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Chase-Auftakt: Kenseth gewinnt Chicago-Marathon

Gibbs-Doppelsieg beim Chase-Auftakt: Nach fünfstündiger Unterbrechung siegt Matt Kenseth vor Kyle Busch - Joey Logano und Dale Earnhardt Jr. die großen Verlierer

(Motorsport-Total.com) - Das Auftaktrennen der NASCAR-Playoffs 2013 gestaltete sich zu einem wahren Marathon. Nachdem das Geico 400 auf dem Chicagoland Speedway - erstes von zehn Chase-Rennen des Jahres - aufgrund von Regenfällen erst 85 Minuten später als geplant beginnen konnte, setzte in der 109. von 267 Rennrunden erneut Regen ein. Das Rennen wurde mit der Roten Flagge unterbrochen. Fünf Stunden und zehn Minuten mussten sich Fahrer, Crewchiefs und Fans gedulden. Dann ging es um 20:57 Uhr Ortszeit (3:57 Uhr MESZ) tatsächlich weiter.

Titel-Bild zur News: Matt Kenseth

Perfekter Start in den Chase: Sechster Saisonsieg für Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) Zoom

Zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Rennbetriebs lag Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) vor den beiden aus Startreihe eins losgefahrenen Penske-Ford von Brad Keselowski und Joey Logano in Führung. Während das Penske-Duo im zweiten Teil des zweigeteilten Chicago-Marathons aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr um den Sieg mitreden konnte, lag Kenseth auch nach der 267. Runde noch beziehungsweise wieder auf Platz eins. Der Fahrer des Gibbs-Toyota mit der Startnummer 20 erwischte damit den perfekten Start in den Chase: Kenseths sechster Saisonsieg und bereits sein vierter auf einem 1,5-Meilen-Oval.

Entscheidenden Anteil an Kenseths bisher wichtigstem Sieg in diesem Jahr hatte Kevin Harvick. Der Childress-Pilot schob den gelben Gibbs-Toyota von Kenseth beim letzten Restart an dessen bis dato in Führung liegenden Teamkollegen Kyle Busch vorbei. Während Kenseth in den finalen 25 Runden nichts mehr anbrennen ließ, musste sich Kyle Busch mit Platz zwei zufriedengeben. Harvick lief als Dritter ein.

Kenseth auf den Spuren von Stewart und Keselowski?

"Vielen Dank an Kevin dafür, dass er mich beim letzten Restart angeschoben hat", so die Worte von Sieger Matt Kenseth in der Victory Lane. "Ich war mir nicht sicher, ob es gereicht hätte, Kyle zu schlagen. Dank Kevin hat es geklappt - eine tolle Nacht." Angesprochen auf die Tatsache, dass es bereits sein vierter Sieg in diesem Jahr auf einem 1,5-Meilen-Oval war und im Chase noch vier dieser Strecken anstehen, entgegnete Kenseth: "Nichts überstürzen. Ich nehme es Woche für Woche."

Matt Kenseth

Der Chicago-Sieg als Grundstein für den Titel? Matt Kenseth ist auf dem besten Weg Zoom

Unabhängig davon hinterließ der Gibbs-Pilot in der langen Rennnacht auf dem Chicagoland Speedway ein deutliches Ausrufezeichen. Und: In den vergangenen beiden Jahren ließ sich der Sieger dieses Rennens jeweils am Saisonende als neuer NASCAR-Champion feiern: 2011 war es Tony Stewart, 2012 Brad Keselowski. Setzt Matt Kenseth diesen Trend fort? Das zweite Chase-Rennen des Jahres nimmt er mit einem Vorsprung von acht Punkten auf seinen Gibbs-Teamkollegen Kyle Busch in Angriff.

Eben jener Kyle Busch verpasste mit Platz zwei am Sonntag beziehungsweise Montag sein persönliches Chicago-Triple denkbar knapp. Am Freitag hatte er an Ort und Stelle das Truck-Rennen gewonnen, am Samstag setzte er sich im Nationwide-Rennen durch. Beim Höhepunkt des Wochenendes machte ihm Kevin Harvick einen Strich durch die Rechnung.

Kyle Busch verliert Sieg beim letzten Restart

"Die 29 hat ihn angeschoben. So waren es 1.600 PS gegen 800 PS. Was willst du da machen?", zeigte sich Kyle Busch sichtlich genervt von der unfreiwilligen Anschiebetaktik des Childress-Piloten in Bezug auf Kenseth. Das große Gesamtbild stimmt aber auch den Zweitplatzierten glücklich. "Alles in allem war es ein großartiger Start in den Chase für Joe Gibbs Racing", so Kyle Busch.

