Intact-GP: Die Ambitionen eines kleinen deutschen Teams

Stefan Keckeisen, Mitbesitzer des Intact-GP-Teams rund um Sandro Cortese, im Interview: Die Ambitionen und Herausforderungen als deutscher Rennstall

(Motorsport-Total.com) - Seit der Saison 2013 ist Sandro Cortese mit dem Intact-GP-Team in der Moto2 unterwegs. Der deutsche Rennstall mit Sitz in Memmingen wurde von Batterie-Großhändler Stefan Keckeisen und Wolfang Kuhn und Jürgen Lingg gegründet. Es ist ein ambitioniertes Projekt rund um den ersten Moto3-Weltmeister der Geschichte. Die ersten beiden Jahre waren von Höhen und Tiefen geprägt. Der dritte Platz in Brünn 2014 war bisher das beste Ergebnis. Im Haifischbecken der Motorrad-WM hat sich Intact-GP etabliert. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht Keckeisen über die Ambitionen des Teams, die Situation als deutscher Rennstall und über die mögliche Aussicht auf einen zweiten Fahrer ab 2016.

Titel-Bild zur News: Sandro Cortese

Stefan Keckeisen (rechts neben Cortese) hat sich mit Motorsport-Total unterhalten Zoom

Frage: "Gemeinsam mit Wolfgang Kuhn hast du das Team gegründet. Wieso habt ihr euch dazu entschlossen, ein Moto2-Team auf die Beine zu stellen?"
Stefan Keckeisen: "Ich unterstütze Sandro jetzt bereits seit einigen Jahren, ich glaube mittlerweile sind es acht Jahre. 2011 war ich auch der Hauptsponsor vom Intact-Racing-Team-Germany und da haben wir uns überlegt, dass es doch ganz witzig wäre, so etwas selber zu machen. Der Grund ist natürlich, dass wir mit der ganzen Geschichte unsere Motorradbatterien auch ein bisschen promoten. Und 2011 kam dann die Idee, dass wir mit Jürgen (Lingg) und Wolfgang zusammen ein eigenes Team gründen mit Sandro, weil der natürlich fünf Kilometer Luftlinie von mir weg wohnt. Da ist die Idee geborgen und das haben wir dann halt umgesetzt."

Frage: "Du hast es angesprochen, das Hauptgeschäft von Intact und Dynavolt sind Batterien und Akkumulatoren. Warum Motorradsport und nicht Formel 1, Langstrecken-WM oder Formel E, wo dieses Batterienthema aktueller ist als im Motorradsport?"
Keckeisen: "Wir machen ja hauptsächlich Starterbatterien auf Bleibasis. Und wir machen natürlich schon seit einigen Jahren auch DTM mit Martin Tomczyk. Da habe ich feste Partner, mit denen ich das mache. Motorradbatterien sind für uns aber ein Bereich, den wir noch ausbauen können, da wir dort verschiedene neue Produkte bringen wie Lithium-Motorradbatterien oder Gel-Batterien. Das ist für uns ein ganz guter Markt und deshalb versuchen wir, das in diesie Richtung zu pushen."

Frage: "Wenn man sich im Fahrerlager umschaut, dann sind Italien und Spanien sehr stark vertreten, Deutschland ist da generell unterrepräsentiert, auch in Sachen Sponsoren. Warum engagieren sich deiner Meinung nach relativ wenige deutsche Firmen im Motorradbereich als Sponsor?"
Keckeisen: "Das ist eine gute Frage. Der Motorradsport ist ja generell in Spanien und Italien viel populärer als bei uns. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, wir haben ja gute Talente. Junge Talente wie den Philipp Öttl, Schrötter und natürlich Sandro, wo man schon ein bisschen was machen kann. Deswegen sind wir da mit dabei, aber es könnten natürlich viel mehr deutsche Sponsoren da mit einsteigen, das ist halt auch eine Vermarktungsgeschichte."

