• 21.06.2016 11:54

  • von Roman Wittemeier

Le-Mans-Sieger Marc Lieb: "Ich habe es mir selbst bewiesen"

Das Rennen seines Lebens: Marc Lieb erfüllt sich mit dem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans einen großen Kindheitstraum - "Es hat so vieles dagegen gesprochen"

(Motorsport-Total.com) - Mit dem dramatischen Finale bei den 24 Stunden von Le Mans ist die Leidensgeschichte von Toyota beim Klassiker an der Sarthe fortgeschrieben worden. Auf der anderen Seite hat das Rennen zwei neue Le-Mans-Helden hervorgebracht. Neel Jani und Marc Lieb feierten ihren ersten Triumph beim größten Langstreckenrennen der Welt. Ihr Porsche-Kollege Romain Dumas erlebte dieses Gefühl nach seinem Sieg mit Audi im Jahr 2010 nun bereits zum zweiten Mal.

Titel-Bild zur News: Romain Dumas, Neel Jani, Marc Lieb

Le-Mans-Sieger 2016: Romain Dumas, Marc Lieb und Neel Jani (v.l.n.r.) Zoom

"Ich freue mich für die Jungs, ganz besonders freue ich mich für Marc" - diese Aussage war nach dem Rennen immer wieder von vielen Porsche-Weggefährten zu hören. Marc Lieb auf dem Thron, eine Krönung einer ganz besonderen Motorsport-Karriere. "Le Mans zu gewinnen war immer mein Kindheitstraum. Das wollte ich immer schaffen. Jetzt habe ich es - unfassbar", sagt der 35-Jährige aus Ludwigsburg. Seit 2005 ist Marc Lieb nicht nur Werksfahrer bei Porsche, sondern als Ingenieur auch direkt an der technischen Entwicklung beteiligt.

"Ich habe es mir selbst bewiesen", meint der zweifache Familienvater nach seinem Erfolg an der Sarthe. "Selbst wenn wir Zweiter geworden wären, hätte ich noch Jahre an dieses Rennen zurückgedacht. Es war ein geiles Rennen. Ich bin nach all meinen Stints mit mir selbst zufrieden gewesen. Das bin ich nicht sehr oft." Sätze, die den Charakter von Lieb zum Ausdruck bringen. Er ist nicht das umjubelte Vollgastier wie Neel Jani und auch nicht der draufgängerische Spaßvogel wie Romain Dumas - Marc Lieb verrichtet oft still und leise seine Arbeit, rückt sich dabei nie in den Vordergrund.

Der "GT-Alien" im LMP1-Umfeld von Porsche

Nach Gesamtsiegen bei den 24 Stunden auf dem Nürburgring, GT-Erfolgen in Le Mans und zahlreichen weiteren Triumphen im Sportwagen war Lieb der "GT-Alien" im LMP1-Lager von Porsche. Seine Erfahrungen als Entwickler und nicht zuletzt sein Tempo hatten ihn dennoch für die Aufgabe im Porsche 919 Hybrid mehr als qualifiziert. Was kaum jemand wusste: Lieb hatte nahezu alle RS Spyder eingefahren, dieses Fahrzeug in seiner Entwicklung entscheidend geprägt und vorangebracht. Er brachte mehr Prototypen-Erfahrung mit ein als viele von außen meinten. All dies kumulierte nun in Le Mans2016.

"Es war eine Achterbahnfahrt. Schon beim Start ging es chaotisch zu: viel Regen, lange hinter dem Safety-Car - das Rennen ging gar nicht richtig los. Dann wurde es trocken und hektisch", beschreibt Lieb. "Es hat so vieles dagegen gesprochen, dass es unser Tag wird." Nach der Freigabe des Rennens wartete die Mannschaft vom Porsche #2 zu lange mit dem Wechsel auf Slicks. "Da haben wir viel Zeit verloren, es war die falsche Entscheidung."

Neel Jani, Marc Lieb

Marc Lieb prügelte den Porsche 919 Hybrid im Rennen allein 1.850 Kilometer weit Zoom

"Auf der Strecke waren wir zu langsam, weil wir noch Regenreifen hatten. Dann war in der Box alles zugeparkt. Das hat nochmal viel Zeit gekostet", resümiert Marc Lieb. "Diesem Rückstand sind wir hinterhergefahren, die ganze Zeit." Erst in der Nacht konnte man auf Toyota etwas Boden gutmachen. "Da waren wir schneller mit unseren weichen Reifen. Aber es half wenig: Toyota hat so oft Glück bei den Slow-Zones, dass wir zweimal verlangsamen mussten und sie nur einmal."

Der Schock: Le-Mans-Sieg in den letzten Minuten

Trotz voller Attacke von Lieb, der insgesamt über 1.850 Rennkilometer zurücklegte, blieb der Vorsprung von Toyota meist sehr konstant. Auch Romain Dumas und Neel Jani konnten mit ihren Angriffen keinen Boden gutmachen. "Wahnsinn und total verrückt, wie das dann am Ende war." Der Toyota #5 galt spätestens seit einem schleichenden Plattfuß am Porsche rund zehn Minuten vor dem Ende des Rennens als sicherer Sieger - doch dann der Ausfall.

"Ich stand in der Box, schaute Neel in den letzten Minuten zu und bekam die Nachricht, dass der Toyota stehen bleibt. Da habe ich gesagt: 'Nein, der wartet auf seinen Kollegen für ein schönes Foto'. Dann kam Brendon und sagte, dass er tatsächlich steht. Ich dachte, dass es nicht wahr sein kann. Eigentlich war es ein Schock", beschreibt Marc Lieb seine Emotionen im entscheidenden Moment für vor dem Fallen der Zielflagge.


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"In diesem Moment bricht so vieles herein. Man denkt an die Toyota-Jungs, man ahnt, was in denen vorgeht. Für uns das absolute Glücksgefühl, für die der Tiefpunkt schlechthin. Was für eine verrückte Story hat dieses Rennen geschrieben", schüttelt Marc Lieb ungläubig mit dem Kopf. Diese Story wird den sympathischen Schwaben für immer begleiten. Auch dann noch, wenn er seine Karriere als aktiver LMP1-Pilot am Ende dieses Jahres möglicherweise beenden wird.

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