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  • 15.06.2008 23:52

  • von Pete Fink

Endlich! Dale Earnhardt Jr. gewinnt Spritkrimi von Michigan

NASCAR-Nation steht Kopf: Nach zwei sieglosen Jahren gewann Superstar Dale Earnhardt Jr. in einem dramatischen Benzinkrimi wieder ein Sprint-Cup-Rennen

(Motorsport-Total.com) - Auf diesen Tag hat NASCAR-USA seit dem 6. Mai 2006 warten müssen: NASCAR-Superstar Dale Earnhardt Jr. kehrte endlich in die Victory Lane zurück, und gewann auf dem Michigan International Speedway einen am Ende hochdramatischen Benzinpoker vor Kasey Kahne (Evernham-Dodge) und Matt Kenseth (Roush-Ford).

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. kehrte nach über zwei Jahren in die Victory Lane zurück

52 Runden vor dem Ende tankte der Hendrick-Pilot auf dem Zwei-Meilenoval mit einem regulären Spritfenster von 40 bis 44 Umläufen das letzte Mal - und direkt nach dem Überqueren der Ziellinie ging ihm endgültig das Benzin aus. Doppeltes Glück für Earnhardt Jr.: Nach einer Kollision zwischen Patrick Carpentier (Evernham-Dodge) und Michael Waltrip (Waltrip-Toyota) musste er die 203. und letzte Rennrunde nicht mehr mit Vollgas fahren, da die Rennleitung natürlich eine letzte Gelbphase ausgerufen hatte.#w1#

Wenige Minuten zuvor hatte Sam Hornish Jr. (Penske-Dodge) mit einem Dreher in Runde 197 die vorletzte Cautionperiode ausgelöst, die wiederum in der Folge eine Verlängerung - ein sogenanntes Green-White-Chequered-Finale - auslöste. Für Earnhardt bedeutete dieses natürlich eine mittlere Hiobsbotschaft, da weder ihm noch seinem Crewchief Tony Eury Jr. zu diesem Zeitpunkt klar war, ob das Benzin überhaupt für die planmäßigen 200 Runden von Michigan reichen würde.

So endete das 15. Saisonrennen in der Verlängerung unter Gelber Flagge. Die Regel ist eindeutig, denn sollte sich während dieser Verlängerung erneut eine Kollision ereignen, dann wird das Feld eingefroren, und muss nur noch aus eigener Kraft über die Ziellinie rollen. Am Ende sollten es also 203 statt 200 Runden werden, und nur wenige Meter gaben letztendlich den Ausschlag pro Earnhardt.

Kenseth und Vickers ganz stark

Michigan ist bekannt für seine langen Grünphasen, und genauso verhielt es sich am Sonntagabend über weite Strecken beim LifeLock 400. Gegen Rennende wählte die Spitzengruppe dann zwei völlig unterschiedliche Strategien: Die bis dato klar dominierenden Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet), Matt Kenseth, Carl Edwards (beide Roush-Ford), sowie die Toyotas von Brian Vickers (Red Bull) und Kyle Busch (Gibbs) gingen auf Nummer sicher, und fuhren noch einmal an die Box zum Tanken.

Brian Vickers

Brian Vickers zeigte in Michigan erneut eine bärenstarke Vorstellung Zoom

Earnhardt Jr. hingegen befand sich, wie Kasey Kahne, Jamie McMurray (Roush-Ford), Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), Mark Martin (DEI-Chevrolet) oder Kevin Harvick (Childress-Chevrolet) unter den Pokerspielern, die bereits viele Runden vor dem Ende deutlich vom Gaspedal gingen, um mit ihrer jeweiligen Spritladung auch ohne zeitintensives Nachtanken auf die erforderliche Rundenzahl zu kommen.

Und es gab noch ein großes Problem, denn einmal ganz abgesehen von der fraglichen Spritmenge in Earnhardts Chevrolet war eigentlich zu erwarten, dass beim letzten Restart Kenseth und Vickers - auf den Positionen vier und fünf - das Rennen mit ihren frischeren Reifen unter sich entscheiden würden. Beide arbeiteten sich schon in der Anfangsphase von Michigan von ihren Startplätzen 16 und 18 aus spielend nach vorne, und dominierten das Feld über weite Strecken nach Belieben.

