• 25.12.2010 17:29

  • von Stefan Ziegler

Rückblick 2010: Die Rookiewertung

Sechs Neulinge kämpften in der Saison 2010 um den besten Platz unter den arrivierten WTCC-Piloten: Die Rookiewertung ist Teil 5 des Rückblicks

(Motorsport-Total.com) - 22 Sprintrennen auf vier Kontinenten, 20 Stammfahrer in zehn Teams, vier Titelanwärter auf drei Marken und ein großer Sieger: Die WTCC-Saison 2010 begeisterte von März bis November mit spannenden WM-Läufen und vielen spektakulären Duellen. 'Motorsport-Total.com' blickt zurück auf ein Rennjahr, das Yvan Muller und Chevrolet als Titelträger sah. Heute: Die Rookiewertung.

Titel-Bild zur News: Michel Nykjaer, Tiago Monteiro, Norbert Michelisz

Immer vorne dabei: Norbert Michelisz und Michel Nykjaer gegen Tiago Monteiro

Von 2005 bis einschließlich 2009 mussten sich die Fans der WTCC mit vier Gesamtwertungen auseinander setzen, doch in der abgelaufenen Saison gesellte sich ein neues Klassement hinzu: Zusätzlich zu den WM-Tabellen bei Fahrern und Herstellern sowie den Pendants der Privatiers richteten die Verantwortlichen zum Saisonstart 2010 erstmals eine gesonderte Rookiewertung ein.

Die Gründe dafür lagen auf der Hand: WTCC-Promoter Marcello Lotti hatte einst versprochen, dass die Dieselautos aus dem Hause SEAT niemals bei den Privatfahrern am Start sein würden. Weil im Rennjahr 2010 allerdings gleich sieben Fahrzeuge dieser Art antraten und viele Neueinsteiger mit von der Partie waren, wurde die Rookiewertung geboren - als Rangliste für die Debütanten in der WM.

Punkteberechtigt in dieser fünften Tabelle waren lediglich die Fahrer, welche vor ihrer ersten kompletten Saison in der WTCC standen - gerade einmal sechs Piloten. Fredy Barth (Sunred), Darryl O'Young (Bamboo) und Harry Vaulkhard (Bamboo) hatten vorher noch kein WM-Rennen bestritten, Mehdi Bennani (Wiechers), Norbert Michelisz (Zengõ) und Michel Nykjaer waren frühere Gaststarter.

Prompt lieferte sich das Sextett im Jahresverlauf einen heißen Tanz um den Titel des besten Rookies, doch schon ziemlich schnell wurde klar: Letztendlich würde ein SEAT-Pilot als bester Neueinsteiger zu Buche stehen, denn die Vertreter von BMW und Chevrolet waren in dieser Kategorie eigentlich ohne realistische Siegchance. Entsprechend verteilten sich die Klassensiege bei den WTCC-Debütanten.

Barth, Michelisz und Nykjaer brachten es im Rennjahr 2010 auf beeindruckende 21 Erfolge in 22 Rennen, einzig O'Young konnte den Siegeszug der Rookiekonkurrenz in Brünn einmal unterbrechen. Gleich neun Triumphe durfte sich Michelisz zuschreiben lassen, jeweils sechsmal sausten Barth und Nykjaer als Gewinner ihrer Kategorie über die Ziellinie. Bennani und Vaulkhard gingen indes leer aus.

Der Afrikaner und der Brite - Vaulkhard (61 Zähler) war nach der Sommerpause ohnehin nicht mehr am Start - belegen die beiden Schlusspositionen dieser besonderen Wertung, Bennani (94) allerdings punktgleich mit O'Young (94). Bis Macao balgten sich die drei Spitzenreiter um die Plätze, welche schließlich in der Reihenfolge Michelisz (167), Nykjaer (137) und Barth (130) vergeben wurden.

Norbert Michelisz (Zengõ)

Norbert Michelisz

Gewinnerlächeln: Norbert Michelisz war 2010 der einzige siegreiche WM-Neuling Zoom

Damit stand Michelisz als erster Gewinner der "Rookie Challenge" fest - und machte seinen Titel sogar mit einem Gesamtsieg im letzten Saisonrennen perfekt. Für den ungarischen Rennfahrer ging beim Jahresausklang in Macao demnach ein lange gehegter Traum in Erfüllung, schließlich konnte Michelisz neben dem Erklimmen des obersten Podests noch alle weiteren Saisonziele erfüllen.

Ein Spaziergang war dies allerdings nicht, wie der 26-Jährige gegenüber 'Motorsport-Total.com' bestätigt: "Wir hatten erwartet, dass es nicht ganz so schwierig werden würde. Die anderen Fahrer sind wirklich unglaublich gut. Unterm Strich war es aber ein Lernjahr für mich. Genau so sind wir es auch angegangen. Für mich und das Team war 2010 schließlich alles neu", erläutert Michelisz.

Michel Nykjaer (Sunred)

Michel Nykjaer

Michel Nykjaer verpasste den ersten Sieg in der Tourenwagen-WM gleich mehrfach Zoom

Mit einer solchen Herausforderung musste sich auch Nykjaer herumschlagen, doch dem Dänen blieb der ganz große Wurf - ein Laufsieg - gleich mehrfach versagt. Ein Reifenschaden kostete Nykjaer in Monza den (fast) sicheren Erfolg, in Okayama rutschte der 31-Jährige in Führung liegend von der nassen Strecke. Insgesamt gelang es dem Sunred-Piloten aber doch meistens, positiv aufzufallen.

