Charlotte: Kenseth fliegt - Johnson crasht!
Ist die Titelserie von Jimmie Johnson in Charlotte gerissen? Der Kalifornier crasht hart, während Matt Kenseth gewinnt - es bleibt eng!
(Motorsport-Total.com) - Dramatische Wendung im NASCAR-Chase 2011: Dauerchampion Jimmie Johnson crashte seinen Hendrick-Chevrolet in der Schlussphase von Charlotte hart in die Streckenbegrenzung und verlor damit - aller Wahrscheinlichkeit nach - alle Chancen zur Titelverteidigung. Das Bank of America 500 gewann Matt Kenseth (Roush-Ford) vor Kyle Busch (Gibbs-Toyota) und Carl Edwards (Roush-Ford), der damit seine Gesamtführung behielt.

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Auf dem Vormarsch: Sieger Matt Kenseth macht in Charlotte viel Boden gut
Johnson landete folgerichtig nur auf Rang 34 und weist nun 35 Punkte Rückstand auf Edwards auf. Der 32-jährige Vizechampion der Saison 2008 wiederum beendete bislang jedes der fünf Chase-Rennen in den Top 10, und bugsiert sich mit dieser gewaltigen Konstanz nach dem Johnson-Crash in die Favoritenstellung. Nur fünf Punkte hinter Edwards lauert Kevin Harvick (Childress-Chevrolet), der in Charlotte Sechster wurde. Sieger Kenseth ist neuer Dritter mit sieben Punkten Rückstand, Kyle Busch (-18) machte gleich vier Positionen gut.
Der spektakuläre Johnson-Abflug geschah 17 Runden vor Schluss. Im Kampf um Platz sieben kappelte sich der Kalifornier mit Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 10.) und einem erneut bärenstarken Kasey Kahne (4.) im Red-Bull-Toyota. Ohne direkte Fremdberührung brach der silberne Hendrick-Chevrolet mit der Startnummer 48 in Turn 2 an der Hinterachse leicht aus, kam ins Schlingern und crashte frontal in die Safer-Barrier.
"Sorry Jungs, das war mein Fehler", funkte Johnson direkt nach dem Einschlag an seine Box. Nach dem routinemäßig durchgeführten Ärztecheck dankte der fünffache NASCAR-Champion den aktuellen Sicherheitsvorkehrungen. "Das war ein harter Aufprall. Gott sei Dank ist die NASCAR inzwischen sehr sicher." Seine kämpferische Einschätzung der Punktesituation lautet: "Wir geben natürlich nicht auf, obwohl es keineswegs das ist, was wir wollten. Aber es sind noch fünf lange Rennen."
Kenseth ringt Kyle Busch nieder

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Das Aus im Titelkampf? Jimmie Johnsons Auto nach seinem Crash Zoom
An der Spitze kam es im Charlotte-Finale zu einem Zweikampf zwischen Kyle Busch und Matt Kenseth. Der jüngere Busch-Bruder musste nach Triebwerksproblemen samt Motorwechsel von ganz hinten ins Rennen gehen. In seinem Toyota Camry hatte sich der 26-Jährige in der ersten Rennhälfte wieder in Schlagdistanz zur Spitze gearbeitet, in Runde 210 übernahm er das erste Mal die Führung.
Der aus Position zwei gestartete Kenseth wiederum hielt sich das gesamte Rennen über in den Top 5 auf und kristallisierte sich in den letzten 100 Runden als der härteste Busch-Gegner heraus. Waren die ersten 200 Umläufe von langen Grünphasen geprägt, so erlebte das einzige Flutlichtrennen der Playoffs im letzten Renndrittel gleich fünf Gelbphasen.
Dabei machte Kyle Busch auf der Außenbahn seinem Ruf als Restartkönig alle Ehre: Er zwang Kenseth in schöner Regelmäßigkeit in die Knie. Doch der an diesem Abend in rot gehaltene Roush-Ford mit der Startnummer 17 blies hartnäckig zur Attacke und setzte 25 Runden vor dem Ende den entscheidenden Angriff gegen den Gibbs-Toyota. Den letzten Restart nach dem Johnson-Crash überstand Kenseth schadlos und gewann mit einer knappen Sekunde Vorsprung vor Kyle Busch.
"Zu guter Letzt habe ich auch die Restarts in den Griff bekommen", freute sich Kenseth, der damit sein drittes Saisonrennen gewann. Seine Titelambitionen unterstrich der NASCAR-Champion des Jahres 2003 deutlich: "Wir hatten jetzt in allen fünf Chase-Rennen schnelle Autos." In der Tat: Kenseth machte in der Gesamtwertung zwei Plätze gut und rangiert jetzt nur noch sieben Punkte hinter Leader Edwards auf Position drei.
Carl Edwards sagenhaft konstant

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Starke Aufholjagd: Kyle Busch (u.) überholt Brad Keselowski Zoom
"Die 17 war heute nicht zu schlagen", musste Kyle Busch konstatieren. Trotzdem gab er sich nicht unzufrieden. "Das war unser bestes Rennen seit einiger Zeit. Wir müssen jetzt nur zusehen, dass wir weiter solche Ergebnisse holen." Auch Kyle Busch machte in der Gesamtwertung einen großen Satz von acht auf vier. Sein Rückstand mit derzeit 18 Punkten lässt ihm alle Titelchancen.
Doch der Chase 2011 zeigt deutlich: Derjenige, den es vermutlich zu schlagen gilt, heißt Carl Edwards. In den fünf Playoffrennen holte die Startnummer 99 die Positionen vier, acht, drei, fünf und nun noch einmal drei. "Das war ein richtig guter Tag für uns", bilanzierte Edwards, der das 1,5 Meilenoval von Charlotte nicht gerade als seine Lieblingsstrecke bezeichnet.
Vierter, und damit erneut bester Non-Chaser, wurde Kasey Kahne. Dessen Red-Bull-Toyota hielt sich zu Rennbeginn im Bereich der Top 15 auf und arbeitete sich sukzessive nach vorne. In der Schlussphase hatte Kahne zweimal Glück im Unglück. Neben seiner indirekten Beteiligung am Johnson-Crash war er kurz zuvor auch in einen Dreikampf samt Dreher mit Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet; 21.) und David Ragan (Roush-Ford; 11.) verwickelt. Beide Male entging er einem Totalschaden nur knapp, im Finale war er dann zur Stelle.
Rein von der geschlossenen Mannschaftsleistung her, war Ford in Charlotte eindeutig die Nummer eins. Greg Biffle dominierte einen Großteil der Anfangsphase, bevor ihn eine lose Radmutter zu einem Extrastopp zwang. Sein Dauerkonkurrent hieß am Samstagabend Polesitter Tony Stewart, mit dem er sich in Runde 298 massiv ins Gehege kam.
Harvick schleicht sich wieder auf Rang sechs
Biffle touchierte nach einem Restart in Turn 4 leicht die Außenmauer und war der Meinung, der Stewart/Haas-Boss sei der Verursacher gewesen. Gleich auf der Start-/Zielgeraden gab er diesem einen kleinen Rempler, der dazu führte, dass sein linker Vorderreifen den Dienst quittierte. Die Folge: Biffle (15.) fuhr in Turn 1 geradeaus, Stewart (8.) musste danach zu einigen kosmetischen Reparaturstopps.

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Matt Kenseth war einer von mehreren starken Ford-Piloten Zoom
Ohne all diese Vorfälle wäre Biffle wohl locker in der Lage gewesen, die Pace seiner Teamkollegen Kenseth und Edwards mitzugehen. Inklusive Ragan lagen zeitweise alle vier Roush-Ford, sowie das starke Petty-Duo Marcos Ambrose (5.) und A.J. Allmendinger (7.) in den Top 10. Auch Daytona-Sieger Trevor Bayne (31.) im Wood-Ford mischte zu Beginn munter mit, blieb später aber mit Problemen an der Benzinpumpe liegen.
So wurde einmal mehr Kevin Harvick zum bestplatzierten Chevrolet-Piloten. Der einzige Childress-Chaser lauerte wie üblich über weite Strecken unauffällig um Platz zehn herum. Beim Gordon-Dreher hatte er Riesenglück, als er den querstehenden Kasey Kahne um Haaresbreite verfehlte. Beim letzten Restart nach dem Johnson-Crash fuhr er auf der Außenbahn bis auf Rang vier nach vorne, musste sich im Finale aber noch Kahne und Ambrose beugen.
Damit ist Harvick nach wie vor der schärfste Edwards-Verfolger, denn der Kalifornier hat nur winzige fünf Punkte Rückstand auf den Roush-Piloten. Auch Harvick zählt Charlotte nicht zu seinen Lieblingsstrecken, weshalb der Childress-Pilot rundum zufrieden war: "Mit nur fünf Punkten Rückstand aus Charlotte wegzufahren, ist großartig."
Hinter dem Spitzenquartett Edwards, Harvick, Kenseth und Kyle Busch hat sich nun ein Verfolgertrio gebildet. Dies besteht aus Stewart (-24), sowie dem in Charlotte farblos gebliebenen Penske-Duo Brad Keselowski (-25) und Kurt Busch (-27). Achter ist Jimmie Johnson mit 35 Punkten Rückstand, was vielleicht schon zuviel ist. Vor allem, weil am kommenden Wochenende genau die Strecke wartet, vor der die Chaser durch die Bank Muffensausen haben - Talladega, und dort kann bekanntlich alles passieren...

