Martin Tomczyk: DTM nach wie vor "wahnsinnig attraktiv"

Der ehemalige DTM-Pilot Martin Tomczyk hat die Saison 2017 mitverfolgt und weiß, was die Meisterschaft in diesem Jahr zum Kracher gemacht hat

(Motorsport-Total.com) - Nach einer DTM-Saison, die "Laut. Nah. und Dran." sein wollte, fallen die Bilanzen durchweg positiv aus. Fahrer, Teams und Beteiligte loben die neue Richtung, die die Serie eingeschlagen hat. Aktionen wie das Pit View, Regeländerungen oder Pokal-Design-Wettbewerbe wären aber längst nicht so gut angekommen, wenn nicht auch auf der Strecke abgeliefert worden wäre - einem spannenden Schlagabtausch angesehener Toppiloten sei Dank.

Titel-Bild zur News: Martin Tomczyk

Martin Tomczyk ist voll des Lobes für seine ehemaligen Kollegen Zoom

Martin Tomczyk kennt das. Der Rosenheimer hatte 16 Jahre lang sein Glück in dem anspruchsvollen Umfeld als Audi- und später als BMW-Fahrer gesucht und sich nur einmal, 2011, durchsetzen können. Ein Jahr nach seinem Ausstieg aus der DTM hat er am Finalwochenende einen Kracher miterlebt.

"Das ganze Wochenende hat gezeigt, dass die DTM nach wie vor eine wahnsinnig attraktive Serie ist", lobt er gegenüber 'dtm.com'. "Der Zuschauerzuspruch war enorm. Und dann war da noch die historische Demonstrationsfahrt der Super-GT-Serie - das war ein Blick in die Zukunft und macht definitiv Lust auf mehr."

"Besser hätte es nicht sein können", beschreibt er dabei den engen Titelkampf. "Die Meisterschaft wurde erst im letzten Rennen entschieden. Davor hatten noch vier Fahrer die Möglichkeit, Meister zu werden. Das war vor allem für die Fans toll. Leider waren alle von Audi, aber das hat der Spannung nicht geschadet."

Zwölf verschiedene Sieger in 18 Rennen, dazu mehrere Führungswechsel in der Tabelle: die Saisonzahlen sprechen für sich - und die Qualität der Fahrer. Denn beim Fahren auf Augenhöhe entschied am Ende die Konstanz, wie auch Tomczyk beobachtet hat.

"Dieses Jahr hat man ganz gut gesehen, dass in der DTM nur sehr wenig Fahrer waren, die wirklich jedes Wochenende ihre Punkte eingefahren haben und zufrieden waren mit ihrem Auto. Diese Schwankungen gibt es schon seit mehreren Jahren - Samstag top, Sonntag Flop. Matthias Ekström hatte zwar mehr oder weniger die richtige Pace im Rennen, aber über das gesamte Wochenende gesehen war die Leistung einfach nicht ausreichend, um Meister zu werden. Da sieht man, dass man sich in der DTM nie sicher fühlen darf."

Ekström hatte lange als sicherer Titelfavorit gegolten, bevor ihm Rene Rast in Hockenheim die Butter vom Knäckebrot nehmen konnte. Und dass ihm der dritte Titel doch noch aus den Händen geglitten ist, geht laut Tomczyk nicht so spurlos an dem Schweden vorbei, wie es scheint.


Fotostrecke: DTM-Saison 2017 in Zahlen

"Mattias hat ja mit seinem schwedischen Charme nach dem Rennen gesagt, das wäre kein großes Problem. Aber innerlich brodelte es in ihm", vermutet der ehemalige Teamkollege Ekströms. "Er wollte diese Meisterschaft unbedingt. Das wäre für ihn die Krönung gewesen, zehn Jahre nach seinem letzten Titel. Das ist nur meine persönliche Vermutung, aber vielleicht hätte er auch nach dem Titelgewinn seinen Rücktritt aus der DTM bekannt gegeben. Dieses Gesamtpaket hatte er möglicherweise vor Augen und sein Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen. Das wurmt ihn."

Rast sei laut Tomczyk aber ein genauso verdienter Meister: "Renes Leistung war fantastisch, alleine wenn man mal schaut, wer seine Gegner im Kampf um die Meisterschaft waren: Eki, Rocky und Jamie. Die sind schon sehr lange dabei und wissen, wie der Hase läuft. Und dann kommt er da hin, versucht einfach nur bester Rookie zu werden und jetzt ist er Champion. Das hatte er sicherlich nicht zu träumen gewagt."

"Die Saison ist für ihn gut gelaufen. Er war ein konstanter Fahrer und hat sich aus den meisten Dingen rausgehalten. Die Medien haben sich eher auf Green, Ekström und Müller konzentriert. Rene aber hat sich nicht beirren lassen, ist einfach seine Rennen gefahren und hat gepunktet."

Tomczyk weiß aus eigener Erfahrung, wie nervenzerrend es kurz vor dem großen Coup zugehen kann. Umso beeindruckter war er von Rast: "Rene ist glaube ich nicht in das Wochenende gegangen und hat gesagt, ich werde jetzt Champion. Der Abstand in der Tabelle war für DTM-Verhältnisse groß. Und auch die Audi-interne Reihenfolge war sicherlich eher auf Mattias gepolt. Rene ist einfach sein Rennen gefahren und hat geschaut, wo er rauskommt."

Neidvoll blickt der 35-Jährige aber nicht zurück. "Ich habe vor zwei Wochen in der IMSA mein letztes Rennen gefahren", beschreibt er sein USA-Abenteuer, dass er nach seinem DTM-Ausstieg angegangen ist. "In der Serie haben wir 2017 einen Sieg in Laguna Seca eingefahren. Das war ein tolles Jahr für mich in Amerika, mit neuen Rennstrecken, einem neuen Team, neuen Fahrern."


Fotos: DTM-Finale in Hockenheim


"Neben dem Einsatz in der IMSA war aber meine Hauptaufgabe dieses Jahr die Entwicklung von dem neuen BMW M8 GTE. Wir sind auf einem guten Weg, das Auto für Daytona Ende Januar zu rüsten. Das ist der erste Renneinsatz für das Fahrzeug. Danach geht es in der WEC und in Le Mans weiter."