• 04.08.2013 22:45

  • von Pete Fink

Pocono-Thriller: Kahne ringt Jeff Gordon nieder

Kasey Kahne löst mit seinem zweiten Saisonsieg vermutlich sein Chase-Ticket - Jeff Gordon knapp geschlagen - Montoya, Hamlin, Johnson und Danica Patrick crashen

(Motorsport-Total.com) - Das war wirklich NASCAR-Racing vom Feinsten! 160 Runden lang tobte das Renngeschehen im GoBowling.com 400 auf dem Pocono Raceway hin und her. Frühe Abflüge, daher auch frühe Strategiespiele, dazu der Reifenschaden von Dominator Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) und am Ende ein feines Duell von Johnsons Teamkollegen Kasey Kahne und Jeff Gordon, bei dem Kahne knapp die Oberhand behielt - Saisonrennen Nummer 21 sparte nicht mit Superlativen.

Titel-Bild zur News: Kasey Kahne

Kasey Kahne fuhr in Pocono nach hartem Kampf in die Victory Lane Zoom

Eigentlich steuerte Kahne nach dem Johnson-Missgeschick und einer fehlerlosen Fahrt sicher auf seinen zweiten Saisonsieg nach Bristol zu. Dann kam es zu zwei späten Gelbphasen, die - passend zum vorherigen Renngeschehen - die Reihung an der Spitze erneut durcheinanderwürfelten. Zunächst verlor Kahne durch Gelbphase Nummer acht seinen Vorsprung von 7,6 Sekunden und ließ sich beim Restart von Jeff Gordon auf der Innenbahn überrumpeln.

Als wenig später Gelbphase Nummer neun folgte und noch zwei Runden zu fahren waren, revanchierte sich Kahne. Leader Gordon wählte erneut die Innenbahn, Kahne hielt außen dagegen und zog im superschnellen und brandgefährlichen "Tunnel-Turn" tatsächlich außen herum an Gordon vorbei. Dies war ohne Zweifel der Move des Tages, denn Kurve 2 des 2,5 Meilen langen Tri-Ovals im US-Bundesstaat Pennsylvania ist berühmt-berüchtigt für seine schweren Crashes der Vergangenheit.

"Ich wollte Kasey innen blocken, aber das ist mir nicht geglückt", musste Jeff Gordon neidlos anerkennen. "Dann ist er ganz einfach auf dem Gas geblieben und an mir vorbei gefahren." Auch Kahne atmete tief durch: "Beinahe hatte ich den Sieg weggegeben, als meine Räder durchgedreht haben. Dann habe ich auf der Außenbahn alles riskiert, denn wir haben diesen Sieg einfach für den Chase gebraucht." In der Tat: Mit nunmehr zwei Saisonsiegen hat der 33-Jährige beste Aussichten auf die Playoffs - vor allem in Sachen Wild-Card-Wertung.

Hendrick-Mannschaft in Top-Form

Überhaupt war Hendrick Motorsports in Pocono einmal mehr die absolut bestimmende Mannschaft. Polesetter Johnson ließ sich von den früh einsetzenden Strategiespielen der Konkurrenz nicht aus dem Konzept bringen und dominierte die Anfangsphase klar. Ein Reifenschaden samt Mauerkuss kippte die Situation in Runde 76. Johnson suchte seine Box wiederholt zu Reparaturarbeiten auf und brachte seinen Hendrick-Chevy am Ende auf wundersame Art und Weise als 13. ins Ziel.

Kyle Busch, Jimmie Johnson

Start in Pocono: Jimmie Johnson (links vorne) hat zunächst alles im Griff Zoom

"Der harte Einschlag hat scheinbar einen Zylinder ruiniert", schilderte er nach der Zieldurchfahrt. "Wir haben etwas Zeit gebraucht, um den Fehler zu finden. Solange lief mein Auto nur auf sieben Töpfen." Bemerkenswert: Trotzdem schaffte es der Sprint-Cup-Tabellenführer in der Führungsrunde zu bleiben. Auch Dale Earnhardt Jr. fuhr als Vierter im Hendrick-Bunde ein starkes Rennen und kam als Fünfter ins Ziel. Tendenz: Alle vier Hendrick-Chevys befinden sich auf direktem Weg in die Playoffs.

Vielleicht gelingt dies auch Kurt Busch, dem Überraschungsmann der laufenden Saison 2013. Erneut zeigte sich sein kleines Einwagen-Team von Furniture Row Racing auf der Höhe des Geschehens, was Kurt Busch in die Lage versetzte, munter vorne mitzufahren. Lediglich der letzte Boxenstopp unter Grüner Flagge dauerte etwas zu lange, was wiederum Jeff Gordon an der schwarzen Startnummer 78 vorbeibrachte. Damit büsste Kurt Busch seinen zweiten Platz hinter Leader Kahne ein und fuhr nach 160 Runden als guter Dritter ins Ziel. Nur Platz zwei und drei also für die beiden Gebutstagskinder Jeff Gordon und Kurt Busch.