Positionsverschiebungen gab es ansonsten nur wenige, die Spannung und Turbulenz nahm in Michigan erst nach der ominösen und am Ende so entscheidenden Gelbphase 50 Runden vor Rennende richtig an Fahrt auf. Johnson und Hornish Jr. steuerten zu diesem Zeitpunkt nicht die Boxen an und übernahmen somit die Führung. Eben dort fuhr Kenseth beinahe einen Offiziellen um und verlor ein paar Positionen.

Earnhardt zockt sich an die Spitze

Nun nahm der Michigan-Thriller Formen an: Johnson und Hornish Jr. hielten sich tatsächlich auf ihren alten Reifen an der Spitze des Feldes, aber das Benzinfenster war eigentlich so gelegen, dass alle Piloten noch einmal zum Tanken kommen würden. 22 Runden vor dem Ende war Hornish Jr. der erste aus der Spitzengruppe beim Spritfassen, Johnson folgte ihm fünf Umläufe später und kurz darauf auch der Rest der Führenden.

Kasey Kahne

Kasey Kahne blieb unauffällig, pokerte sich am Ende aber auf Platz zwei Zoom

Sieg oder trockener Tank lautete also die finale Devise für die Zockergruppe um Earnhardt Jr. Bis drei Runden vor Schluss führten die Herren Earnhardt Jr., Jamie McMurray und Kasey Kahne, während von hinten Kenseth und Vickers mit Siebenmeilenstiefeln auf frischen Reifen und mit ausreichend Benzin an Bord angeschossen kamen. Dann machten ihnen die zwei letzten Gelbphasen einen Strich durch die Rechnung.

Am Ende reichte die Spritmenge trotz Verlängerung hauchdünn für Pokerspieler Dale Earnhardt Jr., der damit nicht nur seine sieglose Phase von über zwei Jahren beendete, sondern auch die Chevrolet-Pechsträhne von Michigan abstellte. Jeff Gordon - heute 18. - war 2001 der bislang letzte Sieger aus dem General-Motors-Stall, aber das war der NASCAR-Nation am Sonntagabend wohl herzlich egal.

Kasey Kahne setzte voll auf die Earnhardt-Strategie und wurde Zweiter. Der Evernham-Pilot führte damit seinen deutlichen Aufwärtstrend der vergangenen Wochen auch in Michigan fort. Matt Kenseth und Brian Vickers hatten am Sonntagabend sicher die stärksten CoTs zur Verfügung und beendeten das LifeLock 400 etwas unglücklich nur auf den Plätzen drei und vier.

Debakel bei Ganassi

Fünfter wurde ein wiedererstarkter Tony Stewart (Gibbs-Toyota) vor Jimmie Johnson und den beiden Roush-Fords von Carl Edwards und David Ragan. Elliott Sadler fuhr im zweiten Evernham-Dodge auf Rang neun, während Jamie McMurray als vierter Roush-Ford erneut ein starkes Mannschaftsergebnis letztlich nur auf Platz zehn abrundete, denn er ging im Green-White-Chequered-Finale auf Nummer sicher und tankte.

Dale Earnhardt Jr. Kasey Kahne Matt Kenseth

Finale unter Gelb: Dale Earnhardt Jr. vor Kasey Kahne und Matt Kenseth Zoom

In der Gesamtwertung verteidigten Kyle Busch (Gibbs-Toyota; 13.) und Jeff Burton (Childress-Chevrolet; 15.) ihre beiden Spitzenpositionen. Erfreulich: Mit A.J. Allmendinger (19.) fuhr in Michigan auch der zweite Red-Bull-Toyota wieder in die Top 20.

Ganassi trat in Michigan fast geschlossen im Wrigleys-Outfit an - und erlebte ein Fiasko: Juan Pablo Montoya fuhr die roten Farben des Zimtkaugummis im wahrsten Sinne des Wortes spazieren und beendete das Rennen mit neun Runden Rückstand auf Platz 38, während Dario Franchitti im Juicy-Fruit-Gelb nach Motorenproblemen Letzter wurde.

Ein Trost bleibt den beiden ehemaligen Formel-Assen: Am kommenden Wochenende steht das erste von zwei Rundkursrennen der Saison 2008 auf dem Infineon Raceway von Sonoma auf dem Kalender. Dort bietet sich eine gute Gelegenheit zur Rehabilitation. Montoya tritt in Sears Point sogar als Titelverteidiger an, denn der Kolumbianer gewann in Kalifornien vor Jahresfrist sein bislang einziges Sprint-Cup-Rennen.