Pocono-Vorschau: Herausforderung "Tricky Triangle"

Auf dem einzigen Tri-Oval im Kalender haben die NASCAR-Teams mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen - Schafft Dale Earnhardt Jr. den dritten Pocono-Sieg en suite?

(Motorsport-Total.com) - In der Sprint-Cup-Saison 2015 beginnt am kommenden Wochenende die zweite Hälfte der Regular-Season. 13 Rennen sind gefahren, 13 weitere stehen an. Anschließend stehen die 16 Chase-Teilnehmer fest, die bei den zehn abschließenden Rennen der Saison den Titel des NASCAR-Sprint-Cup-Champions 2015 unter sich ausmachen.

Titel-Bild zur News: Logo Pocono Raceway

Der Pocono Raceway ist das einzige Tri-Oval im NASCAR-Kalender Zoom

Eingeläutet wird die zweite Hälfte der Regular-Season auf dem Pocono Raceway. Etwas abgelegenen in den weitläufigen Wäldern des US-Bundesstaats Pennsylvania, konkret in Long Pond, liegt die 2,5 Meilen lange Rennstrecke, die sich so deutlich von allen anderen Strecken im NASCAR-Kalender abhebt.

Wie Daytona und Indianapolis, so ist auch Pocono ein 2,5-Meilen-Oval. Damit hat es sich aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Der Pocono Raceway hat keine vier, sondern nur drei Kurven. Er ist das einzige Tri-Oval im NASCAR-Kalender. Vor drei Jahren wurde die Strecke neu asphaltiert. Seitdem liegen die besten Rundenzeiten unter 50 Sekunden.

Das "Tricky Triangle" und seine Eigenheiten

Die drei Kurven in Pocono unterscheiden sich sowohl hinsichtlich des Radius als auch hinsichtlich der Überhöhung. Turn 1 ist die engste, mit 14 Grad Banking aber die steilste Kurve. Turn 2 - besser bekannt als "Tunnel Turn" - hat den größten Radius und weist ein Banking von acht Grad auf. Turn 3 liegt vom Radius her zwischen den Turns 1 und 2 und ist mit einem Banking von sechs Grad die flachste der drei Pocono-Kurven.

Brian Vickers

Turn 4 sucht man auf dem 2,5 Meilen langen Pocono Raceway vergeblich Zoom

Aufgrund der überwiegend flachen Kurven ähnelt die Fahrzeugabstimmung der für einen Rundkurs. Nicht selten wird das Tri-Oval in Pocono deshalb auch als "Roval", also eine Mischung aus Road-Course und Oval, bezeichnet. Weil beim Setup zwangsläufig Kompromisse eingegangen werden müssen, trägt Pocono auch den Spitznamen "Tricky Triangle".

Eine entscheidende Frage, die es während der Freien Trainings am Freitag und Samstag zu klären gilt, ist die bezüglich des Schaltens. In den vergangenen Jahren wurde speziell in Turn 3 gern in den dritten Gang zurückgeschaltet, um mit noch mehr Schwung auf die längste Gerade im NASCAR-Kalender zu beschleunigen.

Schalten oder nicht Schalten?

In diesem Jahr könnte angesichts der geringeren Motorleistung auch in den Turns 1 und 2 geschaltet werden. Gerade im "Tunnel Turn" will man dies nach Möglichkeit aber vermeiden, weil die Fahrer dort ohnehin alle Hände voll zu tun haben. "Wir sind gespannt, ob es mit dem diesjährigen Motoren- und Aero-Paket notwendig sein wird, in jeder Runde zu schalten, weil man sonst über den Haufen gefahren wird oder ob sich das Thema von selbst erledigen wird", sagt Darian Grubb, der Crewchief von Carl Edwards am Gibbs-Toyota mit der Startnummer 19.

