• 11.08.2013 15:48

  • von Christian Nimmervoll & Dominik Sharaf

Wenn der Regen fällt: Von Draufgängern und rotem Licht

Die WEC-Piloten erklären, was das Fahren bei Nässe so anspruchsvoll und gefährlich macht - Ferrari-Rückleuchten als Sicherheitslücke

(Motorsport-Total.com) - Ein trauriges Kapitel Motorsport-Geschichte, dessen Schlusssatz wohl nie geschrieben ist: Unfälle wie der von Aston-Martin-Pilot Allan Simonsen bei den diesjährigen 24 Stunden von Le Mans verdeutlichen, dass Autorennfahren trotz aller Innovationen bei der Sicherheit ein gefährliches Unterfangen bleibt. Das gilt nicht nur in der Langstrecken-WM (WEC) besonders bei Regen. "Ich habe nichts dagegen, wenn es nass ist", sagt Alexander Wurz 'Motorsport-Total.com', "aber bitte kein Aquaplaning und Gischt."

Titel-Bild zur News: Regen in Le Mans

Regen in Le Mans: Für die Piloten ist es Herausfoderung und Gefahr zugleich Zoom

2013 war es in Le Mans besonders heikel, schließlich lag auf dem Circuit de la Sarthe eine neue Asphaltdecke. "Du siehst überhaupt nichts mehr", klagt der Toyota-Star, der in seiner Karriere schon viele Regenschlachten mitgemacht hat. "Das Wasser bleibt voll stehen und so eine schlimme Gischt habe ich noch nie erlebt - selbst in der Formel 1 nicht." Während Wurz konstanten Regen als für Fahrer angenehmer beschreibt, weiß Thomas Holzer, was es bedeutet, wenn der Wolkenbruch nur bestimmte Streckenabschnitte betrifft.

Mit Unbehagen erinnert sich der Porsche-Werksfahrer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com': "Dann kommst du aus der zweiten Schikane raus - und fährst plötzlich in eine Wand rein", so Holzer über einen Platzregen im Norden Frankreichs, wie er beim Abschlusstest herrschte. "Da war es dann wirklich so, dass ich mich von der Sicht her nur noch an den Mittelstreifen orientiert habe - wie auf der Autobahn, wenn es starken Nebel hat." Einzig tuckerte er mit seinem 911 GT3 RSR nicht unbedingt mit 60 km/h in Richtung der nächsten Raststätte.

Rollende Hindernisse: GT-Autos in Le Mans

Ein Wettbewerb rund um die Uhr bringt es mit sich, dass die Lichtverhältnisse die Bedingungen weiter erschweren: "Ich will nicht wissen, wie es ist, wenn es auch noch dunkel ist", überlegt Holzer. Den 25-Jährigen reizt die Herausforderung trotzdem: "Aber es ist halt so, es ist ein 24-Stunden-Rennen - das gehört dazu. Und ich fahre ja im Regen sehr gerne." Eine weitere Besonderheit, die die WEC von der Formel 1 unterscheidet: In der Königsklasse tauchen nur Autos aus der dichten Regenwand auf, die in etwa die gleiche Geschwindigkeit haben wie der eigene Bolide.


Fotos: 24 Stunden von Le Mans


Anders im Langstrecken-Geschäft, wo die Fahrzeuge aus kleineren Klassen insbesondere auf Highspeed-Abschnitten wie der Hunaudiere-Geraden rollende Schikanen für die Prototypen darstellen. Davon können die Audi-Asse Allan McNish und Mike Rockenfeller das sprichwörtliche Lied singen. "Dann ist es einfach gefährlich, denn in der Formel 1 weißt du, dass du 20 Autos hast, die gleich bestückt sind, aber hier fahren wir gegen GT-Fahrer, wo der eine oder andere mal mit 100 km/h auf der Geraden fährt und wir mit 300 km/h kommen", beschreibt Wurz Differenzen bei Technik und fahrerischem Können. "Wenn du nichts siehst, wird es unangenehm."

Ganz besonders, wenn es sich bei dem vorausfahrenden Fahrzeug um einen Ferrari handelt. Die Rückleuchten des F458 Italia sind dem Routinier aus den Reihen der Japaner ein Dorn im Auge. "Die meisten Ferraris haben so schlechte Hinterlichter, dass du die nicht siehst, wenn viel Wasser steht", beklagt Wurz. Doch selbst gut sichtbares Leuchten ist nicht immer eine Garantie für ausreichend Reaktionszeit. "Du fährst - und auf einmal siehst du ein rotes Licht. Aber wenn du ein rotes Licht siehst, wird es meistens schon brenzlig", meint Holzer.

Regen als Chance für Draufgänger

Mehr Verlass ist auf die Marshalls, die mit der rot-gelb gestreiften Flagge vor Flüssigkeit auf der Fahrbahn warnen. "Die Streckenposten sind zwar sehr gut und schwenken auch gleich die Flaggen, wenn es rutschig ist. Aber sie können natürlich auch nicht genau einschätzen, wie glatt die Piste wirklich ist", erläutert Timo Bernhard. Der Porsche-Pilot ist sich darüber im Klaren, dass nicht jeder Aktive im Feld die Geduld seines Schutzengel im gleichen Maße strapaziert: "Der eine Fahrer ist in so einer Situation eher etwas vorsichtiger, der andere riskiert eben mehr und vertraut darauf, dass es gut geht."

Alexander Wurz

Alexander Wurz ist ein echter Routinier, dennoch hat er bei Regen Bedenken Zoom

Bei Regen im Fokus stehen auch die Reifen. Die haben einerseits das Problem, in den obligatorischen Safety-Car-Phasen bei langsamer Fahrt auszukühlen und so für einen weiteren Risikofaktor zu sorgen. "Danach muss man sich erst wieder an die Haftgrenze herantasten", so Bernhard. Die zweite Hürde ist hausgemacht, schließlich will auf der Hatz nach einem Gesamtsieg und möglichst wenigen Boxenstopps kein Fahrer auch nur ein winziges Zeitspänchen verschenken. Das heißt im Umkehrschluss, dass die Pneus so lange auf den Achsen bleiben, wie es nur irgendwie möglich ist.

"Sensationell ist ja, dass wir mit Reifen vier oder fünf Stints abspulen und in der letzten Runde immer noch Zeiten fahren können, als würde es keinen Reifenverschleiß geben", unterstreicht Wurz, der den Preis für diese Ausdauer kennt: "Das schafft Michelin nur, indem sie das Temperaturfenster relativ schmal halten. Wenn du dann durch ein Safety-Car aus diesem Fenster rausfällst, hast du enorme Schwierigkeiten."

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