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Australien: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

Tom Lüthi ist nun der einzige Stammfahrer ohne WM-Punkt und somit der schlechteste Rookie - Der Unterschied zu Teamkollege Franco Morbidelli ist eklatant

Titel-Bild zur News: Thomas Lüthi

Es bleiben noch zwei Chancen, um doch noch einen WM-Punkt zu ergattern Zoom

Liebe Leser,

Phillip Island ist immer für ein Spektakel gut. Die schnelle Strecke ist aber auch gefährlich, wie wir bei vielen Unfällen an diesem Wochenende gesehen haben. Johann Zarco hatte riesiges Glück. Das hätte auch anders ausgehen können - nicht nur für ihn. Cal Crutchlow können wir an dieser Stelle nur alles Gute wünschen. Ob er in diesem Jahr noch fahren kann, oder auch die November-Testfahren auslassen muss, bleibt abzuwarten.

Am besten hat letzte Nacht sicherlich Maverick Vinales geschlafen, der Yamaha nach 490 Tagen endlich wieder einen Sieg beschert hat. In unserer Montagskolumne wollen wir immer jemanden auswählen, der nach dem Rennwochenende im übertragenen Sinne eine schlechte Nacht hatte. Ist Andrea Iannone ein Kandidat? Er hätte vielleicht mit Vinales um den Sieg kämpfen können, wenn er nicht in der Frühphase den Fehler gemacht hätte und deshalb so lange mit dem Ducati-Duo beschäftigt gewesen wäre.

Valentino Rossi? Klar wird es ihn ärgern, dass sein Teamkollege und nicht er gewonnen hat. Es hat sich aber schon das ganze Wochenende abgezeichnet, dass Vinales deutlich schneller ist. Dass bei einer Yamaha alles gut lief und bei der anderen wieder Gripprobleme auftraten, liefert den Ingenieuren interessante Vergleichswerte. Rossi wird sich deswegen bestimmt nicht zu sehr ärgern und sich stattdessen über den Erfolg von Yamaha gefreut haben.


Fotos: MotoGP auf Phillip Island, Rennen


Xavier Simeon erobert seinen ersten WM-Punkt

Wenn man auf das untere Ende des Rennergebnisses blickt, dann sticht der 15. Platz von Xavier Simeon hervor. Der Belgier eroberte seinen ersten WM-Punkt in diesem Jahr. Seit Tito Rabat verletzt ist, wechselte Simeon von der Ducati GP16 auf die GP17. Er hat damit ein etwas besseres Material zur Verfügung. Das spielt schon eine Rolle, wenn man sich die Zeiten von Karel Abraham ansieht, der in Australien die GP17 von Alvaro Bautista fuhr.

Der eine WM-Punkt von Simeon bedeutet, dass nur noch ein Stammfahrer in diesem Jahr keinen Zähler geholt hat. Das ist Tom Lüthi. Der Schweizer ist damit auch in der Rookie-Wertung Letzter. Im Winter haben wir uns noch darauf gefreut, spannende Kämpfe um den Titel Rookie des Jahres zwischen dem Honda-Trio Franco Morbidelli, Takaaki Nakagami und Lüthi zu sehen. Stattdessen mischte Hafizh Syahrin mit und Lüthi brachte keine guten Ergebnisse zustande.

Xavier Simeon

Mit der Ducati GP17 nutzte Xavier Simeon in Australien seine Chance Zoom

Warum ist Morbidelli so viel schneller als Lüthi?

Vor allem der teaminterne Unterschied zwischen Morbidelli und Lüthi ist eklatant und wird immer größer. In den letzten fünf Rennen fuhr Morbidelli immer in die WM-Punkteränge und ist auch im Qualifying oft nahe an Q2 dran. Der achte Platz in Australien war sein bestes Saisonergebnis. Mit 46 WM-Punkten auf dem Konto ist der Moto2-Weltmeister von 2017 auch am besten Weg, Rookie des Jahres zu werden. Morbidelli hat 46 Punkte mehr auf dem Konto als Lüthi, um das noch einmal zu verdeutlichen.

In Misano habe ich Morbidelli gefragt, warum zwischen ihm und Lüthi so ein großer Unterschied besteht? Seine Antwort fiel diplomatisch aus: "Ich weiß es nicht. Ich kann nicht für ihn sprechen, sondern nur für mich. Ich kann sagen, dass es unsere technische Situation nicht einfach macht und es normal ist, dass wir Schwierigkeiten haben. Und er hat etwas mehr Schwierigkeiten als ich." Lüthi hat es mit seiner Crew nicht geschafft, eine optimale Abstimmung für die Honda RC213V zu finden, mit der er sich wohlfühlt, Vertrauen hat und attackieren kann.

Franco Morbidelli, Thomas Lüthi

Der Unterschied zwischen Morbidelli (21) und Lüthi (12) ist eklatant Zoom

Phillip Island zeigte das wieder. In den ersten zehn Runden war Lüthi gut dabei und war einige Runden lang hinter Dani Pedrosa. Dann ließ der Hinterreifen stark nach, es gab in Schräglage merklich weniger Grip. Von da an war es ein schwieriges Rennen. Lüthi kämpft und probiert alles, aber wenn man sich mit dem Set-up und dem Motorrad nicht wohlfühlt, kommt eines zum anderen. Da es in der MotoGP so eng zugeht, ist man dann einfach weit hinten. Es ist schade, dass Lüthi es im Laufe der Saison nicht geschafft hat, das Ruder herumzureißen. Ob es in den verbleibenden beiden Rennen noch mit einem WM-Punkt klappt? Zu wünschen wäre es ihm auf alle Fälle.

Komplett verlorene Saison, oder doch nicht?

Natürlich ist das MotoGP-Abenteuer nicht so verlaufen, wie es sich nicht nur Lüthi, sondern viele Fans vorgestellt haben. Die Verletzung im vergangenen Herbst und die deswegen entstandene nicht optimale Vorbereitung im Winter hat sicher eine Rolle gespielt. Dazu gab es im Frühling das Hick-Hack im Marc-VDS-Team, was auch nicht sonderlich geholfen hat. Schließlich mussten sich auch die Mechaniker nach neuen Jobs für das nächste Jahr umsehen.

Wenn es zudem technisch schwierig ist und Ergebnisse ausbleiben, entsteht ein Kreislauf, aus dem man kaum noch herauskommt. Morbidelli meisterte das alles etwas besser. Ich finde es auch schade, dass Lüthi keine Chance für ein zweites Jahr in einem anderen Team bekommen hat. Die Honda ist für Einsteiger sicher nicht das optimalste Material, wenn wir zum Beispiel auch an Jack Miller oder Scott Redding zurückdenken. Lüthi im nächsten Jahr auf einem anderen Motorrad in einem anderen Team zu sehen, wäre bestimmt interessant.

Thomas Lüthi

Im nächsten Jahr wird Lüthi in der Moto2-Klasse mit IntactGP angreifen Zoom

Selbst wenn es nicht mehr mit einem WM-Punkt klappt, war es doch keine komplett verlorene Saison. Schließlich hat Lüthi viel Erfahrung gesammelt, zum Beispiel auch mit der Elektronik. Das wird ihm alles im nächsten Jahr helfen. Die Moto2 mit Triumph-Motor soll auch näher am MotoGP-Fahrstil dran sein. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie sich die neue Klasse entwickeln wird. Aber IntactGP hat mit Marcel Schrötter und Lüthi eine sehr gute Fahrerpaarung, die uns bestimmt viel Freude bereiten wird.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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