Kyle Larson, Tony Stewart

In Turn 2, dem sogenannten "Tunnel Turn", liegen die Autos besonders unruhig Zoom

Wie die vier Vorwärtsgänge übersetzt werden, steht den Teams frei. NASCAR schreibt lediglich die Abstufungen zwischen den Gängen per Reglement vor. "Wird geschaltet, dann erhöht das die Gefahr, dass etwas bricht", weiß Grubb. Doch noch etwas gibt es zu berücksichtigen, nämlich den Einfluss des Schaltens auf das Handling des Autos. "Wenn man starkes Untersteuern hat, kann man die Hinterachse mittels Runterschalten etwas agiler machen und zum Übersteuern bewegen", sagt der erfahrene Crewchief, der einst Tony Stewart zu dessen drittem NASCAR-Titel dirigierte.

In der Saison 1974 machte die heute als Sprint-Cup bekannte NASCAR-Topliga zum ersten Mal in Pocono Station. Als erster Sieger trug sich "King" Richard Petty in die Geschichtsbücher ein. Seit 1982 wird zweimal pro Saison in Pocono gefahren, wobei die beiden Renntermine traditionell so eng beieinander liegen wie auf keiner anderen Strecke: Anfang Juni und Anfang August (früher sogar Ende Juli) macht der NASCAR-Zirkus die Wälder der Pocono Mountains in Pennsylvania unsicher.

Wieder eine Hendrick-Show?

Das erste der beiden diesjährigen Pocono-Rennen ist das Axalta "We Paint Winners" 400. Wäre dieser Titel schon in jüngster Vergangenheit Programm gewesen, dann hätten sich allen voran die Piloten von Hendrick Motorsports über eine neue Lackierung freuen dürfen. Schließlich wurden die fünf zurückliegenden Pocono-Rennen allesamt von Hendrick-Piloten gewonnen, wobei Dale Earnhardt Jr. im vergangenen Jahr den klassischen "Sweep" hinlegte und sowohl das Juni- als auch das August-Rennen für sich entschied.

Dale Earnhardt Jun.

"Sweep" 2014: Dale Earnhardt Jr. gewann im vergangenen Jahr beide Pocono-Rennen Zoom

Die große Frage vor dem Axalta "We Paint Winners" 400 lautet daher: Kann "Junior" am Sonntag seinen ganz persönlichen Pocono-Hattrick unter Dach und Fach bringen? "Es sieht ganz so aus, als würde sich eine gute Form in Pocono erhalten lassen. Ich habe es schon erlebt, wie Fahrer auf dieser Strecke den 'Sweep' hingelegt haben. Im vergangenen Jahr ist er mir selbst gelungen. Ich mag die Strecke, insbesondere seitdem sie neu asphaltiert wurde. Ich gehe davon aus, dass wir auch diesmal wieder konkurrenzfähig auftreten werden. Hoffentlich klappt es mit dem dritten Sieg hintereinander", sagt Earnhardt Jr.

Wer kann "Junior" auf dem Weg zum dritten Pocono-Sieg in Folge aufhalten? Kasey Kahne, der zuletzt im August 2013 triumphierte? Jimmie Johnson, der drei Pocono-Siege auf dem Konto hat und in der laufenden Saison bereits viermal gewonnen hat? Jeff Gordon, der mit sechs Siegen erfolgreichste Pocono-Starter, dessen von Axalta gesponserter Hendrick-Chevy beim Axalta "We Paint Winners" 400 in Dunkelblau daherkommt?

Grund für die neue (einmalige) Farbgebung am Auto von Gordon ist eine Kooperation mit der Universität von Pennsylvania (Penn State). Im Gegenzug legt Teamkollege Johnson sein gewohntes Dunkelblau an diesem Wochenende beiseite. Der Hendrick-Chevy mit der Startnummer 48 fährt in Pocono in Schwarz und mit den Logos der Jimmie Johnson Foundation.


