit Jimmie Johnsons siebten Titel im Jahr 2016.
Und apropos Jimmie Johnson: Der siebenmalige Champion zeigte bei seiner Abschiedsvorstellung eine starke Leistung. Direkt hinter den vier Titelkandidaten, die allesamt auf den Plätzen eins bis vier ins Ziel kamen, beendete Johnson das 686. und planmäßig letzte Rennen seiner langen und erfolgreichen Karriere in der NASCAR-Topliga als Fünfter (Ergebnis: NASCAR-Finale 2020 in Phoenix).
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Ehrenrunde für Johnson - Letzter statt erster Startplatz für Elliott
Bei der siebten Auflage eines "Championship 4"-Finales in der höchsten NASCAR-Liga mit vier punktgleich angetretenen Titelkandidaten wurde der Champion erstmals auf dem Phoenix Raceway im US-Bundesstaat Arizona ermittelt. In den vergangenen sechs Jahren wie auch in den zehn Jahren zuvor, als das Playoff-Format noch ein anderes war, war jeweils der Homestead-Miami Speedway in Florida die Bühne für die Titelentscheidung gewesen.

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Die Titelentscheidung fiel erstmals auf dem Phoenix Raceway in Arizona Zoom
Wie schon beim Großteil der Rennen im Coronajahr 2020, so gab es auch für das vierköpfige Finale um den Titel weder Training noch Qualifying. Die vier Titelkandidaten hätten in der Reihenfolge Chase Elliott, Joey Logano, Brad Keselowski und Denny Hamlin von den ersten vier Startpositionen ins Rennen gehen sollen.
Weil aber der #9 Hendrick-Chevrolet von Elliott bei der technischen Inspektion vor dem Rennen zweimal durchfiel, wurde Elliott ans Ende der Startaufstellung versetzt. Was genau beanstandet wurde, war nicht unmittelbar bekannt. Crewchief Alan Gustafson sprach nach dem Rennen davon, dass es sich um den linken hinteren Kotflügel "und ein paar andere Dinge" handelte.
Bevor Elliotts Rückversetzung vollzogen wurde, gab es aber anlässlich des Abschieds von Jimmie Johnson zunächst eine Ehrenrunde, während der der siebenmalige Champion mit seinem einmalig in Chrom gehaltenen #48 Hendrick-Chevrolet das Feld anführte.
In der tatsächlichen Einführungsrunde zum fliegenden Start erbte Logano aufgrund Elliotts Rückversetzung das Vorrecht für die Spurwahl in der ersten Reihe. Er entschied sich für die Außenbahn. Penske-Teamkollege Brad Keselowski nahm somit von der Innenbahn der ersten Reihe Tempo auf, Gibbs-Pilot Denny Hamlin von der Außenbahn der zweiten Reihe.
Logano führte das Rennen lange an. Hinter ihm beharkten sich anfangs Keselowski und Hamlin um die zweite Position, wobei der Penske-Pilot zunächst die Oberhand behielt. Gleichzeitig holte Elliott vom Ende des 39-köpfigen Feldes zügig auf.
Nach zehn Runden wurde Elliott schon in den Top 20 geführt, nach 20 Runden schon knapp außerhalb der Top 10. Und als nach 30 Runden die als Competition-Caution angekündigte erste Gelbphase ausgerufen wurde, lagen alle vier Titelkandidaten in den Top 10.
Logano führt lange - Elliott holt auf - Titelkandidaten überlegen
Während Keselowski mit einem nicht perfekten ersten Boxenstopp sechs Positionen einbüßte und damit in den Bereich des Feldes zurückfiel, in dem sich Elliott aufhielt, entschied Logano nach dem Start auch den ersten Restart für sich - in diesem Fall nicht von der Außen-, sondern von der Innenbahn kommend.
In der zweiten Hälfte der Top 10 brauchte Elliott nicht lange, um Keselowski zu kassieren. Nach 50 Runden war der Hendrick-Pilot nicht nur Dritter in Reihen der Titelkandidaten hinter Logano und Hamlin. Er war hinter diesen beiden auch schon Dritter im Rennen und hatte Sichtkontakt.

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Nach Strafversetzung ans Feldende fuhr Chase Elliott zügig nach vorne Zoom
Als nach 75 Runden die erste Stage-Flagge geschwenkt wurde, lagen Logano an erster, Hamlin an zweiter, Elliott an dritter und Keselowski an vierter Stelle. Die vier um den Titel fahrenden Piloten hatten somit einmal mehr das Renngeschehen beim Finale im Griff. Man fragt sich schon, ob ein Kevin Harvick, wenn er es denn ins Finale geschafft hätte, auch dann lange Zeit außerhalb der Top 10 herumgegurkt wäre.
Und noch etwas war genauso wie früher in Homestead: Bonuspunkte wurden für die vier Titelkandidaten weder in Stage 1 noch in Stage 2 verteilt. Denn ungeachtet des neuen Austragungsorts für das Finale hatte die Regel weiter Bestand, wonach es im finalen Vierkampf um den Titel einzig und allein darum ging, die drei anderen Titelanwärter bei Rennende hinter sich zu haben. Somit konnte sich Logano für den Stage-1-Sieg nichts kaufen.
