• 27.06.2013 14:18

Halbzeitbilanz: Mücke und Prema im Rennen um den Titel

Ausführliche Halbzeitbilanz der Formel-3-Europameisterschaft 2013: Carlin, Fortec und Eurointernational jagen Titelrivalen - ma-con, T-Sport und URD in Lauerstellung

(Motorsport-Total.com) - Es ist Halbzeit in der Formel-3-Europameisterschaft und die Teams und Fahrer gehen in die wohlverdiente Sommerpause. Anlass genug für eine Halbzeitbilanz. Prema und Mücke bringen in der Saison 2013 mit Raffaele Marciello und Felix Rosenqvist die heißesten Titelkandidaten an den Start. Beide verfügen bereits über langjährige Erfahrung in der Formel 3. 14 der bisherigen 15 Rennsiege gingen an eines dieser Teams. In der Teamwertung nehmen die Mannschaft aus Italien und das Team um Peter Mücke die ersten beiden Plätze ein.

Titel-Bild zur News: Raffaele Marciello

Prema-Pilot Raffaele Marciello geht als Tabellenführer in die zweite Saisonhälfte Zoom

Marciello erwischte einen nahezu perfekten Start in die Saison: Der Italiener gewann bei seinem Heimspiel in Monza gleich das erste Rennen des Jahres. Auch nach Lauf drei in Monza holte sich der Schützling der Ferrari-Nachwuchsförderung den Siegerpokal, bevor er sich als Tabellenführer von der traditionsreichen Formel-1-Strecke vor den Toren Mailands verabschiedete.

In den folgenden Meetings in Silverstone und Hockenheim baute der 18-Jährige mit drei weiteren Triumphen in Folge seinen Vorsprung kontinuierlich aus. Doch beim zweiten Großbritannien-Gastspiel sollte Marciellos Erfolgssträhne ein vorläufiges Ende finden. Im dritten Lauf von Brands Hatch wurde der Prema-Pilot nachträglich wegen technischer Unregelmäßigkeiten aus der Wertung genommen. Zwei Wochen später musste er am Red-Bull-Ring in Österreich erstmals in diesem Jahr ein Wochenende ohne Sieg hinnehmen.

Im Gegensatz zu Marciello kam Rosenqvist erst langsam in Fahrt. In Monza sammelte der 21 Jahre alte Schwede gerade einmal zwölf Zähler, erst danach etablierte er sich als regelmäßiger Siegkandidat. Je einem Erfolg in Silverstone und in Hockenheim ließ er auf dem Red-Bull-Ring den ersten Dreifach-Sieg in der Formel-3-Europameisterschaft folgen. Den Abstand auf Spitzenreiter Marciello konnte Rosenqvist so auf überschaubare 27,5 Zähler verkürzen.

Der Österreicher Lucas Auer und der Brite Alex Lynn (beide Prema) belegen aktuell die Tabellenplätze drei und vier. Beide sind im Gegensatz zu ihrem Teamkollegen Marciello neu im Team, konnten schon mehrfach ihr Talent unter Beweis stellen und kletterten jeweils einmal auf die oberste Stufe des Siegerpodestes. Einzig Eddie Cheever jun. wartet aus dem Prema-Quartett noch auf seinen ersten großen Erfolg. Der 20-jährige Italiener, Sohn des ehemaligen Formel-1-Piloten und Indy-500-Siegers Eddie Cheever, verbucht bisher zwei achte Plätze als beste Ausbeute auf seinem Konto und belegt zur Halbzeit der Saison den 16. Rang der Fahrerwertung.

Die Mücke-Mannschaft setzte neben Rosenqvist ursprünglich auf Pascal Wehrlein, doch der 18 jährige Vize-Champion der Formel-3-Euroserie 2012 erhielt nach seinem erfolgreichen Monza-Wochenende ein Cockpit in der DTM. Seinen Platz nahm Michael Lewis ein. Nach seinem verspäteten Einstieg tut sich der US-Amerikaner aber noch schwer. Der 22-jährige Kalifornier wird aktuell auf Position 19 der Gesamtwertung notiert.

