• 13.06.2007 22:33

  • von Pete Fink

Das Phänomen Earnhardt Jr.

Ohne jemals eine Meisterschaft gewonnen zu haben ist er der mit Abstand populärste NASCAR-Pilot - was steckt hinter dem Phänomen Dale Earnhardt Jr.?

(Motorsport-Total.com) - Einer der größten Stars der amerikanischen Sport-Szene hat heute seinen Wechsel zum NASCAR-Team von Hendrick Motorsports bekannt gegeben und wird mit zwei anderen Superstars zusammen ein Dream-Team bilden. Dale Earnhardt Jr. wird ab 2008 der neue Teamkollege des vierfachen NASCAR-Champions Jeff Gordon und des amtierenden Titelträgers Jimmie Johnson.

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. ist in der NASCAR ein ganz eigenes Phänomen

Dale Jr. selbst hat hingegen noch keinen Titel auf seinem Konto verbuchen können. Sein letzter Cup-Sieg stammt aus dem Frühjahr 2006 und mit insgesamt 17 Cup-Erfolgen steht er in dieser Statistik auch weit hinter Johnson (27) und Jeff Gordon (79) - trotzdem ist er der mit Abstand populärste NASCAR-Pilot.#w1#

"Junior" ist der Superstar der NASCAR

Dale Earnhardt Jr.

Dale Earnhardt Jr. ist der absolute Superstar der NASCAR Zoom

Wenn "Junior" ein Rennen anführt - und sei es nur weil er in einer Gelbphase eine Runde länger auf der Strecke bleibt, um sich die fünf Bonuspunkte für die Führungsrunde abzuholen - dann springen die Fans von ihren Sitzen auf und jubeln, als hätte er gerade die Meisterschaft gewonnen. Seine Devotionalien finden reißenden Absatz und der 32-Jährige aus Kannapolis, North Carolina, gewinnt die jährliche Wahl zum 'Most Popular Driver' nach Belieben.

Am übermäßigen sportlichen Erfolg im so leistungsorientierten Amerika kann es also nicht liegen, doch um wirklich zu verstehen, was das Phänomen Earnhardt Jr. ausmacht, muss man sich einen genaueren Blick in die NASCAR-Geschichte gönnen.

Es ist nicht nur der unglückliche Tod seines Vaters Dale Sr., der im Februar 2001 in Daytona ums Leben kam, nach dem er nicht weniger als sieben NASCAR-Gesamtsiege erreichte. Beispiele aus anderen Motorsportserien zeigen, dass Söhne namhafter Väter selten zu einer ähnlichen Legende heranreifen, wie das Original.

Man muss die Geschichte kennen, um sie zu verstehen

Dale Earnhardt Sr.

Vater Dale Sr. war einer der ersten landesweiten Top-Stars der Szene Zoom

Auch der Wiedererkennungswert durch das langjährige Budweiser-Sponsoring mag zwar ein für alle Beteiligten lohnendes Geschäft sein, um ein Superstar quer durch alle Bevölkerungsschichten Amerikas zu werden, dafür reicht das nicht - der wirkliche Grund für die unglaubliche Popularität liegt tiefer.

Noch vor 30 Jahren war die NASCAR ein eher regionaler Motorsport, der auch von vielen Amerikanern belächelt wurde, wenn sich ein paar verrückte Südstaatler auf ländlichen Ovalen gegenseitig in die Kiste fuhren. Trotzdem hatte die Serie bereits damals eine große Anhängerschar erreicht und als 1979 zum ersten Mal das Daytona 500, der absolute Saisonhöhepunkt der NASCAR, landesweit und live über alle Bildschirme flackerte, konnten sich die Amerikaner ein Bild dessen machen, worüber man bislang nur abfällig lächelte.

Split in der Fangemeinde

California Speedway

Kalifornien ist nichts für die Hardcore-Fans aus den Südstaaten Zoom

Binnen kurzer Zeit wurden so aus Regionalhelden vom Schlage eines Richard Petty oder auch Dale Earnhardt Sr. gefeierte Motorsportstars und die NASCAR begann sukzessive ihre Finger an die Honigtöpfe der Yankees, also nach Kalifornien und anderen Nordstaaten-Regionen, auszustrecken.

Klar ist, dass in der NASCAR ein spektakulärer, bunter, schriller Motorsport geboten wurde, der auch den Champagner und Austern konsumierenden Restamerikanern gefiel und ebenso logisch ist es, dass jene neuen Fans im Laufe der Zeit auch ihre neuen Lieblinge anfeuerten. Vor allem wenn sie wie zum Beispiel Jeff Gordon oder Jimmie Johnson aus Kalifornien kommen.

Nur: Die "Die-Hard-Fans" aus dem Süden wollten damit herzlich wenig zu tun haben, für dieses Genre ist ein Jeff Gordon bis heute der Ausbund des Teufels, egal wie gut er sich mit Dale Earnhardt Sr. verstanden haben mag, was die meisten bis heute nicht akzeptieren wollen.

So geschah eine Trennung innerhalb der Fangemeinde. Die einen lachten über die rückständigen Südstaatler, die anderen verachteten die Champagner-Orgien in den VIP-Suites von Fontana. Doch ein Mann steht zwischen diesen Fronten und wird von allen geliebt: Dale Earnhardt Jr.

Earnhardt Jr. steht über alldem

Dale Earnhardt Jr. Richmond 2006

Dale Earnhardt Jr. feiert in Richmond 2006 seinen bisher letzten Sieg Zoom

Er ist das Verbindungsglied zwischen den alten Hardcore-Fans aus den Südstaaten, die mit Cowboyhut, Cowboystiefeln und ihrem alten Chevy-PickUp ein Barbecue mit Dosenbier und selbstgemachten Burgern veranstalten, und den Amerikanern, die sich ein NASCAR-Rennen in Anzug und Krawatte bei einem kleinen Buffet, einem gepflegten Chardonnay und ein paar Geschäftsfreunden ansehen.

Earnhardt Jr. verkörpert den Rock'n'Roll-Lifestyle der jungen Generation, ohne die Begehrlichkeiten der Puristen zu irritieren. Er ist die Figur, die einen Hauch Vergangenheit in die Speedways bringt und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft der NASCAR erhaschen lässt.

Jetzt fährt er ab der Saison 2008 im Team von Rick Hendrick, einem langjährigen und alten Freund der Earnhardt-Familie. Die engen Kontakte der beiden Clans reichen zurück bis in das Jahr 1983 - zu diesem Zeitpunkt war "Junior" gerade einmal acht Jahre alt - als Hendrick mit der Unterstützung der Earnhardts ein eigenes Auto in die Busch-Serie brachte und Dale Sr. gleich beim ersten Auftritt gewann. Wird sich die Geschichte in Daytona 2008 wiederholen?

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