• 04.06.2015 13:06

  • von Roman Wittemeier

Vorschau Le Mans 2015: Die LMP2-Klasse

Die schnellen neuen Orecas und Ligiers gegen die bewährten offenen Fahrzeuge: Ein Topfavorit ist in der LMP2-Klasse in Le Mans kaum auszumachen

(Motorsport-Total.com) - Wenn sich am 13./14. Juni die Werksteams von Audi, Porsche und Toyota um den Gesamtsieg bei der 83. Auflage der 24 Stunden von Le Mans bekämpfen, tobt in der "zweiten Liga" ein mindestens ebenso harter Fight. Die LMP2-Klasse ist mit 19 Fahrzeugen stark besetzt, mindestens zehn dieser Autos kommen für den Klassensieg in Betracht. Die Kategorie der kleinen Prototypen bietet große Vielfalt bezüglich der Chassis, entschieden wird das Rennen aber wohl über die Qualität der Piloten und Motoren.

Titel-Bild zur News: Matthew Howson, Richard Bradley

Gilt als "LMP1-Light": Der neue Oreca 05 Nissan von KCMG ist einer der Favoriten Zoom

Beim vergangenen Vortest in Le Mans drehte Laurens Vanthoor im Ligier-HPD in 3:41.919 Minuten die schnellste Runde des Tages. Der Belgier fand sich im LMP2-Feld extrem schnell und gut zurecht. Aber macht dies das Auto mit der Startnummer 34 zum Favoriten? Eher nicht. Vanthoor ist nicht allein am Steuer. Sein Kollege Kevin Estre dürfte auf ähnlichem Niveau agieren, aber Gentleman-Fahrer Chris Cumming ist schlichtweg zu langsam. Der Kanadier verlor beim Test zehn Sekunden pro Runde und legte das Auto zwischenzeitlich in den Kies.

Baugleiche Fahrzeuge haben sicherlich bessere Chancen im Wettbewerb. Immerhin gehen sechs weitere Ligier JS P2 in den Wettbewerb, wovon allerdings nur zwei ganz oben auf den Favoritenlisten auftauchen. Neben dem Oak #34 sind auch die beiden Ligiers von ESM mit dem HPD-Motor am Start, der bislang nicht durch allzu viel Power und hohe Zuverlässigkeit geglänzt hat. Da hilft es den Amerikanern kaum, dass man im Auto mit der Nummer 30 (Sharp/Heinemeier Hansson/Dalziel) eine bärenstarke Besatzung hat.

G-Drive bestens aufgestellt für Le Mans

Der zweite Ligier von Oak dürfte mit Jacques Nicolet, Erik Maris und Jean-Marc Merlin aufgrund der fahrerischen Schwächen ebenso chancenlos sein wie das baugleiche Auto von Krohn (Krohn/Jönsson/Barbosa) mit dem Judd-Antrieb. Bleiben also die Fahrzeuge von G-Drive. Das russische Team um Roman Russinow ist bestens besetzt und hat den bewährten Nissan-Antrieb als starke Schubkraft im Heck der Autos. Beide Fahrzeuge des Teams sind fahrerisch stark aufgestellt.

Rusinov/Canal/Bird und Yacaman/Derani/Gonzalez bilden jeweils homogene Trios in den Ligier-Nissans. "Unser Auto ist konkurrenzfähig. Das haben wir in Silverstone und Spa gezeigt. Da interessiert es uns nur wenig, dass wir beim Test kaum gefahren sind", sagt Canal voller Selbstbewusstsein. Beim Saisonauftakt der WEC in Silverstone hatte das Team einen Doppelerfolg gefeiert, anschließend in Spa-Francorchamps holte man trotz des Pechs mit der Startnummer 26 immerhin noch Rang zwei.

Gustavo Yacaman, Luis Felipe Derani, Ricardo Gonzalez

Die beiden Ligier-Nissan von G-Drive sind stark besetzt und oftmals schnell Zoom

Im Kampf der geschlossenen, neuen LMP2-Coupés bekommen es die beiden Ligiers von G-Drive mit zwei Oreca-05-Nissan von KCMG und TDS zu tun. Das Coupé aus der Oreca-Schmiede in Signes erinnert auffällig stark an das LMP1-Auto von Rebellion - aerodynamisch weit entwickelt und vor allem für die Topspeed-Jagd in Le Mans bestens geeignet. Besonders das Fahrzeug der Mannschaft aus Hongkong wird stark eingeschätzt.

Schneller neuer Oreca: Reicht es für KCMG?

Weil KCMG-Stammpilot Nick Tandy in Le Mans im dritten Porsche 919 sitzt, wird der erfahrene Nicolas Lapierre die beiden Briten Matt Howson und Richard Bradley unterstützen. Der Franzose zeigte bei seinen bisherigen Einsätzen im Oreca-Nissan, dass er auch nach seinem Abschied aus dem Toyota-LMP1-Cockpit nichts an Tempo verloren hat. Man gehe mit "großer Zuversicht" an das Rennen, beteuern alle Piloten von KCMG. Das spezielle Le-Mans-Aeropaket von Oreca brachte die gewünschten Ergebnisse.

