• 13.07.2008 05:48

  • von Pete Fink

Chicagoland: Kyle Busch ringt Jimmie Johnson nieder

Als Jimmie Johnson schon wie der Chicagoland-Sieger aussah, führte ein Husarenstreich von Kyle Busch in der vorletzten Runde zu Saisonsieg Nummer 7

(Motorsport-Total.com) - Alles konzentrierte sich auf den letzten Restart zwei Runden vor dem Ende des Lifelock.com 400 auf dem Chicagoland Speedway: Der amtierende NASCAR-Champion Jimmie Johnson hatte seinen Hendrick-Chevrolet im Rennverlauf so stark verbessern können, dass er 17 Runden vor Schluss am bis dato dominierenden Kyle Busch (Gibbs-Toyota) vorbeizog.

Titel-Bild zur News: Kyle Busch

Die Siegesserie von Kyle Busch war auch in Chicagoland nicht zu stoppen

Doch just bei diesem letzten Restart ließ sich Johnson von Kyle Busch überrumpeln, der ihm schon in der Beschleunigungsphase mit einem leichten Schubser die Traktion an der Hinterachse nahm, und sich so erst neben Johnson setzte, und wenige Kurven später komplett vorbeizog. Johnson hatte keine Antwort mehr auf Lager, und musste sich zähneknirschend mit Platz zwei zufrieden geben.#w1#

So blieb in der NASCAR-Saison 2008 im Prinzip alles beim Alten: Kyle Busch gewann nach 165 Führungsrunden sein siebtes Saisonrennen im Sprint-Cup, und zeigte sich in Illinois unschlagbar, denn er hatte 24 Stunden zuvor auch beim Nationwide-Rennen die Oberhand behalten können.

Auslöser dieser ominösen letzten, und alles entscheidenden Gelbphase war ein hochgegangener Ford-Motor von David Gilliland (Yates), der in dieser Nacht irgendwie typisch für das erweiterte Lager von Ford-Zampano Jack Roush war. Denn seine beiden Speerspitzen Carl Edwards und Matt Kenseth, die durchaus ernsthafte Siegeskandidaten darstellten, wurden frühzeitig durch technische Ärgernisse zurückgeworfen.

Roush-Armada im Pech

Greg Biffle

Greg Biffle war als Vierter der beste Pilot aus dem Lager von Jack Roush Zoom

Kenseth erwischte es mit einem schleichenden Plattfuß, der ihn in Runde 125 von insgesamt 267 Umläufen weit zurückwarf. Der NASCAR-Champion des Jahres 2003 konnte sich jedoch von Position 30 aus bis auf Rang sieben wieder nach vorne arbeiten, was unterstreicht, zu welchen Leistungen Kenseths Roush-Ford in der Lage gewesen wäre.

Edwards hatte da weniger Glück: 60 Runden vor dem Ende brach ihm - in Führung liegend - sein Frontsplitter in der Mitte durch. Der heute in weiß gehaltene Roush-Ford verlor zwei Runden und beendete das Lifelock.com 400 auf einem enttäuschenden 32. Platz.

Somit hingen die Roush-Hoffnungen an Greg Biffle, der in der ersten Rennhälfte viele Runden an der Spitze drehen konnte, später jedoch ein wenig durchgereicht wurde - und sich am Ende noch einmal berappelte. Biffle belegte hinter einem starken Childress-Piloten Kevin Harvick Rang vier.

Ansonsten zeichnete sich der Rennverlauf in Illinois durch die klassische Geschichte der, wie man im NASCAR-Fachjargon sagt, "Clean Air" aus: Wer vorne fährt, ist mit dem neuen Car of Tomorrow vor allem auf den 1,5 Meilenovalen klar im Vorteil, denn ohne Fehler des vorne Fahrenden hat es der Hintermann extrem schwer ein Überholmanöver zu setzen.

Red Bull bärenstark

A.J. Allmendinger

A.J. Allmendinger holte sich mit Platz 13 sein bestes Sprint-Cup-Resultat Zoom

Hauptsächlich die erste Rennhälfte war durch lange Grünphasen gekennzeichnet. Größere Verschiebungen an der Spitze gab es nur durch die Wahl ungewöhnlicher Strategien, die immer wieder unterschiedliche Piloten in die Top 10 spülten, aber auch wieder hinaus beförderten.

