Kansas mischt den Titelkampf auf

Auf dem Kansas Speedway nur fünf Chase-Piloten in den Top 10 - Joey Logano nach Sieg sicher in der Eliminator-Round - Debakel für Hendrick Motorsports

(Motorsport-Total.com) - Der Kansas Speedway ist seinem Ruf als unberechenbare Strecke im Chase-Kalender der NASCAR-Topliga Sprint-Cup wieder einmal gerecht geworden. Mit acht Gelbphasen gab es bei der diesjährigen Auflage des Hollywood Casino 400 zwar nicht das "Grande Casino" der vergangenen beiden Jahre (14 Gelbphasen im Chase-Rennen 2012, 15 Gelbphasen im Chase-Rennen 2013), doch die Auslöser waren am Sonntag meistens hochkarätige Namen, die im neugestalteten Chase-System um den Titel kämpfen.

Titel-Bild zur News: Joey Logano

Joey Logano beendete ein einmal mehr kurzweiliges Kansas-Rennen als Sieger Zoom

Einer der zwölf punktgleich angereisten Chase-Teilnehmer kann die beiden kommenden Rennwochenenden in Charlotte und Talladega ganz entspannt angehen: Joey Logano. Der Penske-Pilot gewann am Sonntag das Hollywood Casino 400 und steht dank dieses Sieges als erster von acht Piloten fest, die ab dem 26. Oktober in Martinsville in der Eliminator-Round des Chase den Einzug ins große Saisonfinale in Homestead (16. November) unter sich ausmachen.

"Wow, diese Saison macht einfach unglaublich viel Spaß. Jetzt stehen wir in der nächsten Runde. Das bedeutet mir sehr viel und zeigt, dass Team Penske absolut auf der Höhe ist", kommentierte Logano in der Victory Lane und meinte damit vor allem die Penske-Crew mit der Startnummer 22. Mit 122 von 267 möglichen Führungsrunden drückte Logano der zweiten Rennhälfte seinem Stempel auf, nachdem er Polesetter Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet) hinter gelassen hatte und sich in der Schlussphase der Angriffe von Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet) erwehren musste.


Fotos: NASCAR in Kansas City


"Jetzt haben wir eine echte Titelchance. Ich habe das Gefühl, dass wir eines der Teams sind, die es zu schlagen gilt", so Loganos Vorausschau auf die kommenden sechs Wochen. Andere Fahrer hingegen müssen sich bei den verbleibenden Rennen der Contender-Round in Charlotte und Talladega mächtig strecken, um die nächste Chase-Stufe - die Eliminator-Round - zu erreichen. Dazu gehören allen voran Jimmie Johnson, Dale Earnhardt Jr. und Brad Keselowski, aber auch Kasey Kahne, Jeff Gordon, Matt Kenseth und Harvick. Sie alle kamen in Kansas City nicht ohne Probleme über die Distanz.

Crash von Jimmie Johnson - Reifenschaden bei Dale Earnhardt Jr.

Zuerst erwischte es Johnson. In Runde 85 kam der dunkelblaue Hendrick-Chevy des sechsmaligen und amtierenden Sprint-Cup-Champions in Turn 2 komplett quer daher. Vorausgegangen war ein Quersteher von Greg Biffle im Mittelfeld. Der Roush-Pilot erwischte bei seinem Drift das Heck von Johnson, der im Zuge einer Kettenreaktion wiederum Justin Allgaier (HScott-Chevrolet) erwischte und der wiederum Josh Wise (Parsons-Ford) umdrehte.

Dale Earnhardt Jun.

Dale Earnhardt Jr. krachte in Führung liegend mit Reifenschaden in die Mauer Zoom

Am heftigsten aber erwischte es ausgerechnet Johnson: Sein Auto krachte in die SAFER-Barrier auf der Innenseite der Gegengeraden und wurde nachhaltig beschädigt. Mit 87 Runden Rückstand war für den Champion nicht mehr als Platz 40 zu holen - ein herber Rückschlag im Projekt "Se7en", wie seine persönliche Jagd auf Titel Nummer sieben heißt. "Das bedeutet nichts anderes als dass wir in Charlotte und Talladega absolut auf der Höhe des Geschehens agieren müssen", weiß Johnson vor dem Hintergrund des Eliminierungsverfahrens im Chase 2014 nur allzu gut um seine missliche Lage.