Fotostrecke: Die NASCAR-Sprint-Cup-Autos 2015

Oder kann der auch im Jahr nach seinem Titelgewinn überaus konstant und überzeugend auftretende Kevin Harvick seinen persönlichen Pocono-Fluch besiegen und mit seinem Stewart/Haas-Chevy erstmals in die Victory Lane des "Tricky Triangle" fahren? Auch Teamkollege Kurt Busch ist in Pocono regelmäßig in der Spitzengruppe zu finden. Zweimal gewann er, für Stewart/Haas Racing allerdings noch nicht. Kurt Buschs bisherige Pocono-Erfolge kamen mit Roush (2005) beziehungsweise Penske (2007) zustande.

Die beiden aktuellen Penske-Piloten Brad Keselowski und Joey Logano kennen die Victory Lane in Pocono ebenfalls aus eigener Erfahrung und sind am Sonntag ebenso Kandidaten für einen Triumph wie der viermalige Pocono-Sieger Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), dessen Teamkollegen Kyle Busch, Carl Edwards und Matt Kenseth sowie Martin Truex Jr., der mit seinem Furniture-Row-Chevy bei den drei zurückliegenden Saisonläufen in Kansas City, Charlotte und Dover jeweils die meisten Führungsrunden angesammelt, aber keinen Sieg eingefahren hat.

Komplettes Wochenende für alle Teams

Gibt es in den Pocono Mountains nach den 160 Runden am Sonntag gar einen Sprint-Cup-Premierensieger? Heißester Kandidat für diesen Fall ist Kyle Larson. Der Ganassi-Pilot beendete die beiden Pocono-Rennen seiner Rookie-Saison 2014 auf den Plätzen fünf und elf, stand im August auf der Pole-Position und hofft, seine über weite Strecken enttäuschende Saison 2015 mit Platz drei am vergangenen Wochenende in Dover auf Kurs gebracht zu haben.

Start zum August-Rennen 2014 in Pocono

In Pocono gibt es viel Platz - Platz genug für einen Sprint-Cup-Premierensieger? Zoom

Waren es vor zwei Wochen beim Coca-Cola 600 in Charlotte noch 48 Meldungen, die für das Sprint-Cup-Wochenende vorlagen, so sind es in Pocono zum ersten Mal in dieser Saison nur 43. Somit ist allen Anreisenden schon jetzt die Teilnahme am Rennen sicher. Was die nach Pennsylvania gereisten Teams betrifft, so beschränken sich die Veränderungen gegenüber der Vorwoche in Dover auf Go FAS Racing und Circle Sport. Im FAS-Ford (Startnummer 32) sitzt zum ersten Mal in dieser Saison der letztjährige Stammfahrer Travis Kvapil. Der Circle-Chevy (Startnummer 33) wird zum dritten Mal in dieser Saison von Ty Dillon gesteuert.

Von den drei NASCAR-Ligen gastiert einzig der Sprint-Cup in Pocono. Die Xfinity-Serie gönnt sich ein freies Wochenende. Die Truck-Serie gastiert im Rahmen der IndyCar-Serie auf dem Texas Motor Speedway in Fort Worth. Die Grüne Flagge zum Axalta "We Paint Winners" 400 in Pocono fällt am Sonntag gegen 19:20 Uhr MESZ. Motorvision TV überträgt ab 18:30 Uhr live. Am Mikrofon sitzen Stefan Heinrich und Lenz Leberkern. Die Wettervorhersage für das Rennwochenende ist gut. Lediglich beim Qualifying am Freitag besteht nach aktuellem Stand der Dinge ein geringes Niederschlagsrisiko.