Kyle Busch, Matt Kenseth

Kyle Busch vor Matt Kenseth: Im Ziel war die Reihenfolge umgekehrt Zoom

Hinter dem Drittplatzierten Kevin Harvick, der wieder einmal eines seiner typischen Rennen zeigte, bei dem er in der ersten Rennhälfte im Grunde überhaupt nicht in Erscheinung getreten war, liefen drei weitere Chase-Teilnehmer auf den Plätzen vier bis sechs ein: Kurt Busch (Furniture-Row-Chevrolet; 4.) sowie die beiden Hendrick-Piloten Jimmie Johnson (5.) und Jeff Gordon (6.). Für alle drei schien zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Rennverlauf bereits alles verloren, doch alle drei zeigten eine starke Aufholjagd und setzten damit ebenfalls ein deutliches Zeichen im Kampf um den diesjährigen NASCAR-Titel.

Kurt Busch wurde beim ersten Green-Flag-Stop (Runde 75) zu schnell in der Boxengasse erwischt und fing sich eine Durchfahrtsstrafe ein. Diese warf den Einzelkämpfer in Diensten von Furniture Row Racing aus der Führungsrunde. Zum Zeitpunkt der Roten Flagge in Runde 109 wurde Kurt Busch als Schlusslicht der 13 Chase-Piloten nur auf Platz 27 geführt. Im zweiten Teil des Rennens, der im Gegensatz zu Teil eins komplett unter Flutlicht über die Bühne ging, arbeitete sich der ältere der beiden Busch-Brothers sukzessive wieder nach vorn und brachte schließlich einen starken vierten Platz ins Ziel.

Starke Comebacks von Jimmie Johnson und Jeff Gordon

Jimmie Johnsons Probleme begannen ebenfalls beim ersten Green-Flag-Stop in Runde 75. Fast 20 Sekunden verbrachte der fünffache NASCAR-Champion an der Box. Der lange Stopp war jedoch nicht auf einen Fehler seiner Hendrick-Crew, sondern auf eine Fehlentscheidung des zuständigen NASCAR-Offiziellen zurückzuführen. Dieser versah sich am rechten Hinterrad und glaubte irrtümlich, dass eine der fünf Radmuttern nicht richtig angezogen wäre. Weil der zuständige Mechaniker unnötigerweise noch einmal ran musste, verlor der als Spitzenreiter hereingekommene Johnson seine Führung an Kenseth.

Jeff Gordon

Chase-Nachrücker Jeff Gordon begann den Titelkampf mit Platz sechs Zoom

Doch damit nicht genug. In Gelbphase vier (Runde 147 nach Dreher von Sprint-Cup-Debütant Justin Allgaier) dann der nächste verpatzte Boxenstopp für Jimmie Johnson. Diesmal streikte der Wagenheber und musste ausgetauscht werden. Wieder stand der Fahrer des dunkelblauen Hendrick-Chevy mit der Startnummer 48 rund 20 Sekunden still bevor es weitergehen konnte. Von diesem zweiten Rückschlag erholt, kämpfte sich Johnson in der Schlussphase noch bis auf Platz fünf nach vorn. "Das war schon stark, nach diesen Rückschlägen noch einmal so zurückzukommen", ist Johnson mit seinem Auftakt in den Titelkampf 2013 nicht unzufrieden.

Johnsons Hendrick-Teamkollege Jeff Gordon lieferte sich in den Schlussrunden ein packendes Rad-an-Rad-Duell mit seinem einstigen Ziehsohn. Der vierfache NASCAR-Champion, der am Freitag aufgrund einer einmaligen Ausnahme seitens NASCAR als 13. Fahrer in den Chase aufgenommen wurde, hatte sich im Zuge der vierten Gelbphase die Führung geholt. Nach zwei weiteren Gelbphasen (Motorschaden bei Cole Whitt beziehungsweise Debris) fing sich Gordon beim Restart einen platten linken Hinterreifen ein. Kurz zuvor war ihm ausgerechnet Intimfeind Clint Bowyer gefährlich nahe gekommen. Dies lag daran, weil Gordon den Restart komplett in den Sand setzte.

Acht Chase-Piloten in den Top 10

Der unplanmäßige Stopp unter Grün, um den platten Hinterreifen wechseln zu lassen, warf Jeff Gordon aus der Führungsrunde. 50 Runden vor Schluss befand er sich noch immer im Rundenrückstand als es ausgerechnet Hendrick-Teamkollege Dale Earnhardt Jr. war, der mit einem kapitalen Motorschaden die achte von insgesamt neun Gelbphasen herausbrachte. Als die Gelbe Flagge kam, war Gordon als einziger Fahrer noch nicht zum letzten Stopp an der Box gewesen und lag kurzzeitig wieder in Führung.

