Rossi: "Welkom der beste Sieg meiner Karriere"

Seit 2004 hat Valentino Rossi viele Höhen und Tiefen mit Yamaha verbracht - Der Italiener blickt auf die erfolgreiche Zeit zurück

(Motorsport-Total.com) - Am 7. November wird in Valencia eine der erfolgreichsten Partnerschaften zu Ende gehen, wenn Valentino Rossi das letzte Mal auf die Yamaha steigt. Seit 2004 prangt die weltberühmte Nummer 46 an der Front der M1. 45 Siege und vier WM-Titel wurden in der gemeinsamen Zeit gefeiert. Zeit, auf die Yamaha-Jahre zurückzublicken.

Titel-Bild zur News: Valentino Rossi

Valentino Rossi hat Yamaha nach langer Durststrecke wieder Erfolg gebracht

"Ich muss sagen, dass es eine der brillantesten Ideen meines Lebens war", erinnert sich Rossi auf 'MotoGP.com' an seinen Wechsel. "Bei Honda war ich seit dem Jahr 2000. Zusammen mit Jeremy Burgess haben wir drei Titel gewonnen. Wir haben damals nach einer neuen Herausforderung gesucht. Zu diesem Zeitpunkt hatte Yamaha viele Probleme mit der M1. Sie hat nicht sehr konkurrenzfähig ausgesehen, um Rennen zu gewinnen. Nach gründlicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, diese Herausforderung zu probieren."#w1#

"Ich habe mich dann mit Jeremy und meinen Teammitgliedern darüber unterhalten. Für mich war es wichtig, dass wir zusammen gehen und unsere ganze Erfahrung mitnehmen." Rossi durfte damals nicht gleich auf die M1 steigen, denn Honda hatte ein Veto eingelegt. Somit musste der Ausnahmekönner den ganzen Winter warten und stieg erst Anfang 2004 auf die Yamaha.

Wie war die erste Ausfahrt? "Das war eine ganz andere Ära damals. Wir hatten sehr viele Testfahrten. Es war also kein Problem, dass ich nicht gleich zu Saisonende fahren konnte. Es gab aber viele Fragezeichen. Die M1 habe ich zum ersten Mal in Sepang probiert. Ich habe mich aber gleich gut gefühlt, denn das Motorrad war nicht so schlecht. Es mussten einige Veränderungen, speziell am Motor, vorgenommen werden. Das erste Gefühl war aber gut."

Bei der Technik war Burgess gefragt, der von Mitte der Achtzigerjahre an bei Honda tätig war. "Wir hatten ein großartiges Motorrad und es war ein Risiko zu Yamaha zu gehen.", so der Australier. "Wir waren zuversichtlich, dass das Motorrad nicht so schlecht war. Wir mussten wissen, was Valentino dazu sagt. Er hat die Maschine ein paar Runden lang probiert und wir haben dann einige Veränderungen vorgenommen, um es an ihn anzupassen."

"Es ging eigentlich Schritt für Schritt. Wir haben Valentino zugehört und mit den Ingenieuren an den Schwachpunkten gearbeitet. Es gab aber auch Stärken. Das Fahrverhalten und die Kupplung waren gut. Am Motor musste gearbeitet werden. Yamaha hat uns drei verschiedene Motorspezifikationen zur Verfügung gestellt, die haben wir probiert. Man will natürlich die größten Probleme zu Beginn beheben. Yamaha hat sich hinter uns gestellt und fantastische Arbeit geleistet. Wir haben den Leuten erst zeigen müssen, dass unsere Arbeitsmethoden zum Erfolg führen."

Spannender Auftakt in Welkom

Mit Spannung wurde der Saisonauftakt in Welkom erwartet. Jeder stellte sich die Frage, wie Rossi auf der Yamaha abschneiden würde. "Dieses Wochenende war unglaublich. In unserem Kopf hatten wir die Idee, dass wir gewinnen können", erinnert sich Rossi. "Nach den ersten Tests haben wir die Motorcharakteristik verbessert und ich war überall schon sehr schnell. Wir wussten, dass wir Potenzial hatten."

Valentino Rossi

Valentino Rossi bei der Präsentation als offizieller Yamaha-Pilot Zoom

"Wir hatten aber noch viele Fragen wie es gegen Rennende aussehen würde. Wir haben auch mehr PS gebraucht. Die Streckencharakteristik hat uns aber auch geholfen, denn man braucht dort nicht den stärksten Motor. Jeder im Team war extra motiviert und wir haben tatsächlich gewonnen. Das war das beste Rennen meiner Karriere."

Danach lief es etwas harziger, aber schlussendlich krönte sich der "Doctor" zum Weltmeister. "Es gab noch viel Arbeit. Bei den nächsten beiden Rennen hatte ich noch stark zu kämpfen. Wir mussten das Motorrad besser kennen lernen. Als wir dann nach Mugello gekommen sind, hatten wir eine gute Abstimmung. Von da weg ist es gelaufen. Mit Konstanz und insgesamt neun Siegen haben wir schließlich den Titel beim ersten Versuch gewonnen."

Gibernau mental gebrochen

Die zweite Saison auf der Yamaha begann gleich mit einem Knalleffekt. Beim Saisonauftakt in Jerez überholte Rossi den Honda-Piloten Sete Gibernau in der letzten Kurve und schickte den Spanier ins Kiesbett. "Die Situation hatte sich geändert. Yamaha hat viel Energie in die neue Maschine geschickt. Wir waren aber zu Saisonbeginn noch nicht komplett sortiert", beschreibt Rossi den Prozess.

Valentino Rossi

Valentino Rossi mit der Sonderlackierung in Laguna Seca 2005 Zoom

"Im ersten Rennen hatte ich einen harten Kampf mit Gibernau. In der letzten Kurve konnte ich ihn überholen. Das war ein wichtiger Sieg, auch psychologisch. Nach zwei, drei Rennen ist es dann gut gelaufen. Wir waren stärker, weil die M1 auf einem anderen Level im Vergleich zum Vorjahr war. Wir haben in den ersten beiden Yamaha-Jahren 20 Rennen und zwei Titel gewonnen. Das ist unglaublich. Jeder hat auf meinen Fehler gewartet. Viele haben gemeint, dass es nach Honda sehr schwierig für mich werden wird ein Rennen zu gewinnen. Der erste Sieg war der Beste davon"

Doch auch Rossi ist nicht unfehlbar. Im Jahr 2006 lief das Motorrad nicht perfekt. Es gab technische Probleme und Ausfälle. Durch einen seltenen Fahrfehler schmiss der 31-Jährige den Titel weg. Nicky Hayden auf Honda war der glückliche Gewinner. "Wir haben damals zu Saisonbeginn einen großen Fehler gemacht. Es war das schwierigste Jahr bisher."

"Wir mussten uns mit schlimmem Chattering abmühen. Wir haben viele Punkte in der ersten Saisonhälfte verloren. Als das Problem dann gelöst war, mussten wir ständig aufholen. Bei Halbzeit hatten wir mehr als 50 Punkte Rückstand. Es war eine großartige Leistung vom Team das noch aufzuholen." Den Sturz im Finale sieht Rossi mittlerweile gelassen. "Wenn man ständig am Limit fährt, weil man aufholen muss, passieren auch Fehler."

Keine Chance gegen Ducati

2007 kamen die neuen Maschinen mit 800er-Motoren. Burgess erinnert sich an die Umstellung. "2006 hat Yamaha Fehler gemacht. Wir mussten sicher gehen, dass sich so ein Jahr nicht wiederholt. Dann ist Ducati mit einer absoluten Rakete gekommen und wir lagen wieder zurück. Über das Jahr gesehen hat sich der Motorradsport geändert. Zum Besseren, wie ich finde. Ducati hat besser gearbeitet und das Level erhöht. Die Japaner wurden gezwungen neue Technologien und Elektronik zu bringen, um in Zukunft wieder konkurrenzfähig zu sein."

Wie hat es sich für Rossi angefühlt, als Casey Stoner beim Auftakt in Katar wie ein Pfeil an ihm vorbeigeschossen ist? "Das war eine schlechte Überraschung für uns. Wir waren zwischen 15 und 20 km/h langsamer als Ducati. Sie haben einen guten Job gemacht, aber auch Casey ist super gefahren, als er gemerkt hat, auf was für einer Maschine er da sitzt. Trotzdem waren die Reifen entscheidend. Bridgestone hat Ende 2006 einen großen Schritt gemacht. Für Michelin war das auch ein großer Schock und sie konnten den Rückstand nie aufholen."

In der Saison 2008 spitzte sich das Duell zwischen Rossi und Stoner zu. Laguna Seca zählt mittlerweile zu den legendärsten Rennen der vergangenen Jahre. Danach fiel der Australier zweimal in Folge aus und Rossi holte sich den Titel zurück. "Der Schlüssel zum Titel war aber schon im Winter davor, denn ich habe auf Yamaha großen Druck ausgeübt, damit sie besser arbeiten", so Rossi.

Höhepunkt in Laguna Seca

Valentino Rossi, Casey Stoner

Valentino Rossi und Casey Stoner nach dem Duell in Laguna Seca Zoom

"Der Wendepunkt war Laguna Seca. Casey hat davor drei Rennen in Serie gewonnen. Er war in der WM zwar hinten, aber nicht viel. In Amerika hatte er einen Vorteil von einer halben Sekunde. Aber wir haben ein Glanzstück abgeliefert und das Motorrad für das Rennen perfekt abgestimmt. Es ging um alles. Sieg oder Niederlage. Ich glaube man hat das im Fernsehen gut gesehen. Wir hatten Glück und haben gewonnen."

"Casey war es 2007 nicht gewohnt mit anderen Fahrern zu kämpfen, denn er hatte einen großen Vorsprung. Als es dann wieder normale Zweikämpfe gab, war er verärgert. Aber darum geht es ja beim Motorradfahren, nicht nur 2008." In dieser Saison bekam Rossi den zweifachen 250er-Champion Jorge Lorenzo an die Seite gestellt.

Gegner im eigenen Team

Im folgenden Jahr entpuppte sich der Spanier als größter Herausforderer für den Weltmeister. "Wir haben sehr schnell verstanden wie gut er ist. Er ist sehr schnell und konstant. Im Kopf ist er auch stark", beschreibt Rossi. "Es ist nicht so einfach mit dem eigenen Teamkollegen zu kämpfen, auch wenn man denkt, man ist die Nummer eins. Das ist aber nicht ganz klar. Es hat Spaß gemacht, denn der Kampf ist bis zu den letzten Rennen gegangen. Der Wendepunkt war Philip Island, als er einen Fehler gemacht hat."

Das Manöver der Saison machte Rossi in Barcelona, als er den jungen Spanier vor eigener Kulisse in der letzten Kurve überholte. "Das war ein großes Risiko. Als ich hinein gestochen bin wusste ich nicht, ob ich die Kurve schaffen werde. Es war ein toller Kampf, wir haben uns oft überholt."

"In Kurve neun hat er die Türe zugemacht, das ist eigentlich die letzte Überholmöglichkeit auf dieser Strecke. Ich habe aber schon in dem Moment daran gedacht, ob es vielleicht auch in der letzten Kurve möglich wäre. Ich habe es versucht, aber nicht gewusst was passieren wird. Es war ein großartiges Manöver und ein Highlight der Saison und meiner Karriere."