Edwards & Stenhouse: Roush-Doppelsieg im Bristol-Marathon

Carl Edwards und Ricky Stenhouse Jr. bescheren Jack Roush in Bristol einen Doppelsieg - Marathon mit zwei Stunden Verspätung und drei Stunden Pause

(Motorsport-Total.com) - Die Sprint-Cup-Saison 2014 sieht nach vier Rennen vier verschiedene Sieger. Doch auf dem Weg zu einer solchen Ausgeglichenheit müssen Teilnehmer wie Fans gleichermaßen einen langen Atem beweisen. Nach dem langatmigen Saisonauftakt in Daytona gab es in der Nacht von Sonntag auf Montag auch in Bristol einen wahren Marathon. Das eigentlich als Rennen bei Tageslicht geplante Food City 500 konnte aufgrund von hartnäckigen Regenfällen erst mit knapp zwei Stunden Verspätung gestartet werden.

Titel-Bild zur News: Carl Edwards

Backflip: Carl Edwards (Roush-Ford) feierte in Bristol seinen ersten Saisonsieg Zoom

Nachdem 124 der geplanten 500 Runden absolviert waren, öffnete der Himmel über dem NASCAR-Kolosseum erneut seine Schleusen. Eine drei Stunden und 20 Minuten dauernde Unterbrechung war die Folge und bereitete die Bühne für den Sonderfall, dass diesmal bereits das Bristol-Frühjahrsrennen zu großen Teilen unter Flutlicht zurückgelegt wurde. Traditionell werden die Scheinwerfer auf dem um 30 Grad überhöhten Halbmeilen-Oval immer erst zum August-Rennen angeknipst.

Diesmal erlebten die auf den Tribünen und vor den TV-Geräten ausgeharrten Fans bereits im März feinstes Short-Track-Racing "under the lights". Um 19:16 Uhr Ortszeit (00:16 Uhr MEZ) und damit exakt sechs Stunden nach dem ursprünglich anberaumten Startzeitpunkt war die Strecke dank Air-Titan und Jet-Dryer wieder soweit abgetrocknet, dass weitergefahren werden konnte. Bis zur 498. von 500 Runden blieb es trocken, dann kam erneut Regen. Dieser letzte Schauer änderte an der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Reihenfolge allerdings nichts mehr.


Fotos: NASCAR in Bristol


Den Sieg fuhr schließlich Carl Edwards (Roush-Ford) unter Gelb nach Hause. Als die Spitze angeführt von Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet) in Runde 420 unter Gelb zum letzten Boxenstopp hereinkam, wies Edwards' Crewchief Jimmy Fennig seinen Piloten an, draußen zu bleiben. Dieser Schachzug erwies sich als goldrichtige Entscheidung, denn in den verbleibenden 80 Runden konnte nichts und niemand den Roush-Ford mit der Startnummer 99 aufhalten. Auch der zwei Runden vor Schluss erneut einsetzende Regen nicht (Der Bristol-Marathon in der Chronologie).

Dreifachsieg für Ford

"Ich muss mich als erstes bei den Fans bedanken, die solange ausgeharrt haben", so Edwards nach seinem ersten Saisonsieg in der Victory Lane. "Auch bei Jimmy Fennig muss ich mich bedanken", verwies der Roush-Pilot sogleich auf den Anteil seines Crewchiefs am Erfolg und fügte etwas ungläubig an: "Jetzt stehen wir wohl im Chase. Ich kann gar nicht glauben, dass wir einen solchen Turnaround geschafft haben." In der vergangenen Saison holte sich Edwards in der Regular-Season zwei Siege (Phoenix und Richmond), erlebte im Chase dann aber einen Formeinbruch und beendete die Saison nur auf Platz 13 der Gesamtwertung.

Ricky Stenhouse Jun.

Bestes Sprint-Cup-Ergebnis für den Rookie des Jahres 2013 Ricky Stenhouse Jr. Zoom

Doch im Team von Jack Roush freute man sich nach dem Bristol-Marathon nicht nur über den Sieg von Edwards. Teamkollege Ricky Stenhouse Jr. sorgte als Zweiter für einen Doppelsieg. Der Nationwide-Champion der Jahre 2011 und 2012 und Sprint-Cup-Rookie des Jahres 2013 diktierte nach der besten Platzierung seiner Cup-Karriere in die Mikrofone: "Ein tolles Ergebnis. Es macht einfach tierisch viel Spaß, mit diesen Jungs um Top-5-Platzierungen zu kämpfen."

