Antriebsloser Webber: Rücktritt auf eigenen Wunsch

Mark Webber gibt einen seltenen Einblick in sein Innenleben: Warum es für ihn eine große Last ist und wie dramatisch es um seine Motivation wirklich stand

(Motorsport-Total.com) - Die Nachricht, dass Mark Webber am Ende der WEC-Saison 2016 zurücktreten würde, hat am Donnerstag die Motorsportwelt erschüttert. Der Australier war eine sichere Bank an der Seite von Brendon Hartley und Timo Bernhard - das Trio ist bislang die Paarung, die es zu schlagen gilt- Lediglich Technikpech warf die drei Porsche-Piloten aus dem Titelkampf. Doch Webber hat mit der Motivation gekämpft; der Rücktritt erfolgte auf eigenen Wunsch. Der Stress wurde für den 40-Jährigen zu groß.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber verabschiedet sich aus dem internationalen Motorsport Zoom

Eines hat Webber immer ausgezeichnet: Ehrlichkeit und Gradlinigkeit. Und ganz ehrlich musste er sich eingestehen: "Man kann diesen Job nicht mit halbem Enthusiasmus machen. Man muss sich richtig hingeben. Das gilt auch für das Testen und alles, was damit in Verbindung steht." Dem früheren Formel-1-Piloten ist trotz seiner Begeisterung für den Langstreckensport und die kraftvollen LMP1-Boliden die Motivation abhanden gekommen, sein Leben dem Sport unterzuordnen - nach 25 Jahren im Motorsport durchaus verständlich. Anmerken ließ er es sich nie.

Er erklärt: "Wenn man nicht mehr die Leidenschaft dafür aufbringen kann, nachts um drei Uhr nach Aragon zum Testen zu gehen... Solche Dinge kommen einfach zusammen und ich will absolut fair sein zu Porsche und allen, die involviert sind. So kommen solche Entscheidungen zustande." Vor sich selbst möge er es halbwegs rechtfertigen können, das intensive Programm aus Testfahrten, Simulator, PR-Terminen und Rennen nur halbherzig wahrzunehmen, vor dem Team wolle er es aber nicht tun.

Sporadische Renneinsätze nicht geplant

Webber gibt zu, dass ihm eine Last von den Schultern gefallen sei, als er seinen Rücktritt verkündet hat: "Als ich letzte Nacht ins Bett gegangen bin, konnte ich mir endlich sagen, dass es erledigt ist. Dass es raus ist und ich es jetzt tun muss. Die Reaktionen waren phänomenal." Nicht nur zu seinen Teamkollegen hatte er ein hervorragendes Verhältnis, auch die Atmosphäre im Fahrerlager sagte ihm sehr zu: "Unsere Wettbewerber waren ebenfalls großartig; die Audi- und Toyota-Fahrer, es ist einfach genau der Spirit, den man sich von einer solchen Meisterschaft erwartet."

Der neunmalige Grand-Prix- und siebenmalige WEC-Rennsieger lässt sich auch keine Hintertür offen, eventuell nochmal einen Anlauf auf den bislang nicht erreichten Le-Mans-Sieg zu wagen, sollte Porsche eines Tages zu einem dritten Fahrzeug zurückkehren. "Ich habe da ein paar interessante E-Mails gelesen", sagt er. "Aber es ist enorm unwahrscheinlich." Zwar lässt sein neuer Kontrakt zu, dass Webber GT-Fahrzeuge pilotiert. Doch nachdem er Formel-1- und LMP1-Fahrzeuge pilotiert hat, ist der Reiz, in einen 911 RSR zu steigen, doch eher gering, gesteht er sich ein.


Mark Webber: Das Interview zum Rücktritt

Der Australier über die Gründe seiner Entscheidung und seine Zukunftspläne Weitere Langstrecke-Videos

"Das ist keine arrogante Position", verteidigt er sich, bleibt aber auch hier absolut ehrlich in seinem Standpunkt. "Ich würde langsame Fahrzeuge pilotieren, auf denen ich obendrein keine Erfahrung habe, also warum sollte ich mir das antun?" So bleiben ihm die guten Erinnerungen: "Ich habe einfach sehr viel Glück gehabt, solch schnelle Autos zu pilotieren. Diese Fahrzeuge bei Nacht in Le Mans zu fahren, ist dramatisch, intensiv, sexy. Das Auto ist am Limit und die Strecke ist am Limit. Ich werde mich da immer dran erinnern."

Webber weiß bereits, dass er den Zweikampf und das Racing vermissen wird. Doch er ist sich absolut sicher, das Richtige getan zu haben. "Manchmal habe ich dieses Jahr im Auto gesessen und mich gefragt, warum ich das tue", lässt er durchblicken. Zum ersten Mal sei es ihm in Spa-Francorchamps beim zweiten Lauf der Saison so gegangen. "Es ist eine Droge, von der man sich langsam löst. Ich akzeptiere, dass es schwierig für mich werden wird. Nicht alles (an einem Rücktritt; Anm. d. Red.) ist toll. Ich werde mich Herausforderungen stellen müssen." Doch wer immer ehrlich zu sich selbst ist, sollte damit kein Problem haben.