Allmendinger: "Ich vermisse diese tollen Autos"
In Teil zwei des Interviews mit 'Motorsport-Total.com' spricht A.J. Allmendinger über die Formelserien und seinen weiteren NASCAR-Fahrplan
(Motorsport-Total.com) - Frage: "A.J., wie nützlich war deine Rennvorbereitung für Bristol war, wo du das Craftsman-Truck-Rennen gefahren bist. Donnie Wingo, der Crewchief von Juan Pablo Montoya, sagte vor kurzem, dass er eine bessere zweite Saisonhälfte erwarten würde, weil Montoya dann die meisten Strecken bereits kennt. Würdest du dem zustimmen?"
Allmendinger: "Definitiv. Gleichzeitig war Juan in einer guten Situation, weil er in ein etabliertes Team kam, wo er zu Saisonbeginn gleich für die ersten fünf Rennen qualifiziert war. Er konnte also ganz entspannt zu Werke gehen. Er hat einen guten Job gemacht, denn er blieb nicht nur in den Top 35, sondern ist in den Punkten ganz weit oben."

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A.J. Allmendinger fährt weiterhin auch Truck- und Busch-Rennen in der NASCAR
"Aber ganz klar: Wenn man viele Busch-Rennen und auch die Cup-Rennen fährt, dann kennt man die Strecken genau, wenn man dann zurückkommt. Für mich ist es immer noch schwer, denn ich bin bei meinem ersten Mal oft nur acht Runden gefahren. Insofern sind die Orte für mich immer noch recht neu. Die wichtigste Sache ist, dass du an einen Ort zurückkommst, an dem du gefahren bist, den du kennst. Ins Cup-Auto zu steigen und zuvor im Truck 200 Runden gefahren zu sein, das macht die ganze Sache recht komfortabel. Das Truck-Rennen in Bristol verlief zwar nicht ganz optimal, aber im Endeffekt ist es egal, ob du gewinnst oder 30. wirst. Ich bin 200 Runden gefahren und das hilft mir, wenn ich am Freitag ins Cup-Auto steige, wenn es wirklich drauf ankommt."#w1#
Allmendinger plant fünf Truck-Rennen
Frage: "Gibt es schon Pläne, damit du das eine oder andere Truck-Rennen in dieser Saison fahren wirst?"
Allmendinger: "Wir versuchen noch etwa fünf Rennen zu fahren, aber das Problem mit der Truck-Serie ist, dass im Unterschied zur Busch-Serie die Trucks selten in Verbindung mit der Cup-Serie fahren. Meistens ist die Serie weit weg von der Cup-Serie, so auch die letzten zwei Monate. Jetzt dauert es wieder einen Monat, und gegen Ende der Saison sieht es dann wieder etwas besser aus."
Frage: "Wo liegt der Unterschied, wenn man ein CoT fährt, oder einen dieser großen Trucks. Das müsste doch ein ziemlich großer Unterschied sein, oder?"
Allmendinger: "Mit Sicherheit. Sie verhalten sich ganz anders. Die Trucks machen richtig Spaß, sie haben zwar immer eine leichte Tendenz zur Bewegung, aber sie haben gleichzeitig auch jede Menge Abtrieb. Von daher kannst du wirklich aggressiv zur Sache gehen. Du brauchst auch nicht besonders viel zu bremsen, denn die Trucks haben jede Menge Gewicht. Jetzt nicht unbedingt im Sinne von einem Formel-1-Auto - aber verglichen mit einem CoT, wo du einfach lupfst und das Auto trotzdem weiterfährt, verlangsamt der Truck von selber. Aber es ist wie in jedem Rennauto: Wenn du ihn gut hinbekommst und vorne mitfährst, dann macht es richtig Spaß und wenn du im Mittelfeld oder am Ende herumturnst, dann ist es schrecklich."
Frage: "Stimmt es eigentlich, dass du vor der NASCAR-Zeit niemals auf einem Oval gefahren bist?"
Allmendinger: "Im Prinzip ja. Ich glaube, ich bin insgesamt fünf Ovalrennen gefahren. Vier bei den ChampCars und eines in der Atlantic-Serie."
Frage: "Und welche Art von Ovalen magst zu besonders? Die Shorttracks oder die Superspeedways?"
Allmendinger: "Ich mag die Shorttracks sehr gerne. Orte wie Bristol, Richmond, Martinsville oder Loudon. Das sind Plätze, die mir sehr viel Spaß machen. Und ich glaube auch, dass ich auf den größeren Strecken am meisten Zeit benötige. Zum Beispiel auf dem Zwei-Meilen-Oval in Michigan. Wenn du in einem 1,8 Tonnen schweren Stockcar bei einer Geschwindigkeit von über 300 Stundenkilometer auf Turn eins zurast und von ihm erwartest, dass es sauber einlenkt, das flößt dir schon gehörigen Respekt ein. Orte wie Bristol sind zum genießen und ich brauche wahrscheinlich noch vielmehr Truck-Rennen auf den größeren Strecken. Daran müssen wir in Zukunft noch arbeiten."
Frage: "Juan Pablo Montoya sagte nach seinem ersten Bristol-Rennen, dass ihn die Sache hier sehr an einen Autoscooter erinnert habe. Würdest du dem zustimmen?"