Sandro Cortese

Seit der Saison 2013 fährt Sandro Cortese für das Intact-GP-Team in der Moto2 Zoom

Frage: "Ihr unterstützt Sandro jetzt bereits seit vielen Jahren. Wie ist es eigentlich gekommen, dass ihr mit Sandro zusammenarbeitet und zum Beispiel nicht mit Jonas Folger?"
Keckeisen: "Natürlich durch die örtliche Nähe, weil er fünf Kilometer Luftlinie von uns entfernt wohnt. Deswegen haben wir gedacht, wir können dieses Team zusammen mit Sandro gründen, weil es auch ein bisschen eine regionale Geschichte ist. Wir haben auch viele regionale Sponsoren, die uns da unterstützen, mit Liqui Moly zum Beispiel, und viele aus dem Umfeld von Memmingen, die wir dazugewonnen haben."

In den Top 5 etablieren

Frage: "Welche Ziele habt ihr jetzt mit dem Moto2-Projekt und gibt es auch schon Überlegungen, die Karriere weiter aufzubauen und eventuell auch in der MotoGP mit einem Team zusammenzuarbeiten?"
Keckeisen: "Als wir gestartet sind, haben wir einen Dreijahresplan gemacht. Jetzt haben wir zwei Jahre absolviert, nun startet das dritte Jahr. Die Überlegungen sind natürlich schon da, aber jetzt gucken wir erst einmal, dass wir unsere Ziele erreichen. Wir wollen natürlich in diesem Jahr Podiumsplatzierungen erzielen und uns in den Top 5 etablieren. Wenn es irgendwie möglich ist, dann gucken wir natürlich schon Richtung WM-Titel."

"Wir haben alle das Ziel und sind fest entschlossen, dass wir in diese Richtung gehen können. Was danach kommt, muss man schauen, was finanziell möglich ist. Wir haben mit Dynavolt und Liqui Moly sehr gute Hauptsponsoren. Mit solchen Sponsoren kann man solche Sachen realisieren, aber die MotoGP ist jetzt ein Schritt zu weit. Wir müssen jetzt erst einmal die Basis machen und dann machen wir denn nächsten Schritt."

Intact GP

Die Teammitglieder von IntactGP aus den vergangenen beiden Jahren Zoom

Frage: "Losgelöst von Sandro: Könnt ihr euch als Firma vorstellen, dass ihr zehn oder 20 Jahre im Motorradsport engagiert seid?"
Keckeisen: "Absolut, klar. Dadurch, dass wir das mit dem Team machen und die Verbindung da ist, können wir uns das sehr gut vorstellen."

Für 2016 ein zweiter Fahrer denkbar

Frage: "Gibt es von eurer Seite auch Intentionen, deutsche Fahrer zu unterstützen, die jetzt noch gar nicht in der WM sind? Quasi um einen nächsten Sandro heranzuführen..."
Keckeisen: "Bei uns sind die Überlegungen auf jeden Fall da, dass wir ab 2016 ein Zwei-Mann-Team machen. Das ist der Plan. Dann muss man einfach gucken, wer gut zu Sandro mit dazu passt und wer gut zu uns im Team mit dazu passt. Es muss aber nicht zwingend ein deutscher Fahrer sein, es kann auch ein internationaler Fahrer sein. Aber wie gesagt: Wir werden die Planung für 2016 erst ab Mitte des Jahres in Angriff nehmen."

Frage: "Das heißt, Nationalität oder Marketingaspekte sind hinten angestellt, es geht rein um die Performance und die Persönlichkeit des Fahrers?"
Keckeisen: "Durch unsere Sponsoren wie Liqui Moly und Dynavolt sind wir natürlich auch international aufgestellt. Es muss einfach gerade passen. Es kann auch sein, dass wir ein rein deutsches Team haben, aber es kann natürlich auch ein internationales Talent sein."

Moto2 Start

In der hart umkämpften Moto2-Klasse ist IntactGP das einzige deutsche Team Zoom

Frage: "Wie bewertest du generell die Situation um den deutschen Nachwuchs?"
Keckeisen: "Der ADAC hat da ja auch einiges wieder aufgenommen mit seiner Rennserie. Wir hoffen natürlich schon, dass da ein paar deutsche Nachwuchsfahrer nachkommen, aber wir haben ja mit Philipp Öttl einen, der irgendwie unter Wert geschlagen wurde und viel mehr Potenzial hat. Dort wird mit Sicherheit auch mehr kommen."