Auf Platz drei lief Petty-Pilot Aric Almirola ein, der Ford damit einen Dreifachsieg bescherte. "Je länger ein Run dauerte, desto besser lag mein Auto. Welch ein Rennen", so Almirola, für den es ebenfalls die beste Platzierung seiner Sprint-Cup-Karriere war. Platz vier ging nach starker Schlussphase an Ex-Champion Tony Stewart im Stewart/Haas-Chevrolet. "Am Freitag lag mein Auto überhaupt. Doch von Tag zu Tag haben wir es besser hinbekommen", kommentierte "Smoke" zufrieden. Marcos Ambrose im zweiten Petty-Ford machte die Top 5 komplett. Die Top 10 wurden von Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), Jeff Gordon und Kasey Kahne (beide Hendrick-Chevrolet), Brian Vickers (Waltrip-Toyota) und Rookie Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet) vervollständigt.

Höhen und Tiefen im Hendrick-Lager

Jeff Gordon

In seiner 22. Saison beginnt Jeff Gordon zum ersten Mal mit vier Top-10-Plätzen Zoom

Speziell Gordon konnte in der Anfangsphase von einem solchen Ergebnis nur träumen. Beim ersten Boxenstopp in Runde 50 (Competition-Caution nach dem vorangegangenen Regen) erwischte der Hendrick-Pilot in der Boxengasse den Front-Row-Ford von David Ragan (31.). "Das war unser Fehler. Es liegt in unserer Verantwortung, sauber aus der Box herauszukommen. Bei so vielen Autos gleichzeitig ist uns einfach ein Fehler passiert", gestand Gordon während der langen Unterbrechung aufgrund von Regen. Von Position drei bis auf 32 zurückgefallen, begann Gordon eine Aufholjagd, die ihn schließlich auf Platz sieben ins Ziel kommen sah. Damit startet der viermalige NASCAR-Champion in seiner 22. Saison zum ersten Mal mit vier Top-10-Ergebnissen en suite.

Während Kasey Kahne direkt hinter Gordon auf Platz acht einlief, hatten die beiden anderen Hendrick-Piloten weniger Grund zur Freude: Jimmie Johnson führte in der Anfangsphase, doch in Runde 113 ereilte ihn vorn rechts ein Reifenschaden. Crewchief Chad Knaus hatte beim Stopp in Runde 50 nur die linken Räder wechseln lassen. Am rechten Vorderreifen führte laut Goodyear die Kombination aus "grüner Strecke" mit wenig Grip und den mehr als 100 zurückgelegten Runden zu einem unglücklichen Schaden.

Harvick und McMurray: Kein Lohn nach starker Vorstellung

Kevin Harvick, Jamie McMurray, Brad Keselowski

Bei Harvick platzt eine Ölleitung - Keselowski trifft McMurray Zoom

Trotz drei Runden Rückstand versuchte Johnson im zweiten Teil des Rennens alles. Zwischenzeitlich hatte der sechsmalige und amtierende NASCAR-Champion nur noch eine Runde Rückstand. Unterm Strich waren es dann doch wieder zwei und ein nicht repräsentativer 19. Platz. Dale Earnhardt Jr. im vierten Hendrick-Chevrolet wurde nach 333 Runden von Vibrationen und Leistungsverlust gebremst. Mit vier Runden Rückstand kam "Junior" auf Platz 24 ins Ziel und musste die Tabellenführung an Brad Keselowski (Penske-Ford; 14.) abtreten.

