• 21.12.2007 18:54

  • von David Pergler

Die große MWR-Analyse

Die Saison 2007 des Teams von Michael Waltrip endete in einem Desaster - was waren dafür die Gründe und wie geht es mit dem Team weiter?

(Motorsport-Total.com) - Drei Glücksritter schickte Michael Waltrip Racing (MWR) in seiner ersten Saison in das offene Meer der NASCAR-Serie...wo alle drei in den tosenden Wellen sang- und klanglos untergingen. Mit Michael Waltrip selbst, am Steuer eines Toyota mit der Nummer 55, flankiert von dem Champion von 1999, Dale Jarrett, und dem Rookie David Reutimann hatten alle drei MWR-Piloten eine schwere Saison 2007 zu meistern.

Titel-Bild zur News: Michael Waltrip

Michael Waltrip will aus dem Chaos neue Hoffungen für 2008 schöpfen

Wenig hilfreich war dabei sicherlich auch die Tatsache, dass Toyota neu im Geschäft war und wichtige Lernprozesse daher noch nicht absolviert hatte. Toyota hatte vor der Saison zwar noch Waltrips Team als Flaggschiff erkoren, doch helfen sollte das wenig. Aber das ist nicht der Hauptgrund an der mageren Saison der Truppe aus Cornelius.#w1#

Und diese war wirklich mager: Reutimann wagte den Start in 26 Rennen und konnte neun davon nicht beenden. Sein bestes Resultat war Platz 13 in Dover. Zusätzlich suchte ihn im kalifornischen Fontana ein schwerer Unfall heim, den er zum Glück unverletzt überstand. Doch auch Jarrett hatte als erfahrender Hase und zusätzlich mit der Past-Champion-Regelung im Rücken ein schwieriges Jahr.

Er schaffte nur in 24 Rennen den Sprung ins Starterfeld und verabschiedete sich im Laufe der Rennen acht mal wieder davon. Wenn er denn mal ins Ziel kam, dann nie höher platziert, als Position 17. Eine harte Zeit für jemanden, der im Laufe seiner Karriere schon 32 mal im Winston/Nextel-Cup-Rennen und elf mal in Busch-Rennen triumphieren konnte.

Daytona brach Waltrip das Genick

David Reutimann

Ein Bild mit Seltenheitswert, zumindest 2007 - David Reutimann beim Jubeln Zoom

Das Team liegt am Boden sollte man meinen. Doch es steckt noch Leben in MWR, kommendes Jahr will man wie Phoenix aus der Asche wieder aufsteigen. Und gerade die schlechten Erfahrungen, welche man im Jahr 2007 haufenweise gesammelt hatte, sollen dabei helfen: "Vergangenes Jahr war sehr, sehr wichtig für mich, weil es uns auf die kommende Saison vorbereitet hat", erklärt Michael Waltrip.

"Wenn man zurückschaut und sieht, wo wir vergangenes Jahr zu genau diesem Zeitpunkt gestanden sind und wenn man sich ansieht, wo wir jetzt stehen, macht es mich lächeln. Es macht mich sehr glücklich. Wir waren nicht bereit und wir wussten es nicht", gesteht der 44-Jährige. "Wir haben versucht, alte Autos zu bauen, neue Autos zu bauen, das Team zu vollenden, Leute anzuheuern."

"Ich habe gedacht, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Es gab Augenblicke, wo ich ein wenig besorgt darüber war, aber die meiste Zeit war ich davon überzeugt, dass alles ok sein würde. Ich habe alles an Toyota gehängt", schildert Waltrip seine Hoffnungen in den japanischen Autoriesen. "Doch es war auch ihr erstes Jahr im Nextel-Cup und auch sie mussten erst noch lernen."

Darrell Waltrip kritisiert seinen Bruder

Junior Johnson Darrell Waltrip

Darrell Waltrip findet, dass sich sein Bruder zu hohe Ziele gesteckt hat Zoom

Doch Waltrip muss sich selbst auch Kritik gefallen lassen, und zwar von der eigenen Familie. Der mehrfache Cup-Champion Darrell Waltrip vermutet, dass sein Bruder Michael zu viel auf einmal und alles zudem noch zu schnell wollte: "Seine Vision war ein Team mit vielen Autos. Ich denke, er hat sich in dem Gedanken verfangen, dass man ein Rennstall mit mehren Autos braucht, um erfolgreich zu sein."

