• 28.07.2013 22:02

  • von Pete Fink

"Hello Newman": Johnson in Indy geschlagen

Auf Jobsuche: Lokalmatador Ryan Newman bezwingt in Indianapolis einen superstarken Jimmie Johnson - sechs Hendrick-Autos unter den Top 7

(Motorsport-Total.com) - In der NASCAR-Garage gibt es wohl kaum jemanden, der Ryan Newman diesen Sieg nicht gönnen wird. Vor gerade einmal zwei Wochen wurde von seinem Team Stewart/Haas Racing bekanntgegeben, dass sich der "Rocket-Man" zum Saisonende einen neuen Job suchen muss. Nun schaffte der Lokalmatador beim zweitwichtigsten Sprint-Cup-Saisonrennen nach dem Daytona 500 sozusagen den Durchmarsch: Erst die Pole-Position, dann der Sieg beim Brickyard 400 auf dem Indianapolis Motor Speedway.

Titel-Bild zur News: Ryan Newman

Ryan Newman gewinnt in Indianapolis sein erstes Saisonrennen Zoom

Es war ein sehr hart erkämpfter Sieg, denn eigentlich dominierte wieder einmal Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet; 2.) das Renngeschehen über weite Strecken - mit Newman als ärgstem Verfolger. Die Entscheidung fiel beim letzten Boxenstopp 27 Runden vor dem Ende, als Johnsons Hendrick-Crew am linken Hinterreifen patzte. Das eröffnete Newman die große Chance: Die Startnummer 39 nahm eine Runde später nur zwei neue Reifen mit und zog damit an Johnson vorbei. Bis zum Ende holte Johnson zwar vier seiner zunächst sechs Sekunden Rückstand auf, doch der Indy-Sieg 2013 war verloren.

Newman konnte unterdessen jubeln: "Ein Traum ist wahr geworden", freute sich der im rund zwei Autostunden nördlich von Indianapolis in South Bend aufgewachsene "Rocket-Man". "Ich habe das Ganze noch nicht realisiert, das wird wohl noch eine Woche dauern." Zusammen mit seinem Erfolg im Daytona 500 des Jahres 2008 ist dieser Triumph "das Größte, was ich in meiner Karriere bisher erreicht habe. Ich wusste, dass wir ein gutes Auto haben würden und am Ende hat mein Crewchief Matt Borland eine ganz starke Entscheidung getroffen."

Weil sich sein Stewart/Haas-Chevy vor allem auf den Long-Runs superschnell präsentierte, kam Johnson im Finale nicht mehr an Newman heran. Zudem gab es keine späte Gelbe Flagge mehr, "das hätten wir auch nicht gebrauchen können", wie Newman unterstrich. Der geschlagene Johnson nahm die Niederlage tapfer hin: "Wir gewinnen als Team und wir verlieren als Team", urteilte der weiterhin souveräne Tabellenführer. "Fehler passieren, das ist Racing", hakte Johnson ab und reihte sich schnell in die zahlreichen Gratulanten ein: "Ryan war das gesamte Wochenende gut unterwegs und er kann diesen Sieg sehr gut gebrauchen."

Viele unterschiedliche Strategien

Ryan Newman

Polesetter Ryan Newman führt das Feld ins Brickyard 400 Zoom

Wie sehr dieses Duo die 20. Indy-Auflage bestimmte, zeigt die Statistik der Führungsrunden: Newman (45) und Johnson (73) lagen zusammengerechnet nicht weniger als 118 der 160 Umläufe in Front. Alle anderen temporären Leader kamen nur strategiebedingt in den Genuss der freien Fahrt. Newman bestimmte zunächst von der Pole aus die Pace, bevor Johnson im Rahmen der ersten Stopps unter Grüner Flagge das Kommando übernahm. Im weiteren Rennverlauf fiel Newman zweimal strategiebedingt ans Ende der Top 10 zurück, fuhr aber immer wieder problemlos in die direkte Schlagdistanz zur Spitze.

