Öttl bangt um seine WSBK-Zukunft: Iannone für GoEleven "große Chance"

Philipp Öttl muss abwarten, ob sich Andrea Iannone, Ducati und GoEleven einig werden - Beim WSBK-Event in Most schaut sich der Deutsche nach Alternativen um

(Motorsport-Total.com) - Es ist weiterhin unklar, ob Philipp Öttl auch in der WSBK-Saison 2024 für das GoEleven-Ducati-Team fahren wird. Im Rahmen des Rennwochenendes in Imola vor zwei Wochen sickerte durch, dass es zwischen Ducati und MotoGP-Laufsieger Andrea Iannone Verhandlungen gibt und Iannone bei GoEleven untergebracht werden könnte.

Titel-Bild zur News: Philipp Öttl

Philipp Öttl versteht nicht, warum Andrea Iannone eine neue Chance erhalten soll Zoom

Das GoEleven-Team erwartet, kommende Woche mehr Klarheit zu haben. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' bezeichnet Teammanager Denis Sacchetti die Idee, Iannone zu verpflichten, als "eine große Chance", denn auch nach vier Jahren Dopingsperre ist der charismatische Italiener aus PR-Sicht ein großes Zugpferd.

Michael Rinaldi wird ebenfalls mit GoEleven in Verbindung gebracht. Der Italiener verliert seinen Platz im Ducati-Werksteam voraussichtlich an Nicolo Bulega, der momentan die Fahrerwertung in der Supersport-WM anführt. Mit GoEleven verbindet Rinaldi eine erfolgreiche Vergangenheit. In der Saison 2020 gewann Rinaldi mit GoEleven die Independent-Wertung.

Für eine Saison kalkuliert das GoEleven-Team mit einer Million Euro. Die Ausweitung auf ein Zwei-Fahrer-Team würde das Budget auf knapp zwei Millionen Euro erhöhen. Sollte Ducati den Iannone-Deal großzügig unterstützen, dann könnte Öttl als zweiter Fahrer im Team bleiben.

Philipp Öttl

Philipp Öttl pilotiert die GoEleven-Ducati seit der WSBK-Saison 2022 Zoom

"Es finden Gespräche mit GoEleven statt, doch es ist noch ein bisschen zeitig", erklärt Öttl beim Treffen mit 'Motorsport-Total.com' im Fahrerlager von Most. "Wir müssen abwarten, wie sich die Werksteams entscheiden. Danach folgen die anderen Teams."

Philipp Öttl rätselt, warum ausgerechnet Andrea Iannone eine Chance bekommt

"Ich weiß nicht so richtig, warum Iannone eine große Chance sein soll", grübelt Öttl. "Ich weiß nicht, wie schnell Iannone nach vier Jahren Pause noch ist. Das ist ein großes Risiko. Andererseits ist es für die Meisterschaft gut, weil er eine gewisse Strahlkraft hat."

Andrea Iannone

Andrea Iannone will 2024 in der Superbike-WM eine Ducati pilotieren Zoom

"Ob man einem Millionär dann auch noch einen Haufen Geld anbietet und ich dadurch nicht fahren kann, ist eine andere Sache. Außerdem ist er ein Dopingsünder. Ich weiß nicht, ob das das richtige Signal nach außen ist", bemerkt Öttl.

"Das Interesse an Iannone ist kein Geheimnis, auch Rinaldi sucht einen Platz", so Öttl. "Rinaldi hat in der Superbike-WM schon so viele Möglichkeiten erhalten. Ich fahre seit letztem Jahr hier. Ich weiß nicht, ob man einem Fahrer so viele Chancen geben sollte. Aber er bringt von Aruba viel Geld mit. Diese finanzielle Unterstützung habe ich nicht."

Michael Ruben Rinaldi

Michael Rinaldi wird ebenfalls mit GoEleven-Ducati in Verbindung gebracht Zoom

"Bei Rinaldi wäre immerhin klar, dass er auch Ergebnisse liefert. Bei Iannone wäre ich mir da nicht so sicher", grübelt Öttl, der den Speed des ehemaligen MotoGP-Siegers nicht richtig einschätzen kann: "Er könnte total gut sein, aber man kann sich da nie so sicher sein."

"Dafür könnte er die Leute überzeugen, sich die Superbike-WM anzuschauen, da er eine Person des öffentlichen Lebens ist. Das bin ich nicht. Aber so eine Person möchte ich auch gar nicht sein", winkt der Deutsche ab.

Gibt es aktuell keine reizvollen Alternativen zu Ducati?