Einen Platz vor Lewis liegt nach 15 Saisonrennen Mücke-Teamkollege Roy Nissany. Der 18-jährige Israeli stieg aus dem Formel-Masters in die Formel-3-Europameisterschaft auf. Den großen Sprung meisterte er gut, weist bisher eine ordentliche Lernkurve auf und durfte sich in Brands Hatch über seine ersten Punkte freuen. Teamkollege Mitchell Gilbert wartet noch auf erste Erfolge. Der 19 Jahre alte Australier, der in Malaysia geboren wurde und in London lebt, geht dennoch optimistisch in die zweite Saisonhälfte und hofft, dass er bald schon seine ersten Zähler bejubeln darf.

Carlin, Fortec und Eurointernational jagen Titelrivalen

Harry Tincknell (Carlin) liegt mit einem Sieg, einem zweiten und einem dritten Platz knapp hinter Alex Lynn auf Rang fünf. Tom Blomqvist (Eurointernational), Felix Serralles (Fortec) und Jordan King (Carlin) folgen auf den Tabellenplätzen sechs bis acht.

Carlin-Pilot Tincknell sorgte Mitte April für ein erfolgreiches Heimspiel seines Teams, als der 21-Jährige in Silverstone seinen ersten Saisonsieg einfuhr. Der Brite, der von Carlin als Speerspitze in die Saison geschickt wurde, lieferte mit insgesamt zwölf Zielankünften in den Punkterängen eine solide Leistung ab. Mit einem Rückstand von nur 3,5 Punkten ist er seinem Landsmann Lynn in der Fahrerwertung dicht auf den Fersen.

Im Gegensatz zum erfahrenen Tincknell fahren seine Carlin-Teamkollegen Jordan King, Nicholas Latifi und Jann Mardenborough ihre erste Saison in der Formel-3-Europameisterschaft. Der 19 Jahre alte Brite King, der aus der Formel Renault 2.0 kommt, fand sich auf Anhieb gut zurecht und kletterte am Red-Bull-Ring zum ersten Mal als Dritter auf das Siegertreppchen. Mit seinen erst 17 Jahren schnupperte der Kanadier Latifi als Fünfter bereits an den Podestplätzen.

Mardenborough, der auf die ungewöhnlichste Karriere aller Starter zurückblickt, sammelte bisher fünf Zähler. Der Brite gewann vor zwei Jahren die Nissan-GT-Academy, die sich an Sportbegeisterte richtet, die bis zu diesem Zeitpunkt nur am Computer Autorennen gefahren sind. Es folgte eine Saison im GT-Sport, bevor Mardenborough nach nur einem Jahr im Automobilsport den Einstieg in die stärkste Nachwuchsserie der Welt wagte.

Fünfter Pilot im Carlin-Team ist Daniil Kwjat. Der Red-Bull-Junior, der vor seiner Premiere in Hockenheim noch keinen einzigen Formel-3-Start aufweisen konnte, bestreitet die Saison als Gaststarter ohne Punkteberechtigung. Mit drei Pole-Positions auf dem Red-Bull-Ring, denen er prompt drei zweite Plätze folgen ließ, wusste sich der 19-jährige Russe bislang gut in Szene zu setzen.

Bei Fortec entpuppt sich Serralles nach der ersten Saisonhälfte als Teamleader. Der US-Amerikaner konnte vor allem in Hockenheim brillieren, als er sich zweimal Rang zwei sicherte. Insgesamt sieben Punkteränge katapultierten den 20-Jährigen, der im vergangenen Jahr in der Abschlusstabelle der Britischen Formel-3-Meisterschaft als Rookie Position drei belegte, auf den siebten Platz in der aktuellen Fahrerwertung der Europameisterschaft. Josh Hill (Fortec) angelte sich in Hockenheim einen zweiten Platz.

Dabei glänzte der 22-jährige Sohn des ehemaligen Formel 1-Weltmeisters Damon Hill mit einem Überholmanöver, bei dem er gleich zwei Kontrahenten auf einmal kassierte. Hill, der im vergangenen Jahr erfolgreich in der Formel Renault 2.0 fuhr, beendet die erste Saisonhälfte in der Formel 3-Europameisterschaft auf Tabellenplatz zehn. Der 19 Jahre alte Brasilianer Luis Felipe Derani (Fortec) hingegen wartet noch auf seinen ersten Podestplatz. Sein bisheriges Highlight war Rang fünf beim Auftaktwochenende in Monza.

