• 14.07.2014 11:42

Bradl nach missglücktem Poker mit schlechten Karten

Im Training auf dem Sachsenring hätte es kaum besser laufen können, im Rennen ging alles schief: Stefan Bradl kann die Sommerpause gut gebrauchen

(Motorsport-Total.com/SID) - Die große Liebe wird es wohl nicht mehr. Stefan Bradl und der Sachsenring, das passt nicht so recht zusammen. "Schlimmer hätte es kaum laufen können", bemerkt der 24-Jährige nach dem völlig verkorksten Renntag beim Großen Preis von Deutschland. Platz 16, null Punkte - die Sommerpause der Motorrad-WM kommt dem geknickten Honda-Piloten gerade recht.

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl

Crewchief Christophe Bourguignon und Bradl trafen die falsche Entscheidung Zoom

Knapp dreieinhalb Wochen hat der Zahlinger Zeit, um die Erlebnisse vom Heimrennen zu verarbeiten, dann beginnt die zweite Saisonhälfte in Indianapolis. Der frühere Moto2-Weltmeister weiß, dass er in den ausstehenden neun Läufen mehr abliefern muss als bisher. 56 Pünktchen, WM-Platz neun, das ist zu wenig. Bradl, der keinen Vertrag für 2015 besitzt, wird in der MotoGP wohl nur beim Honda-Satellitenteam LCR bleiben dürfen, wenn er bald die Trendwende einleitet.

Teamchef Lucio Cecchinello muss sich in den kommenden Tagen und Wochen jedenfalls viele Gedanken machen. Der Italiener gab sich am Sachsenring nach dem Debakel auffällig viel Mühe, einen entspannten Eindruck zu hinterlassen. In aller Seelenruhe löffelte der 44-Jährige seinen Eisbecher aus, als er dem italienischen Fernsehen Rede und Antwort stand. Dem früheren Rennfahrer dürfte derzeit viel durch den Kopf gehen, auch wenn er sich nach außen cool gibt.

Starke Trainings, Pech im Rennen

Bradl, im Vorjahr auf dem ungeliebten Sachsenring nach Führungskilometern noch auf Platz vier durchgereicht, hatte sich mächtig verzockt - unter tatkräftiger Mithilfe seines Rennstalls. "Es gibt keine Schuldzuweisungen", stellte der vor 90.000 Fans krachend gescheiterte Lokalmatador klar: "Keiner ist sauer. Wir sind enttäuscht. Bis auf das Rennen war alles sehr positiv hier."


Fotostrecke: Die Höhepunkte vom Sachsenring

Durchgehend schnell war Bradl im Training unterwegs, im Qualifying holte er sich Platz drei, um dann alles kaputt zu machen. Nach einem Schauer trocknete die Strecke kurz vor Rennbeginn ab, doch in der Startaufstellung gelang der Umbau der Regenmaschine nur zur Hälfte. Bradl tauschte das Bike im Gegensatz zu seinen Konkurrenten nach der Aufwärmrunde dennoch nicht. Der Deutsche stand mit einem "gemischten Setup" an der Startlinie, der Großteil des Feldes ging aus der Box ins Rennen - und fing den Entflohenen in kürzester Zeit ein.

Es war der wohl schlechteste Poker in Bradls MotoGP-Karriere. Warum blieb er draußen, obwohl er vom missglückten Umbau wusste? Warum beorderte ihn das Team nicht ausdrücklich in die Box? Warum orientierte man sich nicht an den Top-Fahrern, die allesamt die Motorräder tauschten? Reichlich viel Fragezeichen vor dem Urlaub.

Cecchinello unter Druck von HRC

Stefan Bradl

In der Startaufstellung wurde die LCR-Crew nicht rechtzeitig fertig Zoom

Cecchinello kann nicht alleine entscheiden, ob Bradl nach drei gemeinsamen Jahren bleiben darf, beim neuen Vertrag reden auch die Honda-Bosse Shuhei Nakamoto und Livio Suppo mit. Und denen dürfte die Vorstellung in Sachsen ganz und gar nicht gefallen haben. Nach der Enttäuschung von Assen - Bradl wurde nur Zehnter - verpasste es Bradl, endlich wieder positive Schlagzeilen zu schreiben.

Beschönigen wollte er nichts, so wie in den Niederlanden vor zwei Wochen, als ebenfalls ein schwacher Auftritt zu erklären war. Immerhin. "Letztendlich bin ich der Depp", betont Bradl, "zusammen mit dem Team." Alle Einsicht ist aber sinnlos, wenn es danach nicht vorwärts geht. Die Zeit läuft - momentan gegen Bradl.