Sieg für Dixon - Pleite für Franchitti

Höhen und Tiefen im Ganassi-Lager in Motegi: Scott Dixon fährt zum zweiten Saisonsieg, Dario Franchitti verliert Tabellenführung an Will Power

(Motorsport-Total.com) - Brachte das letzte Straßenkurs-Rennen der IndyCar-Saison 2011 bereits eine Vorentscheidung im Titelkampf? Das werden erst die beiden noch anstehenden Oval-Rennen zeigen. Fakt ist, dass Penske-Pilot Will Power bei der Abschiedsvorstellung im japanischen Motegi nicht nur zum zweiten Mal die Mario-Andretti-Trophy für den besten Straßenkurs-Piloten des Jahres in Empfang nehmen durfte, sondern darüber hinaus auch als neuer Führender der Gesamtwertung zurück in die USA reist.

Titel-Bild zur News: Scott Dixon

Scott Dixon fuhr in Motegi überlegen zum zweiten Saisonsieg

Zum Sieg beim ersten Auftritt der IndyCars auf dem Straßenkurs des Twin-Ring Motegi reichte es für Power zwar nicht, mit Platz zwei hinter dem überlegenen Ganassi-Piloten Scott Dixon war der Australier aber dennoch zufrieden. Erst recht, weil Hauptkonkurrent Dario Franchitti nach einer selbst verschuldeten Kollision nicht über Rang acht hinaus kam.

Am Start übernahm Polesetter Dixon sofort das Kommando und ging vor Power und Graham Rahal in die erste Kurve. Etwas weiter hinten wurde es bereits in Turn 1 zum ersten Mal haarig, als Helio Castroneves - im Bemühen, seinem Penske-Teamkollegen Ryan Briscoe auszuweichen - einen Umweg durch das Kiesbett nehmen musste und ans Ende des Feldes zurückfiel. Die Wiederholung zeigte, dass Briscoe im Startgetümmel der ersten Kurve seinerseits von Newman/Haas-Pilot James Hinchcliffe nach außen gedrückt wurde, woraufhin dem hinter ihm mit einem Spätbremsmanöver heranrutschenden Castroneves nur der Ausweg in den Kies blieb.


Fotos: IndyCars in Motegi


An der Spitze machte Scott Dixon die Pace vor Will Power, während Dario Franchitti seiner verhältnismäßig schlechten Startposition neun früh Tribut zollen musste. Nachdem er sich in der Anfangsphase durch das Chaos in Turn 1 bis auf Rang fünf hatte verbessern können, kam es beim Restart nach der ersten Gelbphase zur entscheidenden Szene.

Verhängnisvoller Fauxpas von Dario Franchitti

Franchitti versuchte auf der Innenseite von Turn 1 den vor ihm liegenden Penske von Ryan Briscoe zu attackieren. Dabei berührte der Schotte mit dem linken Vorderrad das rechte Hinterrad von Briscoes Boliden und schickte diesen in einen Dreher. Der auf der Außenbahn fahrende Graham Rahal aus dem Ganassi-Farmteam wurde ebenfalls mitgerissen, während Franchitti bis zum Stillstand verzögern musste. Rahals Teamkollege Charlie Kimball musste einen Umweg durchs Kiesbett nehmen und verlor jede Menge Positionen.

Dario Franchitti, Ryan Briscoe

Dario Franchitti drehte beim ersten Restart Ryan Briscoe um Zoom

"Das war ein ziemlich ambitioniertes Manöver von Dario, der damit gleich drei meiner Fahrzeuge aussichtslos zurückgeworfen hat", zeigte Teamchef Chip Ganassi überraschend wenig Mitleid mit seinem Starpiloten. Nach dem fälligen Boxenstopp, um den beschädigten Frontflügel zu wechseln, nahm Franchitti das Rennen vom Ende des Feldes wieder auf. Zwar brummten ihm die Rennkommissare um IndyCar-Rennchef Brian Barnhart eine Strafe auf, die da hieß, sich beim folgenden Restart ans Ende der Führungsrunde zurückfallen zu lassen, da sich der Tabellenführer zu diesem Zeitpunkt allerdings ohnehin schon dort befand, kam er einmal mehr ungeschoren davon.

Die anschließende Aufholjagd durch das Feld gestaltete sich für Franchitti zäh. Nachdem er zunächst beim Versuch, in Turn 11 an Giorgio Pantano vorbeizugehen, beinahe abgeflogen wäre, hatte er eine halbe Runde später das Glück, dass der Italiener in Turn 5 mit zwei Rädern in den Dreck geriet und dem Schotten somit den Weg frei machte. Nach weiteren Überholmanövern gegen Simona de Silvestro, James Jakes und Danica Patrick - die teilweise im Zuge des letzten Boxenstopps zustande kamen - war hinter dem Penske von Helio Castroneves endgültig Endstation.