Elliott löst Logano an der Spitze ab
Beim Restart, der das zweite Rennsegment einläutete, verteidigte Logano die Spitze abermals souverän. Unmittelbar änderte sich nichts, aber nach einigen erfolglosen Versuchen gelang es Elliott dann doch, Hamlin zu überholen und damit die Rolle des ersten Logano-Verfolgers einzunehmen. Nachdem die 100-Runden-Marke erreicht war, fuhren Logano, Elliott und Hamlin direkt hintereinander in den Top 3. Keselowski war zwar weiterhin Vierter, hatte auf der Strecke aber deutlich Rückstand.
Nach 120 Runden Führung für Logano gab es erstmals einen anderen Spitzenreiter. Der vom Ende des Feldes gestartete Elliott übernahm in der 121. von 312 Runden mit einem Angriff in Turn 1 die Spitze und lag damit erstmals nicht nur im Rennen, sondern virtuell auch im Titelkampf ganz vorn.
Logano kämpfte in dieser Phase mit dem Handling seines #22 Penske-Ford und musste kurz nach Elliott auch Hamlin ziehen lassen. Loganos Penske-Teamkollege hatte ähnliche Sorgen. Denn kurz nach dem Führungswechsel war es der an vierter Stelle gelegene Keselowski, der in Reihen der Titelkandidaten den Reigen der ersten Green-Flag-Stops eröffnete. Damit fiel er vorübergehend aus der Führungsrunde.
Logano kam kurz darauf seinerseits unter Grün an die Box. Und auch Elliott und Hamlin warteten nur unwesentlich länger. Als sich alles wieder sortiert hatte, führte Elliott weiterhin vor Hamlin. Dahinter hatten die Penske-Piloten die Plätze getauscht. Keselowski fuhr im virtuellen Titelrennen an dritter Stelle, Langzeitspitzenreiter Logano nur noch an vierter.
Keselowski dreht auf: Spannendes Duell mit Elliott
Die einzige Gelbphase aufgrund eines Zwischenfalls kam nach 160 Runden heraus. Grund war ein harmloser Mauerkontakt von James Davison (Ware-Ford) in Turn 2. Beim Restart nach einem routinemäßigen Boxenstopp-Durchgang unter Gelb führte Elliott die Titelanwärter weiter an, lag im Rennen aber kurzzeitig nicht ganz vorn. Grund: Kurt Busch (Ganassi-Chevrolet) hatte nur zwei frische Reifen abgeholt.
Der Ex-Champion wählte für den Restart die Außenbahn, verlor die Führung aber nach knapp einer Runde sofort wieder an Elliott. Dahinter brachte sich Keselowski in die Position des ersten Verfolgers, während sich Logano und Hamlin direkt nach dem Restart leicht beharkten und Lackproben austauschten.
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Mit dem Schwung vom Restart war Keselowski derart gut in Fahrt, dass er auch Elliott noch kassierte und damit sowohl im Rennen als auch im Titelrennen das Kommando übernahm. Im Zuge eines spannenden Duells Keselowski vs. Elliott wechselte die Führung anschließend mehrfach innerhalb weniger Runden. Elliott schien sich durchzusetzen, doch in der letzten halben Runde vor der zweiten Stage-Flagge griff Keselowski auf der Innenbahn erneut an und zog vorbei.
So lag Keselowski bei Ende von Stage 2 vorn, direkt gefolgt von Elliott, Logano und Hamlin. Allerdings konnte sich Keselowski für diesen Stage-Sieg ebenso wenig etwas kaufen wie es auf Teamkollege Logano in Stage 1 zutraf. Das letzte Rennsegment über 122 Runden war das alles entscheidende.
Keselowski verliert mehrfach Zeit an der Box
Dank des großen Vorteils in Form des Boxenplatzes ganz am Ausgang der Boxengasse übernahm Elliott in der Stage-Caution wieder die Führung. Direkt hinter ihm kam Logano aus der Boxengasse, während der als Spitzenreiter hereingekommene Keselowski zum zweiten Mal an diesem Tag einige Positionen an der Box einbüßte.
Beim Restart, der das letzte Segment einläutete, gab Elliott somit das Tempo vor, hatte aber Logano, Hamlin und Keselowski direkt im Nacken sitzen. Keselowski kam wie schon beim vorherigen Restart wieder bestens in Schwung und machte den Positionsverlust, den er in der Boxengasse erlitten hatte, zumindest teilweise wieder wett.
Dann dauerte es einige Runden, bis Keselowski im Kampf um die dritte Postion an Hamlin vorbei war. Gut 50 Runden vor Schluss aber rückten die Top 3 - Elliott, Logano, Keselowski - im Zuge eines langen Green-Flag-Runs immer dichter zusammen. Indes musste Hamlin abreißen lassen.