TDS kommt als Gast aus der ELMS nach Le Mans. Es fehlen bisher direkte Vergleiche im Wettbewerb, denn das Team um Pierre Thiriet nahm als Vorbereitung auf den 24-Stunden-Klassiker an der Sarthe nicht am WEC-Lauf in Belgien teil. Neben Thiriet sitzen Ludovic Badey und Tristan Gommendy im Auto mit der Startnummer 46. Fahrerisch ist man also längst nicht so gut besetzt wie das baugleiche Fahrzeug mit der Nummer 47 von KCMG - dennoch hat TDS durchaus Chancen.

Aus der langen Reihe von Teams mit betagten LMP2-Fahrzeugen ragen noch einige als mögliche Siegkandidaten heraus. Eines steht fest: Gibson kann nicht nur Gitarre! Der ehemalige Zytek, der nun nach einer erheblichen Überarbeitung Gibson 015S genannt wird, hat ausreichend Qualitäten, um im harten Wettbewerb in Le Mans ganz vorne mitzumischen - er ist quasi die "Les Paul" unter den offenen LMP2-Rennern.


Fotostrecke: Le Mans 2015: Die Prototypen

Die britischen Teams Jota (#38) und Greaves (#41) setzen das Gibson-Chassis jeweils mit dem Nissan-Antrieb ein. Beide Autos sind im LMP2-Vergleich sehr gut besetzt. Bei Jota hat Teamgeldgeber Simon Dolan die beiden schnellen Oliver Turvey und Mitch Evans an seiner Seite, im Auto von Greaves kann sich Gentleman-Pilot Gary Hirsch auf die Qualitäten von Björn Wirdheim und Jon Lancaster verlassen. Dem Auto fehlt es etwas an Topspeed, was im Rennen aber über Konstanz und Zuverlässigkeit wettgemacht werden kann.

Murphy: Wenn Patterson das Gaspedal findet...

Man wird es im Hause Oreca vielleicht nicht allzu gern hören, aber: Die alten 03er-Chassis sind in Le Mans mindestens ebenso siegverdächtig wie das neue 05er-Coupé. Murphy konnte beim Vortest deutlich zeigen, dass man mit dem offenen Auto und dem Nissan-Antrieb sehr wohl vorne mitmischen kann. "Das Ergebnis des Tests sagt nicht viel aus, aber es ist immer schön, wenn man gut unterwegs ist", meint Karun Chandhok, dem am Nachmittag die schnellste LMP2-Runde gelang.

Der Inder will sich mit starken Leistungen für einen möglichen Einsatz in der LMP1-Klasse 2016 empfehlen. "Das wäre ein Traum", sagt der ehemalige Formel-1-Pilot. Allerdings ist Chandhok bezüglich eines möglichen Erfolges in Le Mans abhängig von anderen. Teamkollege Nathanael Berthon ist in der LMP2-Klasse gut unterwegs, aber man hat schließlich noch Mark Patterson an Bord. Nur wenn es gelingt, den Amerikaner in der Le-Mans-Woche auf halbwegs gutes Tempo zu bringen, hat man eine Chance.

Nathanaël Berthon, Mark Patterson, Karun Chandhok

Murphy muss Mark Patterson auf Tempo bringen, dann entstehen gute Chancen Zoom

Etwas homogener ist das Fahrertrio im Auto von Signatech (#36). Der Alpine A450B, der eigentlich ein offener Oreca 03 ist, hat seine Stärken schon oft im Wettbewerb dargestellt. Nelson Panciatici hat sich als schneller Prototypen-Pilot etabliert, Paul-Loup Chatin ist mittlerweile gut unterwegs und Vincent Capillaire ist einer der schnelleren Piloten aus der Kategorie Silber. Der weniger gut besetzte Oreca-Nissan von Ibanez dürfte kaum eine große Rolle spielen.

Große Auferstehung von SARD-Morand?

Aber es gibt noch den überarbeiteten Morgan auf der Starterliste. Das Team SARD Morand hat sich nach einigen Turbulenzen zu Jahresbeginn wieder stabilisiert. Mit Pierre Ragues, Oliver Webb und dem jungen Schweizer Ziel Amberg hat man eine vergleichsweise solide Cockpitbesetzung. Der Morgan EVO zeigte beim Vortest den besten Topspeed in der LMP2-Klasse - ein nicht zu unterschätzender Vorteil, wenn es darum geht, sich den Weg an den GTE-Autos vorbei zu bahnen.

Der alte Morgan-Nissan von Pegasus (#29) dürfte fahrerisch zu dünn besetzt sein, um im harten Kampf der LMP2-Klasse vorn mitmischen zu können. Große Fragezeichen gibt es bei den Teams SMP und Strakka. Beide Mannschaften setzen neue Eigenbauten ein. Das Fahrzeug der Russen, der von Paolo Catone entworfene BR-01, ist kaum ausgereift und bisher nicht richtig schnell. Der Dome von Strakka (#42) hat sicherlich Außenseiterchancen.

Nick Leventis, Danny Watts, Jonny Kane

Eine große Unbekannte: Was kann der Dome-Nissan von Strakka leisten? Zoom

Wenn man nach dem kurzfristigen Wechsel zu Dunlop schnell die Reifen in den Griff bekommt, dann eröffnen sich für Nick Leventis, Danny Watts und Jonny Kane als eingespieltes Trio sicherlich Möglichkeiten. "Wenn man bedenkt, dass wir kaum Erfahrung mit den neuen Reifen und dem Le-Mans-Paket haben, dann sind die Plätze fünf und sechs in den Vortests nicht übel", meint Teamchef Dan Walmsley. "Wir sind gut in Form, alle im Team sind richtig angestachelt."

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