Vater Peter Öttl ist in Most vor Ort und schaut sich im Fahrerlager nach Alternativen zu GoEleven-Ducati um. "Es gibt vielleicht Möglichkeiten, die man jetzt noch gar nicht so sieht", bemerkt Philipp Öttl.

Doch ein Herstellerwechsel bringt Risiken mit sich, denn die Ducati Panigale V4R ist momentan das beste Motorrad im Feld. "Die Ducati ist ein gutes Motorrad. Darauf sind natürlich viele Fahrer scharf", ist sich Öttl bewusst.

Kawasaki ZX-10RR

Einen Wechsel in eines der Kawasaki-Kundenteams sieht Philipp Öttl sehr kritisch Zoom

"Es ist aber generell schwierig", erkennt Öttl mit Blick auf die anderen Hersteller. "Bei Kawasaki ist die Unterstützung sehr schlecht. Die haben das Werksteam und lassen die Kundenteams ziemlich verhungern. Das sieht man deutlich."

"Bei Honda gibt es praktisch nur das Werksteam, aber da weiß man nicht, ob der Lecuona in die MotoGP geht oder nicht. Ich verstehe nicht so richtig, was das bringen soll", zeigt Öttl wenig Verständnis für den Hype um Lecuona, der am kommenden Wochenende für LCR-Honda-Pilot Alex Rins einspringt.

"Alle halten riesige Stücke auf Lecuona. Ich will nichts gegen ihn sagen, aber wenn ich meine Statistik in der Motorrad-WM sehe und mit seiner vergleiche, dann erkenne ich, dass ich einen Sieg und drei Podestplätze hatte und er ein Mal auf dem Podium stand", bemerkt Öttl.

Iker Lecuona; Philipp Öttl

Den Hype um Honda-Pilot Iker Lecuona versteht Philipp Öttl nur bedingt Zoom

"Ich habe nicht übermäßig viel zusammengebracht, aber er auch nicht und ist dafür MotoGP gefahren und ist Honda-Werksfahrer. Jetzt sieht es so aus, als ob er wieder in die MotoGP geht. Ein bisschen seltsam ist das schon", staunt der 27-jährige Bayer.

Abgesehen von Ducati, Kawasaki und Honda gibt es kaum Alternativen. "Bei Yamaha ist alles dicht. Sie haben ihr eigenes Programm, von unten drängen Fahrer nach oben. BMW hat fünf Fahrer für vier Plätze", analysiert Öttl.

Deutscher Pass laut Philipp Öttl keine Hilfe

In diesem Jahr ist Öttl der einzige Deutsche im Feld. Doch der deutsche Pass ist laut Öttl kein Bonus. "Einen deutschen Fahrer braucht man wohl nicht in der Superbike-WM. Das Interesse ist zu gering", stellt er fest.

"Ich denke, ich mache meine Arbeit gut. Ohne den Motorschaden in Donington wäre ich fünf Mal in Folge in die Top 10 gefahren. Das hat kein BMW-Fahrer und kein Honda-Werksfahrer geschafft. Ich habe auch ein paar Mal hintereinander den Aegerter geschlagen und den schätzen viele sicher höher als mich ein", erklärt Öttl selbstbewusst.

Technische Pannen kosten wichtige Punkte

Nach den ersten sieben Rennwochenenden liegt Öttl auf P15 der Fahrerwertung. Ohne die technischen Probleme würde er besser dastehen. "Wir haben bereits im vergangenen Jahr oft technische Probleme gehabt. Es waren aber immer Dinge, auf die das Team keinen Einfluss hatte", verteidigt er seine Mannschaft.

Philipp Öttl

Rauchzeichen: Zuletzt hatte Philipp Öttl oft Pech und verlor wichtige Punkte Zoom

"Es war sehr viel Pech dabei, das viele gute Ergebnisse vereitelt hat. Ich erinnere mich an den Riss der Kette in Barcelona nach einer halben Runde. Es ist ja nicht so, dass wir mit uralten Ketten fahren. Wir fahren mit gutem Material. Das Team steckt mir keine schlechten Teile ins Motorrad. Teilweise ist es also schon Pech", bedauert der deutsche Ducati-Pilot.

"In drei Wochen sind mir drei Motoren kaputt gegangen, wenn ich mein Trainings-Motorrad auch noch dazuzähle. Umso ärgerlicher ist es, wenn das Motorrad eine halbe Runde vor dem Ziel kaputt geht, wie es in Donington der Fall war", trauert Öttl den verlorenen Punkten hinterher.