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Iowa-Triumph: Kanaan ist wieder da!
Nach zwei Jahren Durststrecke gewann Tony Kanaan in Iowa ein unterhaltsames IndyCar-Rennen - Pechvögel Dario Franchitti und Takuma Sato nicht im Ziel
(Motorsport-Total.com) - Wen interessiert schon das Qualifying, wenn du anschließend das Rennen gewinnst? Genau dies könnte das Motto von Tony Kanaan (Andretti) sein, der am Sonntagabend auf dem Iowa Speedway von Startplatz 14 aus zu seinem ersten IndyCar-Sieg seit zwei Jahren fuhr. Zehn Runden vor dem Ende setzte der 35-jährige Brasilianer das entscheidende Überholmanöver gegen seinen Landsmann und Uraltkumpel Helio Castroneves (Penske; 2.).

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Riesenjubel: Tony Kanaan und Uralt-Kumpel Helio Castroneves feiern in Iowa
Kanaan und Castroneves profitierten dabei natürlich auch vom Pech Dario Franchittis (18.): Der Schotte in Diensten von Chip Ganassi war in den ersten 200 Runden des Iowa Corn Indy 250 der bestimmende Mann, bevor er in Führung liegend mit einem Getriebeschaden ausrollte. Nach diesem Missgeschick verlor der amtierende IndyCar-Champion folgerichtig auch seine Tabellenführung an Will Power (Penske; 5.).#w1#
Die Überraschung des Iowa-Sonntages gelang Ernesto Viso: Der KV-Pilot aus Venezuela bot eine fehlerlose Vorstellung, hielt sich aus allen Scharmützeln heraus und fuhr mit Platz drei auf sein erstes IndyCar-Podium. Dies lag auch im Bereich seines Teamkollegen Takuma Sato, der seiner suboptimalen Debütsaison jedoch treu blieb: Auf Platz vier liegend krachte der Japaner in Runde 177 nach einem Fahrfehler beim Überrunden in die Mauer.
Doch der Reihe nach: Polesitter Power bestimmte nur die ersten 30 Runden des Iowa-Rennens, bevor der Australier von starkem Übersteuern berichtete. Die Penske-Crew arbeitete fast die gesamte Renndistanz an diesem Problem, was auch am Schwesterauto von Power-Landsmann und Teamkollege Ryan Briscoe auftauchte. Beide kamen erst gegen Rennende wieder in Schwung und endeten auf den Plätzen vier (Briscoe) und fünf (Power).
Viele Vorfälle in der Boxengasse

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Simona de Silvestro landete bei ihrem Stopp plötzlich in der Boxenmauer Zoom
Danach schlug die Stunde von Dario Franchitti. Der Schotte übernahm die Spitze, sah sich zwar dauerhaftem Druck von wechselnden Kontrahenten (erst Marco Andretti und Scott Dixon, später dann Tony Kanaan und Helio Castroneves) ausgesetzt, doch der rote Ganassi-Dallara fand bis zu seinem Ausfall immer eine Antwort auf die unterschiedlichen Attacken. Folgerichtig kassierte Franchitti am Ende auch zwei vielleicht wichtige Bonuspunkte für die meisten Führungsrunden.
Genau wie im Kampf um Platz eins ging es auch dahinter äußerst turbulent zur Sache. In Gelbphase zwei nach 51 Runden rasselten Scott Dixon, Castroneves und Kanaan in der Boxengasse aneinander. Den Penske-Dallara des Brasilianers erwischte es dabei am Schlimmsten, als das Fahrzeug kurzzeitig sogar in die Luft aufstieg. Castroneves befürchtete danach eine verbogene Aufhängung, was sich glücklicherweise aber als Trugschluss entpuppte.
Zwanzig Runden später löste Sarah Fisher die nächste Gelbphase aus. Beim folgenden Boxenstopp touchierte Simona de Silvestro sowohl die Boxenmauer als auch ein HVM-Crewmitglied. Die Strafe warf die Schweizerin weit zurück. Später verlor das Auto dann komplett die Balance, weshalb die 21-Jährige nach 128 Runden aufgab. "Ich weiß wirklich nicht, was mit dem Auto plötzlich los war", kommentierte eine ratlose de Silvestro ihren 21. Platz.
Schneller Sato wieder mit Crash