Dank einer turbulenten Schlussphase, im Zuge derer gleich mehrere Piloten eine gute Platzierung wegwarfen, konnte Franchitti immerhin noch Platz acht ins Ziel retten. Mit dem Ausgang des Rennens an der Spitze hatte der Schotte jedoch nichts mehr zu tun. Teamkollege Scott Dixon fuhr einen ungefährdeten Start/Ziel-Sieg nach Hause und äußerte sich im Anschluss voll des Lobes über das Ganassi-Team. "Ich hatte heute ein fantastisches Auto. Zwischenzeitlich war ich im Schongang unterwegs, so gut lief es. Die Boxenstopps und die Strategie waren einfach perfekt", so der Neuseeländer nach seinem zweiten Saisonsieg und dem zweiten in Motegi, wobei sein erster Triumph im Land der aufgehenden Sonne im Jahr 2009 auf dem Oval zustande kam.

Power gegen Dixon ohne Chance

Dem Zweitplatzierten Will Power blieb im Ziel nichts anderes übrig, als zu gratulieren. "Es kann keine Rede davon sein, dass ich nur versucht habe, Platz zwei ins Ziel zu retten. Ich habe jederzeit alles gegeben", versicherte der Australier, der im gleichen Atemzug eingestehen musste, dass er "einzig bei den Restarts eine Chance gehabt hätte, Scott aber einfach nicht zu packen war".

Ohne einen Fehler auf seiner Qualifying-Runde am Samstag, der ihm eigener Aussage zufolge die Pole-Position gekostet hat, wäre für Power unter Umständen mehr als Platz zwei im Rennen drin gewesen. So tröstete er sich damit, dass er dank des Fauxpas von Franchitti die Tabellenführung übernehmen konnte und sich zudem zum zweiten Mal in Folge die Mario-Andretti-Trophy für den besten Straßenkurs-Fahrer der Saison sichern konnte. "Es bedeutet mir sehr viel, die Trophäe zu gewinnen, die den Namen des ultimativen Rennfahrers trägt", zollte Power der lebenden US-Rennlegende Respekt.

Will Power

Will Power ist zum zweiten Mal in Folge der Meister der Straßenkurse Zoom

Titelkonkurrent Franchitti blieb im Hinblick auf seine Kollision mit Ryan Briscoe, der neben dem Australier auch Graham Rahal (12.) und Charlie Kimball (23.) zum Opfer fielen, nur die Einsicht, dass er im Rennen "einen dummen Fehler gemacht" hat, den er "so nicht noch einmal machen würde". Bei Teamchef Chip Ganassi habe sich der Schotte genau wie bei Briscoe (20.) umgehend entschuldigt.

So zeigte sich der Boss - anders als noch unmittelbar im Anschluss an die möglicherweise meisterschaftsentscheidende Kollision - im Ziel bereits etwas versöhnlicher. "Dario ist nach wie vor ein großartiger Fahrer. Es war wohl einfach nicht sein Tag", urteilte Ganassi, der jedoch gleichzeitig von der Notwendigkeit eines "eindringlichen Gesprächs" mit Franchitti sprach.

Marco Andretti dank Vater Michael auf dem Podium

Hinter Sieger Dixon und dem Zweitplatzierten Will Power kam Marco Andretti als Dritter ins Ziel. Der Andretti-Pilot - von Startplatz zehn ins Rennen gegangen - ließ als einziger Fahrer aus den Top 10 der Startaufstellung für den ersten Stint die härteren Blacks aufziehen und befand sich somit auf einer anderen Strategie als der Rest der Spitzengruppe. Das Risiko von Vater und Teamchef Michael Andretti, der vor dem Start für die ungeliebte Reifenmischung plädierte, sollte sich schließlich auszahlen. Alex Tagliani (Sam Schmidt) lief nach 63 Runden als Vierter ein. Newman/Haas-Pilot Oriol Servia komplettierte die Top 5.

Marco Andretti

Marco Andretti fuhr von Startplatz zehn auf das Podium Zoom

In einem Rennen, das durch wenige Überholmanöver auf der Strecke geprägt war, sorgte KV/Lotus-Pilot Ernesto Viso (21.) acht Runden vor Schluss für eine willkommene Abwechslung. Am Ende der Start/Ziel-Geraden ging er gleichzeitig an Sebastien Bourdais (6.) und Mike Conway (9.) vorbei und ebnete damit scheinbar den Weg zu Platz sechs. Beim finalen Restart drei Umläufe vor der Karierten Flagge warf der Venezolaner die gute Platzierung jedoch wieder weg, als er in Turn 1 ausgerechnet mit seinem KV/Lotus-Teamkollegen Takuma Sato kollidierte.