Seit dem Meeting auf dem Red-Bull-Ring hat Fortec auch den Renner mit der Startnummer 31 wieder dauerhaft besetzt. Zu Beginn des Jahres pilotierte der 17 Jahre alte Dmitri Suranowitsch den Dallara, musste sich aber aufgrund gesundheitlicher Probleme nach dem ersten Rennwochenende zurückziehen. Nun begibt sich der drei Jahre ältere Brite William Buller in diesem Cockpit auf die Jagd nach Punkten und Podestplätzen.

Während Carlin und Fortec jeweils vier Nachwuchsrennfahrer angemeldet haben, konzentriert sich Eurointernational auf Tom Blomqvist. Der 19-jährige Brite, der seit dieser Saison von Red Bull gefördert wird, konnte als Einzelkämpfer drei dritte Plätze nach Hause fahren. Zurzeit wird der Sohn von Rallye-Weltmeister Stig Blomqvist auf dem sechsten Platz der Gesamtwertung notiert.

ma-con, T-Sport und URD in Lauerstellung

Während Lucas Wolf (URD) für sein Team bereits einen Podestplatz erkämpfen konnte, gingen ma-con und T-Sport bislang leer aus. ma-con hatte sich vor dieser Saison die Dienste von Sven Müller gesichert, der schon im Formel-Masters mit den Spreewäldern gemeinsam Erfolge feierte. Der 21 Jahre alte Deutsche ging mit hohen Erwartungen in die Saison, konnte diese aber anfangs nicht in entsprechende Resultate umsetzen.

Mittlerweile hat Müller sein Talent mit drei vierten Plätzen unter Beweis gestellt und wartet auf seinen ersten Besuch auf dem Siegerpodest. Als Neunter der Gesamtwertung reiht sich Müller in das zur Saisonhalbzeit recht ausgeglichene Klassement ein. So setzen sich die Top 10 der Fahrerwertung aus Piloten sechs verschiedener Teams zusammen: drei Fahrer von Prema, jeweils zwei von Carlin und Fortec sowie jeweils ein Youngster von Mücke, Eurointernational und ma-con.

Andre Rudersdorf, ma-con-Teamkollege von Müller, stieg als Österreichischer Formel-3-Cup-Champion und Meister der Trophy-Wertung des Formel-3-Cups in die Formel-3-Europameisterschaft auf. Der erst 17 Jahre alte Rennfahrer musste sich langsam an das Niveau herantasten. Mit Rang zehn und seinem ersten Meisterschaftspunkt in Brands Hatch startet Rudersdorf zuversichtlich in die zweite Saisonhälfte.

Bei T-Sport ging man ebenfalls mit hohen Erwartungen in die Saison, denn William Buller dominierte Anfang des Jahres beide Vorsaisontests. Doch die Mannschaft, die als einzige im Feld auf einen Nissan-Motor setzt, hatte bislang vor allem im Qualifying Probleme. So steht als bisher bestes Resultat ein vierter Platz auf dem Konto von Buller. Der 20-jährige Brite hat das Team mittlerweile verlassen und sich Fortec angeschlossen. Am Red-Bull-Ring vertrat deshalb nur Richard Goddard die T-Sport-Mannschaft aus Großbritannien. Der 20 jährige Australier, der mit britischer Lizenz startet, möchte in der zweiten Saisonhälfte endlich die Punkteränge angreifen.

Lucas Wolf hat das bereits gemeistert und stand schon als Dritter auf dem Podium. Für das Team URD startet er als Einzelkämpfer und konnte erst spät in die Saisonvorbereitung einsteigen. Der 18-Jährige musste deshalb auf die beiden ersten offiziellen Testtage in Barcelona verzichten. Fahrer und Team steigerten sich im Verlauf der ersten Saisonhälfte gemeinsam von Rennen zu Rennen, um auf dem Red-Bull-Ring schließlich den ersten großen Erfolg des Jahres feiern zu können. Wolf war die Überraschung des Wochenendes: Im Qualifying sicherte er sich im strömenden Regen die Startplätze zwei, drei und sechs und konnte diese Leistung mit Rang drei im zweiten Rennen auch auf trockenem Asphalt bestätigen.

