• 10.04.2014 15:29

Zanardi: "Ich freue mich auf das neue Abenteuer"

Alessandro Zanardi tritt erstmals seit 2009 wieder zu einer kompletten Saison im Motorsport an und fühlt sich gut vorbereitet

(Motorsport-Total.com) - Am 21. April startet die Blancpain-Serie in die Saison 2014. An den Start geht auch BMW-Werksfahrer Alessandro Zanardi in einem für seine Bedürfnisse umgebauten Z4 GT3 des ROAL-Teams. Im Interview spricht der Italiener über die Vorbereitung auf die Saison, die Ziele für sein Comeback und wie er den Wagen bedient.

Titel-Bild zur News: Alessandro Zanardi

Alessandro Zanardi freut sich auf die den Auftakt der Blancpain-Serie am 21. April Zoom

Frage: "Alessandro, der Start in die Blancpain-Serie 2014 steht kurz bevor. Wie sehr fieberst du deiner Comeback-Saison entgegen?"
Alessandro Zanardi: "Sehr. Die Blancpain-Serie ist eine großartige Meisterschaft, und ich bin stolz darauf, mit BMW ein Teil zu sein. BMW ist für mich nicht einfach nur eine Marke - es ist fast wie eine Familie. Seit meinem Unfall 2001 fahre ich für BMW und wir haben gemeinsam wunderbare Erfolge gefeiert. Ich freue mich auch, dass ich dieses neue Abenteuer mit einem sehr engen Freund von mir angehe: mit Roberto Ravaglia und mit ROAL."

Frage: "Wie zufrieden bist du mit der Saisonvorbereitung?"
Zanardi: "Ich bin insgesamt sehr zufrieden. Wir haben im Winter ein gutes Testprogramm absolviert, bei dem wir eine Menge gelernt haben. Wir haben noch ein paar offene Fragen bezüglich der Abstimmung oder darüber, wie wir die Reifen optimal nutzen können, aber im Verlauf der Saison werden wir zweifellos weiter dazulernen. Die Rundenzeiten waren mehr als viel versprechend. Was die Performance angeht, haben wir das Auto mit jedem Test besser kennengelernt."

"Das Auto und ich sind zu einer richtigen Einheit geworden, denn der Z4 GT3 muss auf eine Art und Weise gefahren werden, die genau meinem Fahrstil entspricht. Ich fühle mich im Auto wohl, aber manche Dinge werden wir erst im Rennen selbst herausfinden. Wir können noch nicht beurteilen, wie die Performances unseres Z4 GT3 und der Autos unserer Mitbewerber über eine Renndistanz aussehen. Insgesamt erwarte ich eine große Herausforderung. Es wird nicht einfach, an der Spitze mitzufahren, denn meine Gegner sind sehr schnell und talentiert, und sie fahren konkurrenzfähige Autos. Aber wir werden es versuchen und unser Bestes geben, damit wir Nogaro zufrieden verlassen können."

Zanardi: Top 10 in der ersten Qualifikation wäre fantastisch

Frage: "Was wäre eine realistische Zielsetzung für das erste Rennen in Nogaro?"
Zanardi: "Das ist schwierig zu sagen. Lasst mich so antworten: nah an den besten BMW dran zu sein. Denn es ist schwierig einzuschätzen, wo die anderen Autos mit der Balance of Performance stehen werden. Wir sind bisher nur beim Test in Paul Ricard zusammen mit den anderen auf die Strecke gegangen, doch das ist nicht sehr aussagekräftig, weil man nicht weiß, unter welchen Bedingungen sie gefahren sind. BMW war immer schon ein sehr konkurrenzfähiges Auto, und wenn das auch hier der Fall ist, dann sollte uns auf die anderen Teams nicht viel fehlen."

"Sollte uns das gelingen, wäre das für mich schon ein bemerkenswertes Ergebnis. Man muss auch bedenken, dass die anderen Fahrer mehr Erfahrung in diesem Format haben als ich. Es wäre fantastisch, wenn ich in der Qualifikation zum ersten Rennen in die Top 10 fahren könnte. Es kann aber auch sein, dass ich über einen 20. Platz glücklich bin. Es kann passieren, dass wir nicht genau da hinkommen, wo wir hin möchten. Nicht, weil wir einen Fehler gemacht oder nicht unser Bestes gegeben haben, sondern einfach, weil die anderen stärker waren."


