• 21.09.2007 08:40

  • von Paul Jackson

Jackson-Kolumne: Timo ist der beste Fahrer!

iSport-Teamchef Paul Jackson erklärt, was sein Team unternimmt, um Timo Glock zum Titel zu verhelfen, und warum er glaubt, den besten Fahrer zu haben

Liebe 'Motorsport-Total.com'-Leser,

Titel-Bild zur News: Paul Jackson

Das iSport-Team um Paul Jackson blickt dem Saisonfinale zuversichtlich entgegen

in meiner letzten Kolumne hatte ich ja angedeutet, dass wir den Titel schon ganz gerne in Spa klarmachen würden - dafür hätten wir neun Punkte mehr als di Grassi gebraucht. Leider ist uns das nicht gelungen - im Gegenteil: Durch unglaubliches Pech hat Timo vor dem Saisonfinale in Valencia nur noch zwei statt elf Punkte Vorsprung, womit es noch einmal richtig eng wird. Dass sein Vorsprung dermaßen schrumpfen konnte, lag aber wieder einmal nicht an ihm oder an uns.

Im Qualifying waren wir solide unterwegs, beide Autos standen mit relativ geringem Rückstand in der dritten Reihe. Doch das Hauptrennen am Samstag war schon nach ein paar Sekunden effektiv gelaufen, denn beide Autos blieben auf der Startaufstellung stehen. Timo konnte zwar noch weiterfahren, war auch klar der schnellste Mann im Feld, aber mehr als der Bonuspunkt für die schnellste Runde war einfach nicht mehr drin.#w1#

Mehrere Faktoren führten zum Startproblem

"Es war jedenfalls kein spezifisches technisches Problem." Paul Jackson

Als die Ampel auf Grün umsprang, kamen drei Faktoren zusammen: Wenn auf der Startaufstellung der Drehzahlbegrenzer aktiviert ist, kann unter Umständen zu viel Benzin in die Motoren kommen, der Motor säuft quasi ab. Außerdem ist die Start- und Zielgerade in Spa leicht ansteigend - und der Asphalt ist so griffig, dass die Reifen fast ankleben. Das ist uns schon aufgefallen, als wir das Auto mit dem Wagenheber aufbockten. All das zusammengerechnet war wohl der Grund dafür, dass Timo den Motor abgewürgt hat. Es war jedenfalls kein spezifisches technisches Problem.

Er war ja nicht der einzige Fahrer - das ist mehreren passiert, auch Andi in unserem zweiten Auto und drei weiteren. Und viele haben nachher gesagt, dass sie den Motor auch um ein Haar abgewürgt hätten. Wenn uns diese Faktoren im Vorhinein bewusst gewesen wären, hätte man es vielleicht vermeiden können, aber vorwerfen kann man das keinem Fahrer. So etwas passiert halt, wenn ein paar unglückliche Umstände zusammenkommen.

Timos Ausgangsposition für Sonntag war mit dem 18. Startplatz alles andere als gut, aber als er dann auf dem Weg in die Startaufstellung von Risatti abgeschossen wurde, konnte ich es einfach nicht fassen! Timo ist ein cleverer Bursche, also hielt er sich auf einer Seite der Strecke, um den anderen Platz zu lassen, aber Risattis Aktion war einfach völlig verrückt, total überflüssig. Was soll man dazu noch sagen?

Arroganter Risatti wollte Fehler nicht einsehen

"Risatti hat sich auch nicht entschuldigt, verhielt sich für meinen Geschmack ziemlich arrogant." Paul Jackson

Als Timo zurück an die Box kam, war er verständlicherweise fuchsteufelswild - er wollte auch gleich zu Risatti, aber der fuhr ja das Rennen. Risatti hat sich auch nicht entschuldigt, verhielt sich für meinen Geschmack ziemlich arrogant. Nach dem Rennen musste er dann zur Rennleitung, wir natürlich auch, und er wurde schuldig gesprochen, den Unfall verursacht zu haben. Er bekam eine Geldstrafe von 10.000 Euro aufgebrummt, obwohl er nicht einmal einsehen wollte, dass es sein Fehler war. Das ist gerecht, aber von der Strafe kann sich Timo jetzt auch nichts mehr kaufen.

Wir gehen nun mit zwei Punkten Vorsprung auf di Grassi nach Valencia. Das ist nicht viel und ein Ausfall würde wahrscheinlich schon die Entscheidung bedeuten, aber ich bin dennoch nicht nervös, obwohl wir schon so viele Probleme hatten in diesem Jahr. Das waren ja allesamt keine Probleme, die in unserer Macht lagen, es waren keine Fehler der Mechaniker oder dergleichen, daher können wir sowieso nichts groß dagegen unternehmen.

Aber natürlich tun wir alles, was in unserer Macht steht, um uns bestmöglich vorzubereiten. Wir haben das Auto komplett auseinander genommen und jedes einzelne Teil untersucht, checken alles doppelt - sicher noch ein bisschen intensiver als vor einem normalen Rennwochenende. Dabei wird jetzt auch nicht gespart, denn wenn wir bei einem Teil auch nur den geringsten Zweifel haben, ob was damit nicht stimmen könnte, tauschen wir es aus - jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um jeden Euro zweimal umzudrehen.

Volles Vertrauen in Glock

Timo Glock

Timo Glock hat sich als derzeit bester GP2-Fahrer einen Namen gemacht Zoom

Die Technik haben wir also nicht ganz in der Hand, weil wir ja von Zulieferern abhängig sind, aber fahrerisch blicke ich den beiden Rennen ganz entspannt entgegen. Für mich besteht kein Zweifel daran: Timo ist mit Abstand der beste aktuelle GP2-Fahrer - in puncto Speed, Überholen, Besonnenheit, Herangehensweise. Er ist in allen Bereichen der Maßstab. Und ich vertraue ihm hundertprozentig.

Theoretisch könnte auch Andi in Valencia eine Rolle spielen, wenn er zum Beispiel vor Timo liegt und genau das den Unterschied in der Punktetabelle ausmachen würde. Es gibt von unserer Seite keine Teamorder - das hat es bei iSport auch noch nie gegeben -, aber ich denke, Andi würde es Timo in so einer Situation nicht unnötig schwierig machen. Und wenn er und Timo nicht direkt hintereinander liegen, kann er sowieso sein eigenes Rennen fahren, das versteht sich von selbst.

Wir freuen uns jedenfalls schon auf die spannende Entscheidung, auch wenn es mir ehrlich gesagt am liebsten wäre, wenn wir schon am Samstag alles klarmachen könnten. Aber ich denke eher nicht, dass das passieren wird. Jedenfalls wird es sicher ein würdiges Finale nach einer tollen Saison - und ich hoffe, dass wir ART als erstes Team in dieser Serie besiegen den ersten GP2-Titel für iSport einfahren können! Es wäre verdient...

Paul Jackson