• 14.11.2008 20:51

  • von Pete Fink

Analyse: Was kann die DEI/Ganassi-Fusion bringen?

Offiziell: Das Ganassi-Team von Juan Pablo Montoya und das Traditionsteam von Dale Earnhardt Inc. bündeln ihre Kräfte - was bringt dieser Merger?

(Motorsport-Total.com) - Nun hat es Chip Ganassi also doch noch geschafft. Eine Fusion im klassischen Sinne ist es zwar nicht, aber das gebeutelte Ganassi-Team wird in der Sprint-Cup-Saison 2009 seine noch verbliebenen Kräfte mit dem ebenso ins Straucheln geratenen Traditionsteam von Dale Earnhardt Inc. bündeln.

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya

Das Ganassi-Solo ist vorbei: Juan Pablo Montoya hat 2009 neue Kollegen

Die sich dahinter verbergende Hoffnung lautet gemäß einer in der Mathematik bekannten Formel: Eins plus eins macht Drei. Oder anders formuliert: Minus und minus ergibt Plus. Soll heißen, wenn sich zwei Problemkinder zusammen schließen, dann könnte es möglich sein, dass der nun gemeinsame Kampf an den diversen NASCAR-Fronten erträglicher wird.#w1#

Was hinter den Ganassi-Problemen steckt, ist bekannt: Das Team ging mit drei Autos in die Saison 2008, von denen aber nur zwei voll finanziert waren. Dario Franchittis NASCAR-Leistungen ließen jedoch sehr zu wünschen übrig, was das gewagte Pokerspiel Ganassis zunichte machte.

Denn dies lautete, den amtierenden Indy-500-Sieger in einen NASCAR-Boliden zu setzen, aus eigener Tasche zwischen zu finanzieren und darauf zu hoffen, dass die Kombination Indy 500 und Sprint Cup im Laufe der Saison Sponsoren anziehen möge.

Das Resultat ist bekannt: Der Schuss ging völlig nach hinten los und im Sommer wurde das Franchitti-Team mit schweren Verlusten dicht gemacht. Sponsor Texaco verabschiedete sich in den NASCAR-Ruhestand, Reed Sorenson roch den Braten und sicherte sich für 2009 frühzeitig ein Cockpit bei Gillett Evernham Motorsports. Anders formuliert: Ganassi bringt als Aussteuer für die Fusion Juan Pablo Montoya und mit Target und Wrigelys zwei Sponsoren mit.

DEI seit 2007 im Niedergang

Dale Earnhardt Jun. und Martin Truex Jun.

Gute alte DEI-Zeiten: Dale Earnhardt Jr. und Martin Truex Jr. als Teamkollegen Zoom

Bei Dale Earnhardt Inc. war die Welt in der Saison 2006 noch relativ in Ordnung. Mit Dale Earnhardt Jr. und dem damaligen Rookie Martin Truex Jr. hielten zwei DEI-Chevrolets gut mit, doch unter der Oberfläche brodelte es bereits mächtig.

Grund waren Differenzen zwischen dem NASCAR-Superstar und seiner Stiefmutter Teresa, die zu Jahresbeginn 2007 bekanntlich eskalierten. Doch zunächst holte sich DEI im Frühjahr 2007 die Reste des Pleite gegangenen Ginn-Teams von Jay Frye (jetzt Red Bull), und blies die Operation auf vier Autos auf.

Der Erfolg blieb aus. "Junior" verabschiedete sich in Richtung Hendrick und auch ein Mark Martin vermochte das Ruder nicht herumzureißen. Mit Hängen und Würgen hielt DEI 2008 vier Teams am Leben, die jedoch keine Wunderdinge erreichten - einmal abgesehen vielleicht vom Talladega-Sieg durch Regan Smith, der ihm dann jedoch aberkannt wurde.

Was folgte, war eine zweite Fluchtwelle - dieses Mal jedoch vor allem finanzieller Natur: Mark Martin, Paul Menard samt des Sponsorings durch seinen Vater John, die US Army - lediglich Martin Truex Jr. konnte gehalten werden. DEI drohte 2009 von einer Vier-Wagen-Operation zu einem Ein-Mann-Team zusammen zu schrumpfen.