Jeff Gordon gegen Kasey Kahne

Rang vier ging an den wiedererstarkten Ryan Newman im Stewart/Haas-Chevy. Der "Rocket-Man" befindet sich bekanntlich auf Jobsuche und gab in Pocono, nur eine Woche nach seinem Indy-Sieg, erneut ein Bewerbungsschreiben ab. Passend zu seinem Spitznamen zündete er bei einem späten Restart die Raketen und überholte auf der Außenbahn gleich mehrere Konkurrenten. Dies brachte ihn in direkte Schlagdistanz zur Spitze, am Ende verteidigte er seine Position erfolgreich.

Penske-Duo als Verlierer

Trotz den Positionen sechs und sieben zählte das Penske-Duo Brad Keselowski und Joey Logano zu den großen Verlieren von Pocono. Grund hierfür war ein Vier-Reifen-Stopp in Runde 95, als die Konkurrenz auf zwei neue Goodyear-Gummis setzte. Bis zu diesem Zeitpunkt zeigte sich vor allem Keselowski als der große Hendrick-Konkurrent (erst Johnson, dann Kahne), doch dieser strategische Fauxpas beförderte ihn aus den Top 10 heraus.

Ricky Stenhouse Jun.

Ricky Stenhouse nach seinem Kontakt mit Juan Pablo Montoya Zoom

Gleiches trifft auf Logano zu, der sich bis dato souverän in den Top 5 aufhielt. In der Folge gelang es den beiden Ford-Piloten auf der Strecke nicht mehr, entscheidend an Boden zu gewinnen. Auch als es am Ende zu den beiden späten Gelbphasen kam, war der Abstand zur Spitze bereits zu groß geworden. Vor allem für NASCAR-Titelverteidiger Keselowski gilt also: Am Sonntag in Pocono wäre wohl mehr drin gewesen als nur Rang sechs.

Kyle Busch (Gibbs-Toyota; 8.) verpokerte sich ebenfalls in seiner Reifenstrategie. Wie viele andere Konkurrenten auch setzte er mehrfach auf nur zwei neue Reifen, was dem Handling seines Camry gar nicht bekam. Daher kämpfte der jüngere Busch-Bruder, der neben Johnson aus Reihe eins gestartet war, über weite Strecken mit stumpfen Waffen. Erst als er bei seinem letzten Stopp vier neue Reifen bekam, konnte er sich wenigstens wieder in die Top 10 zurückfahren.


Der Crash von Danica Patrick

Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) hatte sich in der Strategieschlacht von Pocono zu Rennmitte ebenfalls weit nach vorne gekämpft. Ähnlich Jeff Gordon startete auch "Smoke" als 20. aus dem Mittelfeld heraus und lag nach einem Rundum-Service gegen Rennmitte kurzzeitig sogar in Front, als er zu schnell in der Boxengasse erwischt wurde. Dies warf Stewart weit zurück, am Ende wurde er Neunter.

Crashes von Montoya, Hamlin und Danica Patrick

Greg Biffle im besten Roush-Ford schlich sich auf Rang zehn vor seinem Teamkollegen Carl Edwards (11.). Edwards und Matt Kenseth (Gibbs-Toyota; 22.) wurden wie Stewart im Rennverlauf mit einer Speeding-Penalty belegt, wobei vor allem Kenseth ein äußerst durchwachsenes Wochenende erlebte: Der vierfache Saisonsieger kam auf dem "Tricky-Triangle" eigentlich nie auf den nötigen Speed und wurde zudem in gleich zwei Kollisionen verwickelt.

Danica Patrick

Das Aus nach starker Vorstellung: Danica Patrick sieht die Zielflagge nicht Zoom

Unter anderem in die Zusammenkunft von Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevy; 28.) und Ricky Stenhouse (Roush-Ford; 34.) gleich in Kurve 1 der ersten Runde. Wenig später zerlegte Denny Hamlin (43.) seinen Gibbs-Toyota in Kurve 3. Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet; 35.) fuhr eigentlich ein gutes Rennen und lag auf Platz 18, als sie in Kurve 2 mit Travis Kvapil (Front-Row-Chevy; 26.) aneinandergeriet. Dabei wurde auch das Childress-Duo Jeff Burton (36.) und Paul Menard (32.) in Mitleidenschaft gezogen.

In der Gesamtwertung spitzt sich der Kampf um die fünf letzten Chase-Plätze immer weiter zu. Zwischen Kasey Kahne (P8) und Ryan Newman (P15) liegen gerade einmal 37 Punkte. Tony Stewart und Martin Truex Jr. (Waltrip-Toyota) haben derzeit die beiden Wild-Card-Plätze inne, wobei Newman nur neun Zähler auf Truex fehlen. NASCAR-Champion Keselowski wäre - Stand heute - trotz Gesamtplatz 12 nicht im Chase.


Fotos: NASCAR in Pocono


'Motorvision TV' überträgt am Montagabend ab 22:15 Uhr die Höhepunkte aus Pocono in einer knapp einstündigen Zusammenfassung mit Pete Fink am Mikrofon. Am kommenden Wochenende gastiert der NASCAR-Tross dann in Watkins Glen zum zweiten und letzten Rundstreckenrennen der Saison 2013. Dann ist 'Motorvision TV' wieder live dabei. Saisonrennen Nummer 22 wird am Sonntagabend ab 18:00 Uhr von Stefan Heinrich und Pete Fink kommentiert.