Der Cup-Sieger von 1981, 1982 und 1985 schildert, wie er es gemacht hätte: "Ich denke, ich hätte wohl gesagt 'OK, ich brauche ein Team mit mehren Wagen, um erfolgreich zu sein, aber ich werde nur mit einem Auto beginnen, einem Auto im Cup, eines in der Busch-Serie und einen Wagen bei den Trucks. Und dann hätte ich es wachsen lassen und kommendes Jahr hätte ich ein zweites Auto hinzugefügt und im dritten Jahr ein drittes.' So hätte ich es wohl gemacht."

Das Problem seien nicht die Mittel, sondern die Infrastruktur gewesen: "Er hatte Sponsoren, er hatte Fahrer, er hatte Toyota im Rücken, er hatte also die Autos sofort zur Disposition. Aber er hatte nicht die notwendige Infrastruktur. Er hatte noch nicht die Organisation, um in der Lage zu sein, alle Team-Einheiten klar zu managen. Er hatte also alles mögliche vorne an der Front, er hatte aber nichts in der Hinterhand. Was ihm blieb, war hart zu arbeiten."

"Es gab nur ihn, Ty (Norris, Teammanager bei MWR, Anm. d. Red.) und Bobby Kennedy", so der ältere der Waltrip-Brüder. Doch genau Letzterer sollte sich nach dem Betrugsversuch von Daytona wieder schnell wieder verabschieden, so dass die ganze Arbeit bei den beiden verbleibenden Teammanagern blieb: "Dann kam er nach Daytona, bekam Schwierigkeiten und schmiss Bobby Kennedy raus. Es lag also auf seinen Schultern, gemeinsam mit Ty drei Rennteams zu managen. Es war einfach zu viel."

Michael Waltrip lässt Kritik nicht auf sich sitzen

Dem kann der Angesprochene aber nicht zustimmen und reagierte auf die Worte seines Bruders: "Es ist einfach zu sagen, dass wir Dieses oder Jenes hätten tun sollen. Aber ich hatte bei keinem Toyota-Team das Gefühl, dass sie ausgesucht gut zurechtkommen. Und wir haben das getan, was uns unser Gefühl in dem Augenblick riet, zu tun."

Jetzt seien Taten statt Worte verlangt: "Wir könnten jetzt herumsitzen und alle Hätte-Wäre-Wenns durchdiskutieren. Aber wir haben es vorgezogen, nicht auf diese Art und Weise zu arbeiten. Wir wollten nur einen Technischen Direktor, wir konnten schlicht und ergreifend niemanden finden, der diese Rolle ausfüllen konnte."

"Wir haben es versucht und waren einfach noch nicht bereit", wie Waltrip heute nun weiß. "Wir haben es nur nicht gewusst, dass wir noch nicht bereit waren, aber wir waren es nicht. Und was einen nicht umbringt, macht einen härter. Was wir vergangenes Jahr gelernt haben, wird uns kommendes Jahr besser machen."

Neue Partner sollen die Lage verbessern

Michael Waltrip CoT

Neue finanzielle und technische Partner sollen dem Team den Rücken stärken Zoom

Zumindest eines hat MWR geschafft - einen potenten Partner in Form des Investment-Gurus Robert Kauffman. Das gibt Waltrip nun die Mittel in die Hände, jene Infrastruktur aufzubauen, die er so braucht. Dr. Eric Warren stieß als Technischer Direktor mit ins Boot. Ryan Pemberton und Bill Pappas werden das Team auf technischer Seite verstärken.

"Jetzt haben wir eine massive Gruppe von Leuten beisammen. Viel mehr, als wir vor einem Jahr noch an Bord hatten", freut sich der Rennfahrer und Teamchef. "Robs Partnerschaft mit mir füllte eine große Lücke aus. Es gab vergangene Saison einen Punkt, wo irgendwer gesagt hat 'Das können wir jetzt nicht tun, wir können uns Dieses oder Jenes nicht leisten'. Und meine Reaktion darauf war 'Nun, ich bin sehr sicher, dass sich das Mr. Hendrick und Mr. Penske sehr wohl leisten können'."

Denn auf jene beiden Herren, welche die Spitze im NASCAR-Sport mitbestimmen, hat Waltrip sein Auge geworfen: "Ich wusste, um mit diesen Jungs auf Augenhöhe zu spielen, musste ich in der Lage sein, die nötigen Dollars auszugeben. Und falls wir das Gefühl haben sollten, etwas zu brauchen, müssten in der Lage sein, uns das zu beschaffen. Rob hat seinen Anteil daran, seine Partnerschaft hat uns zu dieser Lage verholfen."