Aber es gab durchaus Konstanten und die hießen zu Beginn vor allem Kyle Busch und Tony Stewart, die beiden Noch-Teamkollegen bei Gibbs-Toyota, deren dritter Mann im Bunde, Denny Hamlin, mit Zündaussetzern früh einige Runden zurückfiel, und daher keine Rolle spielen sollte.

Bei Rennhalbzeit bot sich dann ein im Sprint-Cup bislang nicht zu beobachtendes Bild, denn hinter Kyle Busch, Tony Stewart und David Ragan (Roush-Ford) lagen zwischenzeitlich beide Red-Bull-Toyota in den Top 5. Sowohl Brian Vickers, als auch A.J. Allmendinger mischten über weite Strecken munter in den Top 10 mit und untermauerten ihren jüngsten Performancesprung durchaus eindrucksvoll.

Vickers hielt den Druck auf die Spitze konstant und beendete das Rennen als guter Sechster, während Allmendinger beim letzten Boxenstopp noch aus den Top 10 herausfiel. Der Kalifornier riskierte gegen Rennende im Kampf um die Top 35 der Ownerwertung nichts mehr, und holte als 13. sein bisher bestes Sprint-Cup-Resultat.

Wer soll Kyle Busch schlagen?

Kyle Busch

Nummer sieben: Der standesgemäße Sieger-Burn-Out von Kyle Busch Zoom

Nachdem die Roush-Asse nach hinten durchgereicht wurden, und Stewart - am Ende Fünfter - mit dem Handling seines Gibbs-Toyotas nicht mehr zu 100 Prozent zufrieden war, schien es kurzzeitig so, als würde Kyle Busch in der Lage sein, Saisonsieg Nummer sieben im Spaziermodus nach Hause zu fahren.

Doch Chad Knaus, der Crewchief von Jimmie Johnson, der in Illinois sein Heimrennen feierte, führte den blauen Hendrick-Chevrolet sukzessive zu der bislang besten Saisonperformance auf einem 1,5 Meilenoval. Johnson flog förmlich von hinten heran, kassierte Kyle Busch, und alles sah bis zwei Runden vor dem Ende nach dem zweiten Saisonsieg des NASCAR-Champions aus - bis der letzte Restart die Situation wieder komplett kippte.

So stellt sich die Frage, wer den Teufelskerl Kyle Busch in dieser Saison eigentlich aufhalten soll? Sein Vorsprung in der Gesamtwertung ist mittlerweile auf satte 262 Punkte angewachsen. Dale Earnhardt Jr. - heute farbloser 15. - liegt nach wie vor auf dem zweiten Gesamtrang. "Junior" spielte genau wie sein Hendrick-Teamkollege Jeff Gordon nie eine Rolle, die Hendrick-Farben wurden in Joliet eindeutig von Johnson vertreten.

Wäre da nicht der Chase, der die Sprint-Cup-Gesamtwertung nach 26 Saisonrennen wieder ganz neu aufstellen wird, die NASCAR-Meisterschaft anno 2008 hätte schon knapp nach ihrer Halbzeit bereits eine vorentscheidende Richtung eingeschlagen.

Vickers robbt sich an den Chase heran

Brian Vickers

Der sechste Platz von Brian Vickers bringt ihn in Schlagdistanz zum Chase Zoom

In Sachen Top 12 gab es in Chicagoland nur eine einzige Änderung: Clint Bowyer (Childress-Chevrolet) purzelte nach seinem blassen 22. Platz aus den Top 12 hinaus, in die sich wiederum sein Teamkollege Harvick durch seinen dritten Rang hineinfuhr.

Nur 68 Punkte hinter Bowyer schleicht sich Red-Bull-Pilot Brian Vickers auf ganz leisen Sohlen an und ist nun bereits 14. Ein Bulle im NASCAR-Chase - dieses Szenario hätte zu Saisonbeginn kaum jemand für möglich gehalten, doch angesichts der aktuellen Stärke im Red-Bull-Lager erscheint diese Vorstellung nicht unrealistisch.

Übrigens: Auch Juan Pablo Montoya trat in Chicagoland an und wurde am Ende 19. Nach vielen Wochen, in denen der Ganassi-Pilot eher durch Kaltverformungen auffiel, zeigte der knallgelbe Juicy-Fruit-Dodge des Kolumbianers endlich wieder einen vorsichtigen Aufwärtstrend. Montoya rangiert in der Gesamtwertung auf Position 20, die Playoffs sind angesichts von 423 Zählern Rückstand auf Platz 12 in unerreichbare Ferne gerückt.