In Runde 122 erwischte es dann den nächsten Titelkandidaten aus dem Lager von Hendrick Motorsports: Diesmal traf es Dale Earnhardt Jr. Besonders bitter: Während Johnsons Abflug im Bereich um Platz 20 passierte, traf es "Junior" klar in Führung liegend. In Turn 4 segelte der Hendrick-Chevy mit der Startnummer 88 nach Reifenschaden vorn rechts geradewegs in die Mauer.

So musste auch Earnhardt Jr. für längere Zeit die Garage aufsuchen. Unterm Strich sprang für ihn statt eines möglichen Sieges nur Platz 39 mit 63 Runden Rückstand heraus. "Bei der Einfahrt in Turn 3 löste sich die komplette Lauffläche des rechten Vorderreifens. Mann, das tut weh, es war das Auto, mit dem ich beide Pocono-Rennen gewonnen habe. Es war ein richtig gutes Auto", kommentierte "Junior" enttäuscht.

Reifenschaden: Brad Keselowski spricht von "Russisch Roulette"

Brad Keselowski

Auch bei Brad Keselowski musste die Crew nach Reifenschaden Hand anlegen Zoom

Knapp 40 Runden nach dem Reifenschaden von Earnhardt Jr. hing der nächste Titelkandidat mit zerfetztem rechten Vorderreifen in der Mauer: Brad Keselowski im Penske-Ford. Der fünffache Saisonsieger hatte sich in der ersten Rennhälfte zwar nie ganz vorn, aber doch konstant in der Spitzengruppe aufgehalten. Der Reifenschaden passierte ihm in Turn 2 auf Platz fünf liegend.

Als das Rennen zu Ende war, wurde Keselowski mit 45 Runden Rückstand auf seinen siegreichen Penske-Teamkollegen Joey Logano auf Platz 36 geführt und sprach ob der Reifenschäden bei ihm und Earnhardt Jr. von "Russisch Roulette". Greg Stucker, Rennleiter bei Reifenlieferant Goodyear, will davon freilich nichts wissen. Er wies noch während des Rennens darauf hin, dass die ersten 71 Runden komplett unter Grüner Flagge und ohne einen einzigen Reifenschaden im Feld zurückgelegt wurden.

30 Runden vor Schluss geriet nach Johnson und Earnhardt Jr. der dritte Hendrick-Pilot in arge Schwierigkeiten: Kasey Kahne rutschte unmittelbar nach einem Restart in die Mauer, nachdem er über zu niedrigen Luftdruck in den Reifen geklagt hatte. Mit zwei Runden Rückstand brachte Kahne immerhin noch Platz 22 nach Hause, wäre nach aktuellem Stand der Dinge als Neunter der Gesamtwertung aber ebenso wenig in der Eliminator-Round dabei wie Penske-Pilot Keselowski (10.) sowie seine Hendrick-Teamkollegen Earnhardt Jr. (11.) und Johnson (12.).

Jeff Gordon, Matt Kenseth, Kevin Harvick nicht in den Top 10

In Reihen des Quartetts von Hendrick Motorsports schnitt Jeff Gordon auf Platz 14 unterm Strich noch am besten ab, aber auch er kam nicht ohne Probleme über die 267 Runden auf dem so tückischen Kansas Speedway. Ein halbe Runde vor dem Abflug von Johnson touchierte Gordon ausgangs Turn 4 die Mauer. Auslöser war eine Berührung von Jamie McMurray. Der Allstar-Sieger hatte seinen Ganassi-Chevrolet leicht aus der Kontrolle verloren und den linken hinteren Kotflügel von Gordon berührt. Der viermalige Sprint-Cup-Champion kämpfte daraufhin mit Handlingsproblemen und konnte in der entscheidenden Phase des Rennens nichts mehr ausrichten.

Kevin Harvick

Kevin Harvick glaubte an einen Reifenschaden - er irrte sich Zoom

Auch bei Polesetter Harvick kam "natürlich" wieder etwas dazwischen. Zwar führte er diesmal anders als bei den ersten drei Chase-Rennen nicht die meisten Runden im Rennen an, doch Glück brachte dem Stewart/Haas-Piloten dieser Umstand keineswegs. Aufgrund eines (vermeintlich) schleichenden Plattfußes vorn rechts steuerte er unter Grün die Box an.

Mehr als Platz zwölf war für Harvick schließlich nicht zu holen. Besonders ärgerlich: Das Team konnte bei besagtem Reifen keine Unregelmäßigkeit erkennen. Auch Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) brachte nach einer frühen Feindberührung und Vibrationen in der Schlussphase kein Top-10-Ergebnis nach Hause: Platz 13 für den in dieser Saison weiterhin sieglosen Vize-Champion des Jahres 2013.

