"Junior" ist wieder da: Earnhardt siegt in Michigan!

Die Durststrecke von Dale Earnhardt Jr. endete am Sonntag ausgerechnet auf dem Michigan Speedway, wo er vor genau vier Jahren zuletzt gewonnen hatte

(Motorsport-Total.com) - Es ist tatsächlich vollbracht: Dale Earnhardt Jr. in der Victory Lane eines Sprint-Cup-Rennens! Nach 143 vergeblichen Anläufen erlöste der unangefochtene NASCAR-Publikumsliebling sich selbst und die gesamte "Junior Nation". Auf dem frisch asphaltierten Michigan Speedway lieferte Earnhardt im diesmal in schwarz gehaltenen Hendrick-Chevrolet eine überzeugende Vorstellung ab und gewann das Quicken Loans 400 vor Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) und Matt Kenseth (Roush-Ford).

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jun.

"The Dark Knight Rises": Dale Earnhardt Jr. setzte seiner Durststrecke ein Ende

Nach 200 Runden entstieg Earnhardt in der Victory Lane unter riesigem Jubel der Fans seinem schwarzen Chevy mit der Startnummer 88 und war nahezu sprachlos: "Das fühlt sich unglaublich an. Die letzten 15 Runden waren die längsten meines Lebens. Ich kann nur sagen: Dieser Sieg ist für meine Fans, die über all die Jahre immer hinter mir standen. Ohne sie hätte ich es nicht zurück in die Victory Lane geschafft."

Neben der absolut souveränen fahrerischen Vorstellung von Earnhardt, der sich mit 96 Führungsrunden die meisten aller Piloten gutschreiben ließ, hatte auch Crewchief Steve Letarte erheblichen Anteil am erlösenden Triumph. "Ich weiß nicht, was er verändert hat, aber es war die richtige Entscheidung", so Earnhardt mit Blick auf den in Runde 50 absolvierten zweiten Boxenstopp im Rennen, nach dem das "Batmobil" mit der 88 ganz im Sinne der Film-Lackierung zu "The Dark Knight Rises" tatsächlich zur Auferstehung ansetzte.

Der amtierende Sprint-Cup-Champion Tony Stewart vermochte in der zweiten Rennhälfte als Einziger das Tempo von Earnhardt mitzugehen. Der Owner/Driver hatte zu seiner großen Überraschung einen verdammt schnellen Stewart/Haas-Chevy unter dem Hintern. Bereits früh im Rennen gab "Smoke" über Funk in Richtung seines Crewchiefs Steve Addington durch: "Heute werden keine Gefangenen gemacht." Das fantastische Fahrverhalten seines Autos war für Stewart insofern eine Überraschung, da er im zusätzlich eingeschobenen Training am Samstag nur auf Platz 27 der Zeitenliste zu finden war. "Was Steve Addington und meine Jungs über Nacht geschafft haben, ist unglaublich. Ich bin mit dem zweiten Platz sehr zufrieden", kommentierte Stewart und war in der Victory Lane einer der ersten Gratulanten Earnhardts.


Die Triumphfahrt von Dale Earnhardt Jr.

Hinter Earnhardt und Stewart lief Matt Kenseth auf Platz drei ein. Genau wie "Smoke" verbuchte auch der Roush-Pilot einige Führungsrunden im Rennen, zeigte sich nach einem frühen Boxenstopp aber verärgert darüber, dass sein Team die zum Nachtanken benötigte Zeit nicht für einen Reifenwechsel nutzte. So wurde Kenseth auf nachlassenden Reifen durchgereicht und kämpfte sich in der Schlussphase wieder nach vorn. Für Platz zwei reichte es aber nicht mehr: "An Tony kam ich leider nicht mehr vorbei. Dennoch war es guter Tag für uns, da wir uns durch den Verkehr arbeiten konnten. Glückwunsch an die 88."


Fotos: NASCAR in Michigan


Ford-Piloten in der Schlussphase ohne Chance

Kenseths Roush-Teamkollege Greg Biffle (4.) hatte in der ersten Rennhälfte das Geschehen an der Spitze bestimmt, konnte dieses Tempo in der Schlussphase aber nicht wie erhofft abrufen. "Am Schluss war unser Auto etwas zu loose", so Biffle. "Ich konnte nicht voll aufs Gas gehen und musste ich mich ganz schön am Riemen reißen. So oder so freut es mich für 'Junior'." Earnhardts Hendrick-Kollegen Jimmie Johnson (5.) und Jeff Gordon (6.) landeten sicher in den Top 10 und ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, dem Sieger noch in der Victory Lane zu gratulieren.

Greg Biffle, Marcos Ambrose

Greg Biffle und Marcos Ambrose hatten die erste Rennhälfte im Griff Zoom

Für Johnson, der das Rennen nach einem Motorwechsel am Samstag vom Ende des Feldes hatte aufnehmen müssen, sah es lange Zeit nicht nach einer Top-5-Platzierung aus. "Es war ein schwieriger Tag, aber ein gutes Ergebnis", sagte der fünffache Champion mit Blick auf zwischenzeitliche Handlingsprobleme, die auf die neuen Goodyear-Reifen zurückzuführen waren, welche im Verlauf des Wochenendes kurzerhand an die Strecke gekarrt wurden. Angesichts des Sieges seines Teamkollegen Earnhardt gab Johnson zu Protokoll: "Ich freue mich total für ihn, denn ich weiß, wie sehr er diesen Sieg wollte." Die 48 und die 88 operieren seit Beginn der Saison 2011 aus einem gemeinsamen Race-Shop am Hendrick-Standort in Concord.