Keselowski hatte Glück, dass er bei einem Crash in Runde 450 nicht mehr Schaden davontrug als eine eingedellte Frontpartie inklusive ondulierter Motorhaube. Kevin Harvick, der kurz zuvor in der Box die Führung an Edwards verloren hatte, war aufgrund einer gebrochenen Ölleitung in die Mauer gekracht. Der nachfolgende Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet) verzögerte. Keselowski hatte keine Chance auszuweichen und donnerte dem roten Ganassi-Chevy ins Heck. Während der Penske-Pilot seine Fahrt ohne Motorhaube fortsetzen konnte, war Feierabend für McMurray und für Harvick, dessen geborstene Ölleitung auf dem Weg in die Garage Feuer fing. Statt möglichen Top-5-Platzierungen sprangen nur die Plätze 38 (McMurray) und 39 (Harvick) heraus.

Riesenpech für Matt Kenseth und Kyle Busch

Die größten Pechvögel des Bristol-Marathons waren aber im Lager von Joe Gibbs Racing zu finden. Matt Kenseth lag zum Zeitpunkt der Regenunterbrechung in Runde 124 in Front und ließ sich letztlich dank 164 auf Platz eins verbrachten Runden den Bonuspunkt für die meisten Führungsrunden gutschreiben. Den Großteil dieser Lead-Laps absolvierte der Vize-Champion von 2013 mit einem stark verbogenen Toyota Camry: In Runde 156 wurde Kenseth heftig am Heck getroffen, nachdem Timmy Hill (Circle-Chevrolet) eine Verzögerung des gesamten Feldes übersehen hatte. Auslöser für das kollektive Bremsmanöver in Turn 3 war der quer auf der Piste stehende Swan-Toyota von Cole Whitt, der wiederum kurz zuvor mit Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet; 18.) aneinandergeraten war.

Matt Kenseth

Mann des Rennens: Matt Kenseth führte mit krummem Auto lange, wurde nicht belohnt Zoom

Mit stark ondulierter Heckpartie startete Kenseth von Platz 30 eine furiose Aufholjagd und wurde bereits 70 Runden später wieder in den Top 10 notiert. Von dort ging es weiter nach vorn und von Runde 286 bis Runde 396 hatte der Gibbs-Pilot als Spitzenreiter wieder das ganze Feld hinter sich. Im Verlauf der letzten 100 Runden verabschiedete sich das Handling an Kenseths Auto dann aber zusehends, weil er in Runde 410 an der Mauer war. Platz 13 bedeutete für den Bristol-Sieger vom August 2013 einen schwachen Trost. Der Frust dürfte sich allerdings schnell legen, schließlich erwartet Kenseths Ehefrau Katie in den kommenden Tagen zum dritten Mal Nachwuchs.

Auch Gibbs-Teamkollege Kyle Busch hatte Pech. Nach seinem Sieg im Nationwide-Rennen am Samstag schien er auf dem Weg zum möglichen Weekend-Sweep, führte 73 Runden lang das Feld an und wurde doch nur 29. In Runde 267 ging der jüngere der beiden Busch-Brothers unter Grün an die Box. Unmittelbar darauf löste Rookie Ryan Truex (BK-Toyota) mit einem Abflug in Turn 2 eine Gelbphase aus. Für Kyle Busch kam nicht nur der Zeitpunkt der Truex-Caution, sondern auch dessen Abflug denkbar ungünstig, überfuhr er doch einen Teil der sich verselbständigten Bremsscheibe des BK-Toyota und klagte anschließend über Handlingsprobleme.

Gibt es in Fontana den fünften Sieger?

Doch damit nicht genug: In Runde 393 drehte sich Kyle Busch, stand entgegen der Fahrtrichtung auf der Piste und wurde ausgerechnet von Bruder Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet) erwischt. Somit war auch für den älteren der beiden Brüder aus Las Vegas das Rennen gelaufen: Platz 35 für Kurt Busch. Da halfen auch die zuvor angesammelten 28 Führungsrunden nichts.

Der fünfte von 36 Sprint-Cup-Saisonläufen steigt am kommenden Sonntag auf dem Zwei-Meilen-Oval in Fontana im US-Bundesstaat Kalifornien. Gibt es dort nach Dale Earnhardt Jr. (Daytona), Kevin Harvick (Phoenix), Brad Keselowski (Las Vegas) und Carl Edwards (Bristol) den fünften verschiedenen Sieger und damit den fünften Piloten, der sein Ticket für den diesjährigen Chase (so gut wie) sicherstellt?