Kyle Larson verpasst ersten Sprint-Cup-Sieg erneut knapp

Weiterhin sieglos ist anno 2014 auch Ryan Newman, doch der Childress-Pilot gehörte zu den positiven Überraschungen des kurzweiligen Hollywood Casino 400. Mit nur zwei frischen Reifen zockte er sich bei einem späten Boxenstopp ganz nach vorn, führte das Feld für sechs Runden an, verpasste die Top 5 nach einem schlechten letzten Restart aber knapp: Platz sechs. Doch damit ist Newman aktuell Vierter der Gesamtwertung hinter Carl Edwards, der seinen Roush-Ford nach 267 Runden auf Platz fünf ins Ziel brachte.

Joey Logano, Kyle Larson

Joey Logano (Penske) und Kyle Larson (Ganassi) machten den Sieg unter sich aus Zoom

Den Sieg aber machten Logano und Rookie Larson unter sich aus. Der Ganassi-Pilot schaffte es, nach dem letzten Boxenstopp bis auf weniger als eine Sekunde an den führenden Penske-Piloten heranzukommen, mehr aber auch nicht. Logano hatte die Lage jederzeit im Griff und brachte seinen fünften Saisonsieg, seinen zweiten im Chase, sicher nach Hause.

Für Verfolger Larson, der als Zweiter auch beim vierten Chase-Rennen des Jahres die Fraktion der nicht aktiv im Titelkampf mitspielenden Piloten anführte, hat Logano nur Lob übrig: "Er war schon an den vergangenen Wochenenden schnell, klar der schnellste Nicht-Chaser. Wir fuhren ähnliche Linien. Am Ende lief es nur darauf hinaus, dass derjenige gewinnt, der nach dem letzten Restart vorn liegt." Larson ist nach Platz zwei überzeugt, dass "die Siege bald kommen werden".

Kyle Busch besiegt Kansas-Fluch

Platz drei ging überraschend an Kyle Busch, für den der Kansas Speedway bisher die absolute Achillesferse im Sprint-Cup-Kalender darstellte. Bei den vier zurückliegenden Auftritten seit dem Umbau im Sommer 2012 hatte der Gibbs-Pilot die Plätze 31,38,34 und 15 an Land gezogen. Mit Platz drei realisierte er nun bei seinem 15. Start auf dem tückischen 1,5-Meilen-Oval seine erste Top-5-Platzierung. Diese kam genau zum richtigen Zeitpunkt: Kyle Busch reist als Zweiter der Gesamtwertung nach Charlotte. Gibbs-Teamkollege Denny Hamlin fuhr sich mit Platz sieben ebenfalls in die Top 10, nachdem er bei Rennmitte über Rauchentwicklung im Cockpit geklagt hatte.

Kyle Busch

Kyle Busch ist nach Platz drei in Kansas City nun Zweiter der Gesamtwertung Zoom

Mit Logano, Kyle Busch, Edwards, Newman und Hamlin erreichten nach 267 Runden nur fünf Chase-Piloten die Top 10 des Hollywood Casino 400. Ergo gingen die übrigen fünf Positionen an Nicht-Chaser. Hinter Speerspitze Larson (2.) waren dies Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet/4.), Austin Dillon (Childress-Chevrolet/8.), Paul Menard (Childress-Chevrolet/9.) und Brian Vickers (Waltrip-Toyota/10.).

Vickers' Teamkollege - Lokalmatador Clint Bowyer - erzielte als 18. ein ebenso enttäuschendes Ergebnis wie Ganassi-Pilot McMurray, der nach 27 Führungsrunden zu Beginn, der Berührung mit Gordon in Runde 84 und einem Reifenschaden kurz vor Schluss nur 25. wurde. Tony Stewart konnte seine Qualifying-Leistung (Startplatz neun) im Rennen nicht ganz bestätigen: Platz 17 für den Stewart/Haas-Boss direkt hinter seiner Angestellten Danica Patrick (16.).

Das zweite Rennen der Contender-Round im Chase steigt am kommenden Wochenende in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf dem Charlotte Motor Speedway. Allen voran die Herren Johnson, Earnhardt Jr. und Keselowski brauchen ob ihres Rückstands in der Punktewertung fast zwangsläufig den Sieg, wollen sie nicht mit erheblichen Bauchschmerzen zum dritten und letzten Rennen der Contender-Round in Talladega reisen. Aber auch Kahne, Gordon, Kenseth und Harvick dürfen sich alles andere als in Sicherheit wiegen. Dies darf nur einer und der heißt Joey Logano.