Sponsorensituation in Deutschland

Frage: "Aus Sicht des Geschäftsmanns: Wie schwierig ist es, neue Sponsoren in Deutschland zu finden?"
Keckeisen: "Also: Es ist nicht einfach, aber wir haben es ganz gut hinbekommen, weil wir den Sponsoren natürlich auch ein bisschen bieten. Wir sind ja nicht abgehoben oder so. Die Sponsoren, die mit uns zusammenarbeiten, das ist eine Familie. Die haben auch Spaß daran und bringen ihre Kunden dann wieder bei uns rein. Das ist das, was wir haben. Wir können den Leuten Fahrerlagerpässe geben, dass sie mit uns mitfiebern und mit dem Team zum Abendessen können."

"Und so kann man die Leute auch dafür begeistern. Aber es ist nicht leicht. Wir haben sehr viele Sponsoren, da sind wir ein bisschen unbelastet, weil wir sehr viele Sponsoren haben, die nicht vorher schon in den Motorsport investiert haben, sondern neu mit dabei sind. Für die ist das natürlich alles eine riesige Geschichte und das macht denen auch unheimlich viel Spaß. Von dem her kann man die Leute schon mobilisieren und man sieht ja, dass die richtig Freude daran haben."

Sandro Cortese

In Brünn 2014 holte Sandro Cortese den bisher einzigen Podestplatz in der Moto2 Zoom

Frage: "Viele deutsche Teams haben wir hier im Fahrerlager nicht. Wie werdet ihr da generell aufgenommen, wie ist da auch der Umgang, zum Beispiel mit spanischen Teams?"
Keckeisen: "Gut, wir haben natürlich mit Jürgen Lingg einen total erfahrenen Teamchef, der alle Leute hier kennt. Ich denke, mit unserem ganzen Paket haben wir das eigentlich ganz gut hinbekommen in den ersten zwei Jahren. Wir versuchen, dass wir das solide machen und nicht irgendwie abgehoben auftreten, sondern dass es einfach passt. Ich denke, dass wir uns da ganz gut etabliert haben. Der Kontakt ist eigentlich schon sehr gut. Ich denke, dass wir technisch mit Sicherheit eines der besten Teams in der Moto2 sind. Diese Resonanz kriegen wir natürlich auch zu spüren und gerade bei der IRTA wird das ganz positiv angenommen, wie wir uns darstellen."

Die Fernsehvermarktung: Fußball statt Moto2

Frage: "Eine andere Sache ist die Fernsehvermarktung. Seid ihr damit zufrieden, wie das läuft?"
Keckeisen: "Wir sind schon damit zufrieden, aber du musst natürlich immer gucken, dass du vorne mit dabei bist. Das ganze Geschäft hier lebt vom Erfolg. Wir kämpfen uns vor und ich denke, mit der Fernsehgeschichte wird sich jetzt auch noch mal was ändern von Sport 1 zu Eurosport. Man muss einfach gucken, wie sich das entwickelt. Wir versuchen schon, dass wir da ganz gut mit dabei sind."

Frage:"Bei Sport 1 waren viele Zuschauer unzufrieden damit, dass statt Moto2 zum Beispiel häufig Fußball gezeigt wurde..."
Keckeisen: "Klar, gerade bei der Moto2 waren die Sendezeiten natürlich unglücklich. Aber ich denke trotzdem, dass Sport 1 das ganz gut gelöst hat. Jetzt hoffen wir natürlich, dass es auch auf Eurosport im positiven Sinne für uns läuft. Das ist auch wichtig für unsere großen Sponsoren. Wichtig ist einfach bei den Sponsoren: Wir haben nicht so viele Möglichkeiten, die bei der Stange zu halten. Aber wir haben echt das Glück, dass wir auch ein gutes Rahmenprogramm für die bieten. Die meisten sind unbedarft, viele haben auch gar keine Ahnung vom Motorsport, die kommen jetzt in die Szene rein und die wachsen mit uns mit. Das macht denen unheimlich Spaß - besser als irgendwelche Sponsoren, die schon seit zehn Jahren dabei sind und das alles schon kennen. Für die ist das neu und die Leute kann man begeistern. Und das ist genau das, was wir machen wollen."

