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  • 30.10.2015 08:12

  • von Roman Wittemeier

Toyota-Technikchef: "Es macht mir Angst und Sorgen"

Toyota-Technikchef Pascal Vasselon sieht die explosionsartige Performance-Entwicklung in der WEC kritisch: Power, die man sich für viel Geld kaufen kann

(Motorsport-Total.com) - Toyota trägt auch am aktuellen Rennwochenende der WEC in Schanghai die Startnummern 1 und 2 auf den beiden TS040 - ein deutlich sichtbares Zeichen, dass die Japaner im vergangenen Jahr den Titel holten. Die Positionen in den Sessions der Saison 2015 entsprachen bislang jedoch nie den Startnummern. Toyota hat im harten Wettbewerb gegen Audi und Porsche erheblich an Boden verloren. "Im Schnitt liegen wir über alle Rennen 3,3 Sekunden hinter den LMP1-Bestwerten", sagt Technikchef Pascal Vasselon gegenüber 'auto motor und sport'.

Titel-Bild zur News: Pascal Vasselon

Macht sich große Sorgen um die schnellen Entwicklungen der LMP1: Pascal Vasselon Zoom

Rückstand trotz Fortschritt - so lässt sich die aktuelle Lage von Toyota auf den Punkt bringen. "In Le Mans waren wir netto gut vier Sekunden pro Runde schneller als 2014 - und in jeder normalen Rennsaison hätte das für einen dominanten Sieg ausgereicht! Aber diese Saison ist verrückt, beeindruckend und beängstigend zugleich, denn unsere Wettbewerber haben sich noch stärker gesteigert als wir, obwohl das Reglement sowie die Autos im Prinzip gleich geblieben sind", sagt der Franzose.

"Hier explodiert gerade die Performance - und das macht mir Angst und Sorgen", erklärt Vasselon. Nach Ansicht des erfahrenen Ingenieurs, der bereits zu Formel-1-Zeiten von Toyota in der Verantwortung stand, liegen die Gegner Porsche und Audi aufgrund ihrer rasanten Entwicklungen im Bereich des Antriebsstrangs vorn. Die Japaner legten beim Hybrid um eine Sekunde zu, die Mitbewerber gleich um fünf Sekunden oder mehr. Alles eine Frage des Geldes?

Wird in der WEC das Token-System aus der Formel 1 kommen?

"Es ist eine absolute Notwendigkeit, sicherzustellen, dass es nicht zu leicht wird, sich Performance zu kaufen, denn dann entscheidet nur noch das Budget über die Wettbewerbsfähigkeit - und nichts anderes", kritisiert Vasselon, der sich nachdrücklich für Sparmaßnahmen einsetzt. "Die naheliegenden Sachen hat die Cost-Saving-Group recht zügig umgesetzt, aber jetzt stehen wir vor der großen Frage, wie es weitergehen soll oder muss."

"Viele Bereiche sind limitiert, was nicht limitiert ist, ist die Powertrain-Entwicklung. Hier wird wie in der Formel 1 aktuell am meisten Geld verbraten, es gibt de facto keine Limits, aber die müssen her, sonst kann die LMP1-Klasse nicht überleben", meint der Franzose. Er fordert deshalb die Einführung eines Token-Systems nach dem Vorbild der Formel 1. Sprich: Der Antrieb wird in Bereiche eingeteilt, die dann nur durch den Einsatz dieser Token einzeln entwickelt werden dürfen.


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"Ich habe nicht die Übernahme des F1-Systems vorgeschlagen, sondern nur das Konzept an sich. Das ist ein cleveres System", sagt Vasselon. "Dabei bricht man den gesamten Powertrain in beliebig viele Teile oder Entwicklungsbereiche auf, in Summe zum Beispiel 100 Token. Für das erste Jahr bekommt man 30 Token zugestanden, man darf also nur in 30 Bereichen optimieren - nicht aber in allen 100." ACO und FIA könnten die Anzahl der Token in den kommenden Jahren schrittweise reduzieren. "So können die Regelhüter steuern, wie viel Geld die Hersteller am Ende ausgeben."