Kauffman als eine der Schlüsselfiguren zum Erfolg

Das ganze sei nicht nur eine Frage der rein materiellen Mittel: "Es geht nicht um eine Nummer oder um ein Stück Ausrüstung hier und da. Es ist eine Frage der Einstellung, jeder der hier arbeitet, braucht ein gutes Gefühl. Dieses Gefühl besteht darin, dass, falls man glaubt, man bräuchte etwas, man es sofort haben könnte", erklärt der 44-Jährige.

Es ist klar, dass es sich für einen Ingenieur oder Mechaniker besser arbeitet, wenn er jedes Ersatzteil nicht dreimal umdrehen muss, bevor er es verbaut in der Unwissenheit, später genug wieder zur Verfügung zu haben: "Es liegt an unseren Leuten, die sehr smart und sehr talentiert sind, herauszufinden, was sie brauchen. Und wenn sie in der Lage sind, das zu tun, dann werden wir es beschaffen."

Mit Kauffman und frischem Personal an seiner Seite ist sich Waltrip sicher, endlich die Erfolge feiern zu können, die er und sein Team so ersehnen: "Ich könnte nicht stolzer sein auf das, was wir heute sind und ich weiß, dass das in eine bessere Perfomance, in glücklichere Sponsore und mehr Lächeln münden wird. Vergangenes Jahr war für mich ziemlich deprimierend. Aber wie ich schon gesagt habe, wir waren ziemlich fertig und jetzt werden wir besser abschneiden."

Toyota hat ein neues Flaggschiff

Toyota-Motor

Toyotas gesammelte Erfahrungen sollen sich 2008 auszahlen Zoom

Dabei setzt Waltrip auch auf verbesserte Toyota-Motoren, die Erfahrung, die Toyota nun hat und...Joe Gibbs Racing. Mit dem Rennstall des legendären Football-Trainers Joe Gibbs mit der Heimatbasis in Huntersville hat Toyota endlich den ersten dicken Fisch an der Angel, ein echtes Top-Team der NASCAR. Vorbei sind die Zeiten, wo die Japaner mit ihren Fahrern in der Qualifikation um die Teilnahme am Rennen zittern mussten.

Mit Joe Gibbs Racing ist natürlich MWR in der Gunst Toyotas gesunken, doch der Teamchef sieht darin nicht nur Nachteile. Es ist klar, dass nun Toyota alles tun wird, um sein neues Team zu verhätscheln und ihm jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, doch nachdem MWR und der Rennstall von Joe Gibbs motorentechnisch miteinander verbandelt sind, erhofft man sich auch einige gute Zusammenarbeit mit den Profis.

Waltrip hat kein Problem, den Status seines Teams anzuerkennen: "Nun, das ist ein Team mit 20 Jahren Rennerfahrung unter dem Helm. Sie haben Rennen und Meisterschaften gewonnen. Das bedeutet, dass wir einen anderen Standard haben werden, eine andere Unterstützung haben werden. Sie wissen, wie man Rennen gewinnt und wir sind eine neue Organisation."

Harmonische Zusammenarbeit statt Wettstreit

"Aber wir haben bei uns Leute zusammengebracht, die, wenn man uns mit Joe-Gibbs-Racing vergleicht, auch schon Rennen und Meisterschaften gewonnen haben. Wir arbeiten mit diesen Jungs schon bei diversen Projekten zusammen, die gerade laufen, sei es auf der Motorenseite, Aufängung oder der Aerodynamik. Wir arbeiten eng mit Joe-Gibbs-Racing zusammen", deutet der Teamchef an, dass sich technisch was tut.

Eine gute Zusammenarbeit wäre auch genau in Toyotas Interesse: "Wir haben unsere Arme ausgebreitet und gesagt 'Lasst uns euch helfen'. Wir verstehen, dass wir wahrscheinlich aufgrund ihrer Erfahrung mehr Hilfe in dieser kurzen Zeit von ihnen erhalten werden. Aber sie sind ebenfalls bereit, mit uns zusammen zu arbeiten, weil wir gemeinsam ein starkes Team abgeben können."

Beide Teambesitzer werden demnächst übrigens gemeinsam ein Country-Duet singen. Die Basis für eine erfolgreiche Partnerschaft ist also schon mal gegeben. Das wäre Musik in Toyotas Ohren, welche 2008 endlich im Konzert der Großen die erste Geige spielen wollen.

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