• 24.09.2007 12:52

Aufrecht: "So macht man den Sport kaputt"

Nach dem Eklat in Barcelona steigt die Angst vor einem Hass-Duell in Hockenheim - Norbert Haug: "Müssen Gemüter beruhigen"

(Motorsport-Total.com/sid) - Rammstöße, Boykott, Strafen: Nach dem Skandal von Barcelona geht in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) die Angst vor einem erneuten Hass-Duell zwischen Audi und Mercedes beim Saisonfinale am 14. Oktober in Hockenheim um. "So verhält man sich nicht, so macht man den Sport kaputt", sagte DTM-Boss Hans Werner Aufrecht dem sid.

Titel-Bild zur News: Hans-Werner Aufrecht

Hans-Werner Aufrecht war mit den Ereignissen alles andere als zufrieden

In der DTM gibt es Befürchtungen, dass Audi aus Verärgerung der Serie ganz den Rücken kehren könnte. Das wäre das Ende der DTM, denn mit Mercedes als einzigem Hersteller dürfte es keine Zukunft geben. "Wir werden in Hockenheim in jedem Fall antreten, schließlich wollen wir den Titel gewinnen", sagte der Audi-Vorstandsvorsitzende Rupert Stadler dem sid. Und was ist im kommenden Jahr? Stadler: "Es ist unsere Absicht, auch 2008 in der DTM zu fahren."#w1#

Was Aufrecht kritisierte, war nicht nur die überharte Fahrweise einiger Mercedes-Piloten, sondern in erster Linie die Konsequenz des Konkurrenten Audi, alle Autos 10 Runden vor Schluss demonstrativ aus dem Rennen zu nehmen. "Das darf doch wohl nicht wahr sein", habe er in diesem Moment nur gedacht, meinte der DTM-Chef, der sowas in der mehr als 20-jährigen DTM-Geschichte noch nie erlebt hat. Die 42.000 Zuschauer in Barcelona hatten dafür auch kein Verständnis und quittierten die Entscheidung mit einem gellenden Pfeifkonzert.

Erinnerungen an Indianapolis 2005

Erinnerungen an den Formel-1-Eklat von Indianapolis 2005 wurden wach, als nach dem Michelin-Rückzug nur sechs Autos ins Rennen gingen. In der DTM kamen nun nach dem Audi-Boykott in Barcelona ebenfalls nur sechs Fahrzeuge ins Ziel. Was war geschehen? "Die haben einfach unsere beiden Spitzenfahrer rausgekegelt", sagte Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich.

"Nach dem dritten Abflug von einem unserer Fahrer war für mich das Maß voll." Rupert Stadler

Den Befehl zum Boykott in Barcelona hatte Ullrich von ganz oben erhalten. "Nach dem dritten Abflug von einem unserer Fahrer war für mich das Maß voll, das hatte doch nichts mehr mit Fairness zu tun", sagte Stadler dem sid, nachdem er hilflos mitansehen musste, "wie einer unserer Favoriten nach dem anderen von der Strecke segelte".

In der Tat: Mit fragwürdigen Manövern drängten der zweimalige Formel-1-Weltmeister Mika Häkkinen (Finnland) und sein Teamkollege Daniel la Rosa (Hanau) kurz nacheinander die Audi-Favoriten Martin
Tomczyk (Rosenheim) und Mattias Ekström (Schweden) von der Strecke.

Haug: "Absolut keine Absicht"

Dafür entschuldigte sich hinterher auch Mercedes-Sportchef Norbert Haug, merkte aber an: "Das war absolut keine Absicht. Wir wollen fair gewinnen." Und das habe er allen Fahrern vor dem Rennen in einem Extra-Briefing nochmal gesagt.

Die Sportkommissare verurteilten Häkkinen zur einer Geldstrafe von 22.000 Euro, la Rosa muss 10.000 Euro zahlen. Zudem werden die beiden Mercedes-Piloten beim Saisonfinale in Hockenheim in der
Startaufstellung zehn Plätze zurückversetzt. Nie hatte es in DTM eine härtere Strafe gegeben. "Die Art der Strafe ist neu, mehr möchte ich dazu nicht sagen", meinte Aufrecht.

"Die Fahrer müssen wissen, was erlaubt ist und was nicht." Hans-Werner Aufrecht

Seit Jahren würden die Hersteller und die DTM-Dachorganisation ITR mit dem Deutschen Motor Sport Bund (DMSB) darüber sprechen, wie Überholmanöver definiert werden sollen, berichtet Aufrecht. Leider sei der DMSB aber nicht in der Lage gewesen, einen entsprechenden Strafenkatalog zu erstellen. Nur dadurch könne ein Skandal wie in Barcelona künftig vermieden werden. Aufrecht: "Die Fahrer müssen wissen, was erlaubt ist und was nicht."

Haug fordert Krisensitzung

Mercedes-Sportchef Haug fordert eine Krisensitzung, "um die Gemüter zu beruhigen". So wie in Barcelona dürfe es auf keinen Fall weitergehen: "Wir wollen den Fans in Hockenheim harte, aber faire Duelle bieten." Nach den Ereignissen auf dem Circuit de Catalunya könne er sich auch nicht über den Sechsfach-Triumph seiner Fahrer freuen, zumal er ohne Gegner errungen worden war.

In Hockenheim kommt es zu einem Dreikampf um den Titel. In der Gesamtwertung führt Ekström mit 44 Punkten vor Mercedes-Pilot Bruno Spengler (Kanada/42) und Tomczyk (40). Dieser Showdown garantiert
ein ausverkauftes Motodrom und Rekordquoten im Fernsehen.