Sandro Cortese, Marcel Schrötter

Oft waren die Moto2-Rennen bei Sport1 nur als Aufzeichnung zu sehen Zoom

"Kalex-Cup" macht es noch härter

Frage: "Marc VDS scheint jetzt mit Estrella Galicia ein 'Moto2-Superteam' zu formen. Wie seht ihr so eine Entwicklung?"
Keckeisen: "Gut, die sind natürlich unheimlich gut aufgestellt, eigentlich das Vorzeigeteam in der Moto2 und ein bisschen unser Vorbild. Wir wollen dem nacheifern und versuchen das natürlich auch. Ich denk schon, dass wir mit unserer Struktur, und wenn wir vielleicht ab 2016 einen zweiten Fahrer dazu bekommen, der auch sportlich für uns was bringen kann, dann können wir da schon nacheifern."

Frage: "In der kommenden Saison ist die Moto2 fast ein Kalex-Cup. Wie siehst du diese Entwicklung?"
Keckeisen: "Also es wird mit Sicherheit noch einmal eine Stufe härter und spannender, weil alle Topfahrer das gleiche Material haben. Für uns wird es also noch einmal eine Spur härter. Aber ich denke, wir sind von Anfang an mit Kalex zusammen, haben da einen super Support und super Kontakt, auch durch die Nähe, die sind ja nicht so weit weg von uns, es sind ja nur 50 Kilometer."

Sandro Cortese

Ab 2016 könnten zwei Motorräder von Intact-GP in der Startaufstellung stehen Zoom

Frage: "Siehst du das aktuelle Moto2-Konstrukt als gesunde finanzielle Meisterschaft?"
Keckeisen: "Sehe ich schon so. Unser Budget ist kein Geheimnis, wir liegen bei einer Million Euro. Ich sehe das schon so, dass man auf höchster Ebene Motorsport betreiben kann für ein überschaubares Paket an Geld. Wenn es finanzierbar ist, was wir ganz gut hinbekommen haben, dann kann man für das Geld einen Top-Sport bieten. Das ist auch unser Anspruch."

Zweiter Fahrer: Eine Frage der Kosten

Frage: "Und wenn man dann ein zweites Motorrad einsetzen würde, dann würde es nur minimal teurer werden?"
Keckeisen: "Minimal stimmt nicht, wir haben uns das natürlich auch schon ganz gut ausgerechnet. Es ist immer die Frage: Willst du einen Bezahlfahrer haben oder willst du einen Fahrer, der vorne etwas erreichen kann. Wir sind angetrieben, dass wir sportlich etwas erreichen können. Deswegen machen wir das auch nur, wenn das bei uns finanziell passt."

"Es ist nicht so, dass das nur minimal mehr ist, es ist schon ein großer Batzen, weil du brauchst eine komplette zweite Mannschaft, die Reisekosten sind enorm, das sind die Hauptpunkte. Dann brauchst du Teile für das Motorrad. Was man einspart sind vielleicht ein zweiter LKW oder eine Hospitality. Aber da brauchst du eigentlich auch mehr, denn du mehr Gäste da hast und das kostet auch wieder mehr Geld. Es ist schon so, dass da noch einmal ein Batzen dazu kommt. Aber wenn, dann wollen wir das so machen, dass es sportlich für uns Sinn macht."

Sandro Cortese

2015 geht Sandro Cortese in seine dritte Moto2-Saison mit Intact-GP Zoom

Frage: "Herzlichen Dank für das ausführliche Gespräch. Möchtest du uns zum Abschluss noch etwas mitteilen?"
Keckeisen: "Wir freuen uns auf die kommende Saison, wir haben große Ziele und wollen über den Winter noch ein paar Sachen ändern. Dann denke ich mal, dass wir gut aufgestellt sind. Der wichtigste Punkte für uns ist, dass wir von Null gestartet sind. Das muss man ganz klar so sehen. Klar haben wir Leute, die unheimlich erfahren sind, aber wir haben keine Referenzen gehabt, die haben wir uns erst einmal erarbeiten müssen."

"Was uns am meisten bringt ist, dass wir einfach Kilometer fahren. Jeder Kilometer und jede Runde zählt für uns. In diesem Jahr können einfach dieses nächsten Schritt machen. Wir haben diese Referenzen, die wir im ersten Jahr gar nicht und im zweiten Jahr nur vom letzten Jahr hatten. Aber wir wachsen mit und ich denke, dass wir jetzt auf einem Niveau sind, auf dem uns nicht mehr so viel fehlt, dass wir ganz vorne mitfahren können. Wenn wir das über den Winter gut analysieren, dann sind wir sicher in der kommenden Saison vorne mit dabei."