Der Zeitplan für das Pocono-Wochenende (MESZ):

Freitag, 5. Juni:
18:00 Uhr: Erstes Freies Training
22:45 Uhr: Qualifying in drei Segmenten

Samstag, 6. Juni:
03:00 Uhr: Truck-Rennen (Fort Worth)
15:00 Uhr: Zweites Freies Training
17:30 Uhr: Happy-Hour

Sonntag, 7. Juni:
19:20 Uhr: Axalta "We Paint Winners" 400 (160 Runden; ab 18:30 Uhr live auf Motorvision TV)

Die Meldeliste für Pocono:

01. 1 Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford)
03. 3 Austin Dillon (Childress-Chevrolet)
04. 4 Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet)
05. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
06. 6 Trevor Bayne (Roush-Ford)
07. 7 Alex Bowman (Baldwin-Chevrolet)
08. 9 Sam Hornish Jr. (Petty-Ford)
09. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
10. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota)
11. 13 Casey Mears (Germain-Chevrolet)
12. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
13. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
14. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
15. 17 Ricky Stenhouse (Roush-Ford)
16. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
17. 19 Carl Edwards (Gibbs-Toyota)
18. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota)
19. 22 Joey Logano (Penske-Ford)
20. 23 J.J. Yeley (BK-Toyota)
21. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet)
22. 26 Jeb Burton (BK-Toyota)
23. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
24. 31 Ryan Newman (Childress-Chevrolet)
25. 32 Travis Kvapil (FAS-Ford)
26. 33 Ty Dillon (Circle-Chevrolet)
27. 34 Brett Moffitt (Front-Row-Ford)
28. 35 Cole Whitt (Front-Row-Ford)
29. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
30. 40 Landon Cassill (Hillman-Chevrolet)
31. 41 Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet)
32. 42 Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet)
33. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
34. 46 Michael Annett (HScott-Chevrolet)
35. 47 A.J. Allmendinger (JTG-Chevrolet)
36. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
37. 51 Justin Allgaier (HScott-Chevrolet)
38. 55 David Ragan (Waltrip-Toyota)
39. 62 Brendan Gaughan (Premium-Chevrolet)
40. 78 Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet)
41. 83 Matt DiBenedetto (BK-Toyota)
42. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
43. 98 Josh Wise (Parsons-Ford)

Alle Pocono-Sieger auf einen Blick:

2014: Dale Earnhardt Jr. / Dale Earnhardt Jr.
2013: Jimmie Johnson / Kasey Kahne
2012: Joey Logano / Jeff Gordon
2011: Jeff Gordon / Brad Keselowski
2010: Denny Hamlin / Greg Biffle
2009: Tony Stewart / Denny Hamlin
2008: Kasey Kahne / Carl Edwards
2007: Jeff Gordon / Kurt Busch
2006: Denny Hamlin / Denny Hamlin
2005: Carl Edwards / Kurt Busch
2004: Jimmie Johnson / Jimmie Johnson
2003: Tony Stewart / Ryan Newman
2002: Dale Jarrett / Bill Elliott
2001: Ricky Rudd / Bobby Labonte
2000: Jeremy Mayfield / Rusty Wallace
1999: Bobby Labonte / Bobby Labonte
1998: Jeremy Mayfield / Jeff Gordon
1997: Jeff Gordon / Dale Jarrett
1996: Jeff Gordon / Rusty Wallace
1995: Terry Labonte / Dale Jarrett
1994: Rusty Wallace / Geoff Bodine
1993: Kyle Petty / Dale Earnhardt
1992: Alan Kulwicki / Darrell Waltrip
1991: Darrell Waltrip / Rusty Wallace
1990: Harry Gant / Geoff Bodine
1989: Terry Labonte / Bill Elliott
1988: Geoff Bodine / Bill Elliott
1987: Tim Richmond / Dale Earnhardt
1986: Tim Richmond / Tim Richmond
1985: Bill Elliott / Bill Elliott
1984: Cale Yarborough / Harry Gant
1983: Bobby Allison / Tim Richmond
1982: Bobby Allison / Bobby Allison
1981: Darrell Waltrip
1980: Neil Bonnett
1979: Cale Yarborough
1978: Darrell Waltrip
1977: Benny Parsons
1976: Richard Petty
1975: David Pearson
1974: Richard Petty