• 06.06.2011 00:47

  • von Stefan Ziegler

Kolumne: Vielen Dank, Budapest - und auf Wiedersehen!

Stefan Ziegler schreibt über den WTCC-Einstand in Ungarn, die sensationellen Fans am Hungaroring und die beeindruckende Leistung von Norbert Michelisz

Liebe WTCC-Fans,

Titel-Bild zur News: Zuschauer am Hungaroring

Ungarn zeigt Flagge: Der WM-Event auf dem Hungaroring war absolut herausragend

es ist immer wieder ein besonderer Augenblick, die Startaufstellung eines Rennevents zu betreten. Die letzten Minuten vor dem Start in die Auslaufrunde sind ungeheuer spannend, denn genau da beginnt die "heiße Phase" für Fahrer und Teams. In Budapest war dies nicht anders, zumal die Temperaturen im sommerlich-warmen Bereich lagen und die Sonne regelrecht herunterbrannte.

Dennoch lief es mir auf der Zielgeraden des Hungarorings eiskalt den Rücken hinunter und mir sträubten sich die Nackenhaare, denn diese Atmosphäre war einfach elektrisierend! 55.000 Fans hatten sich am Sonntag auf den Tribünen der ungarischen Rennstrecke eingefunden, um Norbert Michelisz und das Zengö-Team auf Schritt und Tritt zu verfolgen und nach vorne zu peitschen.

Ein Lokalmatador ist der große Star in Ungarn

Es war ein Szenario, wie ich es bis dato nur von Formel-1-Auftritten in Deutschland kannte. So frenetisch, wie einst Michael Schumacher und Ferrari in Hockenheim und am Nürburgring gefeiert wurden, so begeistert empfingen die Fans ihren "Norbi" und dessen Mannschaft. Und selbst das Team konnte kaum glauben, wie groß die Euphoriewelle war, die ihnen da entgegenschwappte.

Wenige Minuten vor dem Rennstart war das aber längst nichts Neues mehr für Michelisz und Zengö, denn bereits in den Trainings und auch in der Qualifikation schienen dem Jubel von den Rängen keine Grenzen gesetzt zu sein. Der 26-jährige Lokalmatador musste sich nur kurz an der Boxenmauer zeigen, schon ertönten die lauten "Norbi"-Sprechchöre und die ungarischen Fahnen flatterten wild.


Fotos: Norbert Michelisz, WTCC in Budapest


Im Fahrerlager sah es nicht viel anders aus. Dort waren sogar einige Sicherheitskräfte eigens dazu abgestellt, die Box und die Hospitality des Zengö-Rennstalls von den vielen Fans abzuschirmen, die ihr Idol unbedingt einmal aus der Nähe sehen wollten. Dazu bestand jedoch reichlich Gelegenheit - Michelisz schrieb sich am Hungaroring vermutlich die Finger wund vor lauter Autogrammwünschen.

Michelisz erfüllt die hohen Erwartungen in Lauf eins

Eine Medienrunde hier, ein kleines Fotoshooting dort, ein kurzer Gruß an die Fans auf den Tribünen - der ungarische Rennfahrer stand an diesem Wochenende auch abseits der Sessions mächtig unter Strom. Kein Wunder, schließlich hatten sich Michelisz und seine Mannschaft schon vor Wochen sehr ins Zeug gelegt, um diesen Rennevent zu etwas Besonderem zu machen. Und das ist gelungen!

Norbert Michelisz

Norbert Michelisz vor der tollen Kulisse am Hungaroring bei Budapest - Gänsehaut! Zoom

Michelisz selbst scheute keine Mühen, um im Vorfeld der Veranstaltung die Werbetrommeln zu rühren, sein Team tat in den Tagen vor dem offiziellen Trainingsbeginn wahrscheinlich ebenfalls kaum die Augen zu. Umso größer war die Freude, als "Norbi" das erste Rennen auf dem zweiten Platz hinter Chevrolet-Fahrer Alain Menu beschloss und das Publikum in absolute Verzückung versetzte.

Im zweiten Rennen zeigte sich dann die Kehrseite der Medaille und vielleicht auch der Druck, unter dem Michelisz bei seinem ersten Heimevent als WM-Fahrer stand: Der 26-Jährige rodelte am Ende der Startgeraden über das Gras und kollidierte noch in Kurve eins mit Kristian Poulsen. Eine weitere Sensation war mit dem Crash dahin, doch die Zuschauer hielten trotzdem zu ihrem Lokalmatadoren.

55.000 Fans: Das Fahrerlager ist begeistert

Dass Zengö den total demolierten Rennwagen dank der Rennunterbrechung sogar noch einmal auf die Strecke schicken konnte und dass Michelisz aus dem Nichts die schnellste Runde drehte, setzte dem Ganzen gewissermaßen noch die Krone auf. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle - nicht nur für die unmittelbar Beteiligten, wie ich selbst feststellen durfte. Es war ein wirklich herausragender Event!

Abgesehen von Michelisz und den Fans auf den Tribünen zählten nämlich auch der Hungaroring und die Tourenwagen-WM selbst zu den großen Siegern. Die Rennstrecke präsentierte sich in Topzustand und stellte Fahrer und Fahrzeuge auf eine interessante Probe. Auch die Organisation vor Ort klappte einwandfrei - und über die Promotion braucht man angesichts von 55.000 Fans nicht viel zu sagen.


Fotos: WTCC in Budapest


Davon profitierten freilich auch alle weiteren Piloten und Rennställe in der Boxengasse. Viele kamen im Hinblick auf die schiere Begeisterung, die Michelisz und der WTCC in Ungarn entgegen gebracht wurde, kaum aus dem Staunen heraus. Bereits vor den beiden Sprintrennen hatte sich in einigen Köpfen daher der Gedanke festgesetzt: "Hier waren wir hoffentlich nicht schon zum letzten Mal!"

Der Hungaroring ist auch 2012 wieder dabei

Man darf an dieser Stelle nicht vergessen, dass der Hungaroring ursprünglich gar nicht als Rennplatz für die Tourenwagen-WM vorgesehen war. Marrakesch firmierte als vierte Veranstaltung des Jahres im Kalender, doch dort konnten nicht die finanziellen Mittel aufgetrieben werden, um den Rennbetrieb aufrechtzuerhalten. Erst vor zwei Monaten (!) erhielt Budapest grünes Licht für den WTCC-Event.

Stefan Ziegler

Marcello Lotti ist genau so sehr begeistert vom Ungarn-Event, wie auch ich es bin! Zoom

Umso erstaunlicher waren die Ereignisse an diesem Wochenende. Selbst WM-Promoter Marcello Lotti konnte sich diesen "Magic Moments" in Ungarn nicht entziehen. Der Italiener war verständlicherweise allerbester Dinge, als wir uns nach den Rennen für eine kleine Bestandsaufnahme trafen. Überhaupt keine Thema: Der Hungaroring erwies sich für Lotti und die WTCC als ausgezeichneter Glücksgriff.

Hat Ungarn mit diesem Event das Ticket für weitere Gastspiele der Tourenwagen-WM gelöst?, fragte ich den italienischen Serienchef während unseres Gesprächs. Und nun darf ich exklusiv verkünden: Ja! Budapest wurde bereits in den provisorischen Rennkalender für 2012 aufgenommen und könnte langfristig zu einer festen Größe in der WTCC avancieren. Wenn das keine guten Nachrichten sind!

Beste Grüße & bis bald in Budapest!

Euer


Stefan Ziegler