Folglich konnte Gordon unter Gelb tanken, befand sich daher wieder in der Führungsrunde und hatte noch dazu in der Schlussphase die frischesten Reifen. Diese führten den Nachrrücker in den Chase noch bis auf Platz sechs nach vorn. "Das war eine unglaubliche Errungenschaft, die zeigt, dass diese Truppe niemals aufgibt. 60 Runden vor Schluss lagen wir soweit zurück. Platz sechs ist genau das, was wir gebraucht haben. Ich kann das nächste Rennen kaum erwarten", so ein angriffslustiger Jeff Gordon im Ziel. Auf den Plätzen sieben und acht liefen die beiden bestplatzierten Nicht-Chase-Piloten ein: Penske-Pilot Brad Keselowski, der in der zweiten Rennhälfte nicht mehr zusetzten konnte und Rookie Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford), der damit sein zweites Top-10-Eregebnis hintereinander sicherstellte.

Dahinter waren es fünf Titelkandidaten, die beim Auftaktrennen der Playoffs solide Ergebnisse ins Ziel brachten: Clint Bowyer (Waltrip-Toyota; 9.), Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 10.), Carl Edwards (Roush-Ford; 11.), Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet; 12.) und mit etwas Abstand Greg Biffle (Roush-Ford; 16.). Speziell für Kahne wäre allerdings mehr drin gewesen, wäre er nicht während der sechsten Gelbphase in der Boxengasse ins Heck von J.J. Yeley (Baldwin-Chevrolet) gerauscht. So musste der Hendrick-Pilot mehrfach bei seiner Crew vorbeikommen, um die defekte Frontpartie seines Chevy SS flicken zu lassen.


Fotos: NASCAR in Chicago


Dale Earnhardt Jr. und Joey Logano die großen Verlierer

Damit erging es Kahne aber immer noch deutlich besser als dem vierten Hendrick-Piloten Dale Earnhardt Jr. "Junior" befand sich zum Zeitpunkt der Boxengassen-Kollision zwischen Kahne und Yeley direkt hinter seinem Teamkollegen und verbog sich ebenfalls die Frontpartie. Dies hätte ihn nicht von einer Platzierung im Mittelfeld abgehalten, der Motorschaden 50 Runden vor Schluss allerdings schon. Unterm Strich wurde Earnhardt Jr. nur auf Platz 35 gewertet und war damit einer von zwei ganz großen Verlierern des Chase-Auftakts.

Dale Earnhardt Jun.

Dale Earnhardt Jr. startete ebenso mit Motorplatzer in den Chase wie Joey Logano Zoom

Der zweite große Verlierer war Joey Logano. Von der Pole-Position gestartet hatte der einzige im Chase befindliche Penske-Pilot die Anfangsphase im Griff. Kurz nachdem das Rennen nach der mehr als fünfstündigen Unterbrechung wiederaufgenommen wurde, meldete sich allerdings erst einer und wenig später ein zweiter Zylinder im gelben Penske-Ford von Logano ab. In Runde 175 folgte der endgültige Ausfall aufgrund von Motorschaden. Mit Platz 37 erwischte so auch der Michigan-Sieger einen denkbar schlechten Auftakt in die Playoffs.

Pech für Juan Pablo Montoya

Während die 13 Chase-Teilnehmer mit Ausnahme von Dale Earnhardt Jr. und Joey Logano einen guten bis sehr guten Start in den Titelkampf erwischten, kam die einzige Dame im Feld, Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet), im Schatten der Titeljäger auf einem soliden 20. Platz ins Ziel. Weniger gut lief es für Juan Pablo Montoya. Der Earnhardt/Ganassi-Pilot aus Kolumbien wurde in Runde 109 unschuldiges Opfer der plötzlich einsetzenden Regenfälle: Cole Whitt wurde bei seinem ersten Start im Swan-Toyota von den rutschigen Verhältnissen in Turn 4 überrascht und erwischte Montoya.

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya wurde von Cole Whitt erwischt und lief als 32. ein Zoom

Montoya fing sich dabei einen platten linken Hinterreifen und Beschädigungen am Kotflügel ein. Unter der Roten Flagge durfte die Earnhardt/Ganassi-Crew reglementbedingt keine Reparaturarbeiten vornehmen. Kurz nachdem das Rennen nach mehr als fünfstündiger Unterbrechung wiederaufgenommen wurde, flog Montoya der linke hintere Kotflügel inklusive des Reifens um die Ohren. Mit sechs Runden Rückstand beendete der Kolumbianer das Rennen auf Platz 32.

Das zweite von zehn Chase-Rennen des Jahres steigt am kommenden Wochenende auf dem Ein-Meilen-Oval in Loudon, New Hampshire.