Ende der Einzelkämpfer

Martin Truex Jr.

Martin Truex Jr. ist der neue Teamkollege von Juan Pablo Montoya Zoom

Ende der Saison 2008 sieht die Zwischenbilanz beider Parteien ganz ähnlich, aber auch vernichtend aus: Beide Teams sind sportlich im bitteren, weil unattraktiven Mittelmaß versunken und haben gewaltige Probleme, 2009 eine konkurrenzfähige Truppe ins Rennen zu schicken.

Denn die Zeiten, in der in der NASCAR als Ein-Mann-Team Bäume ausgerissen werden können, sind spätestens seit dem Ingenieursprodukt Car of Today vorbei. Die Computer-Simulationen haben Einzug in die Tausendstelwelt des Sprint-Cups gehalten, die Datenströme möglichst vieler Autos ergeben zusammengelegt einen nicht wieder gut zu machenden Vorteil gegenüber Einzelkämpfern vom Schlage eines Robby Gordons.

Vor allem bei DEI reihte sich seit Anfang 2007 ein Fehler an den Nächsten. Dale Earnhardt Jr. wäre niemals zu Hendrick gegangen, wenn Stiefmutter Teresa dem NASCAR-Superstar die gewünschte Mehrheit, und damit die Kontrolle über das Team gegeben hätte.

Der folgende Rattenschwanz ist leicht zu definieren: Budweiser, Adidas, vielleicht sogar die National Guard - der Name Earnhardt ist in NASCAR-USA pures Gold wert, offenbar wenn der Vorname nicht Teresa lautet. Doch auch später hätte noch eine Möglichkeit bestanden, das aktuelle Desaster zu verhindern.

Denn DEI-Motorenpartner Richard Childress wäre wohl der Letzte gewesen, der den voll finanzierten Truex-Chevrolet nicht gerne als viertes Auto eingesetzt hätte. Childress und Earnhardt verbindet mehr als nur einige gemeinsame Meisterschaften.

Kommt ein vierter Earnhardt-Ganassi-Chevy?

Scott Riggs Haas CNC

Scott Riggs hätte mit State Water Heaters vielleicht sogar einen Sponsor im Gepäck Zoom

Doch es gibt tatsächlich ein paar positive Komponenten: Ein Fahrerduo Montoya und Truex ist sicherlich das Stärkste, was Ganassi und DEI aufbieten können. Mit beiden Piloten sind auch 2009 Siege in greifbarer Reichweite, und dazu gesellt sich mit Aric Almirola ein langsam aufgebautes junges Talent, das sich seine Sporen immerhin bei Joe Gibbs Racing verdient hat, und der bei Mark Martin viel gelernt hat.

Natürlich kann auch an der Kostenschraube gedreht werden, die DEI/RCR-Motorenschmiede kann hervorragende Chevrolet-Triebwerke liefern, was bei Ganassi einen eigenen Dodge-Shop überflüssig macht. Und natürlich ist der Name Earnhardt in NASCAR-USA zu vermarkten.

Eine Frage wird auch sein, wer einen vierten Earnhardt-Ganassi-Chevrolet fahren wird: Aus dem DEI-Fundus wartet Regan Smith, A.J. Allmendinger bringt bei Evernham bärenstarke Leistungen. Scott Riggs wäre ein grundsolider Pilot, der mit State Waters Heaters zudem einen Sponsor an der Hand hätte - und dann geistert nach wie vor der renommierte Name Kyle Petty samt Wells Fargo durch die NASCAR-Garage.

Unter dem Strich bleiben derzeit drei EGR-Chevys, von denen zweieinhalb finanziert sind - ein gefährliches Spiel, wie Ganassi spätestens seit dem Franchitti-Abenteuer weiß. An Egos mangelt es der neuen Partnerschaft auch nicht und die Kombination all dieser Zutaten sollte zumindest für jede Menge Gesprächsstoff sorgen.