Allmendinger: "Oh ja. Du bist eigentlich ständig mit jemandem in Kontakt. Die Bahn misst 800 Meter und es befinden sich 43 Autos darauf, die Runde dauert etwa 15 Sekunden. Wenn du von Hinten startest, dann sind die Führenden innerhalb von zehn Runden an dir dran, egal, ob du ein schnelles Auto hast oder nicht, weil du selbst hinter einem anderen herfahren musst. Also kämpfst du ständig damit, einen überholen zu können, denn jedes Auto, das du überholst, ist quasi eine Runde mehr, die du in der Führungsrunde verbringen kannst, und deswegen interessiert es mich auch nicht, wenn die Führenden von hinten aufschließen. Wenn du vorne startest, dann holst du die Jungs hinten ganz schnell ein, und du willst, dass sie so schnell wie möglich aus dem Weg gehen."
"500 Runden hier in Bristol machen richtig Spaß. Zwar hast du Tränen in den Augen, weil es so heiß ist, dass dir dein Kopf beinahe platzt, aber ich kenne keinen Fahrer, der hier nicht richtig Spaß hat."
500 Runden am Limit
Frage: "Wie schafft man es denn, dass man sich 500 Runden lang jede einzelne Sekunde konzentrieren kann?"
Allmendinger: "Na ja, du weißt, dass die Mauer sehr hart ist, dass lässt dich 500 Runden lang konzentriert bleiben. Aber es ist schwer, denn diese Rennen sind wesentlich länger als es die Formelfahrer von früher gewohnt sind. Dazu sind diese Autos so am Limit, das du nicht ein einziges Mal entspannen kannst, wenn du durch die Kurve fährst. Wenn du es auch nur einmal locker angehen lässt, dann hängst du in der Mauer und dein Rennen ist vorbei. Es ist hart, fokussiert zu bleiben, aber du musst. Es gibt keine Alternative."
Frage: "Jetzt bist du mit Strecken wie Laguna Seca oder Elkhart Lake aufgewachsen. Wenn du einmal ganz ehrlich bist, vermisst du es nicht, auf diesen anspruchsvollen Rundstrecken zu fahren?"
Allmendinger: "Klar, selbst wenn wir in Watkins Glen oder Sonoma fahren, macht es Spaß. Und ich denke auch nicht, dass es schlecht ist, wenn man das so ehrlich zugibt. Schau dir einfach an, wie aufgeregt und begeistert Jeff Gordon war, als er Juans Formel-1-Auto in Indianapolis gefahren war. Das sind einfach tolle Autos und ich vermisse es, diese zu fahren. Ich vermisse es, diese Strecken zu fahren, aber das ist keine böse Sache. Ich bin dort aufgewachsen und das sollte man auch nicht verstecken."
Frage: "Wie kam es denn eigentlich dazu, dass du in der Anfangsphase nie auf Ovalen gefahren bist?"
Allmendinger: "Das hat sich durch meinen Karriereverlauf so ergeben. Ich bin im Kart aufgewachsen und auf den Rundstrecken ist früh eine Verbindung zu Paul Tracy passiert. Dann hat mich meine Karriere zu den ChampCars geführt. Als ich dann dort fuhr, sind die Ovale gerade im Begriff gewesen zu verschwinden, weil die Aufmerksamkeit dort zurückging. Insofern sind wir nicht mehr soviel auf den Ovalen gefahren wie zu den Zeiten, als Juan dort fuhr."
Frage: "Der nächste große Name, der gehandelt wird, um in der NASCAR zu fahren, ist Dario Franchitti, vielleicht bei Childress. Damit hätte die NASCAR auch einen Europäer, denn er kommt ja aus Schottland."
Allmendinger: "Das zeigt ja deutlich das Problem. Die Formelleute wissen, dass es große Probleme gibt, und wenn sie hier einen Fuß in die Türe stellen können, dann werden sie das tun. Dario würde wahrscheinlich gegen Ende seiner Formelkarriere sowieso kommen und vielleicht hat er auch einfach keine Lust mehr darauf, rückwärts durch die Luft zu fliegen."
Frage: "Noch eine Frage zu Sébastien Bourdais. Du hast ihn bei Forsythe fünfmal in neun Rennen schlagen können. Jetzt geht er in die Formel 1 zu Toro Rosso, die ja auch im Red-Bull-Lager sind. Was hältst du von diesem Wechsel?"
Allmendinger: "Das finde ich großartig. Wir kamen zwar nicht besonders gut miteinander aus - sowohl als Menschen, als auch auf der Strecke. Aber in Wirklichkeit verdient er diese Chance. Es geht auch nicht darum, was andere glauben, wie stark die Serie vielleicht sein mag, in welchem Team er dort gefahren ist und wie dominant das Team war. Er hat die letzten drei Meisterschaften gewonnen und wird wahrscheinlich dieses Jahr seine Vierte holen. Er verdient diese Chance und ich habe keinen Zweifel daran, dass er dem Team dort zeigen wird, was er kann und wie schnell er ist. Er ist ein harter Wettbewerber, er ist in jedem Auto, in dem er sitzt, sehr schnell. Für ihn ist es sehr gut und ich persönlich bin auch glücklich, das zu sehen. Er bekommt die Gelegenheit, die er verdient."