Auch Johnson büsste einige Male seine Führung ein, weil sich im gewohnt ruhigen Rennverlauf von Indianapolis einige Piloten an unterschiedlichen Reifen- und Tankstrategien versuchten, die jedoch allesamt nicht aufgingen. Der größte Verlierer dieser Gruppe war NASCAR-Champion Brad Keselowski (Penske-Ford), der nur als 21. gewertet wurde und damit in der Gesamtwertung von Rang neun auf 13 zurückfiel. Stand heute wäre der Titelverteidiger nicht im Chase 2013.


Die Schlussphase von Indianapolis

Auch Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet) befand sich in dieser Gruppe. Allerdings gezwungenermaßen, nachdem er schon in Runde 13 mit Vibrationen an die Box musste. "Junior" flog dadurch früh aus der Führungsrunde, arbeitete sich über einen "Lucky Dog" zurück und kam am Ende als guter Sechster ins Ziel. Auch die Mannschaft von Jeff Gordon wich gegen Rennende von der Tankstrategie der Spitzenleute ab und wurde nach 160 Runden als Siebter notiert. Besser machte es Kasey Kahne, der im Rennverlauf massiv zulegen konnte und am Ende starker Dritter wurde. Alle vier Hendrick-Chevys befanden sich damit in den Top 7.

Überhaupt war das Hendrick-Equipment am Sonntagabend absolut dominant: Neben Sieger Newman präsentierte sich auch Tony Stewart konstant stark und wurde am Ende Vierter. "Ich wollte unbedingt wissen, wie groß Ryans Vorsprung war, aber ich habe mich nicht getraut, meine Jungs über Funk danach zu fragen", kommentierte der Stewart/Haas-Boss seine persönliche Sicht der Schlussphase von Indianapolis. "Drei Runden vor Schluss habe ich es dann nicht mehr ausgehalten."

Viele Top-Stars farblos

Jimmie Johnson

Jimmie Johnson: Ein einziger Fehler kostete den fünften Indy-Sieg Zoom

So belegten also sogar sechs Hendrick-Fahrzeuge die ersten sieben Plätze. Aus den Reihen des Hendrick-Kundenteams von Stewart/Haas Racing fiel einzig Danica Patrick deutlich ab, die mit zwei Runden Rückstand nur 30. wurde. Wieder einmal war es Matt Kenseth (Gibbs-Toyota; 5.), der in die bärenstarke Hendrick-Phalanx eindringen konnte. Auch sein Teamkollege Kyle Busch holte trotz eines verpatzten Boxenstopps als Zehnter gerade noch eine Top-10-Platzierung. Denny Hamlin, der dritte Gibbs-Pilot, befand sich in der Gruppe der Strategie-Pokerspieler und wurde 18.

Von den Ford-Piloten war in Indianapolis bei besten äußeren Bedingungen herzlich wenig zu sehen. Einzig Joey Logano (Penske-Ford) konnte sich bis zum Ende im direkten Verfolgerfeld halten und wurde guter Achter. Carl Edwards begann zwar stark, versank im Rennverlauf jedoch zusehends im Mittelfeld und landete auf Rang 13. Seine beiden Roush-Teamkollegen Greg Biffle (24.) und Ricky Stenhouse (25.) fuhren 160 Runden lang hinterher.


Fotos: NASCAR in Indianapolis


Auch die Waltrip-Truppe erwischte keinen guten Tag. Clint Bowyer (20.) und Mark Martin (23.) blieben komplett farblos, lediglich Martin Truex Jr. arbitete sich von seinem Startplatz 38 aus weit nach vorne und schrammte als Elfter knapp an den Top 10 vorbei. Die Childress-Mannschaft wiederum verlor Jeff Burton (43.) mit Antriebsdefekt, während sich Kevin Harvick (19.) an der gleichen Strategie wie Hamlin und Keselowski versuchte. Bester Childress-Pilot war deshalb Paul Menard (12.).

Gewohnt stark präsentierte sich hingegen Indy-Spezialist Juan Pablo Montoya, der das gesamte Rennen über munter in den Top 10 mitmischte. Am Ende kam der Earnhardt/Ganassi-Pilot auf Rang neun ins Ziel, was ihm nach Richmond, Darlington und Dover das vierte Top-10-Resultat der laufenden Saison 2013 einbrachte. Kommendes Wochenende gastiert der NASCAR-Tross zum zweiten Mal auf dem Tri-Oval von Pocono.