Van Amersfoort, Double R, Romeo Ferraris und Jo Zeller kämpfen

Van Amersfoort war in den vergangenen Jahren eines der dominierenden Teams im Formel-3-Cup. Die niederländische Mannschaft um Teamchef Frits van Amersfoort gewann drei der letzten sechs Titel. Nach dem Ende der vergangenen Saison suchte der Rennstall mit dem Einstieg in die Formel-3-Europameisterschaft eine neue Herausforderung. Für den Aufstieg setzte man auf die Fähigkeiten von Vorjahrespilot Dennis van de Laar und sicherte sich zudem die Dienste des Schweden Mans Grenhagen.

Der 19 Jahre alte Grenhagen, Gesamtdritter der Europäischen Formel-3-Open 2012, zeigte bei den offiziellen Vorsaisontests sein Können und verpasste im dritten Rennen in Silverstone als Zwölfter nur knapp den Sprung in die Punkteränge. Sein gleichaltriger Teamkollege van de Laar freut sich bereits über insgesamt elf Zähler für die Fahrerwertung. Seine beste Leistung zeigte der im niederländischen Motorsport-Mekka Zandvoort lebende Nachwuchspilot mit Rang sechs in Hockenheim.

Aus der Britischen Formel-3-Meisterschaft hat Double R den Weg in die Formel-3-Europameisterschaft gefunden. Das unter anderem von Ex-Formel-1-Weltmeister Kimi Räikkönen gegründete Team setzt in dieser Saison auf Antonio Giovinazzi und Seal Gelael sowie auf eine von zwei Damen im starken Fahrerfeld: Tatiana Calderon errang als erste Frau in der US-amerikanischen Star-Mazda-Serie einen Podestplatz. Das Niveau der Formel-3-Europameisterschaft fordert alle drei Talente gleichermaßen.

Sowohl die 20-jährige Kolumbianerin als auch der mit 16 Jahren jüngste Starter der Serie, der Indonesier Seal Gelael, zeigten sich bislang lernfähig. Gelael, Gesamtvierter der Formula-Pilota China im Jahr 2012, absolviert wie Calderon seine Debütsaison und betrachtet diese als Lehrjahr. Erfolgreichster Double-R-Pilot ist nach der ersten Saisonhälfte der Italiener Giovinazzi. Der Sieger der Formula-Pilota China 2012 eroberte in seiner ersten Formel-3-Saison bereits zwei Platzierungen in den Top 10. Mit drei Punkten auf dem Konto belegt Giovanizzi zurzeit Rang 21 der Fahrerwertung.

Obwohl bisher ausschließlich in der Tourenwagen- und GT-Szene beheimatet wagte das Team Romeo Ferraris den Einstieg in die Formel 3. Für seine Premiere im Formelsport hat sich die Mannschaft um Dario Calzavara die Formel-3-Europameisterschaft ausgesucht und die Italienerin Michela Cerruti sowie den Iren Gary Thompson verpflichtet.

Cerruti, die bereits einen Universitätsabschluss in Psychologie hat, freute sich auf die einmalige Herausforderung, verfügte die 26-Jährige bisher doch kaum über Erfahrung im Formelsport. Umso respektabler erscheint ihre aktuell beste Platzierung bei nur zwei Saisonmeetings, an denen die gebürtige Römerin teilnahm: Rang 19 in Silverstone. Im Gegensatz dazu kann Teamkollege Thompson auf drei Jahre in der japanischen Formel-3-Meisterschaft zurückblicken. Der 21-Jährige konnte seinem Team bereits einen Zähler für die Teamwertung sichern - wenngleich er nur an den Saisonmeetings in Monza und Silverstone teilnahm.

Auf diesen Erfolg warten Jo Zeller und Sohn noch. Sandro Zeller ist als einziger Vertreter des Schweizer Jo-Zeller-Teams am Rennwochenende auf sich allein gestellt. Der 21-jährige Eidgenosse stieg erst in dieser Saison von einem Dallara F308 auf einen Dallara F312 um. Zeller meisterte den Fahrzeugwechsel problemlos und erreichte in Brands Hatch mit Rang 15 sein bisher bestes Saisonresultat.

Das nächste Rennwochenende der Formel-3-Europameisterschaft findet im Rahmen der DTM vom 12. bis 14. Juli auf dem Norisring statt. Eine Woche zuvor kämpfen die Nachwuchspiloten um den begehrten Titel des Masters-Siegers im niederländischen Zandvoort.