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Polesitter Will Power bestimmte nur 30 Runden lang das Renngeschehen Zoom
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Kanaan bereits an Leader Franchitti herangearbeitet und übte massiv Druck aus. Hinter Dixon und Ryan Hunter-Reay (Andretti) lag Sato auf einem starken fünften Platz. In der Folge wechselten sich Kanaan und Franchitti mit der Führung ab, während der Japaner immer mehr Speed aufnahm. Bis in Runde 177.
Nach einem Überrundungsmanöver gegen Alex Lloyd (Dale Coyne) stach Sato auf der oberen Linie zu schnell in Turn 3 und 4 hinein, geriet auf den Reifenabrieb und krachte in die Mauer. Eine Kopie des Fisher-Unfalls von zuvor kostete dem Dauerpechvogel also ein durchaus greifbares IndyCar-Podium. Natürlich war Sato im Anschluss extrem enttäuscht.
"Ich wollte eigentlich innen überrunden, aber dann wurde ich blockiert", lautete seine Schilderung. "Ich wollte vorsichtig sein, aber ich geriet nach oben und dann in die Mauer. Das tut mir vor allem für das Team sehr leid, denn sie haben mir ein großartiges Auto hingestellt und perfekte Boxenstopps erledigt." Somit blieb es seinem Teamkollegen Viso überlassen, mit Platz drei das KV-Topresultat der Saison 2010 zu holen.
Defektteufel bei Franchitti

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Das Aus: Dario Franchitti wird mit Getriebedefekt in die Box geschoben Zoom
Auch Franchittis Ganassi-Team legte ein ums andere Mal perfekte Stopps auf das Iowa-Parkett, was den Schotten wiederholt auf Platz eins aus der Box fahren ließ. Ganz im Gegensatz zu Hunter-Reay (8.) übrigens, der nach dem Sato-Crash in der Boxengasse mit seinem Teamkollegen Kaanan aneinander geriet. Auch im Fall Hunter-Reay wurde dabei eine Strafe ausgesprochen, die ihn aus der Führungsrunde warf.
Durch diesen Zwischenfall war nun plötzlich Castroneves der ärgste Franchitti-Verfolger. Nach dem Ausfall des Schotten setzte sich das Trio Castroneves, Kanaan und Viso von der Konkurrenz ab. Ein ums andere Mal kam es im Überrundungsverkehr zu kitzeligen Situationen, denen Viso zum Opfer fiel: Der Venezolaner musste den Kontakt zur Spitze abreißen lassen.
So entwickelte in den letzten 30 Runden ein faszinierendes Duell zweier Jugendfreunde. Kanaan hatte sichtlich das schnellere Auto, weil bei Castroneves der linke Vorderreifen Probleme machte. "Er baute viel zu schnell ab", berichtete der Penske-Pilot. Trotzdem wehrte sich der Brasilianer mit dem Messer zwischen den Zähnen gegen die Kanaan-Angriffe. Fast bis zum Ende.
Castroneves freut sich mit Kanaan

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Gute Freunde: Helio Castroneves feierte den Kanaan-Sieg ausgiebig mit Zoom
"Eigentlich sollte ich mit Platz zwei zufrieden sein", haderte Castroneves nach dem Rennen. "Menschenskinder, es waren doch nur noch zehn Runden zu fahren." Dann setzte Kanaan sein letztlich entscheidendes Überholmanöver an und fuhr auf und davon. "Tony hatte das konstantere Auto", gab der "Spiderman" zu, bevor er seinem alten Jugendfreund Kanaan eine herzliche Umarmung gönnte.
Der war sichtlich gerührt: "Das war lange überfällig", jubelte der Andretti-Pilot, der zwei Jahre lang kein IndyCar-Rennen gewinnen konnte. "Ich habe nur auf den richtigen Moment zum Angriff gewartet", beschrieb Kanaan seine finale Strategie. "Schön war es vor allem auch deswegen, weil ich ausgerechnet gegen Helio gekämpft habe. Das hat mich doch sehr an gemeinsame Tage im Kart erinnert." Bleibt die Frage, ob und wann das Andretti-Team seine riesigen Speedprobleme in der Qualifikation beheben kann.
Andererseits sorgt Kanaan mit seinen Aufholjagden seit Wochen und Monaten für allerbeste IndyCar-Unterhaltung. Wie auch in Iowa. Und: Das Andretti-Urgestein hat als neuer Sechster mit seinem Sieg kurz vor Saisonhalbzeit auch in der Gesamtwertung Anschluss an die Spitze gefunden. Damit ist die erste Oval-Sequenz der Saison 2010 beendet. Am 4. Juli gastieren die IndyCars in Watkins Glen. Mit Toronto, Edmonton, Mid-Ohio und Sonoma stehen danach vier Nicht-Ovale auf dem Programm.