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Hamlin, Logano und Keselowski hatten gegen Elliott knapp das Nachsehen Zoom
Ab 54 Runden vor Schluss ging es unter Grün zum letzten planmäßigen Boxenstopp. Logano an zweiter Stelle liegend eröffnete, Hamlin folgte ihm. Spitzenreiter Elliott und Keselowski kamen eine Runde später, aber bei Keselowski gab es zum dritten Mal Probleme an der Box. Ein langsamer Stopp kostete in dieser vorentscheidenden Phase wertvolle Sekunden.
Schlussphase: Elliott souverän - Vizetitel für Keselowski
Loganos Timing und Stopp stellten sich als die beste Kombination heraus. Er kam an Elliott vorbei und hatte damit eingangs des letzten Green-Flag-Runs das Zepter in der Hand. Elliott, Hamlin und Keselowski folgten auf den Positionen zwei bis vier, wobei Letztgenannter einmal mehr zum Aufholen gezwungen war.
Ganz vorn kämpften nun Logano und Elliott um die Führung. 43 Runden vor Schluss gelang es Elliott in Turn 3 vorbeizugehen und damit das Zepter wieder an sich zu reißen. Dahinter kam Keselowski an Hamlin vorbei, hatte 30 Runden vor Schluss aber auch als Dritter noch drei Sekunden Rückstand auf Elliott und Logano.
20 Runden lang änderte sich nichts. Zehn Runden vor Schluss aber hatte Keselowski Logano eingeholt und übernahm die zweite Postion von ihm. Auf Spitzenreiter Elliott fehlten trotzdem weiterhin drei Sekunden. Diese waren nicht mehr aufzuholen, denn eine letzte Gelbphase blieb aus.
Elliott kreuzte mit 2,7 Sekunden Vorsprung auf Keselowski die Ziellinie als Rennsieger und als Champion. Keselowski, der sich mehrfach nach vorne kämpfen musste, blieb mit P2 immerhin der Vizetitel. Logano schloss als Dritter ab, Hamlin als Vierter. Beide konnten in der Schlussphase nichts mehr ausrichten.
Damit haben Keselowski und Logano ihren zweiten Titel um eine beziehungsweise zwei Positionen verpasst. Hamlin, der im Saisonverlauf sieben Rennen gewonnen hat, wartet nach P4 beim Finale weiterhin auf seinen ersten Titel.
Vorjahreschampion Kyle Busch (Gibbs-Toyota) kam auf P11 knapp außerhalb der Top 10 ins Ziel. Cole Custer (Stewart/Haas-Ford) ist der Rookie des Jahres 2020. Er schloss beim letzten Rennen seiner ersten vollen Cup-Saison auf P28 ab. Die Highlights des Jahres für Custer neben dem Gewinn des Rookie-Titels waren sein Premierensieg im Juli auf dem Kentucky Speedway und damit der Einzug ins ursprünglich 16-köpfige Playoff-Feld.
Jimmie Johnson mit starker Leistung beim Abschied
Während Cole Custer die erste volle Saison seiner Cup-Karriere absolviert hat, ist die lange und erfolgreiche Cup-Karriere von Jimmie Johnson nach 19 vollen Saisons zu Ende gegangen. Bei seinem 686. und letzten Start im #48 Hendrick-Chevrolet wurde es für Johnson mit ein paar strategiebedingten Führungsrunden und P5 ein versöhnlicher und würdiger Abschied. Seine 130 Rennen lange sieglose Serie zum Ende kann sieben Titel und 83 Siege keineswegs in den Schatten stellen.
Matt Kenseth, der Champion von 2003, brachte seine Cup-Karriere nach 697 Rennen in mehr als 21 vollen Saisons mit Platz 25 Ende. Clint Bowyer, Vizechampion von 2012, verabschiedete sich nach 541 Rennen in 16 vollen Cup-Saisons passend zu seiner letzten Startnummer mit Platz 14. Für Chad Knaus wurde es bei seinem letzten Einsatz als Crewchief der neunte Platz, den William Byron im #24 Hendrick-Chevrolet eingefahren hat.
Und auch für die beiden von der NASCAR-Bildfläche verschwindenden Ein-Wagen-Teams Leavine Family Racing und Germain Racing wurde es ein versöhnlicher Abschied. Der nächstjährige Gibbs-Pilot Christopher Bell brachte den Leavine-Toyota (Startnummer 95) auf Platz 17 ins Ziel. Ty Dillon, der noch nicht weiß, wo er im nächsten Jahr fahren wird, beendete des letzte Rennen für den Germain-Chevrolet (Startnummer 13) auf Platz 21.
Truck-Titel für Sheldon Creed - Xfinity-Titel für Austin Cindric
Die Entscheidung im Kampf um den Cup-Titel am Sonntag war die dritte Titelentscheidung am NASCAR Championship Weekend 2020 auf dem Phoenix Raceway.
Am Freitag hatte sich Sheldon Creed (GMS-Chevrolet) mit Sieg im Finale der Truck-Serie gegen die drei anderen Titelkandidaten Zane Smith, Brett Moffitt und Grant Enfinger durchgesetzt.
Am Samstag errang Austin Cindric (Penske-Ford) den Titel in der Xfinity-Serie. Er behielt seinerseits mit Sieg im Finale die Oberhand gegenüber Justin Allgaier, Chase Briscoe und Justin Haley.


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