Top-10-Platzierungen für Gordon, Bowyer und Montoya

Hinter Jeff Gordon - für den Platz sechs zwar ein erfreuliches Ergebnis war, letztlich aber auch eines, für das er sich angesichts seines Punkterückstands nicht viel kaufen kann - lief Clint Bowyer als Siebter ein. Der Waltrip-Pilot wurde beim letzten und entscheidenden Boxenstopp als Einziger in der Führungsgruppe nicht mit zwei neuen Reifen ausgestattet und war darüber alles andere als glücklich. "Verdammt, das Auto ist einfach nur loose, loose, loose", schrie Bowyer über Funk seinem Crewchief Brian Pattie als Reaktion auf dessen Schachzug ins Ohr.

Patties langjähriger Schützling Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) landete ebenfalls in den Top 10. Der Kolumbianer hatte im Zuge einer Gelbphase in Runde 120 Glück. Während alle anderen Piloten bereits unter Grün zum Routinestopp an der Box waren, befand er sich als Einziger noch auf der Strecke als die Gelbe Flagge kam. Montoya gewann so entscheidende Track-Position und fand sich beim anschließenden Restart in den Top 5 wieder. In der Schlussphase musste der Kolumbianer etwas abreißen lassen und beendete das Rennen auf Platz acht. Die aus der ersten Startreihe losgefahrenen Marcos Ambrose (Petty-Ford; 9.) und Kevin Harvick (Childress-Chevrolet; 10.) machten die Top 10 des Quicken Loans 400 nach 200 Umläufen komplett.

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya fuhr zum zweiten Mal in diesem Jahr in die Top 10 Zoom

Rabenschwarzer Tag für Joe Gibbs Racing

Nichts zu holen gab es derweil für das Team von "Coach" Joe Gibbs. Joey Logano (35.) verlor seinen orangenen Toyota Camry in Runde 126 kurz nach einem Restart. Auf der Gegengeraden wollte der Pocono-Sieger dem nicht recht in Schwung gekommenen David Gilliland (Front-Row-Ford; 27.) ausweichen. Dabei verriss der Gibbs-Youngster sein Auto und krachte in die Mauer. Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet; 33.) wurde überrascht, donnerte dem Ford von Gilliland mit vollem Hammer ins Heck und verbuchte seinen zweiten Ausfall in Folge.

Denny Hamlin, der in den beiden Vorjahren jeweils das Juni-Rennen auf dem Michigan Speedway für sich entschieden hatte, erwischte es in der ersten Runde unter Grün nach der von Teamkollege Logano ausgelösten Caution. Der schwarze Toyota mit der Startnummer 11 wurde in Turn 3 zwischen dem Waltrip-Toyota von Martin Truex Jr. (12.) und dem Stewart/Haas-Chevy von Ryan Newman (15.) eingeklemmt und driftete ins Infield ab. Die Bremsen an Hamlins Camry überstanden den Zwischenfall nicht und gingen spektakulär in Flammen auf. "Es war ohnehin ein schwieriger Tag. Das Feuer war bestimmt nicht das Ende, das ich mir vorgestellt hatte", so Hamlin, dessen Auto in der Boxengasse mit reichlich Löschschaum eingedeckt wurde.

Denny Hamlin

Der arg zugerichtete Gibbs-Toyota von Denny Hamlin nach dem Feuer Zoom

Auch Kyle Busch im dritten Gibbs-Toyota sah die Zielflagge nicht. In Runde 85 musste der jüngere der beiden Busch-Brothers seinen Boliden einmal mehr mit Motorproblemen in die Garage steuern. Gleiches war ihm bereits an den beiden zurückliegenden Wochenenden in Dover und Pocono widerfahren. Nach ersten Auskünften des Teams handelte es sich diesmal um den dritten verschiedenen Schaden unter der 18er-Haube.

Regenschauer sorgt für Startverzögerung

Nach einem Regenschauer kam die Grüne Flagge zum Quicken Loans 400 erst eine Stunde und 45 Minuten später als geplant heraus. Im Vorfeld waren neben den hohen Speeds vor allem die Reifen das bestimmende Thema. Die in der Nacht von Freitag auf Samstag kurzfristig an die Strecke gebrachte härtere Goodyear-Mischung erwies sich im Rennen wie erhofft als haltbarer. Gleichzeitig hatten die Piloten vor allem in der Anfangsphase, als die Groove noch schmal war, mit mangelndem Grip zu kämpfen.

Kurt Busch erwischte es bei seinem Comeback-Rennen nach abgesessener Sperre als ersten. In Runde zwei verlor er seinen Phoenix-Chevrolet in Turn 2 übersteuernd aus der Kontrolle. 120 Runden später zeigte Busch erneut in Turn 2 eine exakte Kopie des ersten Zwischenfalls und wurde letztlich nur als 30. gewertet. Polesetter Marcos Ambrose klagte wenig später über Vibrationen, die von den Reifen herrührten. Jimmie Johnson und Brad Keselowski (Penske-Dodge; 13.) machten vergleichbare Erfahrungen.

Kurt Busch

Kurt Busch sorgte in Runde zwei für die erste Gelbphase Zoom

Dale Earnhardt Jr. allerdings störten all diese Probleme herzlich wenig. Der Publikumsliebling kam mit der im Vergleich zum Freitag veränderten Reifensituation hervorragend zurecht und fuhr einen letztlich ungefährdeten Sieg heraus. In der Gesamtwertung rückte Earnhardt durch seinen Sieg bis auf vier Punkte an Tabellenführer Matt Kenseth heran. Am kommenden Wochenende steht im kalifornischen Sonoma das erste von zwei Rundkursrennen der Saison auf dem Plan.