Bourdais verabschiedet sich mit Platz sechs in den Winter

Wenige Minuten zuvor war es Sebastien Bourdais, der in Turn 3 für eben jene letzte Unterbrechung der Rennaction sorgte. Bei einem optimistischen Überholversuch gegen Ryan Hunter-Reay (24.) nahm der Franzose den Andretti-Dallara des US-Amerikaners kurzerhand auf die Hörner und schickte ihn ins Kiesbett, während er selbst ungeschoren davonkam. Da die beiden finalen Saisonläufe auf Ovalen stattfinden, Bourdais im Team von Dale Coyne aber nur für die Rundkurs-Rennen gemeldet ist, verabschiedete sich der Franzose somit mit Platz sechs in die IndyCar-Winterpause.

Sebastien Bourdais

Für Sebastien Bourdais ist die Saison nach Platz sechs in Motegi vorbei Zoom

Bourdais' Dale-Coyne-Teamkollege James Jakes lag in der ersten Rennhälfte aussichtsreich in den Top 5. Beim Boxenstopp in der 43. von 63 Runden ging jedoch enorm viel Zeit verloren. Unter dem Strich sprang für den Rookie nicht mehr als Platz 13 heraus. Unterdessen konnte sich Panther-Pilot J.R. Hildebrand im Kampf um den Rookie-Titel mit Platz sieben im Rennen etwas Luft verschaffen. Hauptkonkurrent James Hinchcliffe konnte nicht mehr als Platz 15 realisieren, nachdem er im Verlauf des Rennens gleich mehrfach neben der Strecke zu finden war.

Strafe für Castroneves

Hinter Bourdais lief Helio Castroneves nach einer tollen Aufholjagd im Anschluss an den Ausritt in der allerersten Kurve des Rennens auf Platz sieben ein. An diesem hatte der Brasilianer allerdings nicht lange Freude: Die Offiziellen befanden ein Überholmanöver gegen J.R. HIldebrand in der letzten Runde für illegal, da zu diesem Zeitpunkt die Gelben Flaggen draußen waren, nachdem Vitor Meira (25.) seinen Foyt-Dallara im Kies versenkt hatte. Unter dem Strich wurde Castroneves als 22. gewertet und sorgte somit unfreiwillig dafür, dass der Punktevorsprung von Teamkollege Will Power auf Dario Franchitti zwei Rennen vor Schluss elf statt 13 Punkte begträgt.

Helio Castroneves

Helio Castroneves' Aufholjagd nach dem Ausflug in Turn 1 blieb unbelohnt Zoom

Lokalmatador Takuma Sato konnte nach seiner Kollision mit Teamkollege Viso kurz vor Schluss immerhin noch Platz zehn ins Ziel retten. Für Landsmann Hideki Mutoh stand Rang 18 unmittelbar hinter Satos Teamkollegen Tony Kanaan zu Buche. Joao Paulo de Oliveira (26.) kam bei seinem IndyCar-Debüt nicht über die Distanz. Kurz nach einem rustikalen Überholmanöver gegen Sato in Turn 10, dass der Brasilianer selbst als "zu optimistisch und vermeidbar" bezeichnete, musste der den Conquest-Dallara in der 20. Runde kurz vor dem geplanten ersten Boxenstopp abstellen. "Es ist verdammt schade, die Benzinpumpe hat einfach ihren Geist aufgegeben", zeigte sich de Oliveira enttäuscht über seinen technisch bedingten Ausfall.

Danica Patrick machte sich in ihrem letzten IndyCar-Rennen auf einem Straßenkurs dieselbe Reifenstrategie wie Teamkollege Marco Andretti zunutze und lief von Startplatz 23 kommend nach 63 Runden auf Position elf ein. HVM-Pilotin Simona de Silvestro nahm das Rennen ebenfalls auf den härteren Blacks in Angriff und konnte sich bis ins Ziel bis auf Platz 14 verbessern, wo sie bereits bei Halbzeit zu finden war.

In zwei Wochen geht es für die IndyCar-Meute zum vorletzten Saisonlauf auf den Kentucky Speedway. Nach der Trendwende in Fernost geht Penske-Pilot Will Power nun mit elf Zählern Vorsprung auf Dario Franchitti in die letzten beiden Saisonläufe.

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