Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Miller und Bagnaia

Jorge Martin sorgt für den ersten Pramac-Sieg und Johann Zarco ist weiterhin WM-Zweiter - Gleichzeitig bleiben die Ducati-Werksfahrer hinter den hohen Erwartungen

Liebe MotoGP-Fans,

Titel-Bild zur News: Jack Miller, Francesco Bagnaia

Der WM-Titel rückt für Jack Miller und Francesco Bagnaia in weite Ferne Zoom

das erste Wochenende auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg hat wieder für jede Menge Schlagzeilen gesorgt! Am Donnerstag verkündete Valentino Rossi seinen Rücktritt, am Samstag gab KTM den MotoGP-Wechsel von Raul Fernandez bekannt und am Sonntag gewann Jorge Martin bei seinem erst sechsten MotoGP-Start sein erstes Rennen.

Die drei Fahrer auf dem Podest sind zusammengerechnet 68 Jahre alt. Das Petronas-Duo Rossi und Cal Crutchlow ist gemeinsam 77 Jahre alt. Noch Fragen? Seit Andrea Dovizioso im Vorjahr in Spielberg gewonnen hat, war kein Rennsieger älter als 30. Das verdeutlicht den Generationenwechsel in der MotoGP.

Man kann vor Martin nur den Hut ziehen. Seine fehlerlose Performance war großartig und der Sieg absolut verdient. Schon beim zweiten Rennen in Katar begeisterte der Spanier mit der Poleposition, langer Führung und schließlich Platz drei.

Jorge Martin

Jorge Martin hat bei seinem erst sechsten MotoGP-Rennen schon gewonnen Zoom

Mit dem Sturz und den Verletzungen in Portimao hat Martin Lehrgeld bezahlt. Aber dass er sich so aus der Sommerpause zurückmelden würde, damit hat wohl niemand gerechnet. Nach den Satellitenteams LCR und Tech 3 hat nun auch Pramac einen Grand Prix gewonnen.

Das lag schon im Vorjahr mit Jack Miller und Francesco Bagnaia und in diesem Jahr mit Johann Zarco in der Luft. Teammanager Francesco Guidotti hat in der Sommerpause betont, dass ein Sieg nicht das absolute Ziel sei, sondern man bildet junge Fahrer aus und hilft Ducati.

Pramac mit der gefühlt besseren Performance als das Werksteam

Das ist die erfolgreiche Mission des Pramac-Teams. Und wenn man sich die bisherige Saison ansieht, dann ist gefühlt Pramac besser unterwegs als das Werksteam. Zarco mischt eigentlich immer in den Top 6 mit, war viermal Zweiter und ist auch nach Spielberg WM-Zweiter.

Nun hat Martin sein Potenzial mit dem ersten Sieg bestätigt. Auf der anderen Seite machte Jack Miller in Spielberg wieder einmal einen Fehler und stürzte im Kampf um Platz drei. Francesco Bagnaia wurde auf einer Ducati-Paradestrecke Elfter.

Jack Miller

Zum dritten Mal schied Jack Miller 2021 schon durch Sturz aus Zoom

Deswegen schlafen heute Miller und Bagnaia in unserer traditionellen Montagskolumne im übertragenen Sinne schlecht. Beide wurden ins Werksteam geholt, um für Ducati den Weltmeistertitel zu gewinnen. Nach zehn Rennen sind sie davon weit entfernt.

Bagnaia hat 58 Punkte Rückstand auf Yamaha-Ass Fabio Quartararo und Miller 72. Klar, Zarco fehlen auch 40 Punkte, aber der Franzose hat konstantere Ergebnisse abgeliefert und insgesamt weniger Fehler gemacht.

Das Highlight aus Sicht des Ducati-Werksteams war natürlich der Doppelsieg in Jerez. Dann hat Miller auch beim chaotischen Flag-to-Flag-Rennen in Le Mans gewonnen. Diese Erfolge will ich nicht schmälern. Bagnaia war bisher nie in der Nähe des Sieges. Dreimal stand der Italiener auf dem Podest.

Wiederholt sich die Geschichte des Vorjahres?

Im Vorjahr fuhren Miller und Bagnaia noch für Pramac. Und gefühlt waren sie damals besser unterwegs als das Werksteam mit Dovizioso und Danilo Petrucci. Klar, Dovizioso war in der WM-Endabrechnung der beste Ducati-Fahrer.

Andrea Dovizioso

Auch Andrea Dovizioso blieb 2020 hinter den Erwartungen Zoom

Aber Miller hatte auch viel Pech mit technischen Problemen oder dem von der Airbox angesaugten Abreißvisier. Klar, Petrucci gewann das Regenrennen in Le Mans, aber Bagnaia hatte ebenfalls technische Probleme und Verletzungspech. In Misano 2 hätte er gewinnen können.

Vom Gefühl her war auch 2020 die Performance der Pramac-Fahrer Miller und Bagnaia besser als jene des Werksteams, denn niemand kann behaupten, dass Dovizioso und Petrucci eine tolle Saison hatten. Deshalb mussten sie gehen und wurden eben durch Miller und Bagnaia ersetzt.

Ist der Druck im Werksteam zu hoch?

Deswegen finde ich es bemerkenswert, dass auch in diesem Jahr die Pramac-Fahrer eine gefühlt bessere Performance abliefern als die beiden Werksfahrer. Liegt es am Druck gewinnen zu müssen? Liegt es an der Atmosphäre im Team? Ich weiß es nicht.

Von den Pramac-Fahrern werden keine Siege erwartet. Vielleicht ist das der entscheidende Unterschied? Auch wenn ein Fahrer auf der Strecke auf sich alleine gestellt ist, so ist die MotoGP ein Teamsport. Jedes Puzzleteil ist entscheidend.

Francesco Bagnaia

Francesco Bagnaia wartet noch auf seinen ersten MotoGP-Sieg Zoom

Wenn dieses Gesamtgefüge nicht passt, dann gibt es auch keinen Erfolg. Maverick Vinales und Yamaha sind hier ein mahnendes Beispiel. Irgendetwas macht Pramac richtig, damit Miller und Bagnaia in der Vergangenheit aufblühen konnten und aktuell Zarco und Martin.

Das ist im Fahrerlager natürlich nicht unbemerkt geblieben. Suzuki dementiert zwar weiterhin, dass man nach dem Abgang von Davide Brivio einen neuen Teammanager sucht. Den Gerüchten zufolge soll man aber bei Francesco Guidotti angeklopft haben.

Ich finde, die Ducati-Chefs Gigi Dall'Igna, Paolo Ciabatti und Davide Tardozzi sollten sich spätestens jetzt nach Martins Sieg genau überlegen und analysieren, was Pramac im Detail vielleicht besser macht als das Werksteam. Denn Quartararo fährt in der WM immer weiter davon.

Sportliche Grüße,


Gerald Dirnbeck

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