"Meine erste Saison war okay", meint Nykjaer. Ich freue mich über dieses erste Jahr, auch wenn mir manchmal dumme Fehler unterlaufen sind. Es war eine gute erste Saison", findet der WM-Debütant, merkt aber an: "Ich hätte hin und wieder deutlich mehr Punkte abgreifen können. Ein klein wenig ärgert mich das schon. Vielleicht wäre es zum Schluss bei den Rookies ganz anders gekommen."

Fredy Barth (Sunred)

Fredy Barth

Fredy Barth glänzte 2010 nicht nur durch eine herausragende Autolackierung Zoom

Auf eine derartige Trendwende hatte Barth bis zuletzt gehofft, musste sich nach einem schwierigen letzten Saisondrittel aber mit Rookierang drei begnügen. Speziell in Marrakesch und Valencia hatte sich der Schweizer allerdings gewaltig in Szene gesetzt, indem er seinen SEAT León TDI konstant in der WM-Spitzengruppe bewegte. Fortuna war Barth jedoch nicht an jedem Wochenende hold.

So zieht der 31-Jährige auch nur eine gemischte Bilanz: "Ich sehe die Saison unterm Strich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits haben wir eigentlich fortwährend gezeigt, dass unser Speed durchaus WM-würdig ist, andererseits bekommt man in der höchsten Tourenwagen-Liga der Welt eben auch nichts geschenkt", sagt Barth. "Wir müssen uns allerdings nicht verstecken."

Darryl O'Young (Bamboo)

Darryl O'Young

Darryl O'Young und das Bamboo-Team wussten 2010 schwer zu überraschen Zoom

Dies gilt mit Sicherheit auch für O'Young, der in seinem WTCC-Debütjahr viele gute Rennen zeigte und letztendlich nur durch viel Pech an den vorderen Plätzen bei den Privatiers vorbeischrammte. Bei den Rookies stand der Chinese im Hinblick auf seine SEAT-Konkurrenten meist auf verlorenem Posten, entsprechend schenkte O'Young dieser Rangliste eine eher untergeordnete Beachtung.

Für den Bamboo-Piloten zählte das Abschneiden beiden Privatfahrern - und dabei war O'Young oft überaus stark unterwegs. "Es war eine fantastische Saison", meint der 30-Jährige im Anschluss an den großen WTCC-Showdown in Macao. "Insgesamt bin ich zufrieden. Ich hätte nämlich nie damit gerechnet, in der Endphase des Jahres noch um den Titel bei den Privatiers kämpfen zu können."

Mehdi Bennani (Wiechers)

Mehdi Bennani

Manchmal noch zu unerfahren: Mehdi Bennani lernt noch immer einiges dazu Zoom

Davon war Bennani aus unterschiedlichen Gründen weit entfernt. Der marokkanische Rennfahrer hatte bereits 2009 einige Gaststarts in der Tourenwagen-WM absolviert, stieg in der Winterpause allerdings als Vollzeit-Pilot ein und wechselte dabei auch noch die Automarke. Der ehemalige Formelfahrer tat sich daher 2010 noch etwas schwer damit, in der WTCC wirklich Fuß zu fassen.

Wiechers-Teammanager Dominik Greiner bestätigt diesen Eindruck: "Man muss bedenken, dass für Mehdi eigentlich alles neu war: das Auto, das Team und die meisten Strecken. Diese Saison muss man einfach als Lehrjahr abhaken", sagt Greiner. "Mehdi konnte sich im Verlauf eines Wochenendes immer wieder steigern. Seine jeweils schnellsten Zeiten fuhr er stets in den beiden Sprintrennen."

Harry Vaulkhard (Bamboo)

Harry Vaulkhard

Obwohl er zum Schluss nicht mehr fahren durfte, verlor Vaulkhard nicht den Humor Zoom

Daran hätte sich auch Vaulkhard liebend gerne versucht, doch der Brite war im letzten Saisondrittel nur noch Zuschauer bei Bamboo: Sponsoren-Probleme drängten ihn in der Sommerpause ins Aus, sodass Vaulkhard die vier letzten Events des Jahres nicht mehr bestreiten konnte. Dem 25-Jährigen ist es aber ebenfalls gelungen, eine erste Duftmarke in der Tourenwagen-WM zu hinterlassen.

"Die erste Saisonhälfte lief wirklich prima", erklärt Vaulkhard. "Ich hatte zunächst ein paar sehr gute Ergebnisse und auch einen Klassensieg bei den Privatiers, doch dann schlug das Pech zu. Manchmal lief es einfach nicht für mich, als ich mich in aussichtsreichen Positionen befand. Ich konnte aber zeigen, dass ich durchaus mithalten kann. Meiner Meinung nach hatte ich eine gute Saison."¿pbvin|0|3365|wtcc|0|1pb¿

Der WTCC-Saisonrückblick 2010:

01. Das erste Saisondrittel
02. Das zweite Saisondrittel
03. Das dritte Saisondrittel
04. Die Privatierwertung
05. Heute: Die Rookiewertung
06. Fakten und Zahlen zur Saison
07. Team Wiechers
08. Team Engstler
09. BMW
10. SEAT
11. Chevrolet
12. Yvan Muller