Zanardi testet den BMW Z4 GT3

Die perfekte Abstimmung wird eine Herausforderung

Frage: "Auf welche Bereiche hast du, haben BMW und ROAL in der Vorbereitung des Z4 GT3 für die Saison die Schwerpunkte gelegt?"
Zanardi: "Die erste Aufgabe war, das Auto so umzubauen, dass ich mich darin wohl fühle. Dabei mussten wir nicht bei null mit einem weißen Blatt Papier anfangen, sondern wir konnten auf unsere früheren Erfahrungen aus der WTCC (Tourenwagen-Weltmeisterschaft; Anm. d. Red.) zurückgreifen. Das hat uns ermöglicht, recht schnell zu einer sehr guten Lösung zu finden. Ich fühle mich in diesem Auto mindestens genauso wohl wie im BMW 320i in der WTCC."

"Die zweite Aufgabe war, das Auto abzustimmen. Anfangs mussten wir die Eigenheiten des Reifens kennenlernen. So haben wir am Setup des Autos gefeilt, und das wird auch während der Saison eine unserer größten Herausforderungen sein. Denn auf jeder Strecke bekommt man es mit anderen Problemen zu tun, und man muss jedes Mal aufs Neue die perfekte Abstimmung finden. Doch wir sind ein starkes Team, und wir haben BMW an unserer Seite, um zu helfen und notfalls auch zu korrigieren, falls wir Fehler machen. Mit all dieser Erfahrung sollte es uns möglich sein, an jedem Rennwochenende ein gutes Auto zu haben."

Der Z4 GT3 ist auf die Bedürfnisse zugeschnitten

Frage: "Kannst du beschreiben, wie du das Auto fährst?"
Zanardi: "Ich bremse mit meiner Beinprothese, indem ich die Hüfte bewege. Schon 2003 hat sich sehr schnell gezeigt, dass die Benutzung meiner rechten Prothese die wohl beste und effizienteste Art ist, das Bremspedal zu bedienen. Deshalb haben wir uns für diesen Weg entschieden und ein entsprechendes System entwickelt. Es ist sehr nah dran an dem, wozu ein menschliches Bein in der Lage ist. Alles andere mache ich mit meinen Händen. Ich muss nicht nur lenken, sondern ich gebe auch Gas, mit einem Ring, der sich hinter dem eigentlichen Lenkrad befindet."

"Ich schalte über Schaltwippen mit den Fingern. Die Kupplung betätige ich mit einer kleinen Wippe, die auf dem unteren Teil des Lenkrads montiert ist. Im Z4 GT3 funktioniert alles elektronisch, und das ist ein Vorteil verglichen zu unserer Zeit in der WTCC. Damals hatten wir eine H-Schaltung, die ich mit meiner Hand bedient habe. In den Bremszonen hatte ich also einiges zu tun: Ich musste die Kupplung bedienen und schalten und habe praktisch mit meinem Handballen gelenkt."

Frage: "Wie müsste die Saison verlaufen, damit du danach sagen würdest, dass sie gut war?"
Zanardi: "Das ist sehr schwer zu sagen. Wenn Sie mich vor den Paralympics 2012 in London gefragt hätten, ob ich mich über eine Medaille, zum Beispiel eine Bronzemedaille, freuen würde, hätte ich geantwortet: 'Wow! In meinem Alter, mit all diesen talentierten Jungs, die viel jünger sind als ich - ich wäre überglücklich!? Doch rückblickend wäre es sehr schade gewesen, nur eine Bronzemedaille mit nach Hause zu bringen. Dennoch - zum jetzigen Zeitpunkt würde ich sagen: Sollte ich die Saison mit einem Sieg auf meinem Konto beenden, wäre ich nicht nur zufrieden, sondern wirklich begeistert!"

"Sollte ich die Saison mit einem Sieg auf meinem Konto beenden, wäre ich nicht nur zufrieden, sondern wirklich begeistert!" Alessandro Zanardi