"Hall of Fame": Kenny Roberts jun. als MotoGP-Legende geehrt

500er-Weltmeister Kenny Roberts jun. wird in Austin offiziell als MotoGP-Legende geehrt - Dreifacher Champion Kenny Roberts sen.: "Er war niemals so gut wie ich"

(Motorsport-Total.com) - 24 Piloten haben es bisher in die Liste der MotoGP-Legenden geschafft. Am Freitag in Austin kam ein weiterer Fahrer in die "Hall of Fame" hinzu: Kenny Roberts jun. wurde in den elitären Kreis aufgenommen. Der US-Amerikaner gewann den Weltmeistertitel in der 500er-Klasse 2000 zum bisher letzten Mal auf einer Suzuki. Bereits sein Vater, Kenny Roberts sen., konnte den Weltmeistertitel in der 500er-Klasse dreimal gewinnen (1978-1980). Damit sind die Roberts bisher auch die einzige Familie, der dieses Kunststück in der MotoGP gelingt. Vater und Sohn sind nun offizielle MotoGP-Legenden.

Titel-Bild zur News: Kenny Roberts

Kenny Roberts jun. mit Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta in Austin Zoom

"Wenn dein Vater dreimaliger Weltmeister ist, dann ist das so ziemlich dein einziges Ziel", erklärt Roberts jun. im Interview gegenüber 'MotoGP.com'. "Es ist egal, ob du einen, drei oder fünf Titel holst - du musst einfach Weltmeister werden." Diesen Traum erfüllte sich der heute 43-Jährige in der Saison 2000, in der er sich gegen den aufstrebenden Valentino Rossi (Honda) und Max Biaggi (Yamaha) durchsetzte.

Ihm zu Ehren wurde am Freitag eine Pressekonferenz in Austin abgehalten. Ein sichtlich gerührter Kenny Roberts jun. meinte: "Ich war schon lange nicht mehr hier. Ich habe nichts vorbereitet, keine Rede. Ich will die puren Emotionen sprechen lassen." Als er über seinen beeindruckenden Erfolg sprechen soll, bleibt er fast sprachlos: "Worte können das nicht beschreiben. Man hat zwar diesen Traum, das eines Tages zu schaffen. Aber es kann auch nicht funktionieren."

Roberts sen. scherzt: "War die meiste Zeit betrunken"

Roberts sprach auch über den großen Einfluss seines Vaters, der am Freitag in Austin ebenfalls anwesend war: "Ich habe nach dem Titelgewinn meinen Dad gesucht und als ich ihn fand, haben wir uns umarmt. Das habe ich mir vor ein paar Tagen wieder angesehen. Damals habe ich es nicht realisiert. Erst jetzt blicke ich zurück und sehe auf den Bildern und Videos, wie sehr er zugegen war." Roberts sen. hat seinen Sohn mit vielen Tipps und Hinweisen unterstützt.

Kenny Roberts

Vater und Sohn: Roberts jun. und sen. zelebrieren ihre Erfolge beim Heimrennen Zoom

"Ich habe nicht verstanden, dass das so eine große Hilfe war, das realisiere ich erst jetzt. Natürlich muss man das auch annehmen, ansonsten nimmt man das gar nicht wahr." Das tat Roberts jun. und der Erfolg gab dem Vater-Sohn-Duo schlussendlich recht. "Ohne ihn hätte ich es von Beginn an nicht geschafft und würde heute sicherlich nicht hier sitzen." Sein Vater sorgte für einige Lacher bei der Pressekonferenz, zumal er frech entgegnete: "Ich kann mich an nichts erinnern, ich war die meiste Zeit betrunken. Es ist schwierig, in der Garage Bier zu trinken, daher musste ich im Hintergrund bleiben."

Der dreifache Champion weiß selbst, wie viel harte Arbeit hinter diesen Erfolgen steckt. "Es klingt ein wenig oberflächlich, wenn man sagt, dass man eine Legende ist. Weil die Menge an Arbeit und Schmerzen, die man opfert, das kann man einfach nicht in Worte fassen." Der 65-Jährige lässt mit einem weiteren flotten Spruch aufhorchen. Denn auf die Frage, wie groß der Druck auf seinen Sohn durch die eigenen Erfolge gewesen sei, entgegnete er: "Der Druck, unter dem Junior stand, weil er nicht so gut war wie sein Vater, war groß."

Senior vs. Junior: "War niemals so gut wie sein Vater"

"An dem Tag, an dem er sein erstes Rennen gewonnen hat, habe ich ihm gesagt, dass er niemals so gut sein wird wie ich. Wenn du das akzeptieren kannst, lass ich dich Rennen fahren, sagte ich. Jeder fragte sich, ob er so gut sein würde wie sein Vater. Der Druck, der auf ihm lastete, war also viel größer als bei mir damals", sieht die Rennlegende, die 22 Rennen und 39 Podestplätze in der 500er-Klasse holen konnte, ein.


Fotos: MotoGP in Austin


Auch Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta war bei der feierlichen Auszeichnung mit dabei und überreichte Roberts die Legenden-Medaille. "Das ist ein spezieller Tag heute. Kenny jun. war seit dem Beginn 1992 mit dabei. Er hat in der Dorna-Ära gewonnen. Außerdem ist das ein sehr spezieller Moment, weil Vater und Sohn nun Mitglieder der 'Hall of Fame' sind. Roberts jun. war auch eine treibende Kraft hinter der Sicherheitskommission, auf die wir sehr stolz sind. Er hat uns viel geholfen."

Roberts jun. schaffte den Titelgewinn 19 Jahre nach dem letzten Erfolg seines Vaters. Nach drei Jahren auf einer Yamaha in der 250er-Klasse wechselte er 1996 in die größere Kategorie. 1999 ging es für ihn von Modenas zu Suzuki. "Als ich zu Suzuki kam, haben wir das Bike fahrbar gemacht. Ich wusste, dass ich die Weltmeisterschaft nur noch verlieren konnte", schildert er. Bereits in seiner ersten Suzuki-Saison schrammte Roberts jun. knapp am Titelgewinn vorbei. Er wurde Vizeweltmeister hinter Alex Criville.

Die "Magie" auf dem Bike: "Alles sah so einfach aus"

"Ich habe erwartet, dass ich 2000 den Titel gewinnen werde, wenn ich keine Fehler mache und gute Ergebnisse einfahre. 2000 wusste ich von Anfang an, dass das meine Weltmeisterschaft ist, wenn ich meine Arbeit erledige", erinnert sich der achtfache Grand-Prix-Sieger. "Während der Saison wurde es schwieriger und schwieriger, konkurrenzfähig zu bleiben. Ich verspürte großen Druck, weil ich wusste, dass das meine größte Chance sein würde."

Kenny Roberts

Kenny Roberts sen. scherzt in Austin: "War die meiste Zeit betrunken!" Zoom

Heute erinnert er sich an seine Maschine zurück: "Mit diesen Bikes hatte man nur eine schmale, fußbreite Ideallinie. Wenn du im richtigen Jahr gefahren bist, mit der richtigen Drehzahl und alles ganz einfach aussah, all die Arbeit und die Vorbereitung, dann war es einfach Magie. Wenn du gewonnen hast, dann fragtest du dich nur, was bloß mit den anderen los war", schmunzelt Roberts jun. heute. "Wenn du hinterher gefahren bist, dann war es so viel schwerer. Ich bin dann umso härter gefahren, zumindest kam mir das immer so vor."

Die Saison 2000 bestand aus 16 WM-Läufen. Roberts jun. erwischte einen guten Start in die Saison und gewann zwei der vier ersten Saisonrennen in Malaysia und Jerez. Auch in Barcelona schrieb er an. Es folgten vier weitere Podestplätze bevor das entscheidende Rennen in Brasilien nahte. In Jacarepagua nahe Rio de Janeiro sollte eigentlich ein sechster Platz zum Titelgewinn reichen. "Das gesamte Wochenende in Brasilien war sehr frustrierend", erklärt Roberts jun. im Nachhinein.

Schicksalsrennen Brasilien 2000: "Ein frustrierendes Wochenende"

Im Training bemerkte er einen Zwischenfall: "Ich hörte ein lautes Geräusch und als wir die Verkleidung runternahmen, sahen wir, dass ein Zylinder aus dem Motor rauskam. Das war gar nicht gut." Jedes Mal wenn er im Training pushen wollte, trat ein Problem an der Maschine auf. "Vor dem Rennen kam Warren Willing (ehemaliger Suzuki-Teammanager; Anm. d. Red.) zu mir und sagte mir, dass das Chassis gebrochen sei." Da er sein zweites Bike nicht für das Rennen verwenden konnte, weil es komplett anders abgestimmt war, musste die Mannschaft im Warm-up entscheiden, wie man mit dem Riss in der Verkleidung umgeht.

Valentino Rossi, Antonio Elias, Kenny Roberts

Portugal 2006: Kenny Roberts jun. holt sein letztes MotoGP-Podium Zoom

"Wir haben uns dann dazu entschieden, ein Loch in das Chassis zu bohren, damit der Riss nicht weiterlaufen würde. Hätten wir es verschweißt, hätte es womöglich Probleme mit der Elektronik gegeben. Wir haben das Problem gelöst, ich bin noch Sechster geworden und habe die Weltmeisterschaft gewonnen." Der junge Valentino Rossi holte sich in Brasilien seinen zweiten Sieg in der 500er-Klasse und wurde WM-Zweiter mit 49 Punkten Rückstand.

"In diesem Sport musst du zur richtigen Zeit auf dem richtigen Bike sitzen, die richtige Einstellung haben und gesund sein. Wenn du diese drei Dinge nicht hast, wird es sehr schwierig. Wir hatten einfach eine tolle Möglichkeit, die wir ausnutzten", schildert er sein Erfolgsgeheimnis, das ihm immerhin acht Siege, 22 Podestplätze und zehn Pole-Positionen einbrachte.

Kommt Roberts jun. zurück in die MotoGP?

Die Minuten nach dem Rennen in Brasilien waren sehr intensiv. In einem Interview gleich nach dem Rennen schilderte ein sichtlich mitgenommener Roberts jun.: "Ich würde heute nicht ohne meinen Vater hier stehen und ohne Warren Willing. Die Liste geht noch endlos weiter." Vater Roberts war sichtlich stolz auf seinen Sohn: "Er hat etwas erreicht, was nicht viele erreichen. Weltmeister bist du dein restliches Leben."

Zwar hatte Roberts jun. laut eigener Aussage nach seinem größten Triumph wenig Zeit, um den Moment tatsächlich zu genießen. Mit einem Abstand von 17 Jahren kann er seine Leistung schon besser einordnen: "Der Titel ist nur das Sahnehäubchen. Das Vater und Sohn einen Weltmeistertitel gewinnen, das ist etwas ganz Besonderes und das bleibt auf ewig bestehen. Das sieht man eben nicht oft."

Ob der Name Roberts wieder in der MotoGP zu sehen sein wird? "Ich wollte mich gar nicht fernhalten, ich brauchte es auch nicht. Es ist einfach passiert. In den USA ist das einfacher. Ich reise viel mit meiner Familie und umgebe mich gerne mit meinen Freunden, das macht einfach Spaß." Weniger Lust hatte er nach seinem Karriereende 2007 auf das harte Training und die langen Flugreisen, weswegen er erst 2013 wieder in eine Maschine einstieg.

"Wenn ich so viel Spaß auch in der MotoGP haben kann, dann bin ich für alles offen", lässt er sich eine Option auf eine Rückkehr in die Königsklasse auf zwei Rädern, in welcher Funktion auch immer, offen. Roberts sen. ergänzt mit einem schelmischen Grinsen: "Er ist doch jetzt die meiste Zeit betrunken."