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  • 22.04.2013 13:39

  • von Roman Wittemeier

Toyota mindestens bis 2015 am Start

Toyota bekennt sich zur Langstrecke: TMG-Mannschaft arbeitet intensiv am LMP1-Auto für 2014, Budgeterhöhung aus Japan lässt auf sich warten

(Motorsport-Total.com) - Toyota hat die Langstreckenszene im vergangenen Jahr ganz schön aufgemischt. Mit dem neuen TS030 Hybrid traten die Japaner, deren Chassis bei TMG in Köln entwickelt und gebaut wird, erstmals seit vielen Jahren wieder in Le Mans an. Das Rennen an der Sarthe verlief aus Sicht der Werksmannschaft nicht optimal, aber in den anschließenden fünf WEC-Läufen konnte man drei Siege erringen. Es wurde schnell klar: Auch nach dem Abschied von Peugeot hat Audi einen starken Gegner.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Toyota wird bis mindestens 2015 in der Startaufstellung der WEC stehen Zoom

Beim Saisonauftakt der WEC 2013 trat Toyota mit dem Vorjahresmodell an und unterlag im Duell gegen die Ingolstädter. Dies soll sich ab Spa-Francorchamps, wo mindestens ein 2013er-Toyota fahren wird, wieder ändern. Die Japaner wollen auch in diesem Jahr mit begrenzten Mitteln große Erfolge einfahren. "Es hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts verändert. Die finanzielle Ausstattung ist immer noch knapp bemessen", sagt TMG-Geschäftsführer Rob Leupen im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Der Niederländer möchte dies keineswegs als Klage verstanden wissen. Es ist die nüchterne Darstellung der Realität.

"Unser Budget versetzt uns in die Lage, dort weiterzumachen, wo wir 2012 angefangen haben. Unser Team ist ein Jahr reifer geworden - und damit besser", sagt Leupen. Besser soll auch die 2013er-Version des TS030 sein. Die Fahrer schwärmen nach den Tests vom überarbeiteten LMP1. "Ich glaube, dass wir die Erfahrung aus dem vergangenen Jahr massiv in die Entwicklung des 2013er-Autos haben einfließen lassen können. Das hat man in Silverstone nicht sehen können, aber in Spa werden wir mit Sicherheit mindestens ein neues Auto am Start haben."

Diese Woche Testfahrten in Portugal

Die Japaner mit Entwicklungsstandort Köln betreiben im Rahmen ihrer Möglichkeiten höchsten Aufwand. Der Wagen für die Saison 2013 wurde in vielen Bereichen neu entwickelt. Die Piloten sind oft im Testeinsatz. Zu Beginn des Jahres spulte man unzählige Kilometer in Le Castellet ab. In dieser Woche wird mit einem Auto im portugiesischen Portimao getestet. Bei diesen Probefahrten am Dienstag und Mittwoch (eventuelle Verlängerung am Donnerstag) teilen sich die sechs WEC-Stammpiloten ein neues 2013er-Fahrzeug. Der Input von allen erfahrenen Piloten ist gefragt.

Für Toyota geht es 2013 um den Le-Mans-Sieg. Ein solcher Erfolg könnte die Unternehmens-Bosse endgültig wachrütteln und die finanzielle Unterstützung größer ausfallen lassen. "Die Signale aus Japan sind sehr positiv. 2012 haben wir mit unserer Performance ein deutliches Zeichen gesetzt. Wir haben nicht nur uns selbst, sondern auch einige andere überrascht. Das war toll für Toyota", sagt Leupen. "Nach drei oder vier wirtschaftlich schwierigen Jahren gab es wieder ein gutes Geschäftsjahr. Da passte der sportliche Erfolg perfekt dazu. Man ist sehr zufrieden mit uns, wir bekommen viele Komplimente."

Nicht nur die sportlichen Erfolge sind für die Macher des Konzerns wichtig. Ebenso wie Audi, legt man auch bei Toyota größten Wert auf die Tatsache, dass die Entwicklungen aus der LMP1-Szene ihren Weg in die Straßenautos finden können. Dies ist einzig und allein im Langstreckensport machbar - nicht in der Formel 1, nicht in der DTM oder sonstwo. Dies betonen die Macher aus Japan und Ingolstadt immer wieder. Effiziente Antriebe mit umfangreichen Hybridsystemen stehen beispielsweise auf dem motorsportlichen Prüfstein.


Toyota beim WEC-Rennen in Silverstone 2013

Aus Japan kommt viel Lob, aber wenig Geld

"Wir bekommen sehr viel Lob und Anerkennung aus Japan, aber wenn es ums Geld geht, dann müssen wir wohl noch etwas Geduld haben", erklärt TMG-Technikchef Pascal Vasselon. Der Franzose betrachtet die Erfolge im vergangenen Jahr mit einem großen lachenden Auge, aber auch mit einem kleinen weinenden. "Wir haben im vergangenen Jahr mit unseren Mitteln große Erfolge eingefahren. Jetzt heißt es aus Japan: 'Wenn ihr das vergangenes Jahr geschafft habt, dann macht es auch dieses Jahr so'. Es ist ein Dilemma. Aber wir wollen uns nicht beklagen", so Vasselon.

"Kann man so sehen", meint Geschäftsführer Leupen, "wollen wir aber nicht so sehen. Toyota kam nach dem Erdbeben und den damit verbundenen Folgen aus einer sehr schwierigen Situation. Die Wirtschaftskrise hat auch ihre Spuren hinterlassen. Aber klar: Wir wollen sicherlich mehr haben, werden auch sicherlich etwas mehr bekommen. Nach einigen trockenen Jahren dauert es seine Zeit, bis alles wieder bewässert ist."

Stephane Sarrazin, Alexander Wurz

Japan und Europa vereint: Teampräsident Kinoshita und Fahrer Sarrazin und Buemi Zoom

Bei Toyota hat man aus der Formel-1-Vergangenheit gelernt. Das Geld wird nicht mehr aus großen Eimern über den Motorsportprogrammen ausgeschüttet (in der Königsklasse hatten die Japaner ein gigantisches Budget), sondern es findet zielgenaue Förderung statt. "Da vertreten vielleicht nicht alle die gleiche Meinung wie ich", sagt Rob Leupen, "aber ich denke, dass damals das Engagement so dermaßen groß war, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sah."

"Wir hatten in der Formel 1 so viel einzusetzen. Jetzt wissen wir, wie man es hätte machen sollen", erklärt der Niederländer die Erkenntnis, die mit dem enttäuschenden Auftritt in der Formel 1 einherging. "Wir sind schneller, sind sozusagen einfacher gestrickt und in der Struktur nicht mehr so komplex. Wir beweisen, dass man mit wenigen Mitteln - zumindest im Vergleich zu unserer Formel-1-Zeit - sehr gute Resultate realisieren kann. Ein LMP1-Auto ist ein sehr stark aerodynamisches Auto. Dort haben wir unserer Erfahrung und unsere Möglichkeiten am Standort Köln natürlich gut nutzen können."

Toyota bis mindestens 2015 dabei

In Köln-Marsdorf ist alles vorhanden, was es für Entwicklung und Bau eines Rennwagens braucht: unzählige Prüfstände, jede Menge Testanlagen, zwei Windkanäle, modernes Rapid-Protoyping, Autoklaven, 18 hochmoderne CNC-Maschinen und vieles mehr. Die Anlagen gelten als Maßstab, sogar das Ferrari-Formel-1-Team mietet sich - neben einigen anderen Teams - regelmäßig bei TMG ein. Gleichzeitig baut Toyota an gleicher Stelle am LMP1 für 2014.

Die Teilnahme der Japaner an der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und am wichtigen Event in Le Mans ist bis mindestens 2015 gesichert, sagt Leupen auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'. Die Entwicklungen für den Prototypen nach neuem Reglement sind weit fortgeschritten. "Das meiste vom Reglement ist gemacht, aber wir reden noch über Antrieb und Balance of Performance. Auch dort ist man schon sehr weit gekommen. Für das Konzept hat man genügend Anhaltspunkte."

"Es ist dann noch die Frage, ob man mit einem doppelten Hybridsystem fahren will oder nicht. Es sind die Hersteller selbst, die auch noch Hausaufgaben machen müssen. Kleine Themen gibt es noch im Bereich Antrieb, da spielt dann auch das Gewicht mit hinein", erklärt der TMG-Geschäftsführer die kleinen Details am 2014er-Regelement, über die im Moment noch gestritten wird. Toyota, Audi und Porsche haben ihre Konzepte erarbeitet und wollen im Reglement bestmögliche Chancen für sich aushandeln.


Fotos: WEC in Silverstone


"Ist doch klar, dass mein sein Konzept am besten dargestellt haben möchte", lächelt Leupen, der davon ausgeht, dass man die letzten Details in der Woche nach dem Spa-Rennen festzurren wird. "Wir möchten keine Abstriche bei unserem Konzept machen. Es ist ein Konzept, das man später auch bei Straßenfahrzeugen sehen wird. Darum machen wir das überhaupt. Für uns ist wichtig, dass wir unser Hybridkonzept durchbringen können. Dafür kämpfen wir - aus meiner Sicht sehr fair. Unter Führung von ACO und FIA wird es ein vernünftiges Reglement geben."