Brickyard 400: Premierensieg für Paul Menard!

Paul Menard holte sich beim zweitwichtigsten Rennen des Jahres seinen ersten Sprint-Cup-Sieg - Jeff Gordon verpasst fünften Triumph in Indianapolis knapp

(Motorsport-Total.com) - Das Brickyard 400 in Indianapolis endete mit einer faustdicken Überraschung: Nach 160 Runden holte sich Paul Menard (Childress-Chevrolet) auf dem letzten Tropfen Sprit seinen ersten Sprint-Cup-Sieg. Hendrick-Pilot Jeff Gordon verpasste seinen fünften Triumph im Indianapolis Motor Speedway als Zweiter nach toller Aufholjagd denkbar knapp. Regan Smith (Furniture-Row-Chevrolet) beendete das Rennen, das erneut durch einen Benzinpoker entschieden wurde, auf Platz drei.

Titel-Bild zur News: Paul Menard

Paul Menard holte sich in Indianapolis seinen ersten Sprint-Cup-Sieg

Die Sprint-Cup-Saison 2011 bleibt damit weiterhin extrem ausgeglichen. Menards erster Sieg im 167. Start seiner Karriere bedeutete gleichzeitig den vierten Premierensieg eines Fahrers im Verlauf der bisherigen Saison. Zudem ist der Childress-Pilot nach 20 Saisonrennen bereits der 14. (!) verschiedene Sieger.

"Von diesem Moment habe ich seit meiner Kindheit geträumt", freute sich Menard in der Victory Lane den Tränen nahe. "Ich kann gar nicht glauben, dass ich in Indianapolis gewonnen habe. Dieser Ort bedeutet mir und meiner Familie sehr viel." Menards Vater John unterstützt die Rennfahrerkarriere des Sohnes mit seiner eigenen Baumarktkette seit Jahren tatkräftig als Sponsor.


Fotos: NASCAR in Indianapolis


Im Finale des 18. Brickyard 400 gaben die richtige Strategie, der günstige Spritverbrauch und eine Portion Glück den Ausschlag für Menard. "Ich habe in der Schlussphase soviel Benzin gespart wie nur möglich. Letztlich habe ich mir mehr Sorgen um die Jungs gemacht, die an der Box waren, als um die Piloten in meiner unmittelbaren Nähe", so der glückliche Sieger in Anspielung auf den von hinten heranstürmenden Jeff Gordon, dessen Aufholjagd den Hendrick-Piloten in den letzten zehn Umläufen noch von Platz zehn bis auf Rang zwei nach vorn brachte.

"Ich hatte heute eine Menge Spaß. Das Auto war fantastisch und ich habe am Schluss alles gegeben", so Gordon im Ziel. Über weite Strecken des Rennens schien der Sieg in Indianapolis nur über den vierfachen Champion zu führen. Unter dem Strich verpasste er den erhofften fünften Triumph um "wenige Runden", wie er sagte.

Kasey Kahne und Jeff Gordon über weite Strecken dominant

Kasey Kahne

Kasey Kahne wurde durch einen missglückten Stopp zurückgeworfen Zoom

In der Anfangsphase dominierte zunächst Red-Bull-Pilot Kasey Kahne das Geschehen. Von der Außenseite der ersten Startreihe schob er sich sofort an Polesetter David Ragan vorbei in Führung und hielt bis Runde 50 die Spitzenposition. Bei der zweiten Boxenstopp-Runde verlor Kahne aufgrund einer lockeren Radmutter am linken Vorderrad jedoch entscheidend an Boden und musste sich in der Folge von Platz zehn aus wieder nach vorn kämpfen.

Währendessen arbeitete sich Jeff Gordon aus der vierten Startreihe kommend schnell an die Spitze vor. Nach 15 Runden wurde der Hendrick-Chevy mit der Startnummer 24 bereits auf Rang zwei hinter Kahne notiert. In Runde 60 schob sich der Kalifornier auf der Gegengeraden an seinem zu diesem Zeitpunkt führenden Teamkollegen Dale Earnhardt Jr. vorbei und übernahm erstmals unter Renntempo die Spitze.

Bei Halbzeit des Rennens führte das Hendrick-Trio Gordon, Earnhardt Jr. und Jimmie Johnson das Feld im Formationsflug an. Im Ziel konnte sich jedoch nur der zweitplatzierte Gordon über eine Top-10-Platzierung freuen. Johnson (19.) wurde nach einigen haarigen Momenten - unter anderem einer Berührung mit dem Red-Bull-Toyota von Brian Vickers (15.) in der Boxengasse - in den Schlussrunden ebenso ein Opfer der unterschiedlichen Strategien im Rennen wie Earnhardt (16.).

Letzte Gelbphase öffnet den Strategien Tür und Tor

Paul Menard, Kasey Kahne, Landon Cassill

Der Dreher von Cassill (51) brachte neben Kahne (4) auch Menard in Bedrängnis Zoom

Nachdem der anfangs führende Kahne nach seinem missglückten Boxenstopp bereits wieder bis auf Rang drei vorgestoßen war, machte ihm die fünfte und letzte Gelbphase im Rennen 40 Runden vor Schluss einen Strich durch die Rechnung: Johnson, der sich zu diesem Zeitpunkt in der zweiten Hälfte der Top 10 mit vier frischen Reifen auf dem Vormarsch befand, ging auf der Gegengeraden mit Landon Cassill (Phoenix-Chevrolet) sowie den Roush-Piloten David Ragan und Matt Kenseth zu viert nebeneinander in Turn 3.

Da jedoch selbst das mächtige 2,5-Meilen-Oval in Indianapolis für vier Stockcars nebeneinander nur bedingt Platz in den Kurven bietet, gerieten Cassill und Ragan aneinander. Cassill drehte sich mitten im Feld. In der folgenden Konfusion musste unter anderem Kasey Kahne (18.) aufs Gras ausweichen und seine Hoffnungen auf eine Top-Platzierung endgültig begraben. Auch der spätere Sieger Paul Menard kam kurzfristig vom rechten Weg ab, konnte seine Fahrt aber ohne großen Zeitverlust fortsetzen.

Doch auch ganz vorn sollte die fünfte und letzte Gelbphase in Runde 120 von vorentscheidender Bedeutung sein. Während die Spitze - die zu diesem Zeitpunkt von Brad Keselowski, Jeff Burton, Juan Pablo Montoya, Matt Kenseth und Jimmie Johnson gebildet wurde - draußen blieb, gingen weiter hinten im Feld unter anderem Menard sowie Tony Stewart an die Box.

Mangels weiterer Unterbrechungen folgten die Führenden rund zehn Umläufe später. Gordon absolvierte seinen letzten Routinestopp ebenfalls unter Renntempo, ließ anders als Keselowski und Johnson jedoch nur zwei Reifen wechseln und kam entsprechend weiter vorn wieder auf die Strecke zurück.

So führte 25 Umläufe vor Schluss plötzlich Lokalmatador Tony Stewart das Feld an. Der Stewart/Haas-Pilot hatte in der Anfangsphase des Rennens mit allerlei Unwägbarkeiten - unter anderem einer Durchfahrtsstrafe sowie einem nicht zufriedenstellenden Handling seines Autos - zu kämpfen und war bis dahin nie im Vorderfeld zu finden gewesen. Obwohl er seinen vermeintlich finalen Tankstopp in derselben Runde wie der spätere Sieger Menard einlegte, musste "Smoke" 16 Runden vor der Zielflagge noch einmal zum Nachtanken an die Box.

Menard kann im Schlussspurt zulegen

15 Umläufe vor dem Ende führte somit Menard vor Mark Martin und Jamie McMurray. Der Vorjahressieger in Diensten des Earnhardt/Ganassi-Teams griff sich neun Runden vor Schluss den führenden Childress-Chevy von Menard. "Wir waren in Bezug auf den Sprit absolut am Limit", sagte McMurray später. "Ich wollte lieber von vorn verteidigen, als angreifen zu müssen."

Jeff Gordon

Jeff Gordon schrammte knapp am fünften Indianapolis-Sieg vorbei Zoom

Fünf Runden später und damit vier Umläufe vor Ende des Rennens knöpfte ihm Menard allerdings die Spitzenposition wieder ab, während von hinten Gordon mit Riesenschritten näher kam. Nachdem sich der Hendrick-Pilot innerhalb kürzester Zeit wieder auf Platz zwei nach vorn gearbeitet hatte, nahm er die letzte Runde mit Menard in Sichtweite unter die Räder. Letztlich konnte der Childress-Pilot die Führung trotz Überrundungsverkehr im finalen Umlauf verteidigen und sich dank seines ersten Saisonsiegs für eine der Wildcards im Kampf um die Chase-Plätze empfehlen.

Regan Smith, der vor wenigen Wochen in Darlington seinerseits seinen ersten Sprint-Cup-Sieg feiern konnte, lief im Zuge des Spritpokers in den Schlussrunden als Dritter ein. "Das war wahrscheinlich der bitterste dritte Platz, den ich je erreicht habe", gestand der Furniture-Row-Pilot, der eigener Aussage zufolge nur über ein Top-10-Fahrzeug verfügte. "Ich konnte die Führenden sehen, sie aber nicht angreifen, da ich selbst mit den Spritreserven am Limit unterwegs war."

McMurray lief hinter Menard, Gordon und Smith als Vierter ein, was im 20. Rennen der Saison die erste Top-5-Platzierung für den Earnhardt/Ganassi-Piloten bedeutete. Tony Stewart beendete sein Heimspiel nach dem finalen Tankstopp hinter Matt Kenseth (5.) als Sechster. Mark Martin wurde auf den letzten Metern aufgrund extrem spritsparender Fahrweise noch bis auf Rang acht hinter Greg Biffle (7.) durchgereicht. Penske-Pilot Brad Keselowski beendete das Brickyard 400 als Neunter vor Kyle Busch.

Enttäuschung für Kyle Busch, Montoya und Edwards

Der Zentplatzierte Busch hatte im Verlauf des Rennens gleich mehrfach mit Problemen zu kämpfen. In Runde 34 versuchte er sich auf der Gegengeraden bei voller Fahrt seiner Trinkflasche zu entledigen. Diese landete jedoch anstatt im Gras mitten auf der Ideallinie. NASCAR blieb nichts anderes übrig, als die erste Gelbphase im Brickyard 400 auszurufen. Im Zuge der dritten Gelbphase geriet Busch in der Boxengasse mit dem Stewart/Haas-Chevy von Tony Stewart aneinander. Beim Herausbeschleunigen traf er den unmittelbar vor ihm hereinziehenden Chevrolet mit der Startnummer 14. Die folgende Reparatur warf den Gibbs-Piloten entscheidend zurück.

Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya: Aus dem erhofften ersten Saisonsieg wurde wieder nichts Zoom

Indy-Spezialist Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet) musste sich unter dem Strich mit Rang 28 zufrieden geben, nachdem er lange Zeit ebenfalls auf Kurs zu einer Top-Platzierung unterwegs war. Den finalen Restart des Rennens 34 Umläufe vor der Karierten Flagge nahm der Kolumbianer auf Platz drei liegend in Angriff, wurde letztlich aber wie so viele vom langen letzten Green-Flag-Run überrascht. So erwies sich der Rückstand nach einer Standzeit von 11,5 Sekunden beim letzten Stopp - als nur zwei Reifen gewechselt wurden - als nicht mehr aufzuholendes Defizit. "Letztlich waren wir zu lange auf den linken Reifen unterwegs. Das hat nicht funktioniert", so ein enttäuschter Montoya nach dem Rennen.

Tabellenführer Carl Edwards zeigte über weite Strecken ein unauffälliges Rennen. Im Zuge der fünften Gelbphase nach dem Cassill-Dreher geriet der Roush-Pilot genau wie Kahne und Menard auf den Grasstreifen auf der Innenseite von Turn 3. Dabei beschädigte sich Edwards den Frontsplitter seines Ford Fusion und musste diesen daraufhin an der Box reparieren lassen. Mit Platz 14 konnte er seine Führung im Gesamtklassement dennoch gegenüber Johnson verteidigen.

Am kommenden Wochenende steht für die Sprint-Cup-Piloten der zweite Besuch des Jahres auf dem Pocono Raceway an. Das flache, 2,5 Meilen lange Trioval im US-Bundesstaat Pennsylvania verlangt einen ähnlichen Fahrstil wie der Indianapolis Motor Speedway. In punkto Setup ist aufgrund des wesentlich unebeneren Belags allerdings eine weichere Abstimmung erforderlich.