• 06.04.2012 14:24

"Realist" Rossi will das Renntier rausholen

Valentino Rossi hat eine enttäuschende Saison hinter sich, auch in diesem Jahr wird der neunmalige Weltmeister wohl vergeblich um die Rückkehr in die Spitze kämpfen

(Motorsport-Total.com/SID) - Valentino Rossi wird ihr keine Träne nachweinen. Der Schönheit mit dem klingenden Namen. Zu groß ist die Enttäuschung, auch jetzt noch. Leider ist die Neue kaum einen Deut besser. Rossi auf der Desmosedici, das lief nicht und das läuft nicht, eigentlich ist die Beziehung ein Missverständnis. Italiens Motorradstar durchlebt eine ernste Krise.

Titel-Bild zur News: Valentino Rossi

Valentino Rossi hat auch im zweiten Ducati-Jahr Rückstand auf die Spitze

Mitte Mai kommt wenigstens die "Ex" aus dem Haus, im Grimaldi Forum in Monaco wird ein Liebhaber gesucht. Bei einer Auktion trennt sich Ducati von der Maschine, mit der Rossi ganz neue Erfahrungen machen musste. Auf der GP11 hatte der Publikumsliebling in der abgelaufenen Saison zum ersten Mal in seiner Karriere keinen WM-Lauf gewonnen. Auch in diesem Jahr wird Rossi wohl wieder mitansehen müssen, wie andere MotoGP-Piloten auf dem Treppchen stehen. Rossi kommt nicht mehr in die Gänge.

Eine "interessante" Maschine preist der italienische Motorradhersteller vor der Versteigerung der rot-weißen Ducati an, interessant kann ja vieles heißen. Wirklich interessant am letztjährigen MotoGP-Modell war, dass selbst Rossi nichts damit ausrichten konnte - trotz großer finanzieller Mittel. In seiner ersten Saison bei Ducati fuhr der mittlerweile 33-Jährige vom ersten Tag an hinterher. Mehr als ein dritter Platz in Le Mans war nicht drin.


Fotos: Ducati, MotoGP-Saisonauftakt in Doha, Donnerstag


"Ich habe schwierige Zeiten erlebt, das vergangene Jahr war enttäuschend", gibt Rossi zu. Dabei hat der "Dottore" schon bewiesen, dass er eine unterlegene Maschine schnell machen kann. 2004 war das der Fall, als er in seinem ersten Jahr bei Yamaha trotz schlechteren Materials den Titel gewann. Doch selbst der Superstar kann die Desmosedici nicht in eine "rote Göttin" verwandeln, auch im zweiten Versuch nicht. Erneut lässt die Vorbereitung nichts Gutes erahnen.

"Ich bin Realist. Ich weiß, dass wir mit unseren Zeiten weit weg sind und noch viel zu tun ist", sagt Rossi. Bei den letzten Testfahrten im spanischen Jerez lag die berühmte Nummer 46 als Sechster eine Sekunde hinter Weltmeister Casey Stoner (Honda). Unter normalen Umständen hat Rossi in seiner 17. WM-Saison keine Siegchance. Selbst ein Podiumsplatz wird schwer.

"Wir können das Motorrad während der Saison nicht komplett umbauen, aber wir werden versuchen, uns Schritt für Schritt zu verbessern", sagt Rossi reichlich ernüchtert vor dem Auftakt in Katar am Sonntag. Man muss erst gar nicht zwischen den Zeilen lesen, um ins Seelenleben des früheren Seriensiegers zu blicken.


Die Ducati Desmosedici GP12

Auch die Ducati GP12 ist kein großer Wurf, in Kuala Lumpur war an einem der drei Testtage sogar Newcomer Stefan Bradl (Zahling) mit seiner Honda schneller. Alles bleibt, wie es ist. Doch Rossi, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft, gibt sich in seiner Verzweiflung kämpferisch. "Ich muss das Renntier rausholen."

Dass das alleine reicht, darf bezweifelt werden. "Sie haben alles auf den Kopf gestellt, aber es hat sich nicht viel verändert", hatte Stoner seinen ehemaligen Arbeitgeber Ducati in der Winterpause kritisiert. Dabei wünscht sich der Australier einen starken Rossi. "Für die Meisterschaft ist das wichtig", sagt der Titelverteidiger. 2007 hatte Stoner in der Königsklasse den einzigen WM-Titel für Ducati geholt.

Auch die italienische Presse geht nicht davon aus, in diesem Jahr von neuen Heldentaten berichten zu können. "Valentinos Erfolgsperspektiven sind nicht rosig. Ducati und Rossi sind noch weit von der Spitze entfernt", schreibt die Sporttageszeitung 'Gazzetta dello Sport'. Dass noch viel zu tun ist, zeigte sich auch im ersten freien Training am Donnerstag in Katar. Der Italiener fuhr auf seiner GP12 die zehntschnellste Zeit.

Rossi muss gegen alle Widrigkeiten ankämpfen und versuchen, die Desmosedici vielleicht doch noch zu zähmen. Dem neuen Besitzer seiner ausrangierten GP11 bleibt das erspart. Dem Käufer wird vertraglich untersagt, das Motorrad zu fahren. Auch technische Details der lahmgelegten Maschine dürfen nicht preisgegeben werden. Die Konkurrenz